17.25

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Ich freue mich sehr, dass wir heute die Vorlage zur Umsetzung der Richtlinie zum Verbot unlau­terer Geschäftspraktiken hier im Nationalrat behandeln. Es ist ein sehr, sehr wichtiges Thema, das vor allem die kleinen Erzeuger in Österreich entlang der Wertschöpfungs­kette nachhaltig stärken soll.

Wir haben es heute schon gehört: Speziell bei den Erzeugerpreisen stagniert die Situation schon seit langer Zeit, wenn man sich dann aber die Preise im Regal anschaut, so erkennt man, dass es dort durchaus immer wieder Preissteigerungen gibt, die die Konsumentinnen und Konsumenten dann auch zu bezahlen haben. Die, die am Ende aber sehr oft übrig bleiben und auf der Strecke bleiben, sind die bäuerlichen Erzeuger, auch die Erzeugergemeinschaften.

Das ist etwas, was sich vor allem auch die EU-Kommission in den letzten Jahren sehr genau angeschaut hat, und mit der Vorlage dieser Richtlinie über unlautere Geschäfts­praktiken ist erstmals auch auf europäischer Ebene wirklich ein Umdenken passiert. Über sehr viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte hat man immer geglaubt, dass das Heil im Wachstum liegt – das Gegenteil ist der Fall. Unsere Wirtschaft lebt von einer Vielfalt von klein- und mittelständischen Produzenten, von regionalen Produzenten, und die müssen entlang dieser Wertschöpfungskette einfach gestärkt werden. Das tun wir heute mit der Umsetzung der europäischen Richtlinie.

Ich halte es auch für sehr wichtig, diese Themen anzusprechen. Die Konsumentinnen und Konsumenten sind gern bereit, etwas mehr für Produkte, deren Ursprung sie kennen, deren Herkunft sie kennen, von denen sie wissen, wie sie produziert werden, zu bezahlen, und die Konsumentinnen und Konsumenten sind gern bereit, vor allem auch die österreichischen Produzenten zu unterstützen. Was es da braucht, ist einfach Fairness.

Wir haben über die letzten Jahrzehnte gesehen, dass sich vor allem im Lebensmittel­handel einige wenige den Markt aufteilen – das sind in Österreich insgesamt drei. Es gibt nur ein Land in der Europäischen Union, das ist Finnland, das eine ähnliche Marktkonzentration im Bereich des Lebensmitteleinzelhandels hat, wie das in Österreich der Fall ist, und wir haben in den letzten Jahren immer wieder sehr viele Beschwerden von Produzenten, von Erzeugergemeinschaften, von klein- und mittelständischen Betrie­ben gehört, die Geschichten darüber erzählt haben, wie sie dieser Marktmacht ausge­setzt sind.

Damit ist jetzt Schluss! Zum ersten Mal gelten klare Regeln entlang der Lebens­mittel­kette: keine kurzfristigen Stornierungen mehr, keine einseitigen Änderungen der Liefer­bedingungen, keine Weigerung, einen schriftlichen Vertrag abzuschließen.

Es ist angesprochen worden, wir würden Gold Plating betreiben. – Ich möchte dem wirklich widersprechen! Es war vor allem Herr Abgeordneter Loacker, der auf einen Punkt hingewiesen hat, bei dem mir besonders wichtig war, dass wir ihn hineinbringen – (in Richtung Abg. Loacker, der mit Abg. Lukas Hammer spricht:) vielleicht hat er eine Sekunde Zeit, einmal zuzuhören, weil es nämlich um Wettbewerb geht –: Wir haben noch einen Passus betreffend Produzentinnen und Produzenten mitaufgenommen – da geht es nicht nur um bäuerliche Produzenten, denn es gibt ja nicht den einen Bauern, der Rewe beliefert, sondern zumeist sind es Erzeugergemeinschaften (Zwischenruf des Abg. Loacker): Nudelhersteller, Wurstwarenproduzenten, eine breite Palette an Unter­nehmen, die in den Lebensmitteleinzelhandel liefern; Sie brauchen ja nur in die Regale zu schauen.

Das, was wir jetzt ermöglichen, ist, dass diese Betriebe nicht mehr per Knebelvertrag quasi dazu aufgefordert sind, nur an eine Lebensmittelkette zu liefern, sondern dass sie das durchaus bei mehreren tun können. Das heißt, es gibt keine exklusiven Liefer­verträge mehr, sondern die Produzenten können durchaus auch mit einem Konkurrenten einen Liefervertrag abschließen – und das nennt sich Wettbewerb. Damit geben wir den Betrieben erstmals die Möglichkeit, sich unterschiedliche Partner auszusuchen, womit sie nicht nur an einen gebunden sind. Deswegen ist es auch so wichtig, dass wir das hier aufgenommen haben, und ich sage ein großes Dankeschön an die geschätzten Damen und Herren Abgeordneten, die dabei sehr hilfreich waren, das entsprechend zu verhandeln. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Fischer.)

Ich habe es schon angesprochen und ich spreche es noch einmal an: Natürlich sind für mich als Landwirtschaftsministerin vor allem die Urproduzenten, die Bäuerinnen und Bauern der wichtigste Adressat bei der Umsetzung dieser Richtlinie. Es sind Tausende kleine und mittelständische Betriebe, die in den Lebensmitteleinzelhandel liefern, und genau diese sind auch von dieser Richtlinie umfasst, für sie gelten jetzt eben genau die gleichen Möglichkeiten, sich auch rechtlich gegen das Ganze zur Wehr zu setzen und ihre Marktmacht zu verstärken. Das halte ich wirklich für sehr wichtig.

Der zweite wichtige Schritt, den wir setzen, ist die Einrichtung der Ombudsstelle. Es gibt einen Angstfaktor, der ist nicht wegzuleugnen. Die Betriebe haben zum Teil wirklich Angst, sich zu melden, auch die Geschichten zu erzählen, die ihnen zum Teil in den sehr einseitigen Preisverhandlungen passieren. Wenn beispielsweise 10 Tonnen Äpfel be­stellt werden, 8 Tonnen im Lebensmitteleinzelhandel verkauft werden und 2 Tonnen zurückgeschickt und nicht bezahlt werden, dann ist das ein Problem – nicht für den Lebensmittelkonzern, aber für die bäuerliche Erzeugergemeinschaft, die die verderb­liche Ware nach drei Wochen natürlich wegschmeißen muss. Genau dem schieben wir einen Riegel vor, mit der Ombudsstelle gibt es die Möglichkeit, genau solche Vergehen zu melden.

Diese Ombudsstelle wird weisungsfrei sein, sie wird unabhängig sein, die Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter werden der Amtsverschwiegenheit unterliegen. Es wird eine jähr­liche Berichterstattung der Erstanlaufstelle geben, und die Berichte werden dann auch entsprechend veröffentlicht, damit wir dieses gesamte System aufbrechen können, damit wir den kleinen und mittelständischen Produzenten, Erzeugern und nicht zuletzt den Bäuerinnen und Bauern mehr Marktmacht, mehr Fairness entlang der Lebens­mittelkette geben können.

Ich darf mich ganz herzlich bei Frau Bundesministerin Margarete Schramböck für die Zusammenarbeit bedanken; sie ist ja federführend für die Umsetzung zuständig. Ich glaube, dass wir hier ein Regelwerk schaffen, das der österreichischen Struktur und vor allem unseren Betrieben, unseren Unternehmen sehr gerecht wird. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.31

Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer zu Wort gemeldet. – Bitte.