18.45

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Ich möchte auch zur Kündigung der bilateralen Handelsverträge sprechen und daran erin­nern, dass diese Kündigung auf einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes beruht, das besagt, dass diese bilateralen Abkommen beendet werden müssen, weil sie mit dem Unionsrecht nicht vereinbar sind.

23 von 27 EU-Mitgliedstaaten haben unterzeichnet. Als Folge ist bereits seit 2020 ein Vertrag zur Beendigung der bilateralen Investitionsschutzverträge mit den Mitgliedstaa­ten in Kraft. Österreich muss zwölf Verträge kündigen, um ein Vertragsverletzungsver­fahren abzuwenden, deshalb werden wir da auch zustimmen.

Das Interessante ist, dass seit dem Urteilsspruch Großkonzerne, Investoren und In­dustrieverbände in Brüssel Sturm laufen, weil sie einen Ersatz für diese Investoren­schutzabkommen haben möchten. Die Kommission hat nachgegeben und für Ende dieses Jahres die Einführung eines EU-internen Investorengerichts angekündigt, also eines Sondergerichts, bei dem Investoren Mitgliedstaaten verklagen können, wenn diese unliebsame Gesetze, zum Beispiel betreffend Umweltschutz oder Arbeitnehmerschutz, beschließen.

Diese Geschichte hat ein Déjà-vu bei mir ausgelöst. Wir haben so etwas schon einmal mit Ceta erlebt. Wenn Sie sich erinnern: Damals ist es auch um ein privates Schieds­gericht gegangen und Mag. Kern hat in Brüssel sehr nachhaltig verhandelt, weil das einfach nicht in unserem Sinne war.

Frau Bundesministerin Schramböck redet darüber, einen umfassenden, effektiven Rechts­schutz für Unternehmen im Binnenmarkt schaffen zu wollen, und meint damit natürlich auch dieses Investorengericht. Die Einführung eines solchen Gerichts kann jedoch zur Folge haben, dass es zu einem Chillingeffect kommt und Staaten in vorauseilendem Gehorsam und aus Angst vor teuren Prozessen keine Gesetze mehr in sensiblen Be­reichen wie Arbeitnehmerschutz oder Klimaschutz beschließen.

Es geht also um einen Interessenkonflikt zwischen unternehmerischen und öffentlichen Interessen, und es wäre wichtig, da einen ausgewogenen Vorschlag einzubringen. Ein solches Investorengericht schafft unter dem Titel des Standortvorteils natürlich auch Privilegien für Unternehmen, während die öffentlichen Interessen – etwa die Interessen der ArbeitnehmerInnen, Klimaschutz und so weiter – nicht im gleichen Maße berücksich­tigt werden. Es gibt in der EU unabhängige Gerichte und ich glaube, dass diese besser als private Investorengerichte dazu geeignet sind, sich mit dieser Thematik im Sinne eines Ausgleichs, auch unter Einbeziehung des öffentlichen Interesses, zu befassen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

18.48

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Rebecca Kirchbau­mer. – Bitte.