12.38

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Noch ganz kurz zum Abgeord­neten Franz Hörl: Da ist ein Tagesordnungspunkt, bei dem es um die AMA geht, bei dem Einstimmigkeit herrscht, und dann wird der hier missbraucht, um eine Botschaft abzu­senden, die dieses Hohen Hauses nicht würdig ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Hörl, es geht nicht ums Aufsperren ohne Wenn und Aber. Es geht darum, wie und wann wir wo etwas aufsperren (Abg. Hörl: Was aufsperrt ...!), denn diese Pandemie wird uns leider noch viel länger beschäftigen, als uns allen miteinander in diesem Raum lieb ist. (Abg. Hörl: Was Sie aufsperren!) Das war wirklich nicht geeignet und ist aufs Schärfste zurückzuweisen! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister, wir befassen uns heute in den Tagesordnungspunkten 9 bis 14 mit den Berichten des Ausschusses für Arbeit und Soziales. Es ist keine leichte Zeit, für niemanden und auch für Sie nicht, Herr Bundesminister. Dieses ständige Auf und Ab, hinein in einen Lockdown, heraus aus einem Lockdown – Herr Kollege Hörl –, einmal Kurzarbeit, dann wieder raus aus der Kurzarbeit. Manche verlieren den Job, sind arbeits­los, kommen wieder zurück, manche gar nicht mehr. Das stellt Sie, Herr Arbeitsminister, aber auch uns alle miteinander und vor allem die Betroffenen vor große Probleme und Herausforderungen. Gerade jene Betroffenen, die durch diese Pandemie völlig unver­schuldet ihren Job verloren haben und seitdem langzeitarbeitslos sind und mittlerweile Notstandshilfe beziehen müssen, haben es in diesem Land und in diesen Zeiten wirklich sehr schwer, weil sie nicht wissen, wie sie ihre monatlichen Rechnungen bezahlen sol­len.

Hierzu möchte ich Ihnen heute auch wieder ein Schreiben eines Betroffenen näherbrin­gen – meine sehr geehrten Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass Sie dieses Schreiben auch bekommen haben –, ich zitiere aus einem Schreiben von Herrn An­dreas B.:

Schönen guten Tag! Ich möchte Sie um Hilfe bitten. Ich bin auch ein Fall, den Corona sehr schwer getroffen hat. Ich wurde aufgrund des ersten Lockdowns gekündigt. Seit­dem bin ich aktiv auf Jobsuche, 450 Bewerbungen – ohne Erfolg.

Zu meiner Geschichte: Ich bin jetzt 54, bin gelernter Einzelhandelskaufmann, habe mit Auszeichnung abgeschlossen und mich immer wieder beruflich weitergebildet. Ich habe 421 Versicherungsmonate. Ich arbeite seit 30 Jahren im Außendienst, zuletzt als Ver­kaufsleiter mit internationaler Erfahrung.

Inzwischen hatte ich den dritten Herzinfarkt, davon im heurigen Jahr bereits zwei. Ich bin nach sechsmonatiger Reha direkt wieder zum dritten Mal am Herzen operiert worden. Ich müsste auf dringendes Anraten des Arztes wieder auf Reha sein, kann das aber finanziell aufgrund der Notstandshilfe nicht stemmen. Ich kann mir den Selbstbehalt ein­fach nicht leisten. – Zitatende.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist eines von vielen Beispielen, einer von vielen Betroffenen, denen es genau so geht, und deswegen werden wir nicht müde wer­den, auch Sie davon zu überzeugen, dass diese Menschen nicht nur, so wie Sie jetzt wieder angekündigt haben, ein Almosen von einmalig 150 Euro bekommen, sondern diese Menschen für die nächsten Monate eine Brücke brauchen. Und wir als SPÖ wer­den nicht müde werden, hier auch weiterhin darauf zu bestehen, dass das Arbeitslosen­geld auf 70 Prozent erhöht wird und eine Aufstockung der Notstandshilfe auf die Höhe des Arbeitslosengeldes vorgenommen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „finanzielle Hil­fe für Arbeitslose“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, unverzüglich zu handeln und das Ar­beitslosengeld sofort auf 70 Prozent des Nettoeinkommens zu erhöhen und die Rege­lung, wonach die Notstandshilfe in Höhe des zuvor geleisteten Arbeitslosengeldes zu­mindest vorerst bis zum 30. Juni 2022 verlängert wird, dem Nationalrat zur Beschluss­fassung zuzuleiten.“

*****

Wenn Ihnen diese betroffenen Menschen wirklich wichtig sind, meine sehr geehrten Da­men und Herren, dann stimmen Sie unserem Antrag zu!

Letzter Satz zu den anderen Punkten: Herr Bundesminister, ich möchte mich dafür be­danken, dass es noch eine Lösung betreffend den Langzeitkurzarbeitsbonus gibt. Wir haben im Ausschuss gesagt, wir stimmen nicht zu, wenn es nicht möglich ist, jene Men­schen auch in die Gruppe dieser Bonusbezieher zu bringen, die durch Urlaubsverbrauch im November erst mit Dezember in die Kurzarbeit eintreten. Mit der Verlängerung dieser Frist auf Ende November ist es diesen Menschen nun auch möglich, zu diesem Lang­zeitkurzarbeitsbonus von 500 Euro zu kommen. – Vielen Dank dafür, und auch dem wer­den wir heute die Zustimmung erteilen. Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.42

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Muchitsch,

Genossinnen und Genossen

betreffend finanzielle Hilfe für Arbeitslose

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2072/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversiche­rungsgesetz 1977 geändert wird (1230 d.B.)

Dem Versagen bei der Pandemiebewältigung der türkis/grünen Regierung ist es zu ver­danken, dass unser Land und die Bevölkerung einen 4. Lockdown bewältigen muss, dadurch die Arbeitslosigkeit wieder steigt und auch viele Arbeitnehmer*innen sich wieder in Kurzarbeit befinden.

Viele Betroffenen müssen schon seit Beginn der Pandemie immer wieder mit Einkom­mensverlusten zurechtkommen. Die SPÖ fordert daher ebenfalls seit Beginn der Pan­demie das Arbeitslosengeld auf 70 Prozent des Nettoeinkommens zu erhöhen und als Maßnahme zur Armutsbekämpfung vor allem bei Langzeitarbeitslosen, für die Dauer dieses Ausnahmezustandes, die Notstandshilfe in Höhe des Arbeitslosengeldes auszu­zahlen.

Der Anteil der Langzeitarbeitslosen unter den Gesamtarbeitslosen macht einen Anteil von mehr als 48 Prozent aus. Das bedeutet, jeder 2. Arbeitslose ist bereits länger als 12 Monate arbeitslos oder in Schulung. 2019 lag der Anteil noch bei 32,7 Prozent!

Hinzu kommt, dass Langzeitbeschäftigungslose sehr häufig über 50 Jahre alt sind. In vielen Studien wurde bereits nachgewiesen, dass ältere Personen, die einmal arbeitslos werden, ein hohes Risiko haben, von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen zu sein. Gleich­zeitig sinkt auch die Chance, wieder in eine dauerhafte Beschäftigung zu kommen.

Die Armutsgefährdung in dieser Gruppe steigt enorm. Die Regierung verabsäumt es auch, durch wirklich wirksame Beschäftigungsprojekte jetzt steuernd in den Arbeitsmarkt einzugreifen. So wie die Regierung bei der Pandemiebewältigung versagt hat, versagt sie auch bei der Bewältigung der Probleme am Arbeitsmarkt.

Es muss den Betroffenen sofort zumindest finanziell geholfen werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, unverzüglich zu handeln und das Ar­beitslosengeld sofort auf 70 Prozent des Nettoeinkommens zu erhöhen und die Re­gelung, wonach die Notstandshilfe in Höhe des zuvor geleisteten Arbeitslosengeldes zumindest vorerst bis zum 30. Juni 2022 verlängert wird, dem Nationalrat zur Be­schlussfassung zuzuleiten.“

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Laurenz Pöttinger. – Bitte.