17.22

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielleicht noch einmal ganz kurz zu den konkreten und aktuellen Zahlen: Aktuell sind circa 264 000 Menschen von Arbeitslosig­keit betroffen, 70 000 Menschen sind in Schulungen, circa 120 000 Menschen sind lang­zeitbeschäftigungslos und knapp 69 000 Menschen befinden sich aktuell noch in Kurz­arbeit. In Summe bedeutet das, dass wir aktuell – wie schon öfter erwähnt worden ist –, was die Arbeitslosigkeit betrifft, erfreulicherweise auf Vorkrisenniveau sind. Das ist auch deshalb sehr überraschend, weil es noch vor gar nicht allzu langer Zeit – wie Sie sich vielleicht alle noch erinnern – hieß, wir würden frühestens im Jahr 2024 das Niveau von vor Covid erreichen und die hohe Arbeitslosigkeit würde uns sehr lange begleiten.

Die Arbeitslosigkeit ist erfreulicherweise gesunken, sehr geehrte Damen und Herren, von Vollbeschäftigung sind wir allerdings noch sehr weit entfernt, weil das bei 2, 3 Pro­zent Arbeitslosigkeit der Fall wäre und wir jetzt, glaube ich, bei circa 6 Prozent, 6,5 Pro­zent liegen. Das heißt, von Vollzeitbeschäftigung sind wir noch weit entfernt, aber er­freulicherweise gibt es eine sehr positive Entwicklung. Diese positive Entwicklung zeigt letztlich einerseits, dass wir erfreulicherweise eine relativ robuste Wirtschaft haben, die diese Krise ganz gut überstanden hat, sie zeigt aber auch, dass diese Regierung offen­sichtlich nicht alles falsch gemacht hat, weil wir sonst nicht die entsprechenden Zahlen hätten. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Diese Zahlen haben wir nicht zuletzt deshalb, weil wir in der Krise eine sehr expansive Budgetpolitik gefahren sind, weil wir in dieser Krise den Sparpfad, der uns leider in der letzten Wirtschaftskrise 2011/2012 dramatische Arbeitslosenzahlen, einen dramatischen Anstieg an Arbeitslosigkeit gebracht hat, erfreulicherweise verlassen haben – verlassen mussten! –, die automatischen Stabilisatoren haben wirken lassen und auch den Investi­tionsmotor entsprechend angeworfen haben.

Die Folge war relativ klar: Es ist uns tatsächlich gelungen, in dieser Krise die Einkommen einigermaßen zu stabilisieren. Ich möchte nur daran erinnern: Wir haben einen Wirt­schaftseinbruch von knapp 6 Prozent gehabt, die Einkommen der ArbeitnehmerInnen sind allerdings nur um 1,8 Prozent eingebrochen. Das sind Zahlen von der Statistik Austria, Zahlen, die sicher nicht manipuliert sind, Zahlen, die sicher nicht irgendwie um­geschrieben wurden, das sind ganz offizielle, öffentliche Zahlen der Statistik Austria. (Abg. Belakowitsch: Ah, interessant ...!)

Es war die Kurzarbeit, die da einen massiven Beitrag geleistet hat, es war die Erhöhung der Notstandshilfe – und wir haben in dieser Krise über Monate hindurch die Notstands­hilfe erhöht. Ich möchte an die Krise 2008, 2011 und Folgejahre erinnern: Um wie viel Cent wurde die Notstandshilfe damals, in einer Krise, in der die Langzeitarbeitslosigkeit und die Arbeitslosigkeit dramatisch gestiegen sind, erhöht? (Abg. Hörl: Null!) – Es waren exakt 0 Cent. Um wie viel Euro wurde das Arbeitslosengeld in dieser Krise erhöht? – Es waren exakt 0 Euro. Das heißt: Wir haben in dieser Krise durchaus und ganz klar soziale Verantwortung übernommen und entsprechend auch Geld ausgegeben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es geht bei der Erhöhung von Sozialleistungen und Leistungen aus der Arbeitslosenver­sicherung ja nicht nur um die Frage der Armutsbekämpfung – die steht natürlich im Mittelpunkt, um die soziale Krise zu verhindern –, es geht auch darum, die Ökonomie, die Nachfrage und die Wirtschaft zu stabilisieren. Glücklicherweise ist dank dieser ex­pansiven Politik die Wirtschaft auch aktuell auf einem sehr guten Weg.

Ich möchte darauf hinweisen, dass wir glücklicherweise – das haben auch das IHS und das Wifo bestätigt – diesen Pfad der expansiven Budgetpolitik auch jetzt, da der Höhe­punkt der Krise hoffentlich überwunden ist, nicht verlassen haben. Ich möchte darauf hinweisen, dass wir einerseits Milliarden in Klimaschutzmaßnahmen, in den Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel, in den Ausbau erneuerbarer Energien, in Althaussanierung und, und, und investieren, und andererseits die Joboffensive mit 170 Millionen Euro nach wie vor weiterlaufen lassen.

Es gibt die Aktion Sprungbrett mit 300 Millionen Euro, das ist eben eine spezielle Maß­nahme für Langzeitarbeitslose, diese hat auch durchaus Anleihen an der Aktion 20 000 genommen. Tun wir doch bitte nicht immer so, als ob nur das eine das Lösungsmodell und das andere furchtbar wäre! Nein, man muss Sachen zusammen denken, zusammen durchführen, sinnvolle Elemente übernehmen und andere Elemente einfach in anderen Bereichen fortführen. Das ist schlichtweg eine Aufgabe von Politik, das ist pragmatische Politik, das ist zukunftsweisende Politik.

Wir haben 20 Millionen Euro für Arbeitsstiftungen im Bereich Umwelt und Verkehr, für das, was Just Transition heißt, damit Menschen, die bislang in Bereichen gearbeitet ha­ben, in denen sie ihre Jobs aufgrund der Klimakrise verlieren, auf andere Bereiche um­geschult werden.

Wesentlich wird jetzt sein, dass wir diesen Weg der expansiven Budgetpolitik, der In­vestitionen und der aktiven Arbeitsmarktpolitik auch konsequent weiterführen, denn was nicht passieren darf, ist genau der Fehler, den wir 2011 gemacht haben: dass wir viel zu früh heruntergefahren sind. Davor möchte ich hier ausdrücklich warnen, das darf nicht passieren. Wir müssen diesen Wirtschaftsaufschwung einerseits nutzen, um Arbeitslose in Beschäftigung zurückzuführen, aber andererseits auch, um dort zu investieren, wo es sinnvoll, wo es notwendig ist.

Abschließend noch eine andere Lehre aus der Krise: Wir haben in der Krise auch erlebt, dass unser System Lücken im Sozialnetz hat. Wir haben erlebt, dass Einpersonenunter­nehmen, Menschen, die nicht in der Arbeitslosenversicherung waren, auf einmal vor dem Nichts gestanden sind, weil sie zu kurz arbeitslosenversichert waren, weil sie eine Job­zusage gehabt haben, diesen Job aber nicht bekommen haben, und weil sie als Ein­personenunternehmen, als Selbstständige nicht in der Versicherung drinnen waren.

Wir werden uns gerade auch im Zuge der Arbeitsmarktreform überlegen müssen, wie wir die soziale Sicherheit von Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, die durch Arbeitslosigkeit gefährdet sind und die arbeitslos oder langzeitarbeitslos sind, ver­bessern und sie besser absichern können, weil das eine der zentralen Lehren aus der Krise ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.28

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte.