Titel: Logo des Parlaments der Republik Österreich

Plenarsitzung
des Nationalrates


Stenographisches Protokoll

 

137. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Donnerstag, 16. Dezember 2021

 

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Großer Redoutensaal

 


Stenographisches Protokoll

137. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVII. Gesetzgebungsperiode    Donnerstag, 16. Dezember 2021

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 16. Dezember 2021: 9.05 – 22.18 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Registerzählungsgesetz geändert wird

2. Punkt: Bericht über den Antrag 2081/A der Abgeordneten Karl Mahrer, Mag. Georg Bürstmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staats­bürgerschaftsgesetz 1985, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das BFA-Ver­fahrensgesetz und das Asylgesetz 2005 geändert werden

3. Punkt: Bericht für innere Angelegenheiten über den Antrag 1651/A(E) der Abgeord­neten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verschwinden von Kindern und Jugendlichen mit Fluchterfahrung

4. Punkt: Bericht über den Antrag 1806/A(E) der Abgeordneten Elisabeth Feichtin­ger, BEd BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausstattung von Gebäuden der Poli­zei mit Photovoltaik-Anlagen

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 geändert wird

6. Punkt: Bericht über den Antrag 2093/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Verwaltungsrechtliche COVID-19-Begleit­gesetz und das COVID-19 Begleitgesetz Vergabe geändert werden

7. Punkt: Bericht über den Grünen Bericht 2021 der Bundesregierung

8. Punkt: Bericht über den Antrag 2083/A der Abgeordneten Hermann Gahr, Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz geändert wird

9. Punkt: Bericht über den Antrag 2073/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird

10. Punkt: Bericht über den Antrag 2040/A der Abgeordneten Mag. Verena Nussbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzge­setz 1979 geändert wird


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 2

11. Punkt: Bericht über den Antrag 2070/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert wird

12. Punkt: Bericht über den Antrag 2071/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird

13. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert wird

14. Punkt: Bericht über den Antrag 2072/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Nie­derlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden

16. Punkt: Bericht über den Antrag 2123/A(E) der Abgeordneten Franz Hörl, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ganzjahresperspektive für Saisoniers durch die Rot-Weiß-Rot – Karte“

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das IEF-Service-GmbH-Gesetz und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden

18. Punkt: Bericht über den Antrag 2074/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz (AGG) geändert wird

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verordnung (EU) 2020/1503 über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1129 und der Richtli­nie (EU) 2019/1937 (Schwarmfinanzierung-Vollzugsgesetz) erlassen und das Kapital­marktgesetz 2019, das Alternativfinanzierungsgesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehör­dengesetz und das Konsumentenschutzgesetz geändert werden

20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung des Fiskal­rates neu erlassen und ein Produktivitätsrat eingerichtet wird (Fiskalrat- und Produktivi­tätsratgesetz 2021 – FPRG 2021)

21. Punkt: Bericht über den Antrag 2029/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Küns­berg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Steuerliche Maßnahmen zur Mobilisie­rung privater Mittel für Bildung

22. Punkt: Bericht über den Antrag 2030/A(E) der Abgeordneten Dipl.­Ing. Karin Dop­pelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Spendenbegünstigung für gemeinnützige Stiftungen

23. Punkt: Bericht über den Antrag 2080/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Finanzstrafgesetz, das Bier­steuergesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Alkoholsteuergesetz, das Tabaksteuergesetz 1995, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Zollrechts-Durchfüh­rungsgesetz, das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz, das Transparenzdatenbank­gesetz 2012, das COVID-19-Zweckzuschussgesetz und das Pflegefondsgesetz geän­dert werden

24. Punkt: Bericht über den Antrag 2082/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 3

mit dem das KMU-Förderungsgesetz, das Garantiegesetz 1977, das ABBAG-Gesetz und die Bundesabgabenordnung geändert werden

25. Punkt: Bericht über den Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend ÖBB­Rahmenplan 2022-2027

26. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bun­desministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie genehmigt wird

27. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzierungsgesetz – BFinG geändert wird

28. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz geändert wird

29. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Unfalluntersuchungsgesetz geändert werden

30. Punkt: Bericht über den Antrag 2084/A(E) der Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Johannes Schmuckenschlager, Julia Elisabeth Herr, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend vehementes Eintreten gegen Mini-AKWs (SMRs) und Generation IV Nukleartechnologien auf EU­Ebene und über den

Antrag 1577/A(E) der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auftreten gegen Mini-Atomkraftwerke als Klimaschutzmaßnahme

31. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Sterbeverfügungsgesetz erlassen wird sowie das Suchtmittelgesetz und das Strafgesetzbuch geändert werden

32. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975 geändert wird

33. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz, das Verwertungsgesell­schaftengesetz 2016 und das KommAustria-Gesetz geändert werden (Urheberrechts-Novelle 2021 – Urh-Nov 2021)

34. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsge­setz 1994, das Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz, das Gaswirtschaftsge­setz 2011, das Reichshaftpflichtgesetz und das Rohrleitungsgesetz geändert werden (Mindestversicherungssummen-Valorisierungsgesetz 2021 – MinVersValG 2021)

35. Punkt: Bericht über den Antrag 2094/A der Abgeordneten Mag. Michaela Stein­acker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das 2. COVID-19-Justiz-Begleitge­setz, das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz, die Rechtsanwaltsordnung, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das Zivilrechts-Media­tions-Gesetz und das Zweite Bundesrechtsbereinigungsgesetz geändert werden

36. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Parteiengesetz 2012, das Presseförderungsgesetz 2004, das Publizistikförderungs­gesetz 1984 und das ORF-Gesetz geändert werden

37. Punkt: Bericht über den Antrag 302/A(E) der Abgeordneten Christian Lausch, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Umbenennung der „Justizwache“ in „Justizpolizei“

38. Punkt: Bericht über den Antrag 1941/A der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetz­buch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, und das Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Drogenausgangsstoffe (Suchtmittelgesetz – SMG), BGBl. I Nr. 112/1997, ge­ändert werden


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 4

39. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz 2002 geändert wird (WEG-Novelle 2022 – WEG-Nov 2022)

40. Punkt: Bericht über den Antrag 1185/A(E) der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Ausschließung von Wohnungseigentümern gem. § 36 Abs. 1 WEG wegen rechtskräftiger Verurteilung aufgrund terroristischer Straf­taten

41. Punkt: Bericht über den Antrag 1188/A(E) der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen betreffend rechtskräftige terroristische Straftaten als wohn­rechtlicher Kündigungsgrund gem. § 30 MRG und präventiver Ausschluss von Terroris­ten aus gefördertem Wohnraum

42. Punkt: Bericht über den Antrag 2122/A der Abgeordneten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Künst­ler-Sozialversicherungsfondsgesetz – K-SVFG, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler, das Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz – KuKuSpoSiG und das Bun­desgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds ge­ändert werden, sowie über den

Antrag 2010/A der Abgeordneten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Künstler-Sozialversicherungs­fondsgesetz geändert wird

43. Punkt: Bericht über den Antrag 1898/A(E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Ho­sek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kultur und Corona im Herbst/Winter 2021

44. Punkt: Bericht über den Antrag 2095/A(E) der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Rei­fenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend finanzielle Absicherung für Bundesmu­seen, Österreichische Nationalbibliothek und Bundestheater zur Abfederung der Auswir­kungen der jüngsten COVID-19 Restriktionen

45. Punkt: Bericht über den Antrag 135/A(E) der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine rasche Erarbeitung eines umfassenden Urhe­berInnenvertragsrechts

46. Punkt: Bericht über den Antrag 632/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familien­lastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

47. Punkt: Bericht über den Antrag 2043/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbe­treuungsgeldgesetz geändert wird

48. Punkt: Bericht über den Antrag 1702/A(E) der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bezug von Krankengeld darf nicht zum Verlust von einkommensabhängigem Kinderbetreuungsgeld führen

*****

Inhalt

Nationalrat

Schlussansprache des Präsidenten Mag. Wolfgang Sobotka ...........................    284

Personalien


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 5

Verhinderungen ........................................................................................................      21

Ordnungsrufe .......................................................................................  66, 107, 129

Geschäftsbehandlung

Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried betreffend § 94 Abs. 2 GOG ..........................................................................................................................      31

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG ..............................................................................................................      43

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Präsident Mag. Wolfgang Sobotka .....................................    281

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ............................    284

Fragestunde (10.)

Inneres .....................................................................................................................      21

Karl Mahrer (122/M); Mag. Georg Bürstmayr, Nurten Yılmaz

Ing. Reinhold Einwallner (128/M); Mag. Yannick Shetty, Barbara Neßler

Mag. Hannes Amesbauer, BA (120/M); Hermann Gahr

Mag. Meri Disoski (118/M); Edith Mühlberghuber

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (126/M); Dietmar Keck

Mag. Wolfgang Gerstl (123/M)

Sabine Schatz (129/M)

Christian Ries (121/M); Philip Kucher, Mag. Romana Deckenbacher

Mag. Eva Blimlinger (119/M); Mag. Martin Engelberg, Wolfgang Zanger

Dr. Stephanie Krisper (127/M); Dr. Christian Stocker

Andreas Minnich (124/M)

Robert Laimer (130/M)

Mag. Martin Engelberg (125/M); Mag. Gerald Loacker

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ................................................................................................      2


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 6

1

Ausschüsse

Zuweisungen .............................................................................................................      42

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (1172 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Registerzählungsgesetz geändert wird (1280 d.B.) .........................................................................................      43

RednerInnen:

Eva-Maria Himmelbauer, BSc ................................................................................      43

Ing. Reinhold Einwallner ........................................................................................      44

Mag. Georg Bürstmayr ...........................................................................................      45

Annahme des Gesetzentwurfes in 1280 d.B. ...........................................................      57

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den An­trag 2081/A der Abgeordneten Karl Mahrer, Mag. Georg Bürstmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschafts­gesetz 1985, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das BFA-Verfahrensge­setz und das Asylgesetz 2005 geändert werden (1281 d.B.) ..................................      46

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den An­trag 1651/A(E) der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Verschwinden von Kindern und Jugendlichen mit Fluchterfahrung (1282 d.B.) ................................................................................................................      46

RednerInnen:

Katharina Kucharowits ...........................................................................................      46

Mag. Johanna Jachs ...............................................................................................      47

Mag. Faika El-Nagashi ............................................................................................      48

Dr. Stephanie Krisper .............................................................................................      48

Mag. Ernst Gödl ......................................................................................................      50

Mag. Georg Bürstmayr ...........................................................................................      50

Annahme des Gesetzentwurfes in 1281 d.B. ...........................................................      57

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1282 d.B. hinsichtlich des Antra­ges 1651/A(E) ...........................................................................................................      57

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1282 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Verschwinden von Kindern und Jugendlichen mit Flucht­erfahrung“ (228/E) ....................................................................................................      57

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den An­trag 1806/A(E) der Abgeordneten Elisabeth Feichtinger, BEd BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausstattung von Gebäuden der Polizei mit Photovoltaik-Anlagen (1283 d.B.) ..................................................................................................      51

RednerInnen:

Andreas Minnich .....................................................................................................      52

Elisabeth Feichtinger, BEd BEd ............................................................................      52

Mag. Philipp Schrangl ............................................................................................      53

David Stögmüller ....................................................................................................      54

Hermann Gahr .........................................................................................................      54

Mag. Hannes Amesbauer, B


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 7

A ................................................................................      55

Karl Mahrer ..............................................................................................................      56

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1283 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Ausstattung von Gebäuden der Polizei mit Photovoltaik-Anlagen“ (229/E) .......................................................................................................      57

5. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1176 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 geändert wird (1221 d.B.) .........................................................................................      57

RednerInnen:

Dr. Susanne Fürst .......................................................................................  58, 65

Mag. Friedrich Ofenauer ........................................................................................      61

Mag. Christian Drobits ...........................................................................................      62

Mag. Agnes Sirkka Prammer .................................................................................      63

Dr. Johannes Margreiter ........................................................................................      64

Mag. Wolfgang Gerstl .............................................................................................      66

Annahme des Gesetzentwurfes in 1221 d.B. ...........................................................      67

6. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2093/A der Ab­geordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Verwaltungsrechtliche COVID-19-Begleitgesetz und das COVID-19 Begleitge­setz Vergabe geändert werden (1222 d.B.) .............................................................      66

Redner:

Johann Singer .........................................................................................................      66

Annahme des Gesetzentwurfes in 1222 d.B. ...........................................................      67

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2021 der Bundesregierung (III-422/1216 d.B.) ............................................      68

RednerInnen:

Mag. Gerald Hauser .....................................................................................  68, 84

Dipl.-Ing. Georg Strasser .......................................................................................      71

Alois Kainz ...............................................................................................................      72

Cornelia Ecker .........................................................................................................      73

Dipl.-Ing. Olga Voglauer .........................................................................................      75

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer .................................................................................      76

Bundesministerin Elisabeth Köstinger ................................................................      77

Johannes Schmuckenschlager .............................................................................      79

Elisabeth Feichtinger, BEd BEd ............................................................................      80

Clemens Stammler .................................................................................................      82

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich .............................................................................      83

Dietmar Keck ...........................................................................................................      84

Franz Leonhard Eßl ................................................................................................      85

Martina Diesner-Wais .............................................................................................      86

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sockelförderbetrag für Arbeitsplätze am Bauernhof“ – Ableh­nung ...............................................................................................................  69, 70


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 8

Entschließungsantrag der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „Umverteilungsprämie um die Verteilungsgerechtigkeit der öffent­lichen Steuermittel zwischen den landwirtschaftlichen Betrieben zu erhöhen“ – Ab­lehnung ..........................................................................................................  74, 88

Entschließungsantrag der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „Ausbau der Fördermaßnahme ‚Soziale Angelegenheiten‘ (So­ziale Dienstleistungen, SDL) im Rahmen der GAP-Fördermittel statt massiver Kür­zung der Mittel“ – Ablehnung ........................................................................  81, 88

Kenntnisnahme des Berichtes III-422 d.B. ...............................................................      88

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den An­trag 2083/A der Abgeordneten Hermann Gahr, Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz ge­ändert wird (1217 d.B.) .............................................................................................      86

RednerInnen:

Ing. Klaus Lindinger, BSc ......................................................................................      87

Franz Hörl ................................................................................................................      87

Annahme des Gesetzentwurfes in 1217 d.B. ...........................................................      88

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2073/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird (1226 d.B.) .........................................................................................      88

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2040/A der Abgeordneten Mag. Verena Nussbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird (1223 d.B.) ................................................................................................................      88

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2070/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert wird (1227 d.B.) .........................................................      89

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2071/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicege­setz geändert wird (1228 d.B.) .................................................................................      89

13. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsge­setz geändert wird (1229 d.B.) .................................................................................      89

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2072/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversiche­rungsgesetz 1977 geändert wird (1230 d.B.) ...........................................................      89

RednerInnen:

Josef Muchitsch ......................................................................................................      89

Laurenz Pöttinger ...................................................................................................      92

Dr. Dagmar Belakowitsch ......................................................................................      94

Josef Muchitsch (tatsächliche Berichtigung) ..........................................................      95

Mag. Markus Koza ..................................................................................................      95

Fiona Fiedler, BEd ..................................................................................................      97

Bundesminister Mag. Dr. Martin Kocher ..............................................................      98

Bettina Zopf .............................................................................................................    100

Gabriele Heinisch-Hosek .......................................................................................    101


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 9

Barbara Neßler ........................................................................................................    102

Petra Wimmer ..........................................................................................................    103

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „finanzielle Hilfe für Arbeitslose“ – Ablehnung ...........  91, 120

Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „Ausweitung der Sonderbetreuungszeit für Covid-19-(Hoch‑)Risi­kokinder“ – Ablehnung ..............................................................................  104, 118

Annahme der fünf Gesetzentwürfe in 1226, 1227, 1228, 1229 und 1230 d.B. .......    118

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1223 d.B. ................................................    118

Gemeinsame Beratung über

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungs­vorlage (1162 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden (1232 d.B.)           105

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2123/A(E) der Abgeordneten Franz Hörl, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ganzjahresperspektive für Saisoniers durch die Rot-Weiß-Rot – Karte“ (1233 d.B.) ............................................................................................    105

17. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (1169 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das IEF-Service-GmbH-Gesetz und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden (1234 d.B.) ............    105

18. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2074/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz (AGG) geändert wird (1236 d.B.) .................................................................    105

RednerInnen:

Alois Stöger, diplômé .............................................................................................    106

Rebecca Kirchbaumer ............................................................................................    107

Mag. Christian Ragger ............................................................................................    108

Barbara Neßler ........................................................................................................    109

Mag. Gerald Loacker ..............................................................................................    110

Alois Stöger, diplômé (tatsächliche Berichtigung) .................................................    113

Bundesminister Mag. Dr. Martin Kocher ..............................................................    113

Franz Hörl ................................................................................................................    114

Mag. Markus Koza ..................................................................................................    115

Tanja Graf ................................................................................................................    116

Peter Wurm ..............................................................................................................    117

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Reform Rot-Weiß-Rot Karte: Fast Track einführen!“ – Ablehnung .................................................................................................  111, 120

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 1232, 1234 und 1236 d.B. ............................    120

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1233 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Ganzjahresperspektive für Saisoniers durch die Rot-Weiß-Rot – Karte“ (230/E) ..................................................................................................    120

Gemeinsame Beratung über


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 10

19. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1165 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Ver­ordnung (EU) 2020/1503 über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1129 und der Richt­linie (EU) 2019/1937 (Schwarmfinanzierung-Vollzugsgesetz) erlassen und das Ka­pitalmarktgesetz 2019, das Alternativfinanzierungsgesetz, das Finanzmarkt­aufsichtsbehördengesetz und das Konsumentenschutzgesetz geändert werden (1181 d.B.) ................................................................................................................    121

20. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1166 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung des Fiskalrates neu erlassen und ein Produktivitätsrat eingerichtet wird (Fiskalrat- und Produktivitäts­ratgesetz 2021 – FPRG 2021) (1182 d.B.) ..............................................................    121

RednerInnen:

Kai Jan Krainer ........................................................................................................    121

Mag. Andreas Hanger .............................................................................................    122

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer .................................................................................    123

Dr. Elisabeth Götze .................................................................................................    124

Bundesminister Dr. Magnus Brunner, LL.M. ........................................  124, 125

Angela Baumgartner ..............................................................................................    125

Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA .................................................................................    125

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1181 und 1182 d.B. .................................    193

Gemeinsame Beratung über

21. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2029/A(E) der Ab­geordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Steuerliche Maßnahmen zur Mobilisierung privater Mittel für Bildung (1183 d.B.) .    127

22. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2030/A(E) der Ab­geordneten Dipl.­Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Spendenbegünstigung für gemeinnützige Stiftungen (1184 d.B.) ...........................    127

23. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2080/A der Abgeord­neten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührenge­setz 1957, das Finanzstrafgesetz, das Biersteuergesetz 1995, das Schaumwein­steuergesetz 1995, das Alkoholsteuergesetz, das Tabaksteuergesetz 1995, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz, das Transparenzdatenbankgesetz 2012, das COVID-19-Zweckzuschussgesetz und das Pflegefondsgesetz geändert werden (1185 d.B.)      127

24. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2082/A der Abgeord­neten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz, das Garantie­gesetz 1977, das ABBAG-Gesetz und die Bundesabgabenordnung geändert wer­den (1186 d.B.) .........................................................................................................    127

RednerInnen:

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................    127

Karlheinz Kopf .........................................................................................................    130

MMag. DDr. Hubert Fuchs ......................................................................................    134

Mag. Sibylle Hamann ..............................................................................................    136


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 11

Mag. Martina Künsberg Sarre ................................................................................    137

Bundesminister Dr. Magnus Brunner, LL.M. .......................................................    138

Tanja Graf ................................................................................................................    139

Mag. Selma Yildirim ................................................................................................    142

Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA .................................................................................    143

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer .................................................................................    144

Gabriel Obernosterer ..............................................................................................    145

Dr. Christoph Matznetter (tatsächliche Berichtigung) ............................................    146

Ing. Reinhold Einwallner ........................................................................................    146

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1183 d.B. hinsichtlich des Antra­ges 2029/A(E) ...........................................................................................................    193

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1183 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Erweiterung der Spendenabsetzbarkeit“ (231/E) ...............    193

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1184 d.B. ................................................    193

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1185 und 1186 d.B. .................................    193

Gemeinsame Beratung über

25. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Bericht der Bundesmi­nisterin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend ÖBB­Rahmenplan 2022-2027 (III-477/1193 d.B.) ..................................    147

26. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1144 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundes­ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie genehmigt wird (1195 d.B.) ......................................................................................    147

27. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1158 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzierungsgesetz – BFinG geändert wird (1196 d.B.) ................................................................................................................    148

RednerInnen:

Erwin Angerer .........................................................................................................    148

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller .................................................................    153

Dr. Johannes Margreiter ........................................................................................    154

Melanie Erasim, MSc ..............................................................................................    154

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA .........................................................    155

Bundesminister Dr. Magnus Brunner, LL.M. .......................................................    158

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek .....................................................................................    158

Hermann Weratschnig, MBA MSc .........................................................................    159

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer .................................................................................    160

Hermann Gahr .........................................................................................................    161

Christian Hafenecker, MA ......................................................................................    162

Maximilian Lercher .................................................................................................    167

Andreas Ottenschläger ..........................................................................................    168

Gabriel Obernosterer ..............................................................................................    169


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 12

Entschließungsantrag der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „Planung und Errichtung einer Güterbahntrasse sowie Ergreifen von Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung im Kärntner Zentralraum vor dem Bahnlärm“ – Ablehnung .............................................................................  149, 172

Entschließungsantrag der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung der S 37 Klagenfurter Schnellstraße“ – Ablehnung      151, 172

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Umsetzung der S 1 Wiener Außenring Schnellstra­ße – ‚Lobau-Tunnel‘“ – Ablehnung ............................................................  164, 172

Kenntnisnahme des Berichtes III-477 d.B. ...............................................................    172

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1195 und 1196 d.B. .................................    172

Gemeinsame Beratung über

28. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1161 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz geändert wird (1192 d.B.) .............    173

29. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1168 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Unfalluntersuchungsgesetz geändert werden (1194 d.B.) ................................    173

RednerInnen:

Hermann Weratschnig, MBA MSc .........................................................................    173

Alois Stöger, diplômé .............................................................................................    175

Lukas Brandweiner .................................................................................................    176

Dietmar Keck ...........................................................................................................    177

Christoph Stark .......................................................................................................    178

Klaus Köchl .............................................................................................................    178

Joachim Schnabel ..................................................................................................    179

Michael Bernhard ....................................................................................................    180

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1192 und 1194 d.B. .................................    181

30. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 2084/A(E) der Ab­geordneten Ing. Martin Litschauer, Johannes Schmuckenschlager, Julia Elisabeth Herr, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend vehementes Eintreten gegen Mini-AKWs (SMRs) und Generation IV Nukleartechnologien auf EU­Ebene und über den

Antrag 1577/A(E) der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Auftreten gegen Mini-Atomkraftwerke als Klimaschutzmaßnahme (1266 d.B.)      181

RednerInnen:

Ing. Martin Litschauer ............................................................................................    181

Robert Laimer ..........................................................................................................    182

Walter Rauch ...........................................................................................................    183

Johannes Schmuckenschlager .............................................................................    187

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA .........................................................    188

Andreas Kollross ....................................................................................................    189

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich .............................................................................    190

Rudolf Silvan ...........................................................................................................    191

Joachim Schnabel ..................................................................................................    192

Entschließungsantrag der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „dringende Notwehrmaßnahmen gegen EU-Atomstrom-Verord­nung“ – Ablehnung ....................................................................................  184, 192

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1266 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „vehementes Eintreten gegen Mini-AKWs (SMRs) und Ge­neration IV Nukleartechnologien auf EU-Ebene“ (232/E) ........................................    192


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 13

31. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1177 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Sterbeverfügungsgesetz erlassen wird sowie das Suchtmittelgesetz und das Strafgesetzbuch geändert werden (1255 d.B.) ............    196

RednerInnen:

Mag. Harald Stefan .................................................................................................    196

Mag. Agnes Sirkka Prammer .................................................................................    198

Mag. Selma Yildirim ................................................................................................    199

Mag. Michaela Steinacker ......................................................................................    200

Dr. Johannes Margreiter ........................................................................................    204

Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. .............................................................    204

Dr. Harald Troch ......................................................................................................    206

Dr. Gudrun Kugler ..................................................................................................    207

Dr. Helmut Brandstätter .........................................................................................    208

Mag. Wolfgang Gerstl .............................................................................................    209

Mag. Gerald Loacker ..............................................................................................    211

Annahme des Gesetzentwurfes in 1255 d.B. ...........................................................    236

32. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1175 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975 geändert wird (1256 d.B.)      212

RednerInnen:

Dr. Johannes Margreiter ........................................................................................    212

Mag. Agnes Sirkka Prammer .................................................................................    213

Mag. Christian Drobits ...........................................................................................    213

Mag. Christian Ragger ............................................................................................    214

Dr. Christian Stocker ..............................................................................................    215

Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. .............................................................    216

Annahme des Gesetzentwurfes in 1256 d.B. ...........................................................    236

33. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1178 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz, das Verwertungsgesellschaf­tengesetz 2016 und das KommAustria-Gesetz geändert werden (Urheberrechts-Novelle 2021 – Urh-Nov 2021) (1257 d.B.) ..............................................................    217

RednerInnen:

Katharina Kucharowits ...........................................................................................    217

Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................    218

Katharina Kucharowits (tatsächliche Berichtigung) ..............................................    220

Mag. Harald Stefan .................................................................................................    220

Mag. Johanna Jachs ...............................................................................................    221

Dr. Johannes Margreiter ........................................................................................    222

Süleyman Zorba ......................................................................................................    223

Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. .............................................................    224

Annahme des Gesetzentwurfes in 1257 d.B. ...........................................................    237

34. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1170 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz 1994, das Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz, das Gaswirtschaftsge­setz 2011, das Reichshaftpflichtgesetz und das Rohrleitungsgesetz geändert wer­den (Mindestversicherungssummen-Valorisierungsgesetz 2021 – MinVersValG 2021) (1258 d.B.) ................................................................................................................    225

RednerInnen:

Petra Bayr, MA MLS ................................................................................................    225

Mag. Corinna Scharzenberger ..............................................................................    227


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 14

Annahme des Gesetzentwurfes in 1258 d.B. ...........................................................    237

Gemeinsame Beratung über

35. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 2094/A der Abgeord­neten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das 1. COVID-19-Justiz-Begleit­gesetz, das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz, die Rechtsanwaltsordnung, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das Zivilrechts-Mediations-Gesetz und das Zweite Bun­desrechtsbereinigungsgesetz geändert werden (1259 d.B.) ...................................    228

36. Punkt: Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Parteiengesetz 2012, das Presseförderungsge­setz 2004, das Publizistikförderungsgesetz 1984 und das ORF-Gesetz geändert werden (1260 d.B.) ...................................................................................................    229

RednerInnen:

Mag. Christian Ragger ............................................................................................    229

Petra Bayr, MA MLS ................................................................................................    229

Dr. Christian Stocker ..............................................................................................    230

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1259 und 1260 d.B. .................................    238

37. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 302/A(E) der Abgeord­neten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umbenennung der „Justizwache“ in „Justizpolizei“ (1261 d.B.) ..............................................................    231

RednerInnen:

Christian Lausch .....................................................................................................    231

Mag. Agnes Sirkka Prammer .................................................................................    232

Bettina Zopf .............................................................................................................    233

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1261 d.B. ................................................    238

38. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1941/A der Abgeord­neten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, und das Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Drogenausgangsstoffe (Suchtmittelgesetz – SMG), BGBl. I Nr. 112/1997, geändert werden (1262 d.B.)        234

RednerInnen:

Mag. Harald Stefan .................................................................................................    234

Carina Reiter ............................................................................................................    235

Mag. Philipp Schrangl ............................................................................................    235

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1262 d.B. ................................................    239

Gemeinsame Beratung über

39. Punkt: Bericht des Ausschusses für Bauten und Wohnen über die Regierungs­vorlage (1174 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz 2002 geändert wird (WEG-Novelle 2022 – WEG-Nov 2022) (1286 d.B.) .........................    239

40. Punkt: Bericht des Ausschusses für Bauten und Wohnen über den An­trag 1185/A(E) der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend die Ausschließung von Wohnungseigentümern gem. § 36 Abs. 1 WEG wegen rechtskräftiger Verurteilung aufgrund terroristischer Straftaten (1287 d.B.) ................................................................................................................    239


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 15

41. Punkt: Bericht des Ausschusses für Bauten und Wohnen über den An­trag 1188/A(E) der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend rechtskräftige terroristische Straftaten als wohnrechtlicher Kündi­gungsgrund gem. § 30 MRG und präventiver Ausschluss von Terroristen aus ge­fördertem Wohnraum (1288 d.B.) .............................................................................    239

RednerInnen:

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................    239

Mag. Nina Tomaselli ...............................................................................................    241

Mag. Philipp Schrangl ............................................................................................    245

Johann Singer .........................................................................................................    245

Dr. Johannes Margreiter ........................................................................................    246

Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. .............................................................    247

Mag. Michaela Steinacker ......................................................................................    248

Dr. Harald Troch ......................................................................................................    249

Maximilian Köllner, MA ..........................................................................................    250

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „weitere Novellierung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG)“ – Ablehnung .................................................................................  240, 251

Annahme des Gesetzentwurfes in 1286 d.B. ...........................................................    250

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1287 und 1288 d.B. ......................    250

Gemeinsame Beratung über

42. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 2122/A der Abgeord­neten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz – K-SVFG, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrü­ckungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler, das Kunst-, Kul­tur- und Sportsicherungsgesetz – KuKuSpoSiG und das Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds geändert wer­den, sowie über den

Antrag 2010/A der Abgeordneten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Künstler-Sozial­versicherungsfondsgesetz geändert wird (1241 d.B.) ..............................................    251

43. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 1898/A(E) der Abge­ordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kultur und Corona im Herbst/Winter 2021 (1242 d.B.) .......................................................    252

44. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 2095/A(E) der Abge­ordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend fi­nanzielle Absicherung für Bundesmuseen, Österreichische Nationalbibliothek und Bundestheater zur Abfederung der Auswirkungen der jüngsten COVID-19 Restrik­tionen (1243 d.B.) .....................................................................................................    252

RednerInnen:

Gabriele Heinisch-Hosek .......................................................................................    252

Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................    255

Ing. Mag. Volker Reifenberger ...............................................................................    257

Maria Großbauer .....................................................................................................    258

Henrike Brandstötter ..............................................................................................    259

Staatssekretärin Mag. Andrea Mayer ...................................................................    260

Mag. Martin Engelberg ...........................................................................................    262


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 16

Dr. Harald Troch ......................................................................................................    262

MMag. Dr. Agnes Totter, BEd ................................................................................    263

Entschließungsantrag der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Unterstützung des Buchhandels und von Musikver­lagen in der Pandemie“ – Ablehnung ........................................................  253, 266

Annahme des Gesetzentwurfes in 1241 d.B. ...........................................................    265

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1242 und 1243 d.B. ......................    265

45. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 135/A(E) der Abge­ordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine rasche Erarbeitung eines umfassenden UrheberInnenvertragsrechts (1244 d.B.) .............    264

RednerInnen:

Katharina Kucharowits ...........................................................................................    264

Mag. Johanna Jachs ...............................................................................................    265

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1244 d.B. ................................................    266

Gemeinsame Beratung über

46. Punkt: Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den An­trag 632/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsge­setz 1967 geändert wird (1252 d.B.) ........................................................................    266

47. Punkt: Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den An­trag 2043/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (1253 d.B.) .........................................................................................    267

48. Punkt: Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den An­trag 1702/A(E) der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bezug von Krankengeld darf nicht zum Verlust von einkommensab­hängigem Kinderbetreuungsgeld führen (1254 d.B.) ...............................................    267

RednerInnen:

Petra Wimmer ..........................................................................................................    267

Nikolaus Prinz .........................................................................................................    268

Edith Mühlberghuber ..............................................................................................    268

Barbara Neßler ........................................................................................................    269

Eva Maria Holzleitner, BSc ....................................................................................    269

Michael Bernhard ....................................................................................................    270

Bundesministerin MMag. Dr. Susanne Raab .......................................................    271

Christian Ries ..........................................................................................................    272

Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda ............................................................................    273

Maximilian Köllner, MA ..........................................................................................    278

Norbert Sieber .........................................................................................................    279

Lukas Brandweiner .................................................................................................    280

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1252 und 1253 d.B. .................................    281

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1254 d.B. ................................................    281


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 17

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nein zur Impfpflicht, nein zur Diskriminierung Ungeimpfter, ja zum Plan B! (2149/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nein zur Impfpflicht, nein zur Diskriminierung Ungeimpfter, ja zum Plan B! (2150/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nein zur Impfpflicht, nein zur Diskriminierung Ungeimpfter, ja zum Plan B! (2151/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Offenlegung und Transparenz betreffend Unvereinbarkeiten für die Mitglieder des Nationalen Impfgre­miums im Zusammenhang mit Forschungsaufträgen für die Pharmaindustrie und Impf­stoffhersteller (2152/A)(E)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Cool-off-Phase gegen Medien-Postenschacher (2153/A)(E)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzungsstra­tegie für die Anliegen und Forderungen des Tierschutzvolksbegehrens für das Jahr 2022 (2154/A)(E)

Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundesweit einheitliche finan­zielle Unterstützung für Gemeinden bei der Anschaffung von Gerätschaften der Feuer­wehr (2155/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform Rot-Weiß-Rot Kar­te: Fast Track einführen! (2156/A)(E)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Transparenz in Budgets für Informationstätigkeit bringen (2157/A)(E)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetzes mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2022 bis 2025 erlassen wird (Bundesfinanzrahmengesetz 2022 bis 2025 – BFRG 2022-2025) geändert wird (2158/A)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schlachtung im gewohnten Lebensumfeld der Tiere – einstimmigen Entschließungsantrag endlich um­setzen! (2159/A)(E)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der Gemeindemilliarde (2160/A)(E)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetzes über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen geändert wird (2161/A)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundesweite Rege­lung für die standardmäßige Verlegung von 110kV Leitungen als Erdkabel (2162/A)(E)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Flexibilisierung La­denöffnungszeiten Selbstbedienungshofläden (2163/A)(E)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Künftige Finanzierung von IHS und WIFO (2164/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 18

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Künftige Finanzie­rung von IHS und WIFO (2165/A)(E)

Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umverteilungsprämie um die Verteilungsgerechtigkeit der öffentlichen Steuermittel zwischen den landwirtschaftlichen Betrieben zu erhöhen (2166/A)(E)

Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau der Fördermaßnahme „Soziale Angelegenheiten“ (Soziale Dienstleistungen, SDL) im Rahmen der GAP-För­dermittel statt massiver Kürzung der Mittel (2167/A)(E)

Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend umfassender Ge­waltschutz (2168/A)(E)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministeranklage gemäß Art. 142 Abs. 2 lit. b B-VG wider der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler (2169/A)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Umsetzung des Tierschutzvolksbegehrens (2170/A)(E)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Umsetzung des Tierschutzvolksbegehrens (2171/A)(E)

Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (2172/A)

Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Impfpflicht gegen COVID-19 (COVID-19-Impfpflichtgesetz – COVID-19-IG) (2173/A)

Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem besondere Ziele für den Verkehr erlassen werden (Bundesverkehrszielegesetz) (2174/A)

Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung einer flächen­deckenden LKW-Maut (2175/A)(E)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kostentragung des CO2-Prei­ses im Wohnbereich durch die Vermieter*innen (2176/A)(E)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erstanlaufstelle Zahlungsverzug-Umsetzung bis zum 31. März 2022“ (2177/A)(E)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vertretung der Verbraucherinteres­sen bei Normungen mit Umsetzungstermin 31. März 2022 (2178/A)(E)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verlängerung der Familienbeihilfe und der Lehrlingsfreifahrt (2179/A)(E)

Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Transparenzdatenbankgesetz 2012 geändert wird (COVID-19-Compliance-Gesetz) (2180/A)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 19

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Klimakrise, die soziale Frage unserer Zeit! (2181/A)(E)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Klimakrise, die soziale Frage unserer Zeit! (2182/A)(E)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend entschiedenes Vorgehen zur Be­kämpfung von LGBTIQ-feindlicher Hasskriminalität (2183/A)(E)

Lukas Hammer, Tanja Graf, Alois Schroll, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG), das Elektrizitätswirt­schafts- und ‑organisationsgesetz 2010 (EIWOG 2010) und das Energie-Control-Gesetz (E-ControlG) geändert werden (2184/A)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend dringende Notwehr­maßnahmen gegen EU-Atomstrom-Verordnung (2185/A)(E)

Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend Freiheit ohne Ablaufdatum (2186/A)(E)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Treibstoffpreisdeckelung (2187/A)(E)

Dr. Gudrun Kugler, Mag. Eva Blimlinger, Sabine Schatz, Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend den verstärkten Schutz von Medienvertreterinnen und -vertretern im Zuge der Covid 19 – Pandemie (2188/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend nachhaltige IT-Geräte und Lücken bei Ausfuhrverbot von Elektroschrott in Nicht-OECD-Länder (8954/J)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend nachhaltige IT-Geräte und Lücken bei Ausfuhrverbot von Elektroschrott in Nicht-OECD-Länder (8955/J)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend nachhaltige IT-Geräte und Lücken bei Ausfuhrverbot von Elektroschrott in Nicht-OECD-Länder (8956/J)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend nachhaltige IT-Geräte und Lücken bei Ausfuhrverbot von Elektroschrott in Nicht-OECD-Länder (8957/J)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitali­sierung und Wirtschaftsstandort betreffend nachhaltige IT-Geräte und Lücken bei Aus­fuhrverbot von Elektroschrott in Nicht-OECD-Länder (8958/J)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend nachhaltige IT-Geräte und Lücken bei Ausfuhr­verbot von Elektroschrott in Nicht-OECD-Länder (8959/J)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Tablets und Notebooks für Schüler*innen (8960/J)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend nachhaltige IT-Geräte und Lü­cken bei Ausfuhrverbot von Elektroschrott in Nicht-OECD-Länder (8961/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 20

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend nachhaltige IT-Geräte und Lücken bei Ausfuhrverbot von Elektroschrott in Nicht-OECD-Länder (8962/J)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend nachhaltige IT-Geräte und Lücken bei Ausfuhrverbot von Elektroschrott in Nicht-OECD-Länder (8963/J)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend nachhaltige IT-Geräte und Lücken bei Ausfuhrverbot von Elektro­schrott in Nicht-OECD-Länder (8964/J)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration betreffend Zukunft des ORF (8965/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Rechtsschutzbeauftragte Aicher und politische Einflussnahme auf das „Ibiza“-Verfahren (8966/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Die im ersten Halbjahr erbrachten Dienstleistungen an das BMI (8967/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Folgeanfrage III zu Abschiebelager in Serbien (8968/J)

Maximilian Lercher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend „Umsetzung der Aarhus-Konvention“ (8969/J)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Folgeanfrage zur Anbahnung von Unter­nehmen aus Jan Marsaleks Umfeld an das Außenministerium (8970/J)

Maximilian Lercher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend „Milliarden­verteilung im ÖBB-Rahmenplan“ (8971/J)

Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Erhöhung der Saisonkontingente statt Verbesserung der Arbeitsbedingungen (8972/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend Mit Steuergeld finanzierte Studien vor Parlament versteckt (Folgean­frage) (8973/J)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bil­dung, Wissenschaft und Forschung betreffend Kulturvermittlung in Bildungseinrichtun­gen (8974/J)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Kulturvermittlung in Österreich (8975/J)

Ing. Martin Litschauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend Gewässerverunreinigungen an der Thaya und Pulkau durch die Jungbunzlauer Austria AG – erneute Fragestellung wegen offen­gebliebener Punkte und neuem Kenntnisstand (8976/J)


 


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 21

09.05.31Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Drit­ter Präsident Ing. Norbert Hofer.

09.05.33*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine Damen und Herren, ich darf Sie zum zweiten Tag unserer Dezemberplenarwoche recht herzlich begrüßen. Die Sitzung ist da­mit eröffnet.

Ich begrüße auch die Damen und Herren von den Medien und vor allem unsere Zuse­herinnen und Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Rosa Ecker, MBA, Peter Schmiedlechner, Michel Reimon, MBA und Mag. Julia Seidl.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundes­kanzleramt über Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, folgende Mitteilung gemacht:

Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc wird durch Staatssekretärin Claudia Plakolm vertreten, Bundesministerin für EU und Verfassung Mag. Karoline Edtstadler durch Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner.

*****

Ich darf bekannt geben, dass die Sitzung wie üblich von ORF 2 bis 13 Uhr übertragen wird, ORF III überträgt sie bis 19.15 Uhr, und anschließend wird die Sitzung in der TV­thek kommentiert übertragen. Auch die privaten Fernsehstationen übertragen auszugs­weise unsere Sitzungen.

09.06.44Fragestunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zur Fragestunde. Ich darf den Herrn Bundesminister für Inneres recht herzlich begrüßen.

Die Fragestellungen durch die Damen und Herren Abgeordneten werden von den beiden Rednerpulten im Halbrund vorgenommen – das ist ja eingeübt –, und der Herr Innenmi­nister wird vom Rednerpult der Abgeordneten aus antworten.

Die Anfragezeit beträgt jeweils 1 Minute. Die Redezeit für die Beantwortung der Anfrage beträgt 2 Minuten, für die Zusatzfrage 1 Minute. Ich werde dann jeweils ein Zeichen ge­ben, wenn die Zeit abgelaufen ist.

Inneres


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur 1. Anfrage, jener des Abgeord­neten Mahrer an den Herrn Bundesminister. – Bitte sehr.


09.07.21

Abgeordneter Karl Mahrer (ÖVP): Einen schönen guten Morgen, Herr Bundesminister! Gleich zu Beginn Ihrer Amtszeit stelle ich meine Frage an Sie, die mit der Initiative


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 22

Gemeinsam sicher zusammenhängt. Ich weiß, dass Ihnen diese Initiative ebenso ein Herzensanliegen ist wie mir, denn ich glaube, es ist wichtig, dass Polizistinnen und Polizisten auf Augenhöhe mit den Menschen in den Ländern, in den Regionen, in den Städten, in den Gemeinden gemeinsam Sicherheit gestalten.

Ein ganz wesentlicher Kernbereich bei Gemeinsam sicher ist die Präventionsarbeit. Mei­ne Frage an Sie, Herr Bundesminister: Auf welchen Bereich in der Prävention, also in der Vorbeugung von Straftaten wollen Sie einen besonderen Schwerpunkt setzen?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 122/M, hat folgenden Wortlaut:

„Gibt es von Ihnen im Rahmen der Initiative ‚Gemeinsam.Sicher‘ einen Bereich der Prä­ventionsarbeit, auf den Sie ein besonderes Augenmerk legen möchten?“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Abgeordneter, Sie haben recht, in der Tat: Gemeinsam sicher ist eine Erfolgsgeschichte, ein Projekt des Innenmi­nisteriums, das bereits seit dem Jahr 2016 durchgeführt wird, ein Projekt, das vor allem auch den engen Kontakt, die enge Bindung zwischen der Bevölkerung und der Exekutive entsprechend sicherstellen soll, aber nicht nur zwischen der Exekutive und der Bevölke­rung, sondern auch der Wirtschaft und den Gemeinden. Als langjähriger Bürgermeister darf ich sagen, dass die Initiative Gemeinsam sicher bis hin zur kommunalen Ebene sehr erfolgreich umgesetzt wurde und umgesetzt wird.

Bürgernahe Polizeiarbeit ist ein ganz wesentlicher Punkt, gerade in der Prävention, die Sie auch angesprochen haben, ebenso kommunale Präventionsarbeit mit Sicherheitsge­meinderäten, mit vielen Verantwortlichen auf Bezirksebene, auf Landesebene, aber auch auf Gemeindeebene. Zudem gibt es viele Sicherheitspartnerschaften, auch mit Ins­titutionen – auch ein ganz wichtiger Punkt, gerade in der aktuellen Situation –: mit Wirt­schaftskammer, Post, Spar, Rewe, Wiener Linien, ÖBB. Auch das sind wichtige Partner­schaften, gerade im Bereich der Prävention.

Wichtig ist, um eben diese Bürgernähe in der Prävention sicherzustellen, dass es ein niederschwelliges Informationsangebot gibt – Informationsfolder, die der Bevölkerung über die Gemeinden zur Verfügung gestellt werden –, Sicherheitspartner in den Re­gionen und natürlich auch das Angebot, dass es, wenn jemand den Eindruck hat, dass es ein Sicherheitsproblem gibt, einen sehr unmittelbaren, direkten Kontakt mit den Dienststellen, mit Beratungsstellen oder Ähnlichem gibt.

Das betrifft alle Bereiche: den Bereich der Wirtschaft, den Bereich der Institutionen, den Bereich der Sicherheitseinrichtungen, den Bereich der Gesundheitseinrichtungen, aber durchaus auch ganz aktuell den Bereich der Medien.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? (Abg. Mahrer schüttelt den Kopf.)

Dann stellt Abgeordneter Bürstmayr die nächste Frage. – Bitte sehr.


Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich möchte bei diesem Thema einhaken und mit der im Moment sehr aktuellen Frage der Radikalisierung fortsetzen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 23

Am 1. Dezember hat Ihr Haus mit Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern aus ganz Ös­terreich zum Thema Dialog und Diskurs gegen Radikalisierung ein Gespräch geführt.

Ich möchte fragen, welche Ergebnisse dieses Gespräch erbracht hat.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Herr Abgeordneter, Sie haben recht: Aufgrund der aktuellen Lage, der aktuellen Bedrohungsbilder, vor allem auch in der Kommunalpolitik – ich habe schon gesagt, ich war selber lange Jahre Bürgermeister, und ein Bürgermeister aus meiner Region war auch unmittelbar betroffen –, war es not­wendig, mit lokalen Verantwortungsträgern entsprechende Sicherheitsgespräche zu füh­ren.

Mein Vorgänger Karl Nehammer hat das am 1. Dezember auch durchgeführt, und zwar mit dem Gemeindebundpräsidenten Alfred Riedl, dem DSN-Leiter Omar Haijawi-Pirch­ner und dem BKA-Direktorstellvertreter Manuel Scherscher, damit auch im Bereich der Bürgermeister die Informationen entsprechend sichergestellt sind, gerade auch betref­fend das Thema der Radikalisierung in manchen Bereichen – rechter Randgruppen, die unterwegs sind, Hooligangruppen, die in diesem Bereich bei Kundgebungen unterwegs sind. Da bedarf es eben eines engen Kontaktes, und da sind wir sehr froh, dass wir mit Gemeinsam sicher diese Plattform schon geschaffen haben. Das wird in diesem Bereich fortgesetzt, so wie es auch heute einen entsprechenden Kontakt mit den Medien geben wird.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Abgeordnete Yılmaz. – Bitte.


Abgeordnete Nurten Yılmaz (SPÖ): Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Bundesminis­ter! Belgien, Dänemark, Estland, Frankreich, Italien, Litauen, Polen, Rumänien, Slowa­kei, Slowenien, Spanien, Tschechien – da schau her! –, Ungarn und Zypern, regional in Deutschland, dem Vereinigten Königreich, der Schweiz und in den USA: All diese Länder haben eine Kennzeichnungspflicht für Polizistinnen und Polizisten. Sie werden sich ja etwas dabei gedacht haben.

In der Sitzung des Innenausschusses haben Sie erklärt, dass Sie persönlich dagegen sind. Können Sie mir bitte sagen, aus welchen konkreten Gründen Sie sich gegen eine Kennzeichnungspflicht für Polizistinnen und Polizisten aussprechen, und unter welchen Umständen Sie sich diese doch vorstellen können?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Ja, Frau Abgeordnete, Sie haben recht: Ich habe auch schon in der Sitzung des Innenausschusses entsprechend ange­sprochen, dass ich es gerade jetzt in dieser sensiblen Phase für sehr problematisch hal­ten würde, das einzuführen.

Das wird seit vielen Jahren diskutiert, auch auf europäischer Ebene, und aus der jetzigen Sicht der Dinge halte ich es in der derzeitigen Phase für nicht zielführend. Gerade Poli­zistinnen und Polizisten – Sie wissen das – sind bei Demonstrationen auch immer wieder Ziel von Gewalt, daher bin ich in dieser Frage sehr zurückhaltend, ablehnend.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die 2. Anfrage stellt Herr Abgeordneter Einwall­ner. – Bitte.


09.13.54

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Guten Morgen, Herr Innenminister! Meine Damen und Herren, wir alle haben noch die schrecklichen Bilder in Erinnerung, als Ihr Vorgänger als Innenminister, der jetzige Bundeskanzler Karl Nehammer, mitten in der Nacht gut integrierte Jugendliche mit Polizeigewalt aus dem Schlaf gerissen und abgeschoben hat. Daher meine Frage:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 24

128/M

„Werden Sie sich – anders als Ihr Vorgänger – gegen Abschiebungen von gut integrier­ten Kindern und Jugendlichen, die Österreich als ihre Heimat gefunden und angenom­men haben, einsetzen?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Sie wissen, dass es ein Faktum ist, dass jeder, der tatsächlich Schutz braucht, diesen in Österreich auch bekommt, und allein heuer haben 5 400 Kinder in unserem Land auch Schutzstatus erhalten. Ich werde aber sehr konsequent diesen Weg meines Vorgängers weiter umsetzen, wenn es darum geht, Entscheidungen von unabhängigen Gerichten entsprechend zur Umsetzung zu bringen. Ich halte das für wichtig und richtig, weil es hier eine klare Linie zu halten gilt, dass, wenn das Gericht Entscheidungen trifft, diese von den Exekutivkräften auch zur Umsetzung zu bringen sind.

Daher darf ich das auch so beantworten: Wir werden diesen klaren, konsequenten Weg auch unter meiner Führung fortsetzen. (Beifall bei der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Herr Innenminister, wenn Sie sagen, all jene, die Schutz brauchen, werden in Österreich Schutz finden, schließe ich mit einer Frage an: Werden Sie sich für das Ende der menschenunwürdigen und menschen­rechtswidrigen Push-backs sowie die Auflösung der Elendslager in Griechenland einset­zen und sich auf europäischer Ebene für eine solidarische Aufnahme von Schutzsuchen­den durch alle – durch alle! – EU‑Staaten einsetzen, das heißt auch inklusive Öster­reich? (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Herr Abgeordneter, Sie wissen, dass Österreich über die letzten Jahre und Jahrzehnte bei der Hilfe von Asylsuchenden Überdurchschnittliches geleistet hat. Wir sind europaweit das am drittstärksten belastete Land in diesem Bereich, was die Asylwerberzahlen betrifft, und wir haben da immer wieder geholfen. Es muss aber auch klar sein, dass dieser Weg – Schutz der Außen­grenzen und so viele Rückführungen wie möglich – auch von mir als Innenminister ent­sprechend konsequent fortgesetzt wird. Daher habe ich auch vor wenigen Tagen das Schreiben der zuständigen Innenkommissarin Ylva Johansson betreffend ein Resettle­mentprogramm für 40 000 afghanische Asylwerber abgelehnt.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Abgeordneter Shetty. – Bitte.


Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Guten Morgen, Herr Innenminister! Mei­ne Frage schließt daran an. Kollege Einwallner hat es schon gesagt: Im Jänner 2021 wurden unter Ihrem Vorgänger, dem jetzigen Bundeskanzler Nehammer, drei bestens integrierte Kinder mit ihren Familien mitten in der Nacht mit Hundestaffeln abgeführt und wenig später abgeschoben. Das hat zu so immenser Kritik geführt, dass die Bundesre­gierung eine eigene Kindeswohlkommission eingerichtet hat, und diese Kindeswohlkom­mission hat sich das sehr genau angeschaut und elf ganz konkrete Empfehlungen ab­gegeben.

Mich würde interessieren: Welche dieser elf Empfehlungen finden Sie ganz konkret gut und welche finden Sie schlecht?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 25

Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Herr Abgeordneter, ich darf auch an dieser Stelle Folgendes wiederholen: Diese Abschiebung, diese Außerlandesbrin­gung erfolgte nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, und die Exe­kutive hat dies auch entsprechend durchgeführt.

Sie haben die Kindeswohlkommission, die sogenannte Griss-Kommission, angespro­chen. Da gibt es einige Empfehlungen, die bereits in Zusammenarbeit mit dem Innen­ressort umgesetzt werden, beispielsweise gibt es einen Leitfaden mit wesentlichen Kri­terien, wie das Kindeswohl auch immer entsprechend zu berücksichtigen, ein Vier­augenprinzip bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen und die umfassende Berücksich­tigung des Kindeswohles auch bei der Unterbringung und Betreuung, Herr Abgeordne­ter. (Beifall bei der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Abgeordnete Barbara Neßler. – Bitte.


Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Guten Morgen, Herr Minister! Meine Frage geht in eine ähnliche Richtung, und zwar geht es um die vulnerabelste Gruppe unter den Schutzsuchenden, um die Kinder – Kinder, die besonderen Schutzes bedürfen. Welche Maßnahmen wurden nach den Empfehlungen der Kindeswohlkommission, aber auch des Beirates im Bundesministerium für Inneres in Bezug auf die Kindeswohlkommission im Bereich Fremden- und Asylrecht gesetzt? Welche Maßnahmen wurden diesbezüglich schon gesetzt?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Vielen Dank für die Frage, Frau Abgeordnete. Ich muss mich hier leider wiederholen. Wie auch die Frage zuvor das ge­tan hat, haben Sie die Kindeswohlkommission angesprochen, diese sogenannte Griss-Kommission, wie sie auch heißt. Es wurde ein Leitfaden erarbeitet, gemäß dem das Vieraugenprinzip bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen ein ganz wichtiger Punkt ist. Das Kindeswohl steht da im Mittelpunkt. Auch oder gerade bei solch schwierigen Ent­scheidungen wie Außerlandesbringungen, bei Abschiebungen muss das Kindeswohl im Mittelpunkt stehen, und die Exekutive ist angehalten, das auch entsprechend zu be­rücksichtigen – nach Maßgaben der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerich­tes. – Vielen Dank. (Abg. Leichtfried: ... zum zweiten Mal eine Frage nicht beantwortet!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die 3. Anfrage stellt Herr Kollege Abgeordneter Amesbauer. – Bitte.


09.19.33

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Guten Morgen, Herr Bundesmi­nister! Guten Morgen, Herr Präsident! Herr Bundesminister, Sie wissen ja, die Zahlen der illegalen Grenzübertritte und der Asylanträge sind exorbitant hoch. Obwohl es ei­gentlich geheißen hat, wir haben eine De-facto-Nullzuwanderung, stehen wir jetzt bei über 30 000 illegalen Grenzübertritten.

Wir haben auch die Folgewirkungen, dass nämlich die Asylheime wie die Schwammerln aus dem Boden schießen, ständig werden neue Quartiere eröffnet. Auch der Druck wird immer größer. Wir wissen das von den verschiedenen Routen, wir sehen auch, was in anderen Ländern los ist. Wir wissen, dass der EU-Türkei-Deal sehr, sehr fragil ist. Das Asylproblem ist also riesenriesengroß.

Sie haben gesagt, Sie werden da auch eine harte Linie fahren. Da bin ich gespannt, denn das hat auch Ihr Vorgänger Nehammer gesagt, er hat aber mehr Showpolitik be­trieben. Darum würde ich von Ihnen jetzt gerne wissen, ob Sie wirklich eine echte, kon­sequente Asylpolitik umsetzen werden.

Meine Frage, Herr Bundesminister:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 26

120/M

„Was werden Sie unternehmen, um die massenhaft stattfindende illegale Migration nach Österreich zu beenden?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Herr Abgeordneter, Sie haben recht, es hat über 35 000 Asylanträge bis dato, bis Ende November dieses Jahres, gege­ben. Ich kann nur sagen, der von Karl Nehammer bereits eingeschlagene Weg wird auch von mir konsequent fortgesetzt werden (Abg. Kickl: Bitte nicht! Abg. Kassegger: Oje! – Zwischenruf des Abg. Hauser) – ich wiederhole das auch gerne hier an dieser Stelle –, mit dem Schutz der EU-Außengrenzen als ganz essenziellem Ziel. Das wurde vor wenigen Tagen im Rahmen des Salzburg Forums gemeinsam mit den Westbalkan­staaten beraten, denn das geht nur in einer entsprechenden Allianz mit den Nachbarn, mit diesen Ländern, und das werden wir konsequent fortsetzen.

Ein wesentliches Ziel ist auch der Fokus auf Rückführungen für jene Menschen, die eben kein Bleiberecht haben – am besten bereits vor den Toren der Europäischen Union. Da haben wir als konkretes Beispiel, meine Damen und Herren Abgeordnete, den Rück­kehrplan mit Bosnien erarbeitet. Wir arbeiten mit diesem Land ganz speziell zusammen, Experten aus Bosnien nehmen auch bei Rückführungen in Österreich teil, damit auch bereits von Bosnien Rückführungen durchgeführt werden können. Die Zusammenarbeit mit den Westbalkanländern ist da ganz, ganz entscheidend. Dazu haben wir auch die sogenannte JCP-Stelle eingeführt, wo die Koordination möglichst rasch durchgeführt werden soll.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Herr Bundesminister, mich würde der Bereich des Grenzschutzes interessieren: Wir wissen ja, dass unsere Polizisten und Soldaten, die dort wirklich hervorragende Arbeit leisten, aufgrund der gültigen Rechts­lage mehr oder weniger leider ein Empfangskommando sind. Sobald das Zauberwort Asyl ausgesprochen ist, sind die Herrschaften im Asylverfahren. Das sollten wir uns nicht mehr bieten lassen! Auch Ihr Amtsvorgänger Nehammer hat gesagt, dass das so nicht geht, und hat angekündigt, auch auf europäischer Ebene Schritte zu setzen.

Meine Frage wäre konkret: Wären Sie dazu bereit, den Grenzschutz konsequent im Sin­ne von verstärkten Push-backs, aber auch mit der Errichtung physischer Grenzschutz­barrieren und richtiger Abwehr dieser illegalen Eindringlinge, wie das am Beispiel Polen, die das sehr, sehr gut machen, zu sehen ist, umzusetzen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Herr Abgeordneter, ich denke, der Grenzschutz wird durch unsere Polizistinnen und Polizisten, in manchen Bereichen auch in Abstimmung mit dem österreichischen Bundesheer, exzellent durchgeführt. Da wird auch an der Außengrenze mit Assistenz aus Österreich entsprechend mitgeholfen, damit es zu einer konsequenten Außensicherung kommt. Illegale Push-backs gibt es in Öster­reich nicht.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Gahr. – Bitte.


Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister, Sie haben diese Frage ein bisschen vorweggenommen. Es geht um diese JCP, die Joint-Coordi­nation-Plattform. Diese wurde ja in Wien eingerichtet. Vielleicht können Sie noch einmal erläutern, was genau die Hintergründe sind und wieso sie eigentlich in Wien angesiedelt wurde.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 27

Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Warum in Wien, Herr Abgeord­neter? – Weil unser Land, weil Österreich – ich habe das zu Beginn einer anderen Frage auch gesagt – im Bereich der Asylwerber sehr stark, überdurchschnittlich im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, belastet ist. Daher ging es darum, vor allem mit den Westbalkanländern, mit der Gruppe Salzburg Forum die Koordination zu verbessern, um rechtzeitig auf Migrationsströme, auf illegale Migration reagieren zu können.

Zu diesem Zwecke wurde unter meinem Vorgänger Karl Nehammer eben die soge­nannte JCP eingerichtet – rasch, unbürokratisch, keine Doppelgleisigkeiten mit Einhei­ten der Europäischen Union. Ich kann Ihnen ankündigen, es wird auch zu Beginn des nächsten Jahres, im Frühjahr, eine sogenannte JCP-Rückkehrerkonferenz mit diesen Staaten geben, in Wien. Schutz der EU-Außengrenze geht nur im Verbund, in der Zu­sammenarbeit mit anderen Ländern, die da auch betroffen sind. (Abg. Gahr: Danke!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die 4. Anfrage stellt Abgeordnete Disoski. – Bitte.


09.24.44

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Guten Morgen, Herr Innenminister! Meine Frage fokussiert auf ein anderes Thema. Wir haben in Österreich die Situation, dass wir heuer schon über 30 Frauenmorde verzeichnen, es hat 50 Mordversuche an Frauen gegeben. Wir wissen, dass in den vergangenen zehn Jahren die Bundesregierungen da leider säumig waren, wenn es darum gegangen ist, den Opferschutz, den Gewaltschutz und auch die Gewaltprävention zu stärken. Zehn Jahre gab es da bei den Budgets keine Erhöhungen.

Die türkis-grüne Bundesregierung geht einen anderen Weg. Wir haben Opferschutz, Ge­waltschutz, Gewaltprävention jetzt zum dritten Mal in Folge finanziell gestärkt, und zwar im Familienministerium, im Frauenministerium, im Justizministerium, im Gesundheits- und Sozialministerium und eben auch im Innenministerium.

Meine Frage an Sie ist daher: Welche Maßnahmen setzen Sie im Innenministerium für Gewaltschutz, Gewaltprävention, um Männergewalt gegen Frauen vorzubeugen?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 118/M, hat folgenden Wortlaut:

„Welche Maßnahmen hat das Innenministerium 2021 getroffen, um die Gewalt gegen Frauen und Mädchen, vor allem durch die opferschutzorientierte Täterarbeit, zu bekämp­fen?“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Geschätzte Frau Abgeordnete, Gewaltschutz muss in einem gesamtgesellschaftlichen Ansatz behandelt werden. Ich denke, da sind wir uns in diesem Haus alle einig. Ich denke, wir sind uns auch einig, und ich halte es auch für wichtig, dass da ein ministeriumsübergreifender Ansatz gewählt wurde.

Wir müssen alles dafür tun, um Frauen, Kinder und Familien entsprechend vor Gewalt zu schützen. Österreich hat, und das wissen Sie, im Gewaltschutz eine Vorreiterrolle, mit dem ersten Gewaltschutzgesetz im Jahr 1997. Da wurde von meinem Vorgänger auch ein entsprechender Weg eingeschlagen, den ich gemeinsam mit Ihnen auch konse­quent fortsetzen möchte.

Sie haben auch explizit die opferschutzorientierte Täterarbeit erwähnt: Aufgrund des Gewaltschutzgesetzes 2019 wurden die Beratungsstellen für Gewaltprävention errich­tet. Nach einem europaweiten Ausschreibungsverfahren wurden im Sommer 2021 die


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 28

Verträge abgeschlossen, und seit dem 1. September 2021 sind in allen Bundesländern diese Stellen auch operativ tätig – beispielsweise mit dem Verein Neustart oder der Ca­ritas.

Die Aufgabe: Gewaltpräventionsberatung von Gefährderinnen und Gefährdern im Zu­sammenhang mit Gewalt in der Privatsphäre; 90 Prozent der Gefährder sind männlich. Nach einem Ausspruch eines Annäherungs- und Betretungsverbotes haben die Ge­fährder binnen fünf Tagen mit den Beratungsstellen Kontakt aufzunehmen. Erste Be­ratungen finden innerhalb von 14 Tagen ab Kontaktaufnahme statt, und die Beratung umfasst mindestens sechs Beratungsstunden.

Wir vonseiten des Innenministeriums wenden für diese Maßnahmen jährlich 9 Millionen Euro auf. Und Sie haben recht, insgesamt wurde das Budget deutlich erhöht, mit 24,6 Millionen Euro wurde das größte Gewaltschutzpaket der vergangenen Jahre einge­setzt.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? (Abg. Disoski schüttelt den Kopf.)

Dann stellt Frau Abgeordnete Mühlberghuber die nächste Frage. – Bitte.


Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Schönen guten Morgen, Herr Bundesmi­nister! Herr Bundesminister, Ihre Kollegin, Frau Edtstadler, hat in einem Interview auf Puls 24 gesagt – ich zitiere –: Gewalt an Frauen sei generell ein Zuwanderungsproblem, mit den Migrationsströmen sei auch ein Frauenbild importiert worden, das mit unserer Wertehaltung nichts zu tun habe.

Meine Frage an Sie, Herr Bundesminister, lautet: Was werden Sie unternehmen, um dieses Problem in den Griff zu bekommen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, Gewalt an Frauen, Gewalt in Familien ist ein Problem, das ich als gesamtgesellschaftli­ches ansehe – in allen Bevölkerungsschichten, in allen Strukturen. Aus diesem Grun­de – da muss ich mich wiederholen – hat diese Bundesregierung auch entsprechende Akzente gesetzt, auch das Budget entsprechend erhöht, damit wir solche schrecklichen Taten, Gewalt in der Familie, Gewalt an Frauen, in Zukunft verhindern können. Das muss unser Ziel sein, das muss unser gesamtgesellschaftliches Ziel sein, und zwar ministe­riumsübergreifend. Mit dem Justizministerium, mit dem Frauenministerium müssen wir da Akzente finden, um das bestmöglich verhindern zu können. (Beifall bei ÖVP und Grü­nen.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Trautt­mansdorff. – Bitte.


09.29.00

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Herr Bundesminister, herz­lich willkommen, erstmals hier im Hohen Haus bei einer Fragestunde! Ein Thema, das Sie sicher sehr intensiv beschäftigt – wir haben uns auch schon im Innenausschuss damit beschäftigt und auch im Unterausschuss ist das Thema –, sind die Coronade­monstrationen, bei denen es ja durchaus eine steigende Aggressivität auf der einen Seite, auf der anderen Seite auch einen stärker auftretenden Extremismus in Teilen die­ser Demonstrierenden – aber durchaus auch wahrnehmbar – gibt.

Meine Frage: Welche Maßnahmen setzen Sie, um das in den Griff zu bekommen?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 126/M, hat folgenden Wortlaut:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 29

„Mit welchen Maßnahmen soll der steigenden Aggressivität und dem Extremismus im Zusammenhang mit den Corona Demonstrationen insbesondere auf Grund der zu er­wartenden Verschlechterung wegen der geplanten Impfpflicht entgegengewirkt wer­den?“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Herr Abgeordneter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die Zeit der Pandemie ist in der Tat für uns alle eine ganz besonders herausfordernde.

Ich durfte mir in den wenigen Tagen, seit ich diese Funktion bekleide, ein Bild machen, was das für die Arbeit der Exekutive, für die Polizei bedeutet. Natürlich ist das für sie eine ganz, ganz besonders herausfordernde Zeit, weil es bei diesen Demonstrationen Randgruppen – rechte Randgruppen, Hooligans, Staatsverweigerer, Verschwörungs­theoretiker – gibt, die letztendlich versuchen, diese Demonstrationen zu unterwandern, um da auch ihr eigenes Geschäft zu betreiben.

Ich darf vom letzten Wochenende berichten – die Exekutive geht dementsprechend kon­sequent vor –: fast 900 Anzeigen, entsprechende Festnahmen bei über 70 Kundgebun­gen. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Es ist die Aufgabe der Polizei, entsprechend einzu­schreiten und die Sicherheit aller zu gewährleisten. Das sind einerseits jene, die fried­liebend demonstrieren, aber andererseits vor allem die Gesundheitseinrichtungen, das sind auch Medienvertreter, die zuletzt auch angegriffen wurden.

Es ist die Aufgabe der Exekutive, da entsprechend konsequent einzuschreiten. Diesen Weg werden wir fortsetzen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Ich halte fest, dass Sie jetzt keine Maßnahmen erläutert haben, sondern nur die Situation.

Ihr neuer DSN-Direktor hat als Maßnahme in diesem Zusammenhang vorgeschlagen, weitere Überwachungsmaßnahmen zu forcieren, also der Polizei da mehr Kompetenzen zu geben. Wie stehen Sie solchen Überlegungen gegenüber?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Also grundsätzlich, Herr Abge­ordneter, denke ich, dass ich die Maßnahmen skizziert habe, und zwar dass die Exe­kutive, wenn es notwendig ist, konsequent einschreitet und auch einschreiten muss, nämlich wenn es gegen Gewalt gegen Leib und Leben geht, wenn es gilt, rechtsradikale Dinge anzuzeigen.

Dialog, Deeskalation, Durchgreifen, die drei D, das ist das Motto der Polizei in allen Teilen des Landes. Entsprechende gesetzliche Anpassungen sind natürlich hier in die­sem Haus zu beraten und wahrscheinlich in Teilbereichen auch sinnvoll.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Keck. – Bitte.


Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Unsere Poli­zistinnen und Polizisten leisten hervorragende Arbeit und der Deeskalationspolitik, die sie betreiben, ist es zu verdanken, dass es bei den Demonstrationen zu keinen größeren Ausschreitungen gekommen ist. Dafür gebührt ihnen einmal das Lob dieses Hauses.

Herr Bundesminister, bereits Ihr Vorgänger, der jetzige Bundeskanzler Karl Nehammer, hat einen Coronabonus für Polizistinnen und Polizisten in Aussicht gestellt, der bis heute


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 30

nicht ausbezahlt wurde, und das trotz der außergewöhnlichen Leistungen und zusätzli­chen Aufgaben, die unsere Polizistinnen und Polizisten im Angesicht der Pandemie tag­täglich erbringen beziehungsweise erfüllen.

Meine Frage an Sie: Bis wann werden Sie dafür sorgen, dass unsere Polizistinnen und Polizisten den versprochenen Coronabonus endlich bekommen, und wie hoch wird die­ser sein, Herr Innenminister?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Herr Abgeordneter, zunächst vielen herzlichen Dank für den Dank an unsere Polizei, an unsere Polizistinnen und Polizisten, an die Exekutive. In der Tat, sie leisten in dieser sensiblen Situation ganz besonders exzellente Arbeit, und es bedarf der entsprechenden Rückendeckung durch uns alle. Ich appelliere wirklich an alle Fraktionen hier in diesem Haus, unserer Exekutive diese Rückendeckung zu geben.

Im Zusammenhang mit den Anforderungen darf ich Ihnen sagen, dass ich in sehr enger Abstimmung und in Kontakt mit der Personalvertretung bin, um den Kolleginnen und Kollegen ihre schwere Arbeit möglichst zu erleichtern und das so zu gestalten, dass sie das tun können, wofür sie bezahlt werden, nämlich für die Sicherheit in diesem Land da zu sein. (Abg. Leichtfried: Herr Präsident! Das war aber keine Antwort!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Gerstl. – Bitte. (Abg. Leichtfried: Herr Präsident! Das war keine Antwort! Wofür ist er denn da?)


09.33.46

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister, herzlich willkommen im Hohen Haus! Sie sind ja als Innenminister nicht nur Polizeiminister, sondern auch Bürgerminister, und da vertreten Sie die Werte einer west­lichen Demokratie (Heiterkeit bei der FPÖ), wie wir sie in Österreich für selbstverständ­lich darlegen, nämlich die der Meinungsfreiheit, die der Versammlungsfreiheit, die der­selben Rechte für Frauen und Männer.

Es gibt halt leider auch immer wieder Menschen, die diese Güter, diese Menschenrechte gefährden wollen, nämlich Terroristen. Herr Bundesminister, wir sind ja voriges Jahr auch Opfer eines terroristischen Anschlags geworden. Können Sie skizzieren, welche Maßnahmen das Innenministerium in der Zwischenzeit gesetzt hat, um drohenden ter­roristischen Anschlägen entgegenzuwirken, beziehungsweise welche Maßnahmen Sie setzen wollen, um solchen Terroristen in Zukunft noch weniger Spielraum zu geben?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 123/M, hat folgenden Wortlaut:

„Welche Maßnahmen wurden und werden gesetzt, um drohenden terroristischen An­schlägen entgegenzuwirken?“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Herr Abgeordneter! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ja, Terror ist eine Bedrohung. Terror hat das Ziel, Hass zu säen und unsere Gesellschaft zu spalten, daher muss es unser aller Aufga­be sein – auch und gerade aus Sicht des Innenressorts –, entsprechend entgegenzuwir­ken. Sicherheit gehört zu jenen Bereichen, die im gesellschaftlichen Zusammenleben entscheidend sind. Unser Land ist Gott sei Dank eines der sichersten der Welt, und die­sen hohen Standard an Sicherheit müssen wir täglich neu erarbeiten.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 31

Konkret zu den Maßnahmen gegen den Terror: Hier im Parlament wurden die Antiter­rorpakete eins und zwei beschlossen. Gemeinsam mit Frau Bundesminister Zadić und Frau Bundesminister Raab hat mein Vorgänger die entsprechenden Pakete erarbeitet, und diese wurden von diesem Haus auch beschlossen.

Budgeterhöhungen wurden im November beschlossen, das Antiterrorpaket ist mit 120 Millionen Euro für die nächsten drei Jahre veranschlagt und zusätzlich sind 5 Mil­lionen Euro zur Stärkung der Resilienz und zur Abwehr von sogenannten Cyberangriffen eingeplant.

Im Bereich der Beschaffung geht es darum, dass wir die Bewaffnung erneuern, moder­nisieren, die Einsatztechnik erneuern, die Informationstechnik mit sogenannten Body-worn Cameras, die Infrastruktur, die IKT-Infrastrukrur verbessern und ausbauen, Kraft­fahrzeuge anschaffen  ich denke dabei an die Sonderfahrzeuge Survivor oder Obser­vationsfahrzeuge , Schutzausrüstung für die Sicherheit der Beamtinnen und Beamten selbst – das ist ein ganz wesentlicher Punkt –, und aktuell – das wurde in diesem Jahr bereits beschafft – Drohnen für die Grenzüberwachung, Sturmgewehre, Schutzausrüs­tung und Ähnliches, das auch bereits in Anschaffung ist.

Extremistisches Gedankengut und die Taten daraus müssen mit allen Mitteln bekämpft werden. Das ist eines meiner Ziele und das muss letztendlich unser aller Ziel sein.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Wird nicht gewünscht. (Abg. Leichtfried: Herr Präsident!)

Zur Geschäftsbehandlung? – Herr Abgeordneter Leichtfried, bitte.

*****


9.36.59

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsi­dent! Entsprechend § 94 Abs. 2 der Geschäftsordnung hat das Regierungsmitglied in der Fragestunde die Fragen zu beantworten und nicht die Abgeordneten mit einer Nicht­beantwortung zu frotzeln, und ich erwarte von Ihnen, dass Sie als Präsident dieses Hau­ses die Geschäftsordnung hier einhalten und durchsetzen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ, FPÖ und NEOS.)

9.37

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nächste Anfrage: Abgeordnete Schatz. – Bitte.


09.37.30

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Wir sehen in den letzten Jahren ein Hoch an rechtsextremen Straftaten in Österreich. Wir haben eine bedrohliche Häufung von Waffenfunden in der rechtsextremen Szene, und Ihr Vorgänger Nehammer, mittlerweile Bundeskanzler, hat ja auch auf die Bedrohung durch die rechts­extreme Szene hingewiesen. Gleichzeitig haben wir auch ein Hoch an antisemitischen Vorfällen, wie die IKG bekannt gegeben hat (Zwischenruf des Abg. Kickl), und viele dieser antisemitischen Vorfälle haben auch einen eindeutig rechtsextremen Hintergrund.

Auf Basis dieser Fakten haben wir hier im Juni beschlossen, einen Nationalen Aktions­plan gegen Rechtsextremismus auf den Weg zu bringen, der auch Maßnahmen, ver­knüpft mit der Strategie gegen Antisemitismus, vorweisen soll.

Meine Frage ist:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 32

129/M

„Wie weit sind Sie in der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans gegen Rechtsextre­mismus?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Unter der Koordinierung durch das Innen­ministerium findet derzeit die Erarbeitung eines Nationalen Aktionsplans Extremismus­prävention und Deradikalisierung, kurz NAP, von ExpertInnen des Bundesweiten Netz­werks Extremismusprävention und Deradikalisierung, kurz BNED, statt. Sie wissen, das ist mit Teilnahme unter anderem vom DÖW, der Kinder- und Jugendanwaltschaft, von Neustart und vielen anderen Organisationen, die in diesem bundesweiten Netzwerk auch mitarbeiten.

Dieser Aktionsplan ist österreichweit eine erste Zusammenstellung von zielgerichteten Maßnahmen und Empfehlungen zur Bekämpfung aller Formen des Extremismus aus Sicht dieser ExpertInnen. Koordinierte Ausstiegsarbeit richtet sich gegen alle Formen des Extremismus. Die Bekämpfung von Rechtsextremismus ist ein fundamentales Ziel, auch in diesem Aktionsplan.

Der Aktionsplan wird im Rahmen des vom BMI organisierten Präventionsgipfels als Mei­lenstein der Extremismusprävention und Deradikalisierungsarbeit vorgestellt. Sie wis­sen, eine pandemiebedingte Verschiebung erfolgte auf das Frühjahr 2022.

Gegenwärtig befindet sich der NAP, wie er kurz genannt wird, in guter Abstimmung zwi­schen den Koalitionspartnern. Eine verstärkte behördenübergreifende und interdiszipli­näre Zusammenarbeit mit ExpertInnen, insbesondere der Wissenschaft, zur gemeinsa­men Bekämpfung von Extremismus, insbesondere Rechtsextremismus, ist mein großes Ziel.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Der Direktor der neuen DSN, Omar Haijawi-Pirch­ner, hat konkret darauf hingewiesen, dass vor allem von der Szene der Coronaleugner momentan die größte Bedrohung ausgeht. Er sagt auch, das große Risiko liege darin, dass Rechtsextreme die Szene nutzen, um ihre Ideologie zu verbreiten. Wir haben vor­hin schon gehört, dass es immer wieder zu antisemitischen Verschwörungstheorien kommt, zu Übergriffen auf Polizistinnen und Polizisten sowie Medienvertreterinnen und Medienvertreter.

Meine Frage ist jetzt: Welche Maßnahmen setzen Sie konkret in den nächsten drei Mo­naten, um dem entgegenzuwirken?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Ja, Sie haben recht, Frau Abge­ordnete, der Direktor der DSN hat das genannt. Auch ich habe in mehreren Interviews bereits gesagt, dass ein Fokus von mir darauf liegt, dass wir in dieser Frage, dass man­che Demonstrationen von rechtsradikalen Gruppen unterwandert werden, sehr wach­sam sein müssen. Diesen Auftrag hat die DSN, weil das auch ein besonderes persönli­ches Anliegen von mir ist.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die 8. Anfrage stellt Abgeordneter Ries. – Bitte.


09.41.02

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Werter Herr Bundesminister! Das Anforderungs­profil für Beamte der Schnellen Interventionsgruppe, SIG, die im Rahmen der Schnellen Reaktionskräfte eingesetzt werden sollen, ist ja einigermaßen hoch. Da bedarf es nicht nur eines aktuell guten Fitnesszustandes, sondern in der Regel auch einer Vorbildung bei der Wega oder bei Mobilen Einsatzkommanden.

Meine Frage lautet daher:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 33

121/M

„Konnten bereits alle vorgesehenen Dienstposten bei den ‚Schnellen Interventionsgrup­pen‘ in allen Bundesländern im Rahmen einer Ausschreibung durch qualifizierte Beamte besetzt werden?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Herr Abgeordneter! Geschätzte Damen und Herren! Bevor ich jetzt auf Ihre Frage konkret eingehe, darf ich nur kurz erklären, auch für die Zuseherinnen und Zuseher, was die Schnellen Reaktionskräfte sind. Sie fußen auf zwei Säulen: einerseits auf der Bereitschaftseinheit und andererseits auf den Schnellen Interventionsgruppen. Die Bereitschaftseinheiten sind bezirksüber­greifende Streifendienste. Als erste Interventionskräfte werden sie beim sogenannten Großen Sicherheits- und Ordnungsdienst entsprechend eingesetzt.

Zum anderen die zweite Säule, die Schnellen Interventionsgruppen: Dabei handelt es sich um besonders gut ausgebildete und ausgerüstete Polizisten. Sie werden bei beson­ders gefährlichen Einsätzen tätig, und sie dienen als Lückenschluss zwischen den Poli­zeiinspektionen und der Cobra.

Zu den Zahlen: Geplant ist eine Gesamtstärke der Kräfte von rund 400 Polizistinnen und Polizisten, ohne Wien; bei der Wega sind es 290. So sind österreichweit daher insgesamt 690 sogenannte SIG-Kräfte geplant – Sie wissen, was ich damit meine. Seit Ende No­vember sind 521 Exekutivbedienstete für diesen Bereich verfügbar. Im Jahr 2022 wer­den wir dann die volle Personalstärke erreichen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Wie aus der Beantwortung einer Budgetanfrage hervorgeht, sind bereits jetzt im BMI rund 1 000 Beamte anderen Dienststellen als ihrer Stammdienststelle zugeteilt und fehlen daher in der Stammdienststelle.

Daher meine Zusatzfrage: Werden die bei den SIG eingesetzten Beamten nur durch Zuteilungen gestellt oder wird es dort auch neue fixe Planposten geben?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Herr Abgeordneter! Sie wissen, dass wir in den letzten Jahren ein umfangreiches zusätzliches Personalpaket geschnürt haben, das insgesamt 4 300 Planstellen, davon sind 2 000 Ausbildungsplanstellen, umfasst. Das Ziel muss sein, möglichst gut und breit über das Bundesgebiet, vom Bo­densee bis zum Neusiedler See, abgedeckt zu sein, auch auf den Polizeiinspektionen. Sie wissen, ich war Bürgermeister, daher war mir das immer ein besonderes Anliegen. Wenn neue Einheiten geschaffen werden, ist das klare Ziel, diese Inspektionen, die Ar­beit der Polizisten und Polizistinnen auf diesen Inspektionen zu unterstützen – wiederum mit dem Ziel, für die Sicherheit der Bevölkerung da zu sein.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Ku­cher. – Bitte.


Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sie wissen, Weihnachten steht vor der Tür. Wenn wir in Gesprächen mit Polizistinnen und Polizisten vielleicht gefragt werden, was die konkreten Ableitungen sind, so bin ich dankbar dafür, dass wir jetzt wieder mit ganz konkreten Ergebnissen nach Hause gehen können.

Deswegen meine Frage, betreffend diese angespannte Personalsituation, die Sie bereits im Innenausschuss geschildert haben, wobei Sie gesagt haben, dass Sie Gespräche führen: Wie hoch ist denn aktuell der konkrete Abgang an Planstellen je Bundesland?


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 34

Und bis wann ganz konkret werden Sie dafür Sorge tragen, dass diese Planstellen auch tatsächlich besetzt sein werden?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Ich habe es bei meiner Antwort auf die Frage vorhin kurz erwähnt: Wir haben 4 300 zusätzliche Planstellen geschaffen, 2 000 davon sind Ausbildungsplanstellen. Sie wissen – Sie sind auch schon eine Zeit lang in der Politik tätig –, es war immer ein großes Thema, diese Ausbildungsplanstellen zu bekommen, damit die Inspektionen entlastet werden und damit ein möglichst hoher Personalstand auf den Inspektionen gegeben ist.

Wir haben derzeit 3 700 Polizeischüler, und jetzt, im Jahr 2021, haben wir österreichweit 500 Exekutivbedienstete mehr. Aber: Ja, es stimmt, es besteht etwa in Wien zusätzlicher Bedarf. Ich habe das heute auch medial gesagt: Bitte, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, machen Sie Werbung für den Beruf der Polizistin, des Polizisten! Es ist ein schöner Beruf, wir können sie alle brauchen. (Abg. Kickl: Das Beste wäre ein guter Innenminister!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Abgeordnete Deckenba­cher. – Bitte.


Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher (ÖVP): Einen wunderschönen guten Mor­gen, Herr Bundesminister! Wir sehen leider aufgrund der aktuellen Situation, dass Ge­walt im öffentlichen Raum immer mehr zunimmt. Deswegen sind eine schnelle Verfüg­barkeit von Polizistinnen und Polizisten vor allen Dingen in Hotspotbereichen und eine flexible Einsatzplanung ein Garant für die Polizeiarbeit.

Mit 1. September startete man mit einer sehr wichtigen Weiterentwicklung in der Polizei­organisation, mit den sogenannten SRK, den Schnellen Reaktionskräften. Diese setzen sich auf der einen Seite aus den Bereitschaftseinheiten – einem Modell, das es in Wien schon seit Jahren gibt –, die neben Hotspotbereichen auch die Polizeikräfte bei Hilfs- und Suchaktionen und Alarmfahndungen unterstützen, zusammen, und auf der anderen Seite sind es die Schnellen Interventionsgruppen, die auch bei Amokläufen oder Terror­lagen eingesetzt werden, um Dynamiken zu entschleunigen, bevor Sondereinheiten ein­treffen. Das ist ein sehr herausfordernder Einsatz für viele Kolleginnen und Kollegen.

Meine Frage lautet: Wie werden die Exekutivbediensteten der Bereitschaftseinheiten und der Schnellen Interventionsgruppen ausgewählt, Herr Minister?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Geschätzte Frau Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Auswahlkriterien sind mittels Erlässen für diesen beide Bereiche, die Bereitschaftseinheiten und die sogenannten SIG-Kräfte, wie ich das abkürzend nennen darf, geregelt. Bei den Bereitschaftseinheiten sind permanent eingerichtete Einheiten aus bestehendem Stammpersonal und rotierendem Personal eingesetzt.

Für die rotierenden Kräfte der Bereitschaftseinheiten ist vorgesehen, dass Exekutivbe­dienstete nach ihrer Grundausbildung zumindest neun Monate auf einer Polizeiinspek­tion Dienst versehen. Danach können sie je nach Bedarf für sechs bis zwölf Monate einer Bereitschaftseinheit zugewiesen werden.

Alle Mitglieder haben folgende Ausbildungsschritte zu durchlaufen: die Basisausbildung im Großen Sicherheits- und Ordnungsdienst, kurz GSOD, wie das heißt, im Ausmaß von 80 Stunden, die Grundausbildung für die Einsatzeinheit von 40 Stunden und die GSOD-Fortbildungen im Bereich Einsatzstock und großes Pfefferspraygebinde.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: 1 Minute ist vorbei.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 35

Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Das Stammpersonal verfügt über folgende zusätzliche Ausbildung: jährlich zielgruppenorientiertes Einsatztraining, Ord­nungsdienstpolizei und Grundausbildung zum Beweissicherer. Die Polizisten - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Frau Abgeordnete Blim­linger. – Bitte sehr. (Abg. Blimlinger: Er war noch nicht fertig, glaube ich!) – Die Zeit war drüber.


09.48.31

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Innenminister! Meine Frage bezieht sich noch einmal auf Rechtsextremismus, anschließend an die Frage der Kollegin Schatz.

Welche Maßnahmen, insbesondere Sofortmaßnahmen, werden Sie zur Bekämpfung des Rechtsextremismus treffen, um den besorgniserregenden aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang mit der Coronapandemie zu begegnen, neben der Entwicklung eines NAP gegen Rechtsextremismus?

*****

Die schriftlich eingebrachte Frage, 119/M, hat folgenden Wortlaut:

„Welche Maßnahmen werden Sie zur Bekämpfung des Rechtsextremismus treffen, um den besorgniserregenden aktuellen Entwicklungen – auch im Zusammenhang mit der Corona Pandemie – zu begegnen?“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Frau Abgeordnete! Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich bei dem einen oder anderen Satz wiederhole, aber diese Pan­demie und die damit verbundenen Kundgebungen sind in der Tat etwas, das für uns Anlass ist, entsprechend wachsam zu sein. Der Herr Direktor des Staatsschutzes, Omar Haijawi-Pirchner, hat das auch gesagt: Betreffend die rechtsradikalen Randgruppen bei diesen Kundgebungen bedarf es besonderer Wachsamkeit. Auch international sind ent­sprechende Wachsamkeit und Zusammenarbeit notwendig.

Für wichtig erachte ich auch das BNED, das ich in der Antwort auf die vorangegangene Frage kurz skizziert und erklärt habe – dass man das diesbezüglich auch miteinbezieht.

Auch vor Ort bei den Demonstrationen ist es notwendig, entsprechend einzuschreiten, wenn es zu Auswüchsen gegen das Verbotsgesetz oder Ähnlichem kommt, dass also die Polizei auch da entsprechend konsequent einschreitet, das zur Anzeige bringt und, wenn es notwendig ist, auch Verhaftungen durchführt.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Zusatzfrage: Es liegt ja der Bericht zu Blei­burg/Pliberk vor. Welche Kurzergebnisse liefert die Prüfung betreffend Unterbindung der faschistischen Gedenkfeier am Loibacher Feld in Bleiburg/Pliberk, und welche konkreten Schritte werden Sie unternehmen, dass das tatsächlich nicht mehr stattfindet?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Wie gesagt: Das ist derzeit in fi­naler Ausarbeitung und wird bei Finalisierung dann dem Haus und auch Ihnen entspre­chend vorgelegt. Das war ja auch schon Thema im Innenausschuss, Frau Abgeordnete. Ich bitte um Verständnis, dass es da noch die entsprechende Schlussabstimmung gibt,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 36

aber danach wird es präsentiert und – vor allem entscheidend – es werden die entspre­chenden Konsequenzen gezogen, dass so etwas nicht mehr vorkommt. Es ist ja auch ein entsprechender Beirat eingerichtet worden, der sich intensiv mit dieser Frage ausein­andergesetzt hat. Diese Empfehlungen gibt es, und sie sind zur Umsetzung zu bringen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Engelberg. – Bitte.


Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Auf Impfgegnerdemonstrationen wird immer wieder versucht, Parallelen zwischen den Verbrechen der Nazizeit und den Maßnahmen der Regierung zur Bewältigung der Coro­napandemie herzustellen. Unter anderem werden die stigmatisierenden Judensterne der Nazizeit mit der Aufschrift ungeimpft getragen, um zu insinuieren, dass Ungeimpfte heu­te genauso verfolgt werden wie Jüdinnen und Juden in der Nazizeit. Das ist eine Ver­höhnung der Opfer des Nationalsozialismus, auch eine Verharmlosung der Schoah, und es ist antisemitisch.

Wie sehen Sie ganz allgemein den Antisemitismus im Zusammenhang mit den besagten Coronademonstrationen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Herr Abgeordneter, die Versamm­lungsfreiheit ist ein hohes demokratisches Gut (Abg. Wurm: Ah doch, oder?), das ge­rade von der Exekutive sicherzustellen ist. Aber (Abg. Wurm: Aber!): Es ist vor allem Aufgabe der Polizei, konsequent gegen Gefahr gegen Leib und Leben, gegen Rechts­extremismus und auch gegen Antisemitismus vorzugehen. (Zwischenruf des Abg. Wurm.)

Herr Abgeordneter, Sie haben einige Beispiele geschildert, nämlich Verharmlosung des NS-Terrors, verbunden mit der Massenvernichtung jüdischer Mitbürger. Da wird sehr konsequent eingeschritten, es kommt auch zu Anzeigen, zu Verhaftungen nach dem Verbotsgesetz. Das ist essenzielle Aufgabe der Exekutive. Diese Verharmlosungen sind unentschuldbar, und da muss auf das Schärfste dagegengehalten werden. Sie wissen, dass das auch mir seit vielen Jahren, seit vielen Jahrzehnten ein großes, persönliches Anliegen ist.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Zan­ger. – Bitte.


Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Herr Bundesminister! Der grüne Vizekanzler Werner Kogler hat erst unlängst einfache Menschen, die das Recht für sich in Anspruch genommen haben, friedlich ihre Meinung frei zu äußern, als „Staatsverweigerer“ (Zwi­schenrufe bei den Grünen), Demokratieverweigerer, „Neonazis“ und „Neofaschisten“ (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer) pauschal abgeurteilt. (Abg. Lukas Hammer: Nein, er hat Neonazis ...! – Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Wie stehen Sie zu dieser Diffamierung rechtschaffener Bürger im Zusammenhang mit der Tatsache, dass Extremismus, egal ob von rechts oder der gewaltbereiten Linken, generell abzulehnen ist?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Herr Abgeordneter! Die Bundes­regierung ist da einhellig, geschlossen einer Meinung. Ich habe das ja auch angespro­chen: Die Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut. Dort aber, wo rechtsradikale Grup­pen, rechtsradikale Randgruppen, wo Hooligans, wo Staatsverweigerer, wo Verschwö­rungstheoretiker am Rücken von Demonstranten, von Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes, die vielleicht Sorgen und Ängste haben, ihr übles Geschäft machen, ist es Auf­gabe der Polizei, konsequent einzuschreiten und diese Dinge auch beim Namen zu nen­nen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Zanger.)



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 37

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Kris­per. – Bitte.


09.54.21

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Minister, wir müssen ja unsere Hauptfrage ein paar Tage vor der Fragestunde einreichen – meine ist indessen gealtert. Da es aber bedauerlicherweise sehr viel politischen Drucks bedurft hat, um diesbezüg­lich klare Aussagen von Ihnen zu erhalten, finde ich es weiterhin wichtig, dass wir – die meisten sind wohl daran interessiert – auch hier im Hohen Haus eine klare Aussage zu dem Thema bekommen, nämlich zu Ihren antisemitischen Aussagen in einem Landtags­wahlkampf, als Sie bezüglich der SPÖ Niederösterreich gemeint haben, sie hätte „mit Herren aus Amerika und Israel gegen das Land gearbeitet“, diese seien „Klimavergifter“. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Diese Äußerungen haben eine klare antisemitische Dimen­sion, das müssten Sie als Politiker wissen, und Sie dürften auch in Wahlkampfzeiten nicht so tief sinken, auf solche zurückzugreifen.

Es gab auch Kritik wegen des Dollfuß-Museums in Ihrer Heimatgemeinde, und zuletzt forderten aufgrund all dieser Tatsachen die jüdischen Hochschülerinnen und Hochschü­ler gemeinsam mit zahlreichen Personen des öffentlichen Lebens Ihren Rücktritt. Wie treten Sie diesen Vorwürfen entgegen?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 127/M, hat folgenden Wortlaut:

„In den Tagen nach Ihrer Angelobung gab es wiederholt Vorwürfe wegen vermeintlicher antisemitischer Aussagen und insbesondere auf Grund des Dollfuß Museums in Ihrer Heimatgemeinde. Zuletzt forderten die jüdischen Hochschüler_innen gemeinsam mit zahlreichen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens Ihren Rücktritt. Wie treten Sie die­sen Vorwürfen entgegen?“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich habe das bereits öffentlich ge­tan, ich habe das gegenüber der Israelitischen Kultusgemeinde getan. Ich erkenne heute den Gehalt der damaligen Aussagen und stehe nicht an, mich auch zutiefst dafür zu entschuldigen. Ich bedauere, diese Aussagen vor 13 Jahren in dieser Art und Weise getroffen zu haben.

Ich darf nur wiederholen: Es ist mir zutiefst ein persönliches Anliegen, gegen jedwede Form des Antisemitismus aufzutreten. Ich darf das auch hier in diesem Haus, an dieser Stelle wiederholen.

Ich war als Student mit meinem alten Ford Escort in Auschwitz und habe mir dieses Massenvernichtungslager angesehen, mit diesen schrecklichen Bildern, diesen abge­schnittenen Zöpfen, mit den Schuhen der vergasten jüdischen und verfolgten Mitbürger. Das trifft einen und begleitet einen im Leben, daher werde ich auch in Zukunft als Innen­minister, aber auch persönlich mit aller Konsequenz gegen Antisemitismus auftreten. (Beifall bei der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Abgeordneter Stocker. – Bitte.


Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wir kennen uns ja schon etwas länger, als Ihre Zeit als Innenminister zurückreicht, und daher


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 38

weiß ich persönlich, dass Ihnen nicht nur aus staatspolitischen Gründen (Zwischenruf des Abg. Bösch), sondern auch aus ganz persönlichen Gründen das entschiedene Ent­gegentreten gegen alle Formen des Antisemitismus ein Anliegen ist. (Zwischenruf des Abg. Lausch.) Sie haben das auch heute wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Meine Frage bezieht sich auf die Ausbildung der Polizistinnen und Polizisten: Welche Maßnahmen werden Sie treffen, damit auch die angehenden Exekutivbeamten für dieses Thema, für die Entwicklungen um dieses Thema sensibilisiert werden?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Vielen Dank, Herr Abgeordneter, ich habe in der vorhergehenden Antwort meine sehr persönlichen Worte gefunden. Ich darf hier aber auch vonseiten des Ressorts klar sagen, dass seit vielen Jahren vor allem auch im Bereich der Ausbildung der Polizei, der Polizistinnen und Polizisten, entspre­chende Maßnahmen gesetzt werden und wurden. Ich möchte erwähnen, dass die Poli­zeischülerinnen und Polizeischüler im Rahmen ihrer Polizeiausbildung die Gedenkstätte Mauthausen besuchen. Das bisherige Ausbildungskonzept wurde außerdem durch Mag. Daniel Landau vertieft.

Dann gab es das Ausbildungsmodul Antisemitismus, Bildung gegen Vorurteile, Früher­kennung, Sensibilisierung, das insgesamt acht Unterrichtseinheiten umfasst. Beispiels­weise gibt es Präsenzinhalte, einen Workshop zu Menschsein, ein Modul Polizei, Staat, Bürger, Antisemitismus als institutionelle Verantwortung und das Modul Likrat zur Be­gegnung mit jungen Jüdinnen und Juden zum gegenseitigen Kennenlernen.

Ich denke, dass das Innenministerium diesbezüglich sehr viel tut, gerade im Bereich der Ausbildung, um auch in diesem Bereich jedweder Form von Antisemitismus entgegen­zuwirken. – Danke.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Min­nich. – Bitte.


09.58.50

Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesmi­nister! Sie haben vorhin schon den Polizistinnen und Polizisten unseres Landes dafür gedankt, dass sie 365 Tage im Jahr für uns, für die Sicherheit unseres Landes im Einsatz sind.

Meine Frage lautet:

124/M

„Können Sie erläutern, wie die Modernisierung von Polizeigebäuden durch Baumaßnah­men vorangetrieben wird?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Herr Abgeordneter! Geschätzte Damen und Herren! Ja, das Innenministerium wird diese Strategie der Modernisierung der Immobilien entsprechend fortsetzen, denn auch die Polizeiinfrastruktur muss in vie­len Bereichen weiterentwickelt und entsprechend angepasst werden.

Was ist das Ziel? – Modernisierung, Sanierung, Herstellung der entsprechenden Funk­tionalität. Was für eine moderne Polizeiarbeit notwendig und natürlich auch für die Si­cherheit jener Beamtinnen und Beamten, die vor Ort tätig sind, wichtig ist, ist ein wich­tiger Aspekt in der Immobilienstrategie des Innenministeriums.

Letztendlich geht es auch darum – ich habe das gesagt –, dass wir auch einen attrak­tiven Arbeitsplatz für zukünftige Exekutivkräfte schaffen. Wir suchen, also bewerben Sie sich als Polizistin, als Polizist!


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 39

Als weiteres Beispiel möchte ich die Planung von sogenannten Sicherheitszentren in den Bundesländern nennen – auch ganz wichtig –, die regionale Koordination, das re­gionale Zusammenspiel. In Umsetzung ist da bereits jenes in Innsbruck. Weitere Planun­gen laufen, wenn ich an Wien-Meidling denke, an Sankt Pölten in Niederösterreich oder Feldkirch-Gisingen in Vorarlberg.

Einsatztrainingszentren: Auch das ist wichtig, dass die Polizisten immer die entspre­chende Fitness haben und auch Konsequenz zeigen. Dazu bedarf es des entsprechen­den Trainings, und das ist auch Teil einer umfassenden polizeilichen Ausbildung.

Erwähnen möchte ich noch die neuen Landesleitzentralen, in guter Zusammenarbeit mit den Bundesländern, und die Flugeinsatzstelle.

Es gibt also viele Bereiche, in denen modernisiert wird, damit die Polizei, die Exekutive ihre Arbeit im Sinne der Sicherheit unserer Bevölkerung tun kann. (Abg. Minnich: Vielen Dank!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Nein.

Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Laimer. – Bitte sehr.


10.01.21

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Herr Vorsitzender! Herr Bundesminister! Mit Ihrer Bestellung zum Innenminister ist eine Debatte aufgeflammt, die auf das Dollfuß-Museum in Ihrer Heimatgemeinde zurückzuführen ist. Zwar hat der neue ÖVP-Vorsitzende vor einigen Tagen erstmals den Begriff Austrofaschismus bestätigt, doch schon im Nachsatz relativierte Bundeskanzler Nehammer, ganz in der Khol-Doktrin verhaftet, das Unrecht der Austrofaschisten und verwies auf den Austromarxismus, um die Mär – die Mär! – der geteilten Schuld aufrechtzuerhalten.

Ein historisches Dokument belegt, dass der spätere Wiener Bürgermeister und Bundes­präsident General Körner schon 1930 mit der Begründung: Aus Pazifisten kann ich keine Soldaten machen!, aus dem Republikanischen Schutzbund ausgeschieden ist.

Im gleichen Jahr schworen die späteren ÖVP-Bundeskanzler Figl und Raab den Korneu­burger Eid. Darin wurde dem demokratischen Parlamentarismus und dem Parteienstaat der Kampf angesagt. 1933 wurde das Parlament durch Dollfuß ausgeschaltet, 1934 schwor der Sicherheitsminister der Christlichsozialen, Emil Fey, die paramilitärische Heimwehr (Abg. Gerstl: Das ist keine Geschichtsstunde, das ist eine Fragestunde!) auf eine gewalttätige Auseinandersetzung mit dem Republikanischen Schutzbund ein: „Wir werden morgen an die Arbeit gehen und wir werden ganze Arbeit leisten“. – Tags darauf brach der Bürgerkrieg in Linz und anderen Städten aus.

Herr Minister, meine Frage:

130/M

„Welche Maßnahmen werden Sie als Innenminister setzen, um die Verherrlichung des Austrofaschismus in Österreich zu unterbinden?“ (Beifall bei der SPÖ)

Abschließend ist mir - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Sie sind schon über der Zeit, über 1:20 Minuten, kommen Sie bitte zum Schluss!


Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): - - auch um den Opfern der Diktatur gerecht zu werden? – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete des Hohen Hauses! Sie wissen – wir ken­nen uns ja auch schon eine gewisse Zeit –, dass ich gegen jedwede Form des Extre­mismus, des Faschismus und auch des Antisemitismus eintrete, nicht nur persönlich,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 40

sondern gerade jetzt auch in meiner Funktion als Innenminister, und das werde ich in dieser Verantwortung als Ressortchef entsprechend so halten.

Herr Abgeordneter, Sie haben das Dollfuß-Museum in meiner Heimatgemeinde ange­sprochen. Dieses wurde 1998 im Geburtshaus eröffnet. Es wurde damals mit Bund, Land und Gemeinde eingerichtet, auch mit wissenschaftlicher Unterstützung.

Bereits im Mai dieses Jahres habe ich mit Alexander Hauer und Christian Rabl gespro­chen. Das sind die Leute vom Verein Merkwürdig, einem Verein für Zeitgeschichte in Melk, einer regionalen Initiative, die Sie vielleicht auch kennen, Herr Abgeordneter, weil sie auch die Außenstelle des KZ Mauthausen in Melk sehr intensiv betreuen, wo ich bei den Befreiungsfeiern immer wieder dabei sein darf. Sie werden ganz konsequent an der Neuadaptierung dieses Hauses arbeiten. Das haben wir bereits im Mai so besprochen und das wird jetzt entsprechend umgesetzt, damit dieses Haus auch eine Chance ist (Zwischenruf bei der SPÖ), dass diese Begriffe, die Sie genannt haben, entsprechend aufgearbeitet werden, mit dem klaren Ziel: So etwas darf nie mehr wieder passieren!

Historiker haben sich intensiv mit dieser Zeit auseinandergesetzt. Vielleicht hat sich die Bevölkerung noch nicht genug mit dieser Zeit auseinandergesetzt, gerade auch in un­serer Region. Ich sehe das jetzt als große Chance, einen Schritt nach vorne zu kommen und vieles mit der Bevölkerung zu klären, was in dieser Zeit vielleicht noch unklar ist.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.


Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Danke. Wir werden wachsam bleiben, Herr Minis­ter. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte nur kurz anführen, worum es uns geht: Nach der Ausschaltung des Parla­ments, wie erwähnt am 4. März 1933, setzen Bundeskanzler Dollfuß und Sicherheits­minister Fey die Diktatur in Österreich um. Weiter folgend kommen wir zum Anschluss am 12. März 1938, markiert durch den Einmarsch Hitlers: Es war ein Leichtes, wurde doch durch Dollfuß die Sozialdemokratische Partei, unter anderem auch die Gewerk­schaftsbewegung, bereits 1934 verboten und enteignet – jeder demokratische Wider­stand zweck- und machtlos.

Sie haben von einer Chance gesprochen  ich erkenne diese Chance an. Derzeit be­zeichne ich – gestatten Sie mir die persönliche Einschätzung – das Dollfuß-Museum als Haus der Verklärung, es besteht aber die Chance, daraus ein Haus der Erklärung, bestmöglich sogar ein Haus der Aufklärung zu machen. Ich denke, es ist wichtig, dies aufzuarbeiten, um im Sinne, im Geiste unserer demokratischen Republik weiterarbeiten zu können, und zwar weiterarbeiten, um auch aufarbeiten zu müssen. (Beifall bei der SPÖ.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Sie sind schon wieder über der Zeit, kommen Sie bitte zur Frage!


Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): So haben wir als Sozialdemokraten es seit un­serer Gründung 1889 in Hainfeld auch stets gemacht. Sie sollen und Sie wollen sich dieser Aufgabe stellen, und das würde auch unsere große Zustimmung und Unterstüt­zung finden.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das war offensichtlich keine Frage.

Bitte, Herr Bundesminister, wenn Sie darauf antworten wollen.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Das war keine Frage, aber ich bedanke mich schon jetzt für diese Unterstützung. „Haus der Aufklärung“ haben Sie es genannt. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Noch einmal: Federführend wird der Verein Merkwürdig tätig sein. Ich habe diesen Ver­ein auch gebeten, das zu tun. Würde es unter meiner Federführung sein, könnte jemand


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 41

den Eindruck haben, das wird so gemacht, wie ich das gerne hätte. Nein, es geht darum, das entsprechend aufzuarbeiten, darüber aufzuklären, was damals passiert ist. „Haus der Aufklärung“ ist ein Ansatz von Ihnen – es werden viele Ansätze dazukommen. Wich­tig ist, dass wir über diese Zeit reden.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Engel­berg. – Bitte.


10.07.27

Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Zum Schluss noch einmal, Herr Minister, ein ganz anderes Thema: Medial kommt immer wieder auf, dass sich Personen durch das Vortäuschen falscher Tatsachen an den verschiedensten Leistungen des Sozialsys­tems bereichern. Es gibt viele Beispiele, und es scheint so, als würden sich diese Vorfälle mehren. Wir können ja sehr stolz auf unser Sozialsystem sein, müssen aber natürlich auch schauen, dass es sozusagen vor Missbrauch geschützt ist.

Meine Frage lautet:

125/M

„Können Sie uns kurz erläutern, was das Bundesministerium für Inneres gegen Sozial­leistungsbetrug macht?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Herr Abgeordneter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat, Sozialleistungsbetrug ist ein schwieriges und gefährliches Phänomen, weil es zulasten jener geht, die die Sozialleistungen wirklich brauchen. Daher ist es notwendig, entsprechend Akzente zu setzen, auch in unserem Ressort.

Die Gründung der Taskforce Solbe, wie sie kurz genannt wird, im Bundeskriminalamt fand im Juli 2018 statt. Mit 1. Juli 2020 erfolgte die Überleitung in den polizeilichen Re­gelbetrieb. Die Umsetzung dieser Bekämpfungsmaßnahmen wird in allen Bundeslän­dern durch Solbe-Landesverantwortliche koordiniert. Es gibt dann auch Bezirkskoordina­toren und auf den einzelnen Dienststellen entsprechende Spezialisten oder geschulte Ermittler, die den Kolleginnen und Kollegen zur Seite stehen.

Das zeigt  das darf ich berichten  Wirkung: 2020 gab es 3 820 Anzeigen – das ist eine Steigerung von fast 70 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum –, und besonders er­freulich sind – da gilt der Dank unseren Exekutivkräften – die 99,6 Prozent Aufklärung. Das heißt, fast alle Fälle wurden geklärt und der Betrug wird bekämpft. Die Schadens­summe beträgt über 20 Millionen Euro, das ist um 8,6 Millionen Euro mehr als 2019 – ganz, ganz wichtig für den Sozialbereich. Es gibt auch eine laufende Evaluierung.

Um die Nachhaltigkeit von Solbe zu gewährleisten, wurde eine interministerielle Steue­rungsgruppe von Justiz-, Finanz-, Sozial- und Innenministerium eingerichtet, mit dem klaren Ziel, Sozialleistungsbetrug zu verhindern, damit andere, die die Unterstützung wirklich brauchen, die sie notwendig brauchen, nicht geschädigt werden.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Nein.

Eine Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Loacker. – Bitte.


Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister, nicht nur die Menschen, die zu Unrecht eine Sozialleistung beziehen, sollte Ihr Ministerium im Blick haben, sondern auch manche, die zu Recht eine Sozial­leistung beziehen. 40 Prozent der Frühpensionierungen erfolgen aus psychischen Grün­den, und da wäre es spannend, zu schauen, wie viele dieser Menschen, die aus psy­chischen Gründen nicht mehr arbeiten können, einen Waffenschein besitzen, denn sie


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 42

werden dann vermutlich auch nicht mehr die psychischen Voraussetzungen mitbringen, eine Waffe führen zu können.

Wie geht Ihr Ministerium dieser Frage nach?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Innenminister.


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Unser Ministerium geht natürlich auch in diesem Bereich entsprechend den gesetzlichen Vorgaben vor. Ihre Frage geht in Richtung Frühpensionierungen, das betrifft nicht unser Ressort, außer wenn Beamte aus unserem Haus in Frühpension gehen. Da gibt es natürlich entsprechende Betreu­ung, es gibt den Kontakt mit der Personalvertretung, alles wichtige Bereiche; und die Behörden sind sehr, sehr wachsam und achtsam, wenn sie Waffenpässe ausstellen, davon bin ich überzeugt.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich danke. Da alle Anfragen zum Aufruf gelangt sind, darf ich die Fragestunde für beendet erklären. Ich bedanke mich beim Herrn Bun­desminister, der aber für die im Anschluss zu verhandelnden Tagesordnungspunkte noch hierbleibt.

10.11.29Einlauf und Zuweisungen


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegen­stände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Schriftliche Anfragen: 8954/J bis 8976/J

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Einrichtung eines Hospiz- und Pal­liativfonds und über die Gewährung von Zweckzuschüssen an die Länder zur finanziellen Unterstützung der Hospiz- und Palliativversorgung ab dem Jahr 2022 (Hospiz- und Palliativfondsgesetz – HosPalFG) erlassen sowie das Allgemeine Sozialversicherungs­gesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungs­gesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (1290 d.B.)

Finanzausschuss:

Klimabonusgesetz – KliBG (1292 d.B.)

Ökosoziales Steuerreformgesetz 2022 Teil I – ÖkoStRefG 2022 Teil I (1293 d.B.)

Ökosoziales Steuerreformgesetz 2022 Teil III – ÖkoStRefG 2022 Teil III (1294 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2017, das Umweltförderungsge­setz, das Pflegefondsgesetz, das Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz und das Bundes­gesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten geändert werden (1295 d.B.)

Gesundheitsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz und das Gentechnikgesetz geändert werden (1289 d.B.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 43

Justizausschuss:

Zivilverfahrens-Novelle 2021 – ZVN 2021 (1291 d.B.)

*****

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punk­te 2 und 3, 9 bis 14, 15 bis 18, 19 und 20, 21 bis 24, 25 bis 27, 28 und 29, 35 und 36, 39 bis 41, 42 bis 44 sowie 46 bis 48 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es wurde Konsens über eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“ erzielt. Es entfallen auf die ÖVP 176, auf die SPÖ 122, auf die FPÖ 99, auf die Grünen 90 und auf die NEOS 72 Minuten. Gemäß § 57 der Geschäfts­ordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tagesordnung für die Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 36 Minuten, die Debattenredezeit 5 Minuten.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer für die eben dargestellten Redezeiten ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

10.12.411. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (1172 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Registerzählungsgesetz geändert wird (1280 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zu Punkt 1 der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Himmelbauer. Bei ihr steht das Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.


10.13.04

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Einen schönen guten Morgen! Bereits die Weihnachtsgeschichte beginnt mit einer Volkszählung, da Josef mit seiner schwan­geren Frau in seinen Heimatort zurückkehren muss, um sich dort zu registrieren. Die Volkszählung ist etwas, das seit vielen Jahren, Jahrzehnten, Jahrtausenden besteht, und in dieser Zeit hat sich – Gott sei Dank – auch vieles geändert. Das Registerzäh­lungsgesetz ist eine Nachfolge der Volkszählung; damit regeln wir, wie wir in regelmä­ßigen Abständen den Bevölkerungsstand und gewisse Merkmale erheben.

Wir haben heute als ersten Tagesordnungspunkt eine Novelle des Registerzählungsge­setzes vorliegen. Die Grundlage hierfür ist eine europarechtliche Verordnung über Volks- und Wohnungszählungen. Zuletzt hat 2011 eine Registerzählung stattgefunden; sie soll alle zehn Jahre stattfinden, und weil sich in diesen zehn Jahren sehr vieles geändert hat, beschließen wir heute eine Novelle.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 44

Was hat sich seit 2011 alles geändert? – Zum einen sind es die Register, die herange­zogen werden, um eine Volkszählung durchzuführen. Es gibt neue Register, zum Bei­spiel das E-Health-Verzeichnis, das Gesundheitsberuferegister, das Zentrale Personen­standsregister oder das Zentrale Staatsbürgerschaftsregister. Auch zusätzliche Durch­führungsverordnungen auf europäischer Ebene machen die heutige Novelle notwendig.

Was heißt das jetzt aber konkret? – Mit 2021 werden vor allem anhand des Zentralen Personenstandsregisters, des Melderegisters, Daten in pseudonymisierter Form heran­gezogen, das heißt anhand des bereichsspezifischen Personenkennzeichens, und ge­wisse Merkmale zu den einzelnen Personen wie Beruf, Ausbildung, Haushalt, Unterneh­men, Arbeitsstätte, aber auch Daten über deren Wohnungen, Gebäude in anonymisier­ter, pseudonymisierter Version aggregiert, zusammengefasst und an Eurostat gemeldet.

Dazu haben wir zum einen eine rechtliche Verpflichtung aufgrund der EU-Verordnung, aber das ist natürlich auch Grundlage für sehr vieles in unserem Land, nicht zuletzt auch für die Gemeinden, wenn es darum geht: Welche Menschen wohnen bei uns? Wie schaut der Finanzierungsschlüssel für diesen Bereich aus?

Wir haben bereits im Ausschuss klargelegt, dass wir darüber hier einen einstimmigen Beschluss fassen werden. Ich darf dafür ganz herzlich Danke sagen und uns auch für die heutige Debatte einen guten Verlauf wünschen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Einwallner. – Bitte. (Abg. Leichtfried überreicht Abg. Heinisch-Hosek einen Blumenstrauß. – Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt keine Geschäftsordnungsdebatte, aber Kollegin Heinisch-Hosek hat heute einen ganz besonderen Geburtstag, und das hat der stellvertretende Klubobmann dazu ge­nutzt, die Debatte kurz zu unterbrechen. Wir schließen uns dem Wunsch an (allgemeiner Beifall): Bleibe gesund und nutze die nächsten Zeiten! Alles Gute! (Abg. Heinisch-Ho­sek: Danke!)

Es folgt Kollege Einwallner mit seinem Debattenbeitrag. – Das Wort steht bei Ihnen. Bitte, Herr Abgeordneter.


10.16.53

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Auch von dieser Stelle aus noch einmal herzlichen Glückwunsch, liebe Gabi Heinisch-Hosek, zum Geburtstag. Alles Gute!

Meine Damen und Herren! Bei dieser Regierungsvorlage – Kollegin Himmelbauer hat es im Großen und Ganzen schon ausgeführt – geht es in erster Linie darum, dass man alle zehn Jahre oder einmal im Jahrzehnt eine sogenannte Volkszählung durchführen muss – das ist notwendig – und das Ergebnis dann Eurostat übermitteln muss. Es waren jetzt ein paar Adaptierungen notwendig, die durchgeführt werden mussten, damit wir in der österreichischen Registerlandschaft wieder auf aktuellem Stand sind.

Solche Datenerhebungen sind natürlich immer ein sehr sensibles Thema, weil da das Thema Datenschutz zum Tragen kommt. Ich muss sagen, dass es bei dieser Vorlage gelungen ist, das Thema Datenschutz so zu regeln, dass es, glaube ich, zur Zufrieden­heit aller Beteiligten gelöst werden konnte.

Ich nehme gerade das Thema Datenschutz auf, weil es in Ihrem Ressort, Herr Minister, im Innenressort, natürlich immer ein besonderes Spannungsfeld zwischen den Themen Sicherheit und Datenschutz gibt. Diese Vorlage, die Vorgehensweise bei deren Erstel­lung können wir, glaube ich, auch als Muster dafür hernehmen, wie wir bei anderen, sensibleren Themen – wenn die Sicherheit direkt betroffen ist; ich nehme als Beispiel


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 45

Gesichtserkennung und andere technische Maßnahmen – vorgehen können, wie wir einen Rahmen schaffen können, dass wir auf der einen Seite für ausreichend Sicherheit sorgen und auf der anderen Seite auch den Datenschutz entsprechend berücksichtigen.

Zum Abschluss möchte ich noch einen kleinen Sidestep zur Fragestunde machen, Herr Innenminister. Eine Frage, die mir sehr, sehr wichtig ist, ist offengeblieben: Die Poli­zistinnen und Polizisten leisten in den letzten zwei Jahren eine ausgezeichnete Arbeit. Sie sind ständig an der Front, direkt betroffen im Zuge der Pandemiebekämpfung, und es wurde ihnen zugesagt, dass es einen Coronabonus geben wird. Sie haben die Frage, bis wann die Polizistinnen und Polizisten den zugesagten Coronabonus bekommen werden, nicht beantworten können. Ich hoffe, dass Sie vielleicht noch im Laufe dieser Debatte eine Antwort darauf geben, ich glaube, die Kolleginnen und Kollegen draußen warten schon ganz dringend darauf. Es wäre ein gutes Signal, wenn Sie eine konkrete Antwort geben könnten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Wortmeldung kommt von Abgeordne­tem Bürstmayr. – Das Wort steht bei Ihnen, Herr Abgeordneter. Bitte sehr.


10.19.35

Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Politik braucht, wenn sie evidenzbasiert sein soll, Grundlagen, nämlich Daten.

Wenn wir Wohnbaupolitik machen wollen, dann müssen wir wissen, wie viele Wohnun­gen es gibt, wie viele davon leer stehen, von wo Menschen wohin ziehen oder verziehen. Dasselbe gilt für Arbeitsmarktpolitik, für Gesundheitspolitik und viele andere Politikbe­reiche: Wir brauchen solide Unterlagen.

Früher hat man so alle zehn, 15 oder 20 Jahre versucht, diese Unterlagen durch große Volkszählungen zu ermitteln, die im Laufe der Zeit immer umstrittener geworden sind, weil immer mehr Leute nicht bereit waren, fünf, sechs, sieben, acht Seiten Formulare mit Angaben über sich auszufüllen. Heute ist es möglich, dass viele Datensätze, die ohnehin schon vorhanden sind, zusammengeführt werden. Ich nenne als ein Beispiel dafür nur das Melderegister, aus dem wir relativ präzise ableiten können, wo Menschen wohnen und wie sich bestimmte Wanderungsströme innerhalb Österreichs gestalten.

Es ist im Innenausschuss einstimmig gelungen, gesetzliche Anpassungen entsprechend einer dazu ergangenen Verordnung der Europäischen Union, die auch stark auf den Datenschutz und die Einhaltung von datenschutzrechtlichen Bestimmungen abstellt, zu verabschieden. Was uns Grüne besonders freut, ist, dass eine in diesem Bereich tätige Organisation, nämlich Epicenter Works, diesen Gesetzentwurf ausdrücklich gelobt hat und uns attestiert hat: „Während man durch Aufnahme zusätzlicher Datenquellen und Erhebungsmerkmale eine erhöhte Qualitätssicherung der Zählungen gewährleistet, wird gleichzeitig sichergestellt, dass es zu keinen datenschutzrechtlichen Einbußen kommt.“

Ich hoffe daher auch auf einhellige Zustimmung hier im Hohen Haus. – Danke fürs Zu­hören. (Beifall bei den Grünen.)

10.22


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Ich verlege die Abstimmung wie vereinbart an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für innere Angelegenheiten.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 46

10.22.302. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 2081/A der Abgeordneten Karl Mahrer, Mag. Georg Bürstmayr, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Nie­derlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das BFA-Verfahrensgesetz und das Asylge­setz 2005 geändert werden (1281 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1651/A(E) der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verschwinden von Kindern und Jugendlichen mit Fluchterfahrung (1282 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu den Punkten 2 und 3 der Tages­ordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kucharowits. Das Wort steht bei ihr. – Bitte sehr.


10.23.15

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Werter Herr Bundesmi­nister! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Bei dieser Debatte geht es um einen ganz breiten Themenbereich, ich widme mich aber jetzt vor allem der Thematik Missing Children.

Jährlich verschwinden Kinder und Jugendliche mit Fluchterfahrung. Das passiert welt­weit, das passiert in Europa, aber das passiert ganz einfach auch in Österreich. Diese Kinder sind unauffindbar, sie sind einfach verschwunden. Das hat auch ein Recherche­verbund, nämlich Lost in Europe, ans Tageslicht gebracht; dieser hat festgemacht, dass in den Jahren zwischen 2018 und 2020 18 292 Kinder und Jugendliche mit Fluchterfah­rung verschwunden sind. Das ist nur eine Schätzung. Warum? – Weil wir über keine Daten verfügen, weil wir über keine Informationen verfügen. Es gibt nämlich nur in den wenigsten Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in den wenigsten Staaten Europas minimale Aufzeichnungen, und, ganz ehrlich, in Österreich gibt es ganz einfach auch keine Daten dazu.

Immer noch gelten Missing Children, obwohl man immer wieder darüber spricht, als Ta­buthema, sie werden in der Politik als Tabuthema behandelt. Das muss endlich aufge­brochen werden, denn diese Kinder gehören zu den vulnerabelsten Gruppen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. El-Nagashi.)

Diese Kinder, die verschwinden, sind Opfer von Kinderhandel, von Menschenhandel, von sexueller Ausbeutung, Kinderarbeit und vielem mehr, und das erleben diese Kinder oftmals tagtäglich bei ihrer Flucht nach Europa. Deshalb, geschätzte Kollegen und Kolleginnen, gilt es immer und ganz besonders, die Kinderrechte für alle Kinder und Jugendlichen im umfassendsten Sinn zu leben und auch das BVG Kinderrechte ohne Wenn und Aber in Österreich umzusetzen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Krisper und Meinl-Reisinger.)

Ich denke in diesem Zusammenhang aber auch an Kinder, die in Österreich mitten in der Nacht abgeschoben werden, obwohl sie hier zu Hause sind, obwohl sie hier in die Schule gehen, obwohl sie hier FreundInnen haben. Ich denke an die Ableitungen der Kindeswohlkommission – und, Herr Bundesminister, es ist die Kindeswohlkommission und nicht die sogenannte Griss-Kommission, wie Sie sie in Ihrer Antwort in der Frage­stunde bezeichnet haben – und auch daran, dass unbegleitete Kinder keine Ansprache,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 47

keine Obsorge ab dem ersten Tag haben – noch nicht; wir haben hiezu einen Antrag beschlossen, und ich appelliere an Sie, Herr Bundesminister, das besser heute als mor­gen umzusetzen, denn die Zustände in der Unterbringung sind katastrophal und dezidiert nicht kindgerecht.

Wir brauchen aber, und das möchte ich hier noch einmal einfordern, dringend Zahlen zu Missing Children: Wie viele Kinder und Jugendliche mit Fluchterfahrungen sind es wirk­lich in Österreich? Wie, wodurch und wo sind die Kinder verschwunden? Gibt es straf­rechtliche Delikte, die dahinterstecken: Kinderhandel, wie schon erwähnt, Verfolgung, Ausbeutung? – Es braucht diese valide Datenlage, und das haben wir in einem SPÖ-Antrag gefordert.

Ich sage Danke, dass die Regierungsfraktionen Wort gehalten haben, dass wir hier heute einen gemeinsamen Antrag auf den Weg bringen können, weil es nämlich um Kindeswohl geht, weil es um den Schutz der Kinder geht. Deshalb, Herr Minister, appel­lieren wir in diesem Antrag an Sie, diese Daten, diese Informationen so schnell wie mög­lich auf die Füße zu bekommen – im Sinne der Kinder, im Sinne des Kindesschutzes. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten El-Nagashi und Grebien.)

10.26


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Jachs. – Bitte sehr.


10.26.40

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Meinungs­vielfalt und der politische Diskurs sind es, die unsere Demokratie ausmachen und nach vorne bringen, und ich glaube, dieses Thema ist wirklich ein guter Beweis dafür, dass wir über alle Fraktionen hinweg immer einen gemeinsamen Nenner finden, wenn wir uns nur zusammensetzen und ordentlich miteinander reden (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP) – und das trotz aller Unterschiede in der Asyl- und Migrationsfrage, die ja in diesem Haus trotzdem bestehen.

Worum aber geht es genau? – Es geht um das Phänomen, dass in Österreich immer wieder unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, Kinder und Jugendliche verschwinden. Liebe Kollegin Kucharowits, da gebe ich dir recht und da bin ich bei dir: Das hört sich im ersten Moment total schrecklich an, und es wirkt auch befremdlich, dass das bei uns passieren kann. Ich glaube aber, dass wir trotz aller Emotionen auf die Fakten schauen müssen, die wir schon auch haben: Wir wissen von 84 Prozent dieser Verschwindenden, wo sie sich aufhalten und dass sie meistens weiterreisen. Trotzdem sind noch 16 Pro­zent über, von denen wir es eben nicht wissen, und – da bin ich auch bei dir – da müssen wir hinschauen, da müssen wir wirklich dafür sorgen, dass diese Minderjährigen keine Opfer von Kriminalität werden. Das BMI sammelt bereits Daten dazu, aber mit dem ge­meinsamen Antrag ist es uns gelungen, sicherzustellen, dass das BMI diese Daten in einer Statistik verdichtet und auch veröffentlicht und wir daraus dann die Schlüsse ziehen können.

Sie sehen also, liebe Kolleginnen und Kollegen, miteinander gelingt meistens Gutes – und einer, der dieses Motto lebt, ist unser Sicherheitssprecher und Obmann des Innen­ausschusses. Lieber Karl Mahrer, wir werden dich ja in Kürze leider an das Wiener Rat­haus verlieren. Die Wienerinnen und Wiener hingegen können sich freuen, denn mit dir gewinnen sie einen Menschen, der immer das große Ganze im Blick hat, einen Men­schen mit Handschlagqualität, sie gewinnen einen echten Sir. – Danke für deine Arbeit! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bürstmayr.)

10.29



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 48

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Belakowitsch. – Sie ist nicht da.

Dann gehen wir in der Rednerliste weiter zu Abgeordneter El-Nagashi. – Bitte sehr.


10.29.18

Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Mi­nister! Ich möchte bei dieser Thematik schon sagen: Die Kinder reisen nirgendwohin. Ich meine, grundsätzlich reden wir von Kindern und Jugendlichen auf der Flucht, und man mag sich gar nicht ausmalen, was diesen Kindern und Jugendlichen alles widerfährt, bis sie überhaupt in Österreich sind.

Ein Kollege hat mir einmal gesagt: Man muss nicht selber Kinder haben, um verstehen und nachvollziehen zu können, wie die Sorgen von Eltern um Kinder sind, aber es ver­ändert die Perspektive noch einmal mehr, wenn man selber Kinder hat. Ein wenig von dieser Sorge, die wir um unsere eigenen Kinder, um die Kinder in unseren Familien ha­ben, ist auf Kinder und Jugendliche aus anderen Familien zu richten, die in dieser Situa­tion sind, die auf der Flucht sind, weil sie keine Familienmitglieder mehr haben, weil sie alleine fliehen müssen, weil sie diejenigen sind, die von ihren Familien in Sicherheit ge­schickt werden. In Sicherheit geschickt zu werden bedeutet dann, dass sie zu uns und in unsere Obsorge kommen. Sie kommen in unsere Obsorge, und wir sind für diese Kinder verantwortlich. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Dieser Antrag behandelt natürlich nur einen Teil einer Thematik und einen Teil eines Problems. Die Thematik bedeutet, dass wir sicherstellen müssen, dass diese Obsorge für die Kinder ab dem ersten Tag gegeben ist und dass diese Obsorge in einer richtigen, in einer kindgerechten Art und Weise gegeben ist. Das bedeutet, dass die Unterbringung kindgerecht ist, das bedeutet aber auch, dass die Betreuung gewährleistet ist.

Das übernehmen sehr oft Gemeinden, das übernehmen Patenfamilien, und es gibt viele Patenschaftsprojekte, in denen man sich ehrenamtlich engagiert. Das ist aber natürlich etwas, das in unserer Verantwortung liegt, in der Verantwortung der Politik. Und wenn wir sehen, dass es da eine Lücke gibt, und wenn wir schon die Zahlen dazu haben, dann müssen wir wissen, woran es liegt. Dazu stehen einige Hypothesen im Raum. Eine schon sehr gut dokumentierte Hypothese ist natürlich, dass es an der Obsorge und an der guten Betreuung fehlt. Wir müssen wissen, was mit diesen Kindern passiert, denn: die Weiterreise klingt so schön, das ist aber sicher nicht die Realität.

Wir haben hier einen gemeinsamen Antrag gemacht. Das ist keine Frage der Meinungs­vielfalt, das ist eine Frage der politischen Notwendigkeit. Ich bedanke mich bei allen, die hier konstruktiv mitgearbeitet haben, und freue mich natürlich darüber, dass das sogar von allen Parteien unterstützt und mitgetragen wird. Das ist aber nur der erste Schritt, selbstverständlich braucht es da auch die weiteren politischen Schritte und Maßnah­men. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie der Abg. Krisper.)

10.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Krisper. – Bitte sehr.


10.32.23

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Kollegin­nen und Kollegen! Damen und Herren zu Hause! Sie haben heute wie auch im Innenaus­schuss betont, dass Sie die konsequente Linie Ihres Vorgängers fortsetzen werden. Sie haben uns im Innenausschuss aber auch gesagt, dass Sie vom Herrn Bundespräsiden­ten auf die Verfassung vereidigt wurden und sich dieser natürlich verpflichtet fühlen.

Herr Innenminister, ich kann Ihnen sagen, dass Sie da öfter in ein Spannungsverhältnis kommen werden, weil Ihr Vorgänger es mit der Verfassung und deren Vollziehung durch


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 49

das Haus, das Innenressort, nicht immer so ernst genommen hat (Zwischenrufe bei der ÖVP), es nicht immer so ernst genommen hat, dass die Verfassung beim Vollzug einge­halten wird. Dies gilt insbesondere für die Kinderrechte, es fiel nämlich in seine Verant­wortung, die Betreuung und die Obsorge von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zu gewährleisten. Es gibt da verfassungsrechtlich gewährleistete Rechte auf Kindes­wohl, auf kinderadäquate Unterbringung und auf eine entsprechende Obsorge, und die­se gilt es umzusetzen.

Es ist auch schon seit Längerem klar, dass es da ein Problem gibt. Warum fliehen so viele Kinder anscheinend weiter, warum tauchen sie unter, warum werden welche sicher auch zu Opfern von Menschenhandel und sonstigen kriminellen Delikten? – Weil sie in Österreich nicht die Unterbringung erfahren, die kinderadäquat ist. Falls ein Kind hier wegen Menschenhandels, wegen einer Drucksituation in Gefahr käme, könnte aufgrund der oft ungeklärten Obsorge auch nicht gewährleistet werden, dass jemand ein Auge darauf hat, was da passiert.

Die Zustände sind schon seit Langem bekannt. Bereits 2016 berichtete Europol, dass insbesondere Kinder auf der Flucht durch Menschenhandel und Ausbeutung gefährdet sind. 2017 wies das österreichische Bundeskriminalamt darauf hin, dass Kinder und Ju­gendliche mit Fluchterfahrung sehr oft verschwinden. Seit 2015 kennen wir die Zahlen, die in Österreich sehr, sehr desaströs sind. Wir wissen, dass eine Lokalisierung laut Bundeskriminalamt wegen mangelnder Daten und spezifischer Informationen über die Personen sehr schwer möglich ist.

Wir NEOS haben parlamentarische Anfragen gestellt, um zu erfahren, ob es diesen Missstand nach all diesen Jahren im letzten Jahr noch immer gab, und es kam heraus, dass im letzten Jahr eben wieder 264 UMFs verschwanden, das sind über 50 Prozent all jener, die einen Asylantrag gestellt haben.

Da haben wir dann ein verfassungsrechtliches Thema, Herr Innenminister, wie ich schon gezeigt habe, weil wir das Bundesverfassungsgesetz über Kinderrechte haben, das aus­führt, inwiefern das Kindeswohl im Vollzug, in Ihrem Haus, umzusetzen ist, insbesondere wenn es um minderjährige Flüchtlinge, um Kinder geht. Das Kindeswohl ist da nämlich vorrangig zu berücksichtigen und es gibt einen Anspruch auf besonderen Schutz und Beistand durch den Staat. Genau da hapert es eben: Wo werden die Kinder entspre­chend umsorgt und beschützt, damit sie nicht Opfer von Kinderhandel und Menschen­handel werden?

Ihr Vorgänger hat zu wenig Augenmerk darauf gelegt, dass der Vollzug verfassungskon­form ist. Das sehen wir daran, dass die Kindeswohlkommission mahnend entsprechende Empfehlungen betreffend die – mangelnde – Obsorge, dass diese ab Tag eins geklärt wird, betreffend eine entsprechenden Unterbringung, die jetzt sehr oft im Elend liegt, geben musste. Gerade auf Bundesebene braucht es Angebote und Ressourcen für die psychosoziale Versorgung, und die Erfüllung von Bildungs-, Beschäftigungs- sowie Frei­zeitbedürfnissen muss entsprechend gewährleistet werden.

Als nächster Punkt ist es wichtig, weiterhin das Augenmerk darauf zu richten, inwiefern es das Phänomen des Verschwindens weiterhin gibt, um auch da klarzustellen, dass man etwas tut, damit diese Zahlen geringer werden, und um zu wissen, was mit den Kindern, die abgängig sind, passiert ist – ob sie in anderen Ländern, in Nachbarländern aufgeschlagen sind –, oder man weiß es eben nicht und muss weiterhin etwas gegen potenziellen Menschen- und Kinderhandel tun. Das mahne ich im Namen der Verfas­sung – Sie sind ja sehr stolz, auf diese vereidigt zu sein – auch von Ihnen ein. – Danke. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 50

10.36


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Gödl. – Bitte sehr.


10.36.26

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminis­ter! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Theorie ist vieles einfach gesagt, aber ich denke, wir sollten auch ein paar praktische Dinge ansprechen.

Zum Ersten möchte ich einmal ganz klar betonen, dass auf allen Ebenen, auf denen Asylsuchende oder Asylberechtigte betreut werden, sei es auf Gemeindeebene, auf Lan­desebene oder auf Bundesebene, in den meisten Fällen im Sinne aller Menschenrechte, die wir natürlich alle gemeinsam einhalten müssen, hervorragende Arbeit geleistet wird – es schwingt hier nämlich manchmal so mit, als wäre da einiges nicht in Ordnung. (Zwi­schenruf der Abg. Kucharowits.)

Wir haben uns sehr wohl darauf geeinigt, dass wir die Obsorge verbessern. Nur damit man sich auch ein paar Zahlen verinnerlicht – der Herr Bundesminister hat in der Anfra­gebeantwortung auch schon ein paar Zahlen genannt –: Es gibt derzeit weltweit wieder verstärkte Migrationsbewegungen. Es gibt eine starke Bewegung Richtung Europa und ganz besonders auch in Richtung unseres Landes. Allein im heurigen Jahr haben 35 000 Menschen in Österreich Asyl beantragt. Über 4 000 unbegleitete minderjährige Fremde sind darunter, also minderjährige Menschen, die ohne Eltern, ohne Begleitper­sonen kommen und bei uns in Österreich Asyl beantragen.

Natürlich müssen wir einen starken Fokus darauf legen, aber da passiert auch sehr vie­les. Wir verbessern die Obsorge, ja, das haben wir so erkannt, das soll und muss so geschehen, aber zu sagen, dass Österreich in diesem Bereich quasi fahrlässig oder so­gar vorsätzlich handelt, das müssen wir doch entschieden zurückweisen. (Zwischenruf der Abg. Kucharowits.)

Wir verlängern heute im Rahmen der Coronabekämpfung auch wieder einige Sonder­fristen, weil wir natürlich trotz Coronapandemie, die uns viele Einschränkungen bringt, sicherstellen müssen, dass es korrekte Verfahren gibt, dass es ein korrektes Vorgehen im gesamten Asylbereich gibt. So verlängern wir zum Beispiel auch die Möglichkeit, dass unbegleitete minderjährige Fremde, die Asyl beantragen, nach ihrem Antrag nicht nur in den Erstaufnahmestellen untergebracht werden dürfen, sondern auch in den Regional­stellen und in den Außenstellen, damit wir die Coronapandemie auch in diesem Segment bestmöglich bekämpfen können.

Es gibt da also viel zu tun. Österreich ist da stark gefordert, aber Österreich tut auch sehr vieles. Das soll auch anerkannt werden. Allen, die dafür Verantwortung tragen, soll Dank ausgesprochen werden, insbesondere unserem Bundesminister und ganz besonders auch seinem Vorgänger in diesem Ministerium, Karl Nehammer, der es immer für sehr wichtig empfunden hat, da ganz konkrete, klare Vorgangsweisen zu haben, aber immer ganz klar im Sinne der Kinderrechte und auch im Sinne der Menschenrechte. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

10.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Bürstmayr. – Bitte.


10.39.26

Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir spre­chen hier schon wieder von Beschlüssen des Innenausschusses, die einstimmig getrof­fen wurden, und das in gesellschaftspolitisch gar nicht einmal so unheiklen Fragen. Wenn es ums Asyl geht, gehen die Emotionen hoch und die Meinungen deutlich ausein­ander.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 51

Dass das im Innenausschuss keine Ausnahme war, sondern es immer wieder passiert ist, dass über die Grenzen der Koalition hinaus Konsens gefunden wurde, häufig auch einstimmig, ist nicht zuletzt das Verdienst des Ausschussvorsitzenden Karl Mahrer, der uns dieser Tage in Richtung Wiener Landespolitik verlässt und bei dem ich mich für seine Ausschussführung in den letzten zwei Jahren ausdrücklich bedanken möchte. (Beifall bei Grünen, ÖVP, SPÖ und NEOS.)

Ich bedanke mich zum einen dafür, dass er mit der sehr knappen Ressource Zeit, die für uns Abgeordnete so wertvoll ist, so sorgfältig umgegangen ist, dass man nach seinen Ankündigungen, wann ein Ausschuss endet, tatsächlich die Uhr stellen konnte; zum Zweiten dafür, dass er von überparteilicher Zusammenarbeit nicht nur gesprochen, son­dern sie auch gesucht hat; und zum Dritten für sein Engagement und seine besonderen Initiativen im Bereich des Gewaltschutzes, die wir – nicht nur wir Grüne, sondern alle Parteien, denke ich – in diesem Hohen Haus fortführen wollen. – Danke noch einmal dafür! (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zur Sache selbst: Wir haben nicht nur einen Entschließungsantrag einstimmig beschlos­sen, sondern wie gesagt auch einige bürokratische – wie man so schön sagt – Covid-bedingte Erleichterungen, nämlich Regeln, durch die vermieden werden soll, dass viele Menschen in Warteräumen bei einer Behörde auf engem Raum lange Zeit gemeinsam auf irgendetwas warten müssen, weil die ursprünglichen Regeln vorgesehen haben, dass man den fünften und den sechsten Verlängerungsantrag und jedes einzelne Papierl persönlich zur Behörde tragen musste.

Es hat sich in den letzten eineinhalb Jahren herausgestellt, dass das zumindest in Pan­demiezeiten auch anders geht. Wir wären durchaus dafür, einmal gemeinsam einen Rundruf bei den Behörden zu machen, ob man nicht die eine oder andere Vereinfa­chung – schließlich soll unsere Verwaltung ja sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig sein – ins Dauerrecht übernehmen könnte.

Jetzt haben wir noch einmal eine Covid-bedingte Verlängerung, und, meine Damen und Herren, ich würde Ihnen wahnsinnig gerne versprechen können, dass das die letzte Covid-bedingte Verlängerung ist. Ich kann es nicht, weil wir nicht vorhersagen können, wann diese Pandemie enden wird. In der Zwischenzeit: Bitte lassen Sie sich impfen! – Danke fürs Zuhören. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

10.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmungen erfolgen am Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Aus­schusses für innere Angelegenheiten.

10.43.114. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1806/A(E) der Abgeordneten Elisabeth Feichtinger, BEd BEd, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Ausstattung von Gebäuden der Polizei mit Photovoltaik-Anlagen (1283 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 4.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Minnich. Das Wort steht bei ihm.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 52

10.43.33

Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesmi­nister! Werte Kollegen im Hohen Haus! Sehr geehrte Zuseher zu Hause vor den Fern­sehbildschirmen! Ich darf mich heute dem Antrag betreffend Ausstattung von Polizeista­tionen mit Fotovoltaikanlagen widmen.

Das Szenario eines Blackout ist schon lange nicht mehr etwas, das wir nur aus Holly­woodfilmen kennen, leider ist es eine sehr reale Bedrohung. Nicht nur bei uns, sondern weltweit ist diese Gefahr nicht so weit entfernt, wie man meint. Erst am 8. Jänner dieses Jahres ist Europa nur ganz knapp an einem Blackout vorbeigeschrammt.

Schätzungsweise würde in einem solchen Szenario in Österreich ein volkswirtschaftli­cher Schaden von 1,2 bis 1,5 Milliarden Euro entstehen. Die Herausforderung ist näm­lich, dass die Systeme nach einem Blackout nicht einfach wieder hochgefahren werden können, sondern die Stromversorgung nur schrittweise wiederhergestellt werden kann. Das kann sehr viel Zeit benötigen.

Wir müssen also auf der einen Seite alles versuchen, um diese Gefahr zu minimieren, und uns gleichzeitig für den Ernstfall rüsten. Die Ausstattung unserer Polizeiinspektionen mit inselfähigen Fotovoltaikanlagen und den nötigen Batteriespeichern ist ein wesentli­cher Schritt, um dem Ernstfall vorzubeugen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeord­neten Schallmeiner und Jakob Schwarz.)

Darüber hinaus gibt es beispielsweise eine Kooperation zwischen dem Bundesheer und der Polizei, um die Betankung der Einsatzfahrzeuge bei so einem Blackout sicherzu­stellen. Wir verfügen selbstverständlich auch über Notstromaggregate, aber unser Herr Bundeskanzler hat im Sommer dieses Jahres noch als Innenminister klargestellt, dass dies eine veraltete Technologie sei.

Ziel ist es, die Polizeiinspektionen nachhaltig und autark mit Energie zu versorgen. Mit diesem Antrag werden wir gleich zwei Ansprüchen gerecht: Wir setzen einerseits die notwendigen Schritte, um für den Fall einer Krise vorzubeugen, und machen dies gleich­zeitig im Einklang mit Nachhaltigkeit und dem Blick auf erneuerbare Energien. Damit leisten wir einen großen Beitrag für Umwelt und Klimaschutz. (Beifall bei ÖVP und Grü­nen.)

Wesentlich ist für mich aber vor allem, dass dieser Schritt von allen Parteien mitgetragen wird. Liebe Zuseher zu Hause, Sie sehen  wie mein Vorredner bereits gesagt hat –: Es wird hier im Hohen Haus nicht nur immer heftigst diskutiert und oft gestritten, sondern sehr viele Beschlüsse werden gemeinsam gefasst. Wir müssen uns als Politik damit abfinden, dass wir immer wieder mit neuen Krisen konfrontiert sein werden. Es macht mir aber Mut, dass wir diesen wichtigen Schritt in einem nationalen Schulterschluss ge­meinsam gehen. Das hat am Beginn dieser Krise schon sehr gut funktioniert.

In diesem Sinne ein herzliches Dankeschön für die breite Zustimmung sowie auch ein großes Dankeschön an Karl Mahrer für seine gute Vorsitzführung und alles, was er im Sicherheitsausschuss geleistet hat. – Ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

10.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Feichtinger. – Bitte sehr.


10.47.33

Abgeordnete Elisabeth Feichtinger, BEd BEd (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Die Wahrscheinlichkeit eines Blackouts in Österreich wir immer höher. Der Bericht der Sicherheitspolitischen Jahresvorschau hat bereits im Jahr 2020 vor einem drohenden Blackout gewarnt. Mehrfach ist Österreich knapp daran vorbeigeschrammt, auch heuer wieder.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 53

Als Sprecherin der Einsatzorganisationen und Freiwilligenorganisationen ist es mir be­sonders wichtig, hervorzuheben, dass die Einsatzfähigkeit der Einsatzorganisationen im Ernstfall zu 100 Prozent gewahrt werden muss. Energieautark bedeutet unabhängig – unabhängig von den öffentlichen Stromnetzen – und sichert im Notfall genau diese Ein­satzfähigkeit.

Wie können wir das schaffen? – Die Ausstattung der Gebäude mit PV-Anlagen ist der richtige Schlüssel dazu, und vor allem wirken wir damit auch auf die Klima- und Ener­gieziele hin. Aus diesem Grund haben meine Kolleginnen und Kollegen gemeinsam mit mir einen Entschließungsantrag betreffend Ausstattung von Gebäuden und Einsatzorga­nisationen mit Fotovoltaikanlagen eingebracht, welcher zurzeit für die Polizeistationen geprüft wird.

Eine Ausweitung auf alle Einsatzorganisationen ist unabdingbar. Dass die Anlage funk­tioniert, zeigt ein bereits umgesetztes Projekt in Vorchdorf auf einem Feuerwehrhaus, wo diese Anlage für die Stromversorgung des Gebäudes eingesetzt wird, aber nicht nur das, sondern auch für den Betrieb von Stromaggregaten in Kombination mit Batterie­speichern.

Es freut mich wirklich sehr, dass dieses wichtige Thema bei allen Fraktionen Zustim­mung erhält. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

10.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schrangl. – Bitte sehr.


10.49.18

Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema der Blackoutgefahr hat in Österreich die Politik erreicht, sie wurde anerkannt, auch die Zi­vilgesellschaft ist immer mehr für dieses Thema sensibilisiert worden. Auch unser FPÖ-Bundesminister Kunasek hat diese Gefahr damals schon früh erkannt und hat daher Liegenschaften des Bundesheeres an das Konzept der Sicherheitsinseln angeschlossen und das zum Teil auch umgesetzt.

Dieser Antrag für Fotovoltaikanlagen auf Polizeidienststellen ist ein erster Puzzleteil zur Umwandlung von Polizeidienststellen zu solchen Sicherheitsinseln. Ohne Speicher wird es nicht gehen. Die Fotovoltaik kann nur ein erster Schritt sein, um Sicherheit und Ein­satzfähigkeit von Polizeidienststellen auch im Blackout zu erhalten.

Als Bautensprecher ist mir natürlich auch die Nachhaltigkeit von öffentlichen Gebäuden sehr wichtig. Dabei sehe ich sehr viel Nachholbedarf. Wir bräuchten zum Beispiel, um als Republik, als Staat wirklich nachhaltig agieren zu können, in Wirklichkeit dort Foto­voltaikanlagen, wo auch Strom genutzt wird, wenn die Sonne scheint. Daher kann das nur ein erster Schritt sein. Der Bund sollte sich überlegen, ob er nicht auch besonders Schulen und Amtsgebäude – das sind nämlich die, die Strom verbrauchen, wenn die Sonne scheint – mit Fotovoltaik ausstattet. Dort hätte man auch sehr viel mehr Fläche.

Ich glaube, hinsichtlich Nachhaltigkeit wären Schulen und Amtsgebäude besser geeig­net, aber um die Polizei im Blackoutfall einsatzbereit zu halten, ist natürlich die Foto­voltaik auch dort als erster Puzzlestein in Richtung Blackoutsicherheit wichtig. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 54

10.51


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stögmüller. – Bitte.


10.51.28

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Als Parlamentarier und ehemaliger Bundesrat freut es mich, dass dieser Antrag vom Bundesrat als Initiative gestartet worden ist und wir ihn heute hier umsetzen. Es ist sehr erfreulich, weil auch die Bundesländer mit an Bord sind, wenn es um Black­outvorsorge geht.

Ich glaube, dass die Polizeistationen sehr wohl voranschreiten müssen, wenn es um diese Vorsorge geht. Auch in der Zivilgesellschaft haben wir viele Problemfelder, die noch behoben werden müssen. Dabei ist auch eine Sensibilisierung der Bevölkerung im Bereich der Blackoutvorsorge notwendig.

Auch beim Bundesheer haben wir mit den Sicherheitsinseln schon viel erreicht, aber auch mit dem Krisensicherheitsgesetz, das im parlamentarischen Prozess voranschrei­tet, sind Schritte gesetzt worden: Wann ist Vorsorge zu treffen? Wer macht diese? Wie ist die Krise definiert? Ich glaube, das sind wichtige Schritte in Richtung Vorsorge.

Wichtig ist bei den Blackoutszenarien, dass wir nicht irgendwelche Ängste schüren und Panik verbreiten, sondern dass man konkrete Vorschläge erarbeitet und vorbereitet ist, wenn es zu diesem Ereignis kommt.

Ich freue mich, dass dieser Schritt gemacht wird, Herr Minister. Ich glaube, es ist ein erster Schritt. Ich glaube, man kann nicht davon ausgehen, dass alle Polizeistationen im selben Moment sofort resilient werden. Bei diesem Antrag haben Sie aber die Rückende­ckung von Bundesrat und Nationalrat, sodass Sie Unterstützung bekommen. Ich finde das großartig. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.53


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Gahr. – Bitte sehr.


10.53.14

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Da­men und Herren! Hohes Haus! Der Strombedarf in Österreich steigt in vielen Bereichen. Gerade die E-Mobilität bringt einen höheren Strombedarf, aber auch die Digitalisierung und natürlich die Freizeit. Denken wir daran, dass wahrscheinlich auch viele aus diesem Haus mit dem E-Bike unterwegs sind. Insgesamt haben wir einen steigenden Strom­bedarf in Österreich. Die Anforderungen an die Stromsicherheit steigen. Wir haben Sze­narien, dass es zum Blackout kommen kann. Es ist nur die Frage, wie und wann und wo.

Ich glaube, insgesamt ist es wichtig, dass wir die dezentrale Stromversorgung ausbauen, das heißt, dass wir die Stromproduktion von erneuerbarem, umweltfreundlichem Strom ankurbeln müssen. Ich hoffe, dass in Österreich die Produktion von alternativem Strom, von erneuerbarem Strom angekurbelt wird, denn wenn wir nach Frankreich blicken, wo man darüber nachdenkt, die Atomstromproduktion wieder auszubauen, so, glaube ich, ist das ein Szenario, das für uns keine Vorbildwirkung haben sollte.

Daher sind wir gemeinsam gefordert, und es ist wichtig, dass die öffentliche Hand mit gutem Beispiel vorangeht. Dieser Antrag, dass wir die Polizeidienststellen ausstatten, den alle Parteien unterstützen, ist wichtig. Er hat eine Vorbildwirkung, bringt mehr Ver­sorgungssicherheit und insgesamt auch Strom, den wir tagtäglich nutzen können.

Ich bin auch froh, dass Frau Bundesminister Tanner im Bereich des Verteidigungsminis­teriums 90 Millionen Euro in die Energieautarkie der Kasernen investiert. Wir starten insgesamt für die Bevölkerung, für die Umwelt, für die Wirtschaft, für uns alle gemeinsam ein Projekt, das uns für die Zukunft mehr Sicherheit und Unabhängigkeit im Strombereich gibt. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

10.55



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 55

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Amesbauer. – Bitte.


10.55.14

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Geschätzte Damen und Herren! Das Thema Blackout ist in aller Munde. Es ist ja nicht die Frage, ob es zu einem Blackoutszenario kommen wird, sondern wann es dazu kommen wird. Der Blackout ist ja nicht nur ein Stromausfall für einige Stunden oder Tage, es hängt ja viel mehr daran. Man kann nicht tanken, man kommt nicht zu Bargeld, man kann nicht elektronisch bezahlen, man kann keine Lebensmittel im Handel einkaufen, und wenn das im Winter passiert und man in irgendeiner Form von strombetriebenen Heizungen abhängig ist, ist das ein riesiges Problem.

So wie die Blackoutvorsorge für jeden Privathaushalt in Wahrheit ein Gebot der Stunde ist, ist es dies natürlich auch für öffentliche Einrichtungen, um die Ordnung und Si­cherheit aufrechtzuerhalten. Das betrifft zum Beispiel die Gemeindeämter, es wird Einsatzorganisationen wie die Feuerwehr und die Rettungsdienste betreffen, aber es betrifft selbstverständlich auch die Polizei, denn in solchen Situationen ist es umso wich­tiger, auch die öffentliche Sicherheit und die Ordnung aufrechtzuerhalten.

Darum unterstützen wir diesen Antrag. Es ist ein Fünfparteienantrag. Es ist ein schönes Zeichen, auch die Polizei dementsprechend mit Fotovoltaikanlagen auszustatten. Es ist ein guter Beschluss, der heute hier von allen fünf Parteien gefasst wird.

Zum Abschluss noch ein paar Worte an Karl Mahrer – da drüben sitzt er –: Lieber Karl, es ist ja bekannt, wir zwei haben gewisse Sträuße ausgefochten, meistens über OTS-Pressemitteilungen, aber auch in gar nicht so wenigen Fernsehdiskussionen, in denen wir uns durchaus auch konfrontativ begegnet sind. Ich möchte aber jetzt aus Anlass dei­nes Ausscheidens schon auch anführen, dass du sehr, sehr bemüht warst, einen über­parteilich guten Umgang zu pflegen. Wir haben oft telefoniert – zu Terminfindungen, zu inhaltlichen Abstimmungen.

Zwei Dinge möchte ich noch einmal besonders in Erinnerung rufen: Bei der Reform des Verfassungsschutzes, der Totalreform, der Neuaufstellung der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst hast du wirklich akribisch daran gearbeitet, auch die Vorschläge der Opposition aufzugreifen. Wir haben uns dann wirklich auf ein gutes Projekt geeinigt, und die DSN hat gut gestartet.

Das zweite Beispiel ist der laufende Prozess beim Krisensicherheitsgesetz, wobei wir natürlich noch nicht sagen können, wie das Abstimmungsergebnis letztlich aussehen wird. Auch diesen parlamentarischen Prozess hast du eingeleitet.

Ich glaube, es ist ein würdiger Abschluss, dass du heute mit einem Allparteienantrag von hier gehst, der gemeinsam beschlossen wird. Trotz aller Unterschiede und Differenzen und harten Auseinandersetzungen, die wir geführt haben, danke ich dir, lieber Karl, für deine wertschätzende Zusammenarbeit. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie bei Abgeord­neten von Grünen und NEOS.)

Lieber Karl, du weißt es, ich bin ein ehrlicher Mensch. Für deine neue Tätigkeit in Wien wünsche ich dir jetzt politisch nicht den großen Erfolg, aber menschlich und persönlich wünsche ich dir alles Gute. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

10.58


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Mahrer. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 56

10.58.33

Abgeordneter Karl Mahrer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Fotovoltaikanlagen auf Polizeigebäuden sind eine gu­te, eine wichtige Maßnahme, die wir einhellig im Innenausschuss auf den Weg gebracht haben.

Ich möchte Ihre zahlreichen Dankesworte auch gleich zum Anlass nehmen, aufgrund meines Abschieds aus dem Nationalrat und aufgrund meines Abschieds als Obmann des Ausschusses für innere Angelegenheiten, Ihnen allen für die konstruktive Zusam­menarbeit zu danken. (Allgemeiner Beifall.) – Vielen Dank.

Die Sachthemen sind angesprochen worden. Ich bin stolz darauf, dass wir die Neu­aufstellung des Verfassungsschutzes gut auf den Weg gebracht haben. Ich bin stolz darauf, dass wir das Gewaltschutzgesetz in manchen Bereichen weiterentwickelt haben, dass wir mit allen Fraktionen gemeinsam das Dialogforum im Parlament geschaffen haben.

Ich sage explizit ganz, ganz wenigen Menschen jetzt noch ein Dankeschön.

Zuerst danke ich unserem Koalitionspartner, den Grünen, insbesondere Mag. Georg Bürstmayr und Mag. Agnes Sirkka Prammer. Ich glaube, wir alle haben bewiesen: Man kann zwei unterschiedliche Welten auch zu Lösungen führen, wenn man aufeinander zugeht und die Argumente des anderen respektiert.

Ein Dankeschön richte ich aber auch an die gesamte Opposition: Reinhold Einwallner, du kommst aus Vorarlberg, ich komme aus Wien, trotzdem haben wir einander immer wieder getroffen. Ich danke Sabine Schatz, Eva Maria Holzleitner sowie Gabriele Hei­nisch-Hosek. Ein ganz besonderes Dankeschön richte ich an Hannes Amesbauer. Wir waren nicht immer einer Meinung, ganz klar, aber wir sind immer wertschätzend mit­einander umgegangen. Danke, lieber Hannes, für deine konstruktive und lösungsorien­tierte Form der Zusammenarbeit! (Allgemeiner Beifall.)

Liebe Stephanie Krisper, auch wir haben unsere Sträuße ausgefochten, ich habe aber immer den Eindruck gehabt, dass wir wertschätzend miteinander umgegangen sind, und dafür danke ich dir. (Allgemeiner Beifall.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Als Obmann des Ausschusses danke ich dem Par­lamentspräsidium, der Parlamentsdirektion, den Referentinnen und Referenten. Und ich danke natürlich auch meiner Fraktion: Ich danke euch, dass ihr mir als Sicherheitsspre­cher das Vertrauen gegeben habt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Schluss verspreche ich: Ich nehme die Erfahrungen aus dem Innenausschuss mit. Es bringt etwas, in der politischen Arbeit aufeinander zuzugehen, miteinander zu Lösungen zu kommen. Das wünschen sich die Menschen, und ich glaube, das tut uns Politikerinnen und Politikern auch gut. Das nehme ich mit in die Wiener Stadtregierung.

Es war für mich eine Ehre und eine Auszeichnung, hier im österreichischen Nationalrat wirken zu dürfen. – Danke euch allen! Vielen Dank! (Allgemeiner Beifall sowie lang an­haltender, stehend dargebrachter Beifall bei der ÖVP.)

11.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Lieber Karl! Auch ich darf dir im Namen des Natio­nalrates, aber auch der Organisation, der Parlamentsdirektion, ein herzliches Danke­schön für deine inhaltliche Arbeit und für dein menschliches Begegnen ausdrücken.

Ich durfte dich schon in vielen Formen begleiten. Du bist ein Polizist vom Scheitel bis zur Sohle, und du lebst das schlussendlich in den vielen Formen deines politischen und deines gesellschaftspolitischen Engagements. Im Hinblick darauf sage ich ein herzliches Dankeschön für dein wirklich umfassendes Wirken.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 57

Wir wünschen dir in der Wiener Stadtregierung, im Wiener Landtag und Gemeinderat das Allerbeste zum Wohle der Bevölkerung. Du hast es gezeigt: Die Aktion Gemeinsam sicher, die heute schon einmal angesprochen wurde, ist eine, die du in ganz besonderem Maße betrieben hast und die weit über die Parteigrenzen und weit über das gesell­schaftliche Engagement hinaus auch in Zukunft bleibenden Eindruck hinterlassen wird. Herzlichen Dank auch von meiner Seite! (Allgemeiner Beifall.)

11.03.12Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 1 bis 4


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen.

Ich darf fragen, ob Sie bereit sind. – Dann können wir in den Abstimmungsvorgang ein­treten.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Registerzählungsgesetz geändert wird, samt Titel und Ein­gang in 1172 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung zustimmt, möge das mit einem Zeichen kundtun. – Das ist einstimmig auch in dritter Lesung angenommen.

Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbür­gerschaftsgesetz 1985, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das BFA-Verfah­rensgesetz und das Asylgesetz 2005 geändert werden, samt Titel und Eingang in 1281 der Beilagen.

Wer dafür ist, den darf ich um ein Zeichen bitten. – Auch das ist einstimmig.

In der dritten Lesung stelle ich das gleiche Stimmverhalten fest: auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 3: Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere An­gelegenheiten, seinen Bericht 1282 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungsantra­ges 1651/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, möge das mit einem Zeichen der Bejahung bekunden. – Das ist die Mehr­heit, daher angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1282 der Beilagen an­geschlossene Entschließung betreffend „Verschwinden von Kindern und Jugendlichen mit Fluchterfahrung“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist wiederum ein­stimmig der Fall. (228/E)

Tagesordnungspunkt 4: die dem Ausschussbericht 1283 der Beilagen angeschlosse­nen Entschließung betreffend „Ausstattung von Gebäuden der Polizei mit Photovoltaik-Anlagen“. (229/E)

Auch das ist einstimmig angenommen worden. – Herzlichen Dank.

11.05.045. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1176 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 geändert wird (1221 d.B.)



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 58

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fürst. – Bitte, bei Ihnen steht das Wort.


11.05.22

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Minis­ter! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren nun unter diesem Tagesordnungs­punkt eine Novelle zum Verwaltungsvollstreckungsgesetz, mit der die sogenannte Beu­gehaft wieder eingeführt wird. Diese Reparatur wurde notwendig, weil der Verfassungs­gerichtshof das Instrument der Beugehaft aufgrund verschiedener Unregelmäßigkeiten aufgehoben hatte. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Das Rechtsinstrument der Beugehaft ist grundsätzlich sinnvoll. Es dient der Durchset­zung staatlicher Entscheidungen, mit denen dem Bescheidadressaten eine Handlungs­verpflichtung auferlegt wird. Hauptanwendungsbereich der Beugehaft wäre das Asyl- und Fremdenrecht. Wir wissen: An negative Asylentscheidungen knüpft sich eine Aus­reiseverpflichtung dieser Personen. Sie müssten das Land verlassen. Tun sie das nicht, dann sollten sie in Beugehaft genommen werden, bis sie bereit sind, auszureisen. Ich verwende die Möglichkeitsform, denn wir wissen: Das ist die Theorie. Es befinden sich unzählige Ausreisepflichtige unter uns, sie bewegen sich völlig frei, werden mit einer Beugehaft nicht behelligt und können mit aller Milde rechnen.

Nun erhält aber die Wiedereinführung der Beugehaft mit 1.1.2022 besondere Brisanz, weil einen Monat später, am 1. Februar 2022, die geplante Impfpflicht in Kraft tritt. Dabei geht es ebenso um eine vorzunehmende Handlung der Bescheidadressaten, nämlich um die Vornahme der Impfung. Während allerdings die Ausreiseverpflichteten mit aller erdenklichen Milde rechnen können beziehungsweise behandelt werden, ist das bei den ungeimpften Personen nach den bisherigen Erfahrungen natürlich nicht der Fall. Dies­falls ist dann plötzlich jede Härte angebracht.

Nun wird zwar allseits – auch von Verfassungsministerin Edtstadler – betont, dass es keine Haft zur Durchsetzung der Impfpflicht geben soll. Dies ist allerdings nur richtig, was die Ersatzfreiheitsstrafe betrifft – diese greift, wenn Geldstrafen für die Nichterfül­lung der Impfpflicht nicht aufgebracht werden können. Was nicht dazugesagt wird, ist, dass dieser Ausschluss nicht für die Beugehaft gilt; das ist nämlich ein anderes Rechts­instrument. Das heißt: Entgegen allen Beteuerungen wurde die mögliche Anwendung der Beugehaft, also die Inhaftierung einer ungeimpften Person bis die Impfung vorge­nommen wird, bisher nicht ausgeschlossen.

Man könnte allerdings ganz einfach sowohl im vorliegenden Entwurf zum Verwaltungs­vollstreckungsgesetz als auch im Entwurf zum Impfpflichtgesetz eine ausdrückliche gesetzliche Ausnahme vorsehen. Das hat man aber in beiden Gesetzen entgegen an­derslautenden Beteuerungen nicht getan. Es wird lediglich in den Erläuterungen zum Impfpflichtgesetz darauf hingewiesen, dass die Anwendung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ausgeschlossen ist. Davon kann man sich aber nichts kaufen. Wir wissen, Ausführungen in den Erläuterungen können oder sollen bei der Interpretation von Geset­zestexten Anwendung finden, sie sind aber nicht verbindlich.

Und auch davon, dass Verfassungsministerin Edtstadler im Ausschuss beteuert hat, dass man die Menschen ja nicht einsperren, sondern zum Impfen bringen will und dass es einen breiten politischen Konsens gebe, dass keine Beugehaft greifen soll, können sich die ungeimpften Menschen relativ wenig kaufen, denn es gab ja auch einen breiten politischen Konsens, dass keine Impfpflicht kommt. Das heißt, der derzeitige Status, die Anwendung der Beugehaft bei der Durchsetzung der Impfpflicht ist möglich. Das gilt etwa, wenn mehrmals die Geldstrafe bezahlt wird, sich Personen aber weigern, sich


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 59

impfen zu lassen. Dann wird das greifen – das ist meine Vorhersage –, nämlich in ein paar Monaten, nicht heute, nicht morgen, aber eventuell in einem halben Jahr. Da die Bundesregierung ja nicht das Geringste tut, um das Gesundheitssystem zu stärken, sondern, ganz im Gegenteil, auf das Personal vor allem auch durch die Impfpflicht Druck ausgeübt wird, wird es dort immer enger werden, und der Notstand kann dann immer weiter ausgedehnt werden. Und dann wird es heißen: Ja, wir wollen das nicht, wir wollten das nie, die Verhängung der Beugehaft tut uns jetzt wirklich geradezu weh, aber zum Schutz der Menschen, zum Schutz der Gesundheit, insbesondere zum Schutz der Un­geimpften, müssen wir Sie jetzt in Beugehaft nehmen!

Ich bringe daher einen Abänderungsantrag ein, mit dem man das ganz einfach aus­schließen könnte – dann brauchen wir keine Beteuerungen und keine solchen Aussa­gen, man kann damit ganz einfach klarstellen, dass die Anwendung der Beugehaft ge­setzlich ausgeschlossen ist, was ja offensichtlich politischer Konsens ist; man bräuchte nur diesen Antrag anzunehmen –, er lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1176 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 geändert wird (1221 d.B.) (TOP 5)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der dem obenstehenden Bericht angeschlossene Gesetzesantrag wird wie folgt ge­ändert:

Nach Z 1 wird folgende Z 1a eingefügt:

1a. § 5 Abs. 1a lautet:

„(1a) Niemand darf mittels Zwangs- oder Beugestrafen zu Duldungen, Unterlassungen und unvertretbaren Handlungen in Zusammenhang mit einer COVID-19-Impfpflicht ver­pflichtet werden.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.11

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

§ 53 Abs 3 GOG-NR

der Abgeordneten Dr. Fürst  

und weiterer Abgeordneter

zum Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1176 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 geändert wird (1221 d.B.) (TOP 5)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der dem obenstehenden Bericht angeschlossene Gesetzesantrag wird wie folgt ge­ändert:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 60

Nach Z 1 wird folgende Z 1a eingefügt:

1a. § 5 Abs. 1a lautet:

„(1a) Niemand darf mittels Zwangs- oder Beugestrafen zu Duldungen, Unterlassungen und unvertretbaren Handlungen in Zusammenhang mit einer COVID-19-Impfpflicht ver­pflichtet werden.“

Begründung

Seit Beginn der Corona-Krise im Frühjahr 2020 sehen sich die Österreicherinnen und Österreicher mit Einschränkungen ihrer Grund- und Freiheitsrechte konfrontiert: Lock­downs, Ausgangssperren, Demonstrationsverbote, Kontaktbeschränkungen, Masken­pflicht, Zutrittsbeschränkungen, Testpflicht und bereits heute eine mehr als nur indirekte Impfpflicht sind jene Instrumente, die von der Bundesregierung seit nunmehr beinahe zwei Jahren in Stellung gebracht werden, um das Land – eigenen Angaben zufolge – sicher durch die Pandemie zu bringen.

Das Ergebnis sieht leider anders aus: Die Maßnahmen im Vorjahr hatten einen beinahe irreparablen Schaden für die Wirtschaft des Landes zur Folge. Die Zahl der Menschen in Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit stieg auf knapp eine Million an. Firmenpleiten und zer­störte Existenzen von Klein- und Mittelunternehmern standen an der Tagesordnung. Ge­sundheitliche Kollateralschäden und ein rasanter Anstieg an Patienten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie aufgrund von Heimunterricht und Lockdown sind die Folge der Coro­na-Politik der türkis-grünen Bundesregierung, die trotz alledem immer noch behauptet, dass Österreich „besser durch die Corona-Pandemie“ gekommen sei als viele andere Länder.

Ebenso behauptet die Bundesregierung, dass mit dem angekündigten Bundesgesetz über die Impfpflicht gegen COVID-19 keine Beugehaft einhergehen würde:

- „Es wird keine Beugehaft geben für Menschen, die sich nicht impfen lassen.“1 – Ge­sundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) am 6.12.2021

- „[…] zur Beugehaft: Das ist ausgeschlossen. Das wird ausgeschlossen bleiben.“2 – Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) am 7.12.2021

Im Gesetzestext des Ministerialentwurfs betreffend ein Bundesgesetz über die Impf­pflicht gegen COVID-19 (COVID-19-Impfpflichtgesetz – COVID-19-IG)3, welcher dem Nationalrat am 9.12.2021 zugeleitet wurde, wurden Beugestrafen jedoch entgegen der vorangegangenen Beteuerungen nicht dezidiert ausgeschlossen.

Das Verfahren der Rechtsverwirklichung (Vollziehung) ist im Wesentlichen dadurch ge­kennzeichnet, dass es in einer gewissen Stufenfolge abläuft und letztlich in einem Zwangsakt münden kann. Typischerweise ergeht aufgrund einer generellen Norm, z. B. dem COVID-19-Impfpflichtgesetz, eine individuelle Norm, z. B. eine Strafverfügung gem. § 8 Entwurf-COVID-19-IG. Wird gegen diese Strafverfügung Einspruch erhoben, leitet die Behörde ein ordentliches Verwaltungsstrafverfahren ein, welches mit einem Be­scheid (Straferkenntnis oder Einstellung) endet. Wird ein solches Straferkenntnis – eine individuelle Norm mit festgelegter Verpflichtung – nicht befolgt, ist sie zwangsweise durch behördliche Organe in die Wirklichkeit umzusetzen. Der Bescheid wird vollstreckt.

Zwar heißt es in § 1 (3): „Die Schutzimpfung darf nicht durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durchgesetzt werden“, die Anwendbarkeit des § 5 Verwal­tungsvollstreckungsgesetz und somit auch der Beugehaft wird damit jedoch keines­wegs ausgeschlossen. Unmittelbare Befehls- und Zwangsgewalt ist im Entwurf zum COVID-19-IG schlichtweg nicht vorgesehen, sondern ein ordentliches Verwaltungsstraf­verfahren. Vollstreckungshandlungen, die aufgrund einer Vollstreckungsverfügung in


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 61

Folge eines Straferkenntnisses gesetzt werden, stellen keine Akte der ausgeschlosse­nen unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar. Solche lägen nur vor, wenn auf Grund einer generellen Norm, ohne Durchführung eines förmlichen Verfah­rens, die zwangsweise Herbeiführung eines normgerechten Zustandes erfolgen würde. Beim Strafverfahren gegen ungeimpfte Österreicherinnen und Österreicher gem. § 8 Entwurf-COVID-19-Impfpflichtgesetz iVm §§ 48 und 49 des Verwaltungsstrafgeset­zes 1991 (VStG) ist die Beugehaft – entgegen der Beteuerungen der Bundesminister Mückstein und Edtstadler – zulässig.

Zwar wird in den Erläuterungen festgehalten: „Die Durchführung einer Schutzimpfung gegen COVID-19 kann auch nicht im Wege einer ‚Beugestrafe‘ erzwungen werden“; im Gesetzestext des Ministerialentwurfs betreffend dem Bundesgesetz über die Impfpflicht gegen COVID-19 (COVID-19-Impfpflichtgesetz) fehlt jedoch eine Norm, auf die sich dieser erläuternde Satz beziehen könnte. Wie zu Beginn der Pandemie steht der Vorwurf von Fake Laws4 im Raum, denn abermals werden Regierungswünsche als bald gelten­des Recht hingestellt.

1     https://kurier.at/politik/inland/mueckstein-schliesst-beugehaft-fuer-ungeimpfte-aus/401832097

2     https://tvthek.orf.at/profile/Report/11523134/Report/14115993, ab 39:04

3     https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVll/ME/ME_00164/index.shtml

4     https://www.diepresse.com/5802439/fake-laws-regierungswunsche-als-geltendes-recht-hingestellt

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Friedrich Ofenauer. – Bitte.


11.11.37

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Innenminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Sehr verehrte Zu­seherinnen und Zuseher! Die Rede meiner Kollegin Fürst ist ein gutes Beispiel dafür, wie durch die Verknüpfung zweier Tatsachen und unter Weglassung eines kleinen, aber doch sehr wesentlichen Details eine neue Geschichte erzählt wird. Es ist eine Ge­schichte, die leider noch dazu falsch ist und mit der die Bevölkerung – durch Weglassen dieses relevanten und wesentlichen Details – schlicht und ergreifend in die Irre geführt wird.

Worum geht es bei der Beugehaft und bei der Novelle des Verwaltungsvollstreckungsge­setzes? – Die Beugehaft dient dazu, individuelle Rechtsakte durchzusetzen. Frau Kol­legin Fürst, ich gebe Ihnen recht, es ist ein wichtiger Punkt in einem Rechtsstaat, dass auch individuelle Rechtsakte – Bescheide und Erkenntnisse – durchgesetzt werden können. Wenn jemand einen Bescheid erhalten hat, mit dem er persönlich zu einer Handlung verpflichtet wird, die er selbst durchführen muss, kann diese Verpflichtung mit einer Beugehaft durchgesetzt werden – aber nur dann, wenn es einen solchen Bescheid gibt!

Die Beugehaft dient nicht dazu, eine allgemeine gesetzliche Verpflichtung durchzuset­zen, wie das eine Impfpflicht zum Beispiel ist. Jetzt kommt auch das wesentliche Detail: Im Entwurf des COVID-19-Impfpflichtgesetzes ist keine bescheidmäßige Verpflichtung vorgesehen, dass also Personen mit Bescheid auferlegt werden würde, sich impfen zu lassen. (Zwischenruf des Abg. Wurm.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 62

Das bedeutet also: Gibt es keinen Bescheid, gibt es auch keine Beugehaft, und daher braucht diese Beugehaft auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen zu werden, weil sie aufgrund unserer Rechtsordnung schlicht und ergreifend nicht möglich ist! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wurm.) Eine Beugehaft ist auch keine Strafe, und deswegen ist es auch ganz wichtig, darauf hinzuweisen, dass im Entwurf des Impfpflichtgesetzes fest­gehalten ist, dass es keine Freiheitsstrafen geben wird. (Abg. Fürst: Ich freue mich, wenn es so ist!)

Noch einmal: Ohne Bescheid gibt es keine Beugehaft, und der Entwurf des COVID-19-Impfpflichtgesetzes sieht keinen Bescheid vor, deswegen gibt es da auch keine Beu­gehaft.

Warum aber ändern wir das Verwaltungsvollstreckungsgesetz zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt? – Der Verfassungsgerichtshof hat die Beugehaft aufgehoben, weil sie zu lange hätte dauern können und weil es nur mangelnden Rechtsschutz gegeben hat. Das beheben wir hiermit. Jetzt wird das Zwangsmittel der Beugehaft wieder eingeführt. Sie wird für jeden einzelnen Fall mit maximal vier Wochen beschränkt und ist insgesamt jedenfalls auf ein Jahr begrenzt. Das Zwangsmittel der Geldstrafe wird auf 2 000 Euro beschränkt. Der Rechtsschutz wird erweitert: Es gibt Haftprüfungen und, ganz wichtig, auch die Verhältnismäßigkeit der Beugehaft ist zu prüfen.

Noch einmal: Eine Beugehaft dient nicht dazu, eine allgemeine gesetzliche Verpflichtung durchzusetzen, sondern es geht immer darum, dass konkrete individuelle Rechtsakte – also Bescheide – durchgesetzt werden müssen, die aber im COVID-19-Impfpflichtgesetz nicht vorgesehen sind. Wer eine solche Verbindung schafft, wer in einer solchen Ge­dankenwelt lebt, der offenbart tatsächlich eine autoritäre Geisteshaltung, und ich sage Ihnen eines: Die ÖVP und diese Regierung sind Garanten dafür, dass solch eine Ge­dankenwelt sicher nicht Wirklichkeit wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.15


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Drobits. – Bitte.


11.15.12

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Die Glaubwür­digkeit ist das höchste Gut in der Politik. Wahrheit muss Wahrheit bleiben und darf nicht zu einer Halbwahrheit oder Unwahrheit werden, auch wenn der politische Diskurs durch­aus kontrovers sein kann! Im aktuellen Fall möchte ich festhalten, dass es mir und meiner Fraktion wichtig ist, mit bestem Wissen und Gewissen klar die Wahrheit zu sagen, wenn es um das Verwaltungsvollstreckungsgesetz geht.

Es ist klar und eindeutig, dass der Verfassungsgerichtshof am 7.10.2020 die Entschei­dung getroffen hat, dieses Verwaltungsvollstreckungsgesetzes aufzuheben. Infolge des Auslaufens der Beugehaft mit 31.12.2021 ist es notwendig, deren Wiedereinführung zu beschließen.

Es war auch notwendig, im Rahmen der Verhältnismäßigkeit klarzustellen, dass eine Beugehaftstrafe insgesamt für maximal ein Jahr verhängt werden kann, und es war auch notwendig, analog zur Schubhaftbeschwerde eine Beugehaftbeschwerde als Rechts­schutzinstrument einzuführen. Das ist die Wahrheit, das können wir den Österreiche­rinnen und Österreichern mit bestem Wissen und Gewissen sagen, und die Wahrheit haben sich die Österreicherinnen und Österreicher verdient.

Meiner Meinung nach aber nicht richtig, also unwahr ist, Frau Dr. Fürst, wenn Sie be­haupten, dass diese Beugehaft auch für Impfunwillige gälte. Für diesen Schluss, diese


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 63

Ausführungen von Ihnen gibt es weder in den Erläuterungen zum COVID-19-Impfpflicht­gesetz noch im Verwaltungsvollstreckungsgesetz noch in den Aussagen der zuständi­gen Ministerin Edtstadler einen Anhaltspunkt und schon gar nicht in den Erklärungen von Bundesminister Mückstein.

Ich sehe überhaupt keinen Anhaltspunkt für Ihre Behauptungen in den sozialen Medien und auch in Ihren Aussendungen, dass diese Beugehaft für Impfunwillige gelten würde und dass Impfunwillige eingesperrt werden sollen – das ist schlichtweg falsch! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Wurm.)

Ich behaupte, dass diese Politik verantwortungslos und fahrlässig ist (neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Wurm), weil sie nämlich dazu führt, dass die Österreicherinnen und Österreicher verunsichert werden! (Abg. Wurm: Du garantierst das?) – Herr Kollege Wurm, Sie mögen dadurch zwar vielleicht Stimmen maximieren wollen, das ist vielleicht Ihr Anspruch, den Sie stellen, aber für mich und meine Fraktion ist dieses Verhalten, das Sie setzen, brandgefährlich, fahrlässig und letztklassig! Wir distanzieren uns von solch einem Vorgehen und werden da sicher nicht mitmachen. – Danke sehr. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

11.17


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Agnes Sirkka Pram­mer. – Bitte.


11.18.05

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Es geht heute genau um eine Sache: um die Reparatur einer Bestimmung, die der Verfassungsgerichtshof aufgehoben hat. Wir verbessern damit das Instrument der Beugehaft, das es in Österreich immer gegeben hat und immer geben wird und das wir brauchen, um rechtsgültige Verwaltungsentscheidungen auch durchsetzen zu kön­nen, indem wir eine Maximaldauer einführen und einen Mechanismus für eine regelmä­ßige Überprüfung garantieren. Das ist es, was wir de facto tun.

Was aber ist jetzt passiert? – Die FPÖ verknüpft diese zwei Materien und setzt das Ge­rücht in die Welt, die Regelung hätte zum Ziel, Menschen einzusperren, die sich nicht gegen Covid-19 impfen lassen. Was fällt Ihnen da eigentlich ein? Wissen Sie, was Sie bei den Menschen anrichten? Wissen Sie, an wen Sie sich da richten? (Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) Wissen Sie, was Sie mit den Menschen machen? (Beifall bei Grünen, ÖVP, SPÖ und NEOS.)

Sie erzählen den Menschen wissentlich die Unwahrheit, denn Sie kennen den Entwurf. Sie kennen den Entwurf für das COVID-19-Impfpflichtgesetz, und darin steht in § 1: „Die Schutzimpfung darf nicht durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durchgesetzt werden.“ – Das steht so im Entwurf, genau so, wie es von allen, die an der Ausarbeitung beteiligt waren, garantiert wurde, genau so steht es drinnen! (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Amesbauer und Hauser.)

Aber nein, Sie richten sich an Menschen, die zutiefst verunsichert sind, an Menschen, die Angst haben, sich impfen zu lassen, an Menschen, die nicht sicher sind, was sie tun sollen. Sie richten sich an Menschen, die nicht sicher sind, ob sie wissenschaftlichen Erklärungen oder lieber den Gerüchten und Erzählungen, mit denen sie täglich konfron­tiert sind, vertrauen dürfen. Das sind Menschen, die teilweise lange Krankheitsgeschich­ten hinter sich haben. Das sind Menschen, die Krebserkrankungen besiegt haben. Das sind Menschen, die an schweren chronischen Erkrankungen leiden. Die wissen nicht, wie sie sich entscheiden sollen, und sind in tiefster Not. (Abg. Amesbauer: Sie lassen ihnen die Entscheidung ja gar nicht!) Statt diesen Menschen zu raten, sich an eine Ärztin oder einen Arzt zu wenden (Zwischenruf der Abg. Steger), statt sie ehrlich zu informieren,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 64

was sie in dem einen oder anderen Fall erwartet, erhöhen Sie den Druck auf diese Menschen, indem Sie ihnen erzählen, wir würden sie einsperren. Was soll das?! (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordne­ten Amesbauer und Hauser.) Schämen Sie sich! Schämen Sie sich für diese Vorgangs­weise!

Sie, werte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause, lade ich ein: Fragen Sie nach, wenn Sie unsicher sind! Gehen Sie zu Ihrer Ärztin, gehen Sie zu Ihrem Arzt! Lassen Sie sich beraten! (Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) Fragen Sie nach, was in Ihrem konkreten Fall, bei Ihrer konkreten Vorerkrankung, bei Ihren konkreten Bedenken die richtige Ent­scheidung ist! Was sind die Risiken einer Erkrankung für Sie, und was steht Ihnen bevor, wenn Sie sich impfen lassen? Treffen Sie informiert eine Entscheidung, und lassen Sie sich nicht von RednerInnen hier an diesem Pult oder auf irgendwelchen Demobühnen Angst machen! – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.21


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Johannes Margreiter zu Wort. – Bitte.


11.21.41

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Zuse­herinnen und Zuseher! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das, was hier wieder abläuft, ist ein Musterbeispiel dafür, wie es nicht sein darf. Wir müssen alle he­runter vom Gas. Wir reden über eine Novelle des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes und führen eine hoch emotionale Debatte, in der Worte fallen, die wir uns einfach sparen müssen. Es ist weder eine Frechheit, wenn man vermutet oder in den Raum stellt, dass da möglicherweise Beugestrafen drohen, noch ist es seriös zu behaupten, dass dies der Fall sei.

Die Sache ist wirklich ganz einfach: Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, dass die Beugehaftregelung im Verwaltungsvollstreckungsgesetz unrechtmäßig ist, weil sie unbefristet ist. Jetzt beschließen wir eine Befristung. Das hat mit dem Thema Impfen genau gar nichts zu tun. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Es ist sicherlich nicht günstig, wenn wir Dinge vermengen und einer ohnehin schon verunsicherten Bevölke­rung falsche Sachen erzählen.

Um es aber noch einmal klarzustellen: Eine Beugehaft kommt nur dann infrage, wenn jemandem eine persönliche Pflicht per Bescheid aufgetragen wird. Das ist beim Thema Impfen überhaupt nicht vorgesehen. Um das aber klarzustellen und um jeden Zweifel zu beseitigen, unterstützen wir diesen Abänderungs- oder Zusatzantrag der FPÖ. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Es ist zwar eine No-na-Regelung, weil das Verwaltungsvollstreckungsgesetz und das Impfpflichtgesetz das nicht hergeben, aber dann wollen wir es halt dreifach nähen, damit Klarheit besteht. Dagegen spricht nichts. Das soll als Beitrag dazu verstanden werden, dass wir Emotion aus dieser unseligen Debatte herausnehmen, die weitreichende Fol­gen hat. Da sind wir alle aufgerufen. Kein Standpunkt darf für sich in Anspruch nehmen, dass er mit Emotion und Beleidigung, mit Herabwürdigung des anderen Standpunktes verbunden wird. Wir müssen das erwachsen diskutieren. Darum würde ich sehr dringend ersuchen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Wurm: Gute Rede, Hannes!)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 65

11.24


Präsidentin Doris Bures: Nun ist ein zweites Mal Frau Abgeordnete Susanne Fürst zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.24.06

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Danke an meinen Vorredner. Ich denke auch, eine Klarstellung wäre ganz einfach. Ich möchte Bezug auf den Punkt in der Rede der Frau Abgeordneten von den Grünen, Sirkka Prammer, nehmen, dass ich behauptet habe, die gegenständliche Novelle „hätte zum Ziel, Menschen einzusperren“, weil sie sich nicht impfen lassen. – Das ist die Unwahrheit.

Ich habe gesagt, der Anlass der Novelle ist völlig unbedenklich – das wissen wir alle. Es ist eine Reparatur aufgrund einer VfGH-Entscheidung – das habe ich am Beginn meiner Rede genau ausgeführt –, aber die Novelle hat nun besondere Brisanz, weil sie mit der Impfpflicht, die Sie einführen, zusammentrifft.

Ich habe nicht gesagt, dass das das Ziel dieser Novelle ist, sondern: „die Anwendung der Beugehaft [...] ist möglich.“

Weder der Ausschluss in den Erläuterungen noch der Ausschluss in irgendwelchen Aus­sagen von Gesundheitsminister Mückstein oder Frau Edtstadler verhindern die Anwen­dung der Beugehaft. Ich habe auch gesagt: Das wird nicht heute und nicht morgen sein, aber was ist in einem halben Jahr? Dann heißt es, wir haben die Pandemie immer noch nicht im Griff, jetzt müssen wir etwas tun. – Das wissen Sie ganz genau.

Sie verweisen auf irgendwelche Aussagen Ihres Gesundheitsministers – also nein, dan­ke. Ich weiß nicht, wie oft der beteuert hat, es komme keine Impfpflicht. Bis jetzt hat er noch nichts gemacht, um die Bettenzahl aufzustocken oder das Personal zu stärken oder aufzubauen, sondern er macht das krasse Gegenteil und unterstützt, dass Ärzte und Gesundheitspersonal immer stärker unter Druck kommen.

Wenn Sie, Frau Abgeordnete Prammer, von kranken Menschen, von Menschen mit einer Krankheitsgeschichte reden, von den Krebskranken, die unter Druck kommen, und dann sagen, dass die aufgrund der Freiheitlichen Partei unter Druck kommen, dann ist diese Aussage überhaupt nicht mehr zu toppen, denn es sind genau diese Menschen – und darauf verweisen wir seit Monaten –, die Sie mit Ihrer Politik, mit Ihrer Einbahnstraße und mit dem Impfdruck in allergrößte Bedrängnis bringen. (Beifall bei der FPÖ.)

Diese Aussagen haben Sie aber gedeckt. Sie haben sich nicht dagegen ausgesprochen, dass Bundeskanzler Schallenberg gesagt hat, die ungeimpften Personen sind „Zaude­rer“, „Zögerer“, „unsolidarisch“ und haben ein ungemütliches Weihnachten vor sich. Das sind die Personen mit ernsthaften Krankheitsgeschichten, von denen Sie jetzt gespro­chen haben. Die haben schon ihr schweres Schicksal und nun bedrängen Sie sie noch mit der Impfpflicht. Ja, sie sollen das mit ihren Ärzten beraten, das war immer unser Kurs. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich gebe keine Empfehlung zur Impfung ab, ich habe dazu keine Meinung. Ich habe nichts dagegen, sondern ich habe etwas gegen die Pflicht und den Zwang. Wir waren immer dafür, dass jeder Einzelne das mit seinem Hausarzt besprechen soll. Ein großer Teil hat sich ja auch freiwillig impfen lassen, da wären noch viele dazugekommen. Viele, viele kommen dazu, sobald es andere Impfstoffe gibt. Das alles haben Sie aber immer vom Tisch gewischt. Bei Ihnen geht es nur darum, die Impfpflicht durchzuziehen.

Nehmen aber nicht Sie diese Personen, die Sie in allerschwerste Bedrängnis bringen, jetzt hier auch noch heuchlerisch in Schutz, und geben Sie nicht uns die Schuld! Das ist wirklich der Höhepunkt. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Deimek: ... Das nennt sich oberös­terreichische Abgeordnete!)

11.27

11.27.41*****



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 66

Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Fürst, für den Ausdruck „heuchlerisch“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

*****

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Wolfgang Gerstl. – Bitte. (Abg. Gerstl: Für eine tatsächliche Berichtigung!) – Sie sind bei mir mit einer Wortmeldung gemeldet, 2 Mi­nuten.


11.28.02

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Meine Vorrednerin hat soeben nochmals wiederholt, dass mit dieser Vorlage des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes eine Beu­gehaft theoretisch möglich wäre. – Liebe Frau Kollegin Fürst, auch theoretisch wäre eine solche Beugehaft nicht möglich. Es ist ausgeschlossen! (Zwischenruf der Abg. Fürst.)

Ich bitte Sie im Sinne von weniger Verunsicherung, im Sinne von Klarheit inständig, dass Sie nicht Verdächtigungen machen, dass Sie nicht versuchen, Menschen aufzuhetzen, und dass Sie nicht versuchen, in Vorlagen etwas hineinzugeheimnissen, das nicht da ist. (Zwischenruf des Abg. Wurm.) Die Menschen können sich darauf verlassen, dass es in diesem Bereich keine Beugehaft gibt. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

11.29


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Die Abstimmung darüber werde ich wie vereinbart an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Verfassungsausschusses legen.

11.29.196. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2093/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Ver­waltungsrechtliche COVID-19-Begleitgesetz und das COVID-19 Begleitgesetz Ver­gabe geändert werden (1222 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit kommen wir zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Herr Abgeordneter Johann Singer gelangt zu Wort. – Bitte.


11.29.55

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesmi­nister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! In den vergangenen zwei Jahren haben wir viele Beschlüsse gefasst, damit das öffentliche Leben trotz der Pandemie gut funktionieren kann. Viele dieser Beschlüsse betrafen be­fristete Coronasonderregelungen, die inzwischen mehrfach verlängert wurden. Mit der heutigen Beschlussfassung soll eine Reihe solcher Sonderregelungen aus dem Bereich des Verfassungsausschusses um ein weiteres halbes Jahr bis Ende Juni 2022 verlän­gert werden.

Worum geht es konkret? – Es geht darum, dass die Gemeinden die Ermächtigung be­kommen, Beschlüsse per Videokonferenz beziehungsweise im Umlaufweg zu fassen, nämlich dann, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 67

Der Hintergrund dieser Möglichkeit ist klar: Es geht darum, dass die Coronapandemie die Gemeindearbeit nicht lahmlegen darf, sondern dass die Arbeit im Sinne der Bürge­rinnen und Bürger weitergeführt werden kann.

Weiters besteht diese Regelung, diese Möglichkeit, auch für die Bundesregierung. Es geht auch um den Einsatz der Videotechnologie in Verwaltungsverfahren und bei Ver­waltungsgerichten, wobei natürlich immer die Wahrung des Parteiengehörs, der Partei­enrechte im Vordergrund stehen muss.

Ein weiterer Punkt betrifft das Vergaberecht. Da sollen beschleunigte Vergaben etwa im Bereich der Labordiagnostik möglich bleiben.

Leider, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, brauchen wir diese Verlängerung ein weiteres Mal, da die Entwicklung der Pandemie vieles offenlässt.

Ich darf feststellen, dass sich die angesprochenen Maßnahmen inzwischen durchaus bewährt haben; und wir haben hier im Plenum ja schon öfter darüber diskutiert, welche Maßnahmen durchaus auch einmal ins Dauerrecht übertragen werden könnten.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ich darf Sie bitten, der vorgesehenen Verlänge­rung der angesprochenen Maßnahmen bis zum 30. Juni 2022 die Zustimmung zu ge­ben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.32


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

11.32.35Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 5 und 6


Präsidentin Doris Bures: Ich frage die Fraktionen, ob wir gleich mit den Abstimmungen fortfahren können. Können wir abstimmen? Ja? – Gut, dann gehe ich so vor.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Entwurf betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Verwaltungsvollstreckungsgesetz geändert wird, in 1176 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Fürst, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag ein­gebracht.

Ich werde daher zunächst über den erwähnten Zusatzantrag und anschließend über den Gesetzentwurf abstimmen lassen.

Ich frage alle Abgeordneten, ob sie dem Zusatzantrag der Abgeordneten Fürst mit Ein­fügung einer Ziffer 1a ihre Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den gegenständlichen Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer gibt dem seine Zustimmung? – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dem auch in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Verwaltungsrechtliche COVID-19-Begleitgesetz und das COVID-19 Begleitgesetz Vergabe geändert werden, samt Titel und Eingang in 1222 der Beilagen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 68

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes, eines Bundesverfassungsgesetzes sowie eine Verfassungsbestimmung enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordne­ten fest.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen somit zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung beschlossen.

Ausdrücklich stelle ich noch einmal die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehr­heit fest.

11.35.197. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Be­richt 2021 der Bundesregierung (III-422/1216 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Ich begrüße Frau Bundesministerin Köstinger in unserer Mitte.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Herr Abgeordneter Gerald Hauser, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.


11.35.52

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Beim Grünen Bericht geht es um die Einkommenssituation unserer Bauern, und ich möchte ausdrücklich mit einem großen Dankeschön an unsere Bauern beginnen. – Ich danke Ihnen dafür, dass Sie nicht nur unsere Landschaft erhal­ten, für den Tourismus, für unsere Gesellschaft, für unsere Wirtschaft, sondern auch täglich qualitativ hochwertige Nahrungsmittel produzieren und durch Ihr Engagement, hoffe ich, auch zukünftig die Lebensmittelsicherheit, die Selbstversorgung in Österreich, soweit es geht, sicherstellen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Gerade die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig es ist, Bauern zu haben, die uns Tag für Tag durch ihrer Hände Arbeit mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln versorgen; des­wegen noch einmal ein ganz großes Dankeschön.

Die Situation als solche, und das kann man aus dem Grünen Bericht ablesen, bleibt aber sehr angespannt und mehr als schwierig. Kurz einige aktuelle Zahlen: Die durchschnittli­chen Einkommen unserer Bauern sind im Jahr 2020 auf 28 368 Euro gestiegen. Das ist ein nominelles Plus von 1,4 Prozent zum Vorjahr, was de facto eine Stagnation bedeutet. Das heißt, die Einkommen stagnieren eigentlich seit dem Jahr 2016.

Dramatischer ist die Situation unserer bergbäuerlichen Familien. Da sind die Einkom­men 2020 auf 21 827 Euro gesunken. Das ist ein Minus von 830 Euro beziehungsweise von 3,6 Prozent, und das ist natürlich schade und sehr dramatisch. Deswegen ist aus Sicht der Freiheitlichen Partei, weil wir Freiheitliche unsere Landwirte und Landwirtinnen von ganzem Herzen unterstützen, an mehreren Schrauben zu drehen. Einerseits wollen wir natürlich haben, dass der Arbeitsplatz Bauernhof gesichert bleibt. Wir haben in der Vergangenheit immer wieder gefordert, die Ausgleichszahlungen zu erhöhen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 69

Daher darf ich heute hier noch einmal folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sockelför­derbetrag für Arbeitsplätze am Bauernhof“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus wird aufgefordert im Zuge der GAP-Verhandlungen für eine Förderung von Arbeitsplätzen am Bauernhof durch die Schaffung eines Sockelförderbetrages pro Arbeitskraft einzutreten.“

*****

Alle, die die Situation gerade bei der bergbäuerlichen Bevölkerung kennen – und 80 Pro­zent unserer landwirtschaftlichen Flächen sind auf benachteiligten Gebieten –, wissen, dass dort ein immenser Einsatz von Arbeitskräften benötigt wird. Der Arbeitsplatz Bau­ernhof ist uns wichtig und muss erhalten werden. Deswegen bitte ich um Unterstützung dieser freiheitlichen Initiative.

Was wir aber auch weiterhin wollen, ist die Chancengleichheit. Es kann ja nicht sein, dass das Mercosur-Abkommen, mit Brasilien, Argentinien et cetera, tatsächlich zu einem Abschluss gebracht wird! Da besteht ja keine Chancengleichheit, wenn unsere klein­strukturierte Landwirtschaft auf die industrialisierte Landwirtschaft mit allen ökologischen Nachteilen trifft.

Deswegen sind aus unserer Sicht – und wir werden nicht müde, darauf hinzuweisen – diese Verhandlungen mit den Mercosur-Staaten dringend einzustellen. Dabei wissen Sie: Diese Verhandlungen wären bereits im Jänner im Europäischen Parlament gestoppt worden, wenn vier EU-Mandatare von der ÖVP für den Stopp dieser Verhandlungen eingetreten wären.

Was wir aber auch wollen, ist, dass wir die echten Bauern unterstützen. Deswegen ha­ben wir uns in der Vergangenheit immer wieder für das sogenannte Capping starkge­macht. Das heißt, wir wollen Förderobergrenzen in Höhe von maximal 70 000 Euro ha­ben. Wissend, dass große Summen an einige wenige Großbetriebe, die keine echten Bauern sind, fließen, ist das notwendig. Es ist schon rein aus Fairnessgründen notwen­dig, dass man die maximalen Förderungen reduziert und diese Fördergelder in Richtung der kleinstrukturierten Landwirtschaft umverteilt, damit endlich auch diese Gerechtigkeit eintritt.

Ich darf nur vergleichend dazu aus dem letztjährigen Bericht festhalten, dass es 60 000 Betriebe gegeben hat, die unter 10 000 Euro Förderung bekommen haben, dass es 7 500 Betriebe gegeben hat, die weniger als 1 000 Euro bekommen haben, dass es sogar 212 Landwirte gegeben hat, die weniger als 10 Euro bekommen haben und dass es einen Landwirt gegeben hat, der sage und schreibe eine Förderung von 0,01 Euro erhalten hat. Das heißt also, wir müssen an vielen Schrauben drehen.

Gerechtigkeit für die kleinstrukturierte Landwirtschaft – das betrifft 80 Prozent unserer Landwirtschaft – ist endlich umzusetzen: weniger Bürokratie, mehr Wertschätzung für den Arbeitsplatz Landwirtschaft, damit wir auch zukünftig auf die qualitativ hochwertigen Lebensmittel unserer Landwirte zurückgreifen können, damit Wirtschaft, Landwirtschaft, Tourismus weiterhin blühen können. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der FPÖ.)

11.41

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 70

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Mag. Hauser

und weiterer Abgeordneter

betreffend Sockelförderbetrag für Arbeitsplätze am Bauernhof

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 7, Bericht des Aus­schusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2021 der Bundesre­gierung (III-422/1216 d.B.), in der 137. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 16. De­zember 2021

Derzeit wird die Umsetzung der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) ver­handelt. Das Ergebnis dieser Verhandlungen wird entscheidend dafür sein, wie es mit unserer Landwirtschaft in Österreich in Zukunft weitergeht. Es geht insbesondere darum, ob es den Bauern in zehn Jahren noch möglich sein wird, die Bevölkerung mit gesunden Lebensmitteln zu versorgen und ob flächendeckend Landwirtschaft im Einklang mit hohen Umwelt- und Tierschutzstandards betrieben werden kann.

Die Anforderungen an die Land- und Forstwirtschaft verändern sich gleichermaßen wie die Gesellschaft selbst und steigen nicht zuletzt durch die Klimaveränderung. Die höhe­ren Standards im Hinblick auf Umweltschutz, Tierwohl und Nachhaltigkeit verursachen aber auch höhere Kosten in der heimische Lebensmittelproduktion. Der Grüne Bericht legt die Fehlentwicklung schonungslos offen:

•     Im Vergleich zu 2019 vergrößerte sich der Einkommensabstand der Bergbauernbe­triebe zu den Nichtbergbauernbetrieben wieder. Die Einkommen lagen mit durch­schnittlich 21.827 € um 23% unter den Einkommen aller Betriebe.

•     Das reale Einkommen aus landwirtschaftlicher Tätigkeit je Arbeitskraft erhöhte sich 2020 um 1,5 % (2019: –6,3 %). Zurückzuführen war das minimale Einkommensplus primär auf den fortgesetzten Rückgang des landwirtschaftlichen Arbeitseinsatzes
(–2,2 %).

•     Laut den vorläufigen Daten der Agrarstrukturerhebung 2020 gibt es in Österreich 155.754 land- und forstwirtschaftliche Betriebe. Gegenüber dem Jahr 2016 stellten 3,9 % bzw. rund 6.300 Betriebe ihre Bewirtschaftung ein. Im Vergleich zur letzten Vollerhebung im Jahr 2010 (AS 2010) ging die Zahl der Betriebe um rund 10 % zurück.

Die langfristige Sicherung von Arbeitsplätzen am Bauernhof muss insbesondere in der Priorität „Soziale Inklusion und wirtschaftliche Entwicklung“ der GAP bedacht werden. In der aktuellen Wirtschaftskrise mit hohen Arbeitslosenzahlen müssen die Arbeitsplätze am Bauernhof Priorität haben. Eine Förderung von Arbeitsplätzen am Bauernhof durch die Schaffung eines Sockelbetrages pro Arbeitskraft wäre eine Möglichkeit bestehende Arbeitsplätze krisensicher zu machen.

Wenn wir es schaffen die heimischen Bauernhöfe zu erhalten, sichern wir auch gleich­zeitig die Wertschöpfung in den Regionen und erzeugen einen positiven Impuls für wei­tere Arbeitsplätze im ländlichen Raum.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 71

„Die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus wird aufgefordert im Zuge der GAP-Verhandlungen für eine Förderung von Arbeitsplätzen am Bauernhof durch die Schaffung eines Sockelförderbetrages pro Arbeitskraft einzutreten.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Herr Abgeordneter Georg Strasser, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.


11.41.50

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Her­ren! Wir diskutieren heute den Grünen Bericht 2021. Das ist sozusagen der Geschäfts­bericht über das Jahr 2020 in der österreichischen Landwirtschaft.

Ich darf Ihnen berichten, dass ein kleines Einkommensplus – durchschnittlich von 1,4 Pro­zent – festzustellen ist. Das bedeutet mit Blick auf zehn Jahre – und das ist ein europäi­sches Phänomen –, dass die Einkommen in der Land- und Forstwirtschaft stagnieren. Das ist ein Befund, der uns nicht ruhen lassen darf.

Es ist so, dass der Außenhandel der österreichischen Land- und Forstwirtschaft in der Höhe von rund 13 Milliarden Euro um 3,7 Prozent gestiegen ist. Ein stabilisierender Fak­tor in dieser aktuell wirklich schwierigen Zeit – Corona und andere Phänomene – ist das Engagement der öffentlichen Hand. Diese 2,25 Milliarden Euro, die 2020 für die öster­reichischen Betriebe ausgegeben wurden, bedeuten eine Steigerung von 5,2 Prozent. Ich würde auch in diesem Zusammenhang sagen, die öffentliche Hand und die Agrar­politik machen da ihre Hausaufgaben.

Ich darf kurz einige aktuelle Dinge – das, was sich auf den Märkten tut – kommentieren: Das eine ist, dass der Marktfruchtbereich, der Ackerbau, mit einem Einkommens­plus 2021 eine relativ gute Zeit hat. Das war so zu erwarten. Auf der anderen Seite haben wir aber durch die gestiegenen Getreide- und Kraftfutterpreise letztendlich in der Milch-, der Rinderwirtschaft, der Schweinewirtschaft und auch im Bereich Geflügel einen extrem hohen Kostendruck, und ich habe überhaupt kein Verständnis dafür, wenn uns der Le­bensmitteleinzelhandel oder die Gastrohändler bei Preisverhandlungen die kalte Schul­ter zeigen. Es braucht dringend Preisanpassungen, weil der Kostendruck enorm ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir sehen, dass es im Bereich Obst und Gemüse einen permanenten Preiskampf und auch einen Kampf um den Selbstversorgungsgrad gibt. Es ist wichtig, dass wir dort auch in den neuen Programmen Maßnahmen setzen. Ich sehe, dass der Biobereich ein ge­sundes Wachstum zeigt, und das ist gut so. Die Nachfrage und das Angebot sollen da immer harmonisch wachsen. Letztendlich hat sich – geschuldet auch dem Forstpaket, dem Waldfonds, den wir voriges Jahr ins Leben gerufen haben – der Holzmarkt recht gut erholt und es ist wieder möglich, in der österreichischen Forstwirtschaft auch Gewin­ne zu erzielen.

Ich komme zum Schluss, ein paar Gedanken rund um die GAP, ein paar Mythen, die ich auflösen möchte: Ja, Frau Kollegin (in Richtung Abg. Cornelia Ecker), es wird eine Um­verteilungsmaßnahme geben. Ja, es wird ein ausgewogenes Öpul-Programm, es wird eine interessante Biounterstützung, es wird eine ordentliche Bergbauernunterstützung geben, um die ökologischen Aspekte in Österreich weiter voranzutreiben. Der Status ist aber der, dass wir sozusagen, was Nachhaltigkeit betrifft, als österreichische Bäuerinnen und Bauern Vorbilder im internationalen Vergleich sind. Es wird eine ordentliche Inves­titionsförderung und eine Jungübernehmerförderung geben, die weitere Innovationen in


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 72

den österreichischen Familienbetrieben unterstützen sollen, und wir werden, wie gestern diskutiert, intensiv in Tierwohlmaßnahmen investieren, damit letztendlich die österreichi­schen Qualitätsprogramme und die österreichische Qualitätsproduktion Zukunft haben.

Viele Rahmenbedingungen sind aktuell schwierig, und ich darf unsere Ziele so definie­ren: Alle Maßnahmen, die wir agrarpolitisch und auch auf den Märkten setzen, haben das Ziel, Einkommen zu stabilisieren und Einkommen zu steigern und letztendlich Zu­versicht und Perspektiven für die österreichischen Familienbetriebe zu entwickeln. – Dan­ke. Ich ersuche Sie um Ihre Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.46


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alois Kainz. – Bitte.


11.46.15

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Kollegen und Zuseher zu Hause! Zuallererst möchte ich mich auch bei den Landwirten für ihren unermüdlichen Einsatz in dieser nicht so einfachen Zeit bedanken.

Wir diskutieren heute den Grünen Bericht 2021, der sich aber auf das Jahr 2020 bezieht. Die Situation der Land- und Forstwirtschaft war 2020 wirklich alles andere als rosig, und das war nicht nur dem Coronavirus geschuldet. Die geschlossenen Grenzen wirken sich natürlich negativ auf den Warenverkehr aus, aber der wahre Grund, warum es der öster­reichischen Land- und Forstwirtschaft heute so schlecht geht, ist nicht das Coronavirus, sondern die ÖVP-Agrarpolitik der letzten 30 Jahre. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Einkünfte in der Land- und Forstwirtschaft erhöhten sich im Vergleich von 2019 auf 2020 um sage und schreibe 402 Euro, das sind monatlich 33,50 Euro. Die Situation der Bergbauern ist noch prekärer und dramatischer. Deren Einkommen liegt bei 28 827 Eu­ro, das sind um 23 Prozent weniger als bei allen anderen landwirtschaftlichen Betrieben. Wie soll man mit so einem Einkommen einen Betrieb und eine Familie erhalten können? Es ist wirklich ein Trauerspiel, dass im Rahmen dieser Aktionen die Familienbetriebe – schweren Herzens – immer öfter schließen müssen.

Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Die Lage der österreichischen Forstwirtschaft ist ebenfalls sehr prekär, denn aufgrund der Auswirkungen des Klimawandels 2020 kam es zu großen Schadholzmengen und zu Preisrückgängen beim Holz. Mit dem im Juli ver­abschiedeten Waldfondsgesetz wurde die Grundlage geschaffen, den Wertverlust auf­grund der durch den Borkenkäfer zugefügten Schäden zu entschädigen. Mit dem Bud­get 2022 wurde die Auszahlung des Waldfonds schon wieder um 55,1 Millionen Euro niedriger budgetiert als 2021. Aus meiner Sicht sollte der ursprünglich mit 350 Millionen Euro dotierte Waldfonds aufgestockt werden, denn er bietet nicht genug Unterstützung für unsere Land- und Forstwirte. Es kommen lediglich 60 Millionen Euro auch wirklich direkt bei den vom Borkenkäfer geschädigten Bauern an – 60 Millionen Euro!

Meine Damen und Herren! Die Coronakrise hat uns gezeigt, wie wichtig und systemre­levant die bäuerliche Produktion ist. Wir müssen daher dringend Maßnahmen setzen, die auch tatsächlich bei den Bauern ankommen. Derzeit entfernen wir uns immer mehr von einer Selbstversorgung im Krisenfall. Im Hinblick darauf, dass wir in vielen Berei­chen, wie zum Beispiel alleine beim Strom, von anderen Ländern abhängig sind, wäre es umso wichtiger, die Lebensmittelversorgungssicherheit in unserem eigenen Land zu gewährleisten.

Wir brauchen dringend eine Sicherung des Arbeitsplatzes Bauernhof, um ein weiteres Bauernsterben zu verhindern, damit wir auch in Zukunft mit gesunden und heimischen Lebensmitteln versorgt werden können. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 73

11.49


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Cornelia Ecker. – Bitte.


11.49.57

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Geschätzte Kol­leginnen und Kollegen! Pro Tag stellen fünf Bauernhöfe in Österreich ihren Betrieb für immer ein. Ich rede dabei nicht von den großen Betrieben, sondern es sind vorwiegend kleine Betriebe, deren Besitzer ohnehin nicht von ihrer Landwirtschaft leben konnten, ohne einen zusätzlichen Beruf auszuüben. Das Höfesterben schreitet voran, was auch Auswirkungen auf unsere Artenvielfalt, auf unsere bekannte Kulturlandschaft und auf die Agrarbiodiversität hat. Diesbezüglich stimme ich der Österreichischen Klein- und Berg­bäuerInnenvereinigung ganz klar zu, die sagt, dass diese Entwicklung eines der größten Risiken für die Zukunft der Ernährung darstellt.

Die vielleicht wichtigste Stellschraube in dieser Frage ist mit ganz großer Sicherheit die Änderung der Förderpolitik. Kollege Strasser, ich freue mich darauf, wenn es endlich eine gerechte Verteilung der Förderungen gibt – ich bin schon gespannt, wir kennen das ja noch nicht –, denn die Frage der Verteilungsgerechtigkeit wird immer dringlicher. Als Landwirtschaftssprecherin der Sozialdemokratie kann ich nicht über den Grünen Bericht sprechen, ohne nicht auch ein paar Worte über die Gemeinsame Agrarpolitik der Euro­päischen Union zu verlieren.

Das Ergebnis, das seitens der Ministerin in Brüssel ausverhandelt wurde, ist ein schlech­tes. Es ist ein Schlag ins Gesicht für die Bäuerinnen und Bauern in unserem Land. 75 Pro­zent der GAP-Förderungen sind weiterhin von der Flächenförderung anhängig. Zudem sind auch Flughäfen und Golfplätze gern gesehene GAP-Förderempfänger.

In Brüssel wurde das Mindestmaß erreicht. Jetzt hätten wir uns erwartet, dass wir hier, national, in der GAP-Gesetzgebung nachbessern und das Maximum herausholen. Das ist leider nicht passiert. Im Gegenteil: Die Ministerin versteckt ihre Pläne in bereits be­stehenden Gesetzen und Verordnungen und umgeht somit das Parlament. Sie entzieht sich damit auch jeglicher Diskussion hier im Parlament.

Frau Ministerin (in Richtung der mit Abg. Kopf sprechenden Bundesministerin Köstinger), ich würde mich freuen, wenn Sie mir etwas zuhören würden, denn es geht um die Ge­meinsame Agrarpolitik der nächsten fünf Jahre in diesem Land – eine sehr wichtige Maß­nahme, wie ich meine. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Ministerin, Sie schummeln die GAP ganz bewusst am Parlament vorbei, weil Ihnen das Parlament lästig ist – ein Skandal, wie ich finde. (Rufe bei der SPÖ: Abgehoben! Kurz!) Wir als SPÖ sind der Ansicht, dass es im GAP-Fördersystem dringend mehr Ver­teilungsgerechtigkeit braucht. Es braucht eine Umverteilungsprämie, die die ersten 20 Hek­tar pro Betrieb sicherstellt.

Deshalb bringe ich den folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umverteilungs­prämie um die Verteilungsgerechtigkeit der öffentlichen Steuermittel zwischen den land­wirtschaftlichen Betrieben zu erhöhen“.

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, wird aufgefordert, um mehr Verteilungsgerechtigkeit zu erreichen, bei der Umsetzung der Verordnungen (EU) der neuen Periode der GAP der EU,

1. der verpflichtenden Umverteilungszahlung von mindestens 10 % der Direktzahlungen zugunsten kleinerer Höfe zu entsprechen und dies in der dem Nationalrat zuzuleitenden Regierungsvorlage vorzusehen,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 74

2. die Obergrenze für die Verteilung der Direktzahlungen bei 100 000 Euro wie in der“ Verordnung der EU „ermöglicht, darin festzusetzen, sowie

3. die nach der „Verordnung der Europäischen Union“ mögliche Degression der Förder­mittel ab 60.000 € vorzulegen.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.53

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Cornelia Ecker,

Genossinnen und Genossen

betreffend Umverteilungsprämie um die Verteilungsgerechtigkeit der öffentlichen Steuer­mittel zwischen den landwirtschaftlichen Betrieben zu erhöhen

Die nunmehr abgeschlossenen Verhandlungen zu den Vorgaben der Verteilung der För­dermittel der nächsten Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) für die Jahre 2023- 2027 haben leider dazu geführt, dass die Flächenzahlungen weiterhin eine eigene Säule der Förderung darstellen werden. Die Verteilungsgerechtigkeits-Frage wird damit immer dringlicher.

Der Grüne Bericht 2021 zeigt auf, dass die Einkommen der landwirtschaftlichen Betriebe nach wie vor immer weiter auseinanderdriften. Bereits die Berichte der letzten Jahre ha­ben diesen aus gesellschaftspolitischer Sicht äußerst unerwünschten negativen Trend aufgezeigt. Dies findet zwischen den Vollerwerbs- und Nebenerwerbsbetrieben, aber auch den Bergbauernbetrieben statt. Dies findet auch statt zwischen den großen Betrie­ben und den kleineren Betrieben, die sehr oft um das wirtschaftliche Überleben kämpfen. Nach Betriebsgrößen betrachtet haben die Einkommensunterschiede zwischen großen Betrieben (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft von 68.094 Euro) und kleineren Be­trieben (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft von 7.532 Euro) mit einem Verhältnis von 9:1 im Jahr 2020 sogar noch zugenommen (bei einem Verhältnis der landwirtschaft­lichen Nutzfläche von knapp 3:1). Die großen Betriebe hatten einen Einkommensanstieg von 8%, die kleineren Betriebe einen Einkommensrückgang von 3%. Es gilt zu beachten, dass Betriebe unter 15.000 Euro Gesamtstandardoutput in der Einkommensstatistik des Grünen Berichts nicht erfasst sind, d.h. die vielen kleinen Betriebe in Österreich nicht repräsentiert sind. Eine wichtige Maßnahme, um ein Höfesterben verhindern zu helfen und tatsächlich etwas mehr Verteilungsgerechtigkeit in das Fördersystem der GAP zu bringen, ist, eine Umverteilungsprämie für die ersten zwanzig Hektar pro Betrieb vorzu­sehen.

Es ist ein äußerst befremdlich, dass sich die Landwirtschaftsministerin angesichts dieser Zahlen auf europäischer Ebene dagegen eingesetzt hat, dass es zu einer verpflichten­den Degression der Direktzahlungen und eine Deckelung der Zahlungen pro Betrieb kommt. Zusätzlich plant die Bundesministerin die in den VO(EU) vorgesehene verpflich­tende Umschichtung von 10% der Direktzahlungsmittel von Groß- zu Kleinbetrieben nicht zu entsprechen und nur 7,5% umzuschichten.

Die gefertigten Abgeordneten stellen daher den


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 75

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, wird aufgefordert, um mehr Verteilungsgerechtigkeit zu erreichen, bei der Umsetzung der Verordnungen (EU) der neuen Periode der GAP der EU,

1.    der verpflichtenden Umverteilungszahlung von mindestens 10 % der Direktzahlun­gen zugunsten kleinerer Höfe zu entsprechen und dies in der dem Nationalrat zuzu­leitenden Regierungsvorlage vorzusehen,

2.    die Obergrenze für die Verteilung der Direktzahlungen bei 100 000 Euro wie in der VO(EU) ermöglicht, darin festzusetzen, sowie

3.    die nach der VO(EU) mögliche Degression der Fördermittel ab 60.000 € vorzulegen.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Olga Voglauer. – Bitte.


11.53.36

Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Spoštovana Visoka Hiša! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zu­seherinnen und Zuseher zu Hause! Der Grüne Bericht ist insofern besonders, als er seinen Weg immer auch in das Parlament findet und hier auch in aller Breite diskutiert wird. Das heißt, es wird denjenigen hier im Hohen Haus Platz gegeben, die täglich für unseren gedeckten Tisch, für unser Essen sorgen.

Derzeit ernährt ein landwirtschaftlicher Betrieb in Österreich 117 Menschen. Blickt man nur 20 Jahre zurück, dann zeigt sich, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb damals nur 76 Menschen ernährt hat. Was wird daraus ersichtlich? – Es wird ersichtlich, dass wir bis heute sehr viele Betriebe auf dem Weg verloren haben, weil es gegolten hat, ent­weder zu wachsen oder zu weichen. Gerade das gilt es nun in den nächsten Jahren zu beenden. Es gilt, all diesen Betrieben, die wir in Österreich noch haben, eine Perspektive zu geben.

Es ist kein Geheimnis, dass wir Grünen ein Sprachrohr der kleinen und der kleinstruk­turierten Landwirtschaft sind. (Beifall bei den Grünen.) Es sind gerade diese kleinen Be­triebe, für die wir jetzt gerade auch im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik kämpfen, denn der Grüne Bericht zeigt ganz klar, dass es gerade auch hinsichtlich ihres Einkom­mens diese Betriebe sind, die am meisten verlieren.

Womit beschäftigt man sich heutzutage in einem Betrieb? – Man fragt sich: Ist das, was ich bewirtschafte, genug, um einer nächsten Generation noch ein Einkommen zu si­chern? Man fragt sich: Soll ich neben den 50, 60 Stunden, die ich auf dem Hof verbringe, noch zusätzlich einer Erwerbsarbeit nachgehen, weil das, was es heute an Erzeuger­preisen gibt, einfach nicht reicht?

Das sind die großen Existenzfragen in den österreichischen Betrieben. Diese Fragen werden wir als Landwirtinnen und Landwirte nicht allein lösen. Es wird Partnerschaften brauchen, es wird eine starke Partnerschaft mit der öffentlichen Hand brauchen, die ein gutes gemeinsames Paket für die nächsten fünf Jahre der Förderungen schnürt. Es wird aber auch Partnerschaften mit dem Handel brauchen, mit der verarbeitenden Industrie und den Konsumentinnen und Konsumenten. Das geht nur mit Händen, die von allen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 76

Seiten ausgestreckt sind. Das geht nur dann, wenn wir es schaffen, auch unsere Höfe zu öffnen und den Menschen, die nicht mehr mit der Landwirtschaft in Verbindung sind, unser Leben wieder näherzubringen. Wer versteht heute noch Landwirtschaft? – Nicht mehr viele Menschen. Es ist auch unsere Aufgabe als Politikerinnen und Politiker, dafür zu sorgen, dass diese Arbeit, für die sich heute schon viele meiner KollegInnen bedankt haben, jeden Tag wertgeschätzt wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Neben diesen Partnerschaften wird es aber auch ein Umdenken in den bäuerlichen Betrieben brauchen, bei dem es darum geht, sich bewusst zu machen, dass ökologische Leistungen keine Bürde sind, kein Rucksack, den wir mittragen, sondern die einzige Möglichkeit, Landwirtschaft in Österreich, in Europa und auf der Welt überhaupt noch zu ermöglichen.

Der Klimawandel manifestiert sich bei uns jeden Tag. Wenn wir uns gegen ökologische Maßnahmen oder gegen Vorschriften zum Umweltschutz wehren, dann wehren wir uns als Bäuerinnen und Bauern gegen unsere eigene Zukunft. Es braucht dieses Umdenken. Schaffen wir das in den nächsten fünf Jahren! Wir haben noch etwas Zeit. Die öster­reichische Landwirtschaft, die sich damit rüstet und auch ehrt, dass sie für die Klimakrise entsprechende Antworten gefunden hat, sollte dann als Vorreiterin in Europa und auf der Welt gelten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.57


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Karin Doppelbauer. – Bitte.


11.57.48

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Werte Damen und Herren zu Hause! Auch ich möchte meine Rede eigentlich mit einem Dank beginnen, nämlich dem Dank an all jene, die beim Grünen Bericht mit­gearbeitet haben. Das ist nicht nur für die Beamten wahnsinnig viel Arbeit, sondern es steckt auch viel ehrenamtliche Arbeit drinnen. Ich habe auch gehört, dass es in der
§-7-Kommission eine sehr gute Kooperation und auch eine sehr gute Zusammenarbeit gegeben hat – dafür auch meine Wertschätzung und auch meinen Dank für dieses groß­artige Werk, das einfach auch die Basis unserer politischen Arbeit ist. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Stögmüller.)

Damit möchte ich mit dem vielen Lob, das hier zum Grünen Bericht vorgebracht wird, aber auch schon enden, denn natürlich ist das, was im Bericht steht, schon sehr be­denklich. Es ist bedenklich, dass viele Bauernhöfe nicht mehr mit ihrer Arbeit überleben können, und es ist bedenklich, dass die Landwirte nicht wissen, wie es weitergeht und wovon sie in 20, 30 oder 40 Jahren leben sollen.

Da gäbe es im Augenblick eine Riesenchance: Gerade hat das wichtigste Kapitel der nächsten fünf Jahre in der Landwirtschaft begonnen. Es geht nämlich darum, dass der österreichische Strategieplan zur GAP, also der Umsetzungsplan für die Gemeinsame Agrarpolitik in Europa, in zwei Wochen nach Brüssel geschickt wird. Dabei fehlt es sehr an der Kooperation, die ich gerade eben beim Grünen Bericht so gelobt habe, denn Einbindung bedeutet eben mehr, als eine Zoom-Konferenz zu machen und zur Teilnah­me daran einzuladen. Einzubinden würde bedeuten, auch tatsächlich auf das Feedback der unterschiedlichen Stakeholdergruppen zu hören und es auch entsprechend zu be­rücksichtigen.

Jetzt muss ich noch etwas sagen: Kollege Strasser, der ja auch Chef des Bauernbundes ist, hat gesagt: Das wird ganz toll und es ist sehr gerecht, was nach Brüssel geschickt wird. – Ich finde das gut, wenn Sie das so sagen, aber wir wissen nicht, was drinnen steht. So viel also zur Transparenz in diesem Ganzen. Das heißt, was drinnen steht, wissen der Bauernbund, die Landwirtschaftskammer und die Frau Bundesminister.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 77

Wir wissen nicht, ob die Bedenken der Biobranche berücksichtigt worden sind, wir wis­sen auch nicht, welche Ziele für Umwelt- und Klimaschutz da drinnen stehen, und wir wissen vor allem nicht, wie die Ministerin bei der Vergabe von Milliardenmitteln für Trans­parenz sorgen wird.

Zur Erinnerung: Die GAP ist wirklich der wichtigste Weg, um die österreichische Land­wirtschaft jetzt zu transformieren. Die Kommission gibt bei der Umsetzung dieser GAP ganz, ganz viel Spielraum – das ist wirklich anders als in der Vergangenheit –, das heißt, es wäre eigentlich eine Riesenchance für Österreich. Wir sehen es aber sehr kritisch, dass, wie wir hören, große Teile dieses Gesetzes wahrscheinlich über eine Verordnung kommen werden. Wir sehen es auch sehr kritisch, dass das GAP-Grundsätzegesetz nicht kommt, denn damit hätte man die Möglichkeit gehabt, darin auch Ziele abzubilden, die rechtlich verbindlich sind. Das schafft man über die bestehenden Gesetze bezie­hungsweise über die Verordnungen nicht.

Ein letzter Satz dazu: Liebe Grüne, macht da bitte nicht mit! Es ist in eurer Verant­wortung, dass die ÖVP begreift, dass die Landwirtschaftspolitik nicht ihr allein gehört und dass das hier in diesem Haus, im Parlament, transparent diskutiert gehört. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

12.01


Präsidentin Doris Bures: Nun ist die Frau Bundesministerin zu Wort gemeldet. – Bitte.


12.01.15

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Ich freue mich sehr, dass wir heute den Grünen Bericht auf der Tagesordnung haben und ihn diskutieren können. Es ist die insgesamt 62. Ausgabe, die sehr ausführlich und sehr in­tensiv mit Zahlen, Daten, Fakten und Details die wirtschaftliche und vor allem auch die soziale Situation unserer bäuerlichen Familien in Österreich beschreibt.

Diesem Bericht kommt auch deswegen eine entscheidende Bedeutung zu, weil er so­zusagen die Auswirkungen und Ergebnisse des ersten Coronajahres enthält. Wir haben durch die Coronapandemie massive Auswirkungen auf die Marktsituation der bäuerli­chen Erzeugnisse gespürt und in den letzten Monaten auch eine massive Verschiebung, vor allem begründet durch die Schließung von Tourismus und Gastronomie, hinnehmen müssen. Das Konsumverhalten der Gesellschaft hat sich stärker in den Lebensmittelein­zelhandel verschoben. All das hat natürlich maßgebliche Auswirkungen auf die Produkt­preise und damit entsprechend auch auf die Einkommen der Bäuerinnen und Bauern.

Die Kernelemente des Berichts waren und sind die Ergebnisse zu den land- und forst­wirtschaftlichen Einkommen. Ein kurzer Überblick: Die Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft beliefen sich im Jahr 2020 auf durchschnittlich 28 368 Euro je Betrieb. Das ist eine ganz leichte Steigerung von 1,4 Prozent gegenüber 2019, im mehrjährigen Vergleich stagnieren die Einkommen jedoch. Das macht die angespannte Situation sehr vieler Betriebe deutlich. Es zeigt sich auch derzeit wieder: Der Marktdruck ist enorm. Wir haben aktuell ein sehr niedriges Preisniveau bei Schweinefleisch, stark gestiegene Pro­duktionskosten beispielsweise bei der Milch und extrem gestiegene Kosten bei Dünge­mitteln sowie beim generellen Betriebsmitteleinsatz.

Mit den Maßnahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik bieten wir jetzt und auch in Zukunft umfangreiche Unterstützung. Das ist ein unverzichtbarer Stabilitätsfaktor für die bäuerli­chen Betriebseinkommen. Mehr denn je braucht es aber vor allem faire Preise für die hoch qualitativen Produkte unserer Bäuerinnen und Bauern. Da dürfen wir vor allem die großen Handelskonzerne nicht aus der Verantwortung nehmen. Ich darf dem Hohen Haus – beziehungsweise den Parteien, die gestern ihre Zustimmung zur UTP-Richtlinie, also der Richtlinie über unlautere Handelspraktiken, gegeben haben – noch einmal ein


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 78

großes Dankeschön aussprechen. Das ist ein weiterer ganz wichtiger Schritt hin zu mehr Fairness entlang der Lebensmittelkette und vor allem auch zu einer höheren Wertschät­zung der Produktion und der Arbeit unserer Bäuerinnen und Bauern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Einkommensentwicklung nach Betriebsform war sehr unterschiedlich. Das größte Plus konnten wir mit 34 Prozent bei den Dauerkulturbetrieben verzeichnen. Die Markt­fruchtbetriebe haben einen Zuwachs von 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Da rech­nen wir im heurigen Jahr mit massiven Einbußen aufgrund von Schadwetterereignissen wie Starksturm, Regen, Hochwasser und vor allem Hagel. Das wird sich nächstes Jahr ganz eklatant auf die Betriebsergebnisse auswirken. Wir haben bei den Veredelungsbe­trieben sowie bei den Gemischtbetrieben eine leichte Einkommenssteigerung von 2 Pro­zent.

Der Trend hin zur Betriebsdiversifizierung ist ungebrochen. Das ist sehr, sehr positiv. Ich darf vielleicht noch einmal darauf hinweisen, dass sich die bäuerliche Direktvermarktung in Österreich wirklich zu einem Erfolgsmodell entwickelt hat. Da verzeichnen wir im letz­ten Jahr ein Plus von 24 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum.

Das zeigt ein immer stärker wachsendes Bewusstsein in der Gesellschaft, dass man beim Bauern, bei der Bäuerin direkt einkaufen und wissen möchte, woher das Produkt kommt und wie es produziert wird.

Bei den Bergbauernbetrieben mussten wir leider ein Minus hinnehmen. Dieses Ausein­anderdriften ist eine sehr, sehr bedenkliche Entwicklung, der wir mit Maßnahmen und Mitteln der Gemeinsamen Agrarpolitik gegensteuern. In der zukünftigen GAP, bei der wir gerade in den finalen Verhandlungen sind, werden wir die Ausgleichszulage für die Berg­bauernbetriebe auf jeden Fall anheben und die Möglichkeiten im Bereich der Umver­teilung ausschöpfen. Wir planen, die Bergbauernbetriebe in der nächsten Agrarreform auch nachhaltig zu unterstützen.

Bei den Biobetrieben ist das Einkommen Gott sei Dank wieder um 1 Prozent gestiegen. Da haben wir ja 2019 ein Minus von 10 Prozent hinnehmen müssen. Wir sehen aller­dings aktuell, dass im Biobereich zwar die Produktion zunimmt, die Preise aber nicht mitsteigen beziehungsweise die Erzeugerpreise zum Teil stagnieren oder sogar rückläu­fig sind. Das ist eine sehr bedenkliche Entwicklung, vor allem wenn man bedenkt, wie gern die besagten Lebensmittelkonzerne mit Bio und dem Biomusterland Österreich Werbung machen, die Wertschätzung aber zumeist dann wieder aufhört, wenn es darum geht, den Bäuerinnen und Bauern, egal, ob konventionell oder biologisch, einen fairen Produktpreis für ihr Erzeugnis zu bezahlen. Das ist wie gesagt eine bedauerliche Ent­wicklung, der wir mit der Richtlinie über unlautere Handelspraktiken ganz klar entgegen­treten.

An dieser Stelle ein ganz großes Dankeschön an alle Bäuerinnen und Bauern in diesem Land, dafür, dass sie 365 Tage im Jahr für das Wichtigste in unserem Land sorgen: Das sind die Lebensmittel, das ist die wunderschöne Kulturlandschaft, das sind Badeseen mit Trinkwasserqualität – denn auch das ist das Ergebnis einer sehr schonenden Bewirt­schaftung im Einklang mit der Natur, mit der Umwelt, wie sie in Österreich Standard in der Produktion ist. Dafür sage ich ein ganz, ganz großes Dankeschön. – Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich freue mich sehr über eine Zustimmung zu diesem Bericht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 79

12.07


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Johannes Schmucken­schlager. – Bitte.


12.07.45

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Geschätzte Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Grüne Bericht bildet den Status der wirtschaftlichen Situation der Betriebe in der Land- und Forstwirt­schaft in Österreich ab, er ist aber auch immer nur eine Momentaufnahme.

Derzeit erleben wir eine Achterbahnfahrt auf den Rohstoffmärkten. Das betrifft uns einer­seits im positiven Sinn, wenn es um Preise für Marktfrucht, Getreide et cetera geht, an­dererseits aber kommt es dadurch natürlich bei den Veredelungsbetrieben zu einer mas­siven Preisschere, wenn diese Kosten nicht weitergegeben werden können. Da geht es nicht um eine enorme Verteuerung bei Lebensmitteln, sondern das heißt, dass wir eine Anpassung durchführen und diese Kosten weiterverrechnen können – und das ist ganz, ganz wichtig. Der Rohstoffkostenanteil bei Lebensmitteln ist so gering, dass wir da viel Luft haben, ohne die Konsumentinnen und Konsumenten zu belasten.

Die große Herausforderung wird aber der Klimawandel. Wir sehen es jetzt in Amerika: Nord- und Südamerika sind von Unwettern schwer getroffen. Wir haben in Europa im nächsten Halbjahr die Vegetationsperiode vor uns und können immer nur hoffen, dass es uns nicht – so wie im vergangenen Jahr, sogar mit einem Tornado in Tschechien – erwischt. Das heißt, die Frage, wie wir Stabilität geben können, ist der Hauptauftrag, den die Agrarpolitik zu erfüllen hat. Das ist der Versorgungsauftrag und das ist das Aller­wichtigste.

Es wird immer versucht, alles Mögliche in die Agrarpolitik mit hineinzunehmen: Fragen der Sozialpolitik, wie die Situation ist, dies und das – das alles gehört aber zu den so­zialen Themen. Auch in diesem Bereich könnten Sie uns gerne einmal unterstützen. Was haben wir gehört, als es um die Bauernpensionen ging? – Dass wir nur Klientel­politik machen. Auf diesem Gebiet können Sie die Bäuerinnen und Bauern auch unter­stützen, ohne dafür mit Umverteilungsfantasien die Agrartöpfe und letztendlich die ge­samte Landwirtschaft zu belasten. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Agrarpolitik ist nun einmal nicht tauglich für Sozialpolitik. Es geht auch nicht, per­manent nur auf Extensivierung hinzuarbeiten. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Um die Produktion steigern zu können, brauchen wir eine nachhaltige Entwicklung, eine nach­haltige Intensivierung. Wir brauchen betriebswirtschaftliche Ergebnisse, mit denen die Betriebe entsprechend arbeiten können – nur das sind die Erfolge.

Die Rahmenbedingungen sind vielfältig: Da gibt es die Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union, da gibt es die Steuerkulisse mit der ökosozialen Steuerreform – jetzt wieder Meilensteine –, die Marktbegleitung – gestern erst zu den UTP-Richtlinien: herzlichen Dank für die Nichtunterstützung seitens der SPÖ! –, aber auch die große Frage der Herkunftskennzeichnung. Dabei, darauf zu schauen, dass wir die Produkte Österreichs, diese hochwertigen Produkte, auch bestmöglich beim Konsumenten unter­bringen, müssen wir noch weiterkommen, das AMA-Gütesiegel stärken – das ist die stärkste Marke, die wir im Handel haben, und letztendlich ist auch der Beitrag der Land- und Forstwirtschaft zur Bekämpfung des Klimawandels aus dem Sektor heraus wichtig. Auch da werden wir unsere Ziele erreichen müssen. Mit dem Paket für die energieautar­ken Bauernhöfe mit 25 Millionen Euro pro Jahr haben wir die Möglichkeit, das wirklich gut auszugestalten, damit die Energiewende von den Bauern in Österreich getragen wird und wir so auch dazu beitragen können, das Klima zu verbessern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 80

12.11


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Elisabeth Feich­tinger. – Bitte.


12.11.14

Abgeordnete Elisabeth Feichtinger, BEd BEd (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minis­terin! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Der aktuelle Grüne Bericht führt uns deutlich vor Augen, dass das Höfesterben nicht nur ein Schlagwort ist und auch die Landflucht nichts ist, was ein Fremdwort sein soll. Die Einkommensschere zwischen der kleinteiligen Landwirtschaft und den Großbetrieben geht immer mehr auseinander. Das alles passiert tagtäglich.

Wir müssen unsere Bauern und vor allem unsere Bäuerinnen stärken und sie mit aller Kraft und mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, unterstützen. Das ist auf EU-Ebene in erster Linie das Programm für die ländliche Entwicklung, die zweite Säule der GAP und deren Fördermittel. Genau das Gegenteil passiert aber durch Frau Köstinger: Die bereits seit 2014 existierenden Fördermaßnahmen, Investitionen in soziale Dienst­leistungen im Rahmen der EU-GAP-Förderung und das Programm für den ländlichen Raum, sollen sowohl inhaltlich als auch finanziell stark reduziert werden. Das Siebenjah­resförderbudget von derzeit 235,4 Millionen Euro soll auf 55 Millionen Euro herunterge­kürzt werden – das ist ein glattes Minus von 77 Prozent. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Es gibt keinerlei sachlichen Grund für diese Kürzung, im Gegenteil: Die agrarischen Förde­rungen in diesem Programm wurden ausgebaut und erhalten zusätzlich höhere Zuwen­dungen.

Mit den geplanten Einschnitten kommt es zu Kürzungen im ländlichen Raum, zum Bei­spiel beim Ausbau der Kinderbetreuung für Kinder unter drei Jahren, und das ist einfach Wahnsinn. (Abg. Höfinger: Völliger Quatsch! Das ist ja unglaublich! Unglaublich, wie inkompetent! Unglaublich!) Von allen Seiten wird immer betont, wie wichtig eine gute soziale Infrastruktur im ländlichen Raum ist – dennoch handelt Ministerin Köstinger nicht danach, obwohl sie dies könnte. (Abg. Höfinger: Wenn die Arbeiterkammer bei 10 Pro­zent ... bei Erhöhungen dauernd schreien würde! Das ist ja unglaublich!) Sie will um 77 Prozent weniger öffentliches Geld dafür zur Verfügung stellen – hören Sie jetzt gut zu! (Abg. Höfinger: Nein, da brauche ich nicht zuzuhören! Das ist ja inkompetent!) – als ihr Vorgänger, Bundesminister Rupprechter, in seiner damaligen Amtsperiode! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Höfinger: Völlig inkompetent, das ist ja unglaublich!) Ihr Kollege hat mehr an öffentlichen Geldern investiert als die Ministerin.

Fakt ist, werte Kolleginnen und Kollegen: Investitionen in soziale Dienstleistungen schaf­fen mehr Arbeitsplätze, mehr soziale Infrastruktur, mehr Gleichberechtigung und mehr Lebensqualität, das stärkt das soziale Gefüge und schafft einen lebenswerten ländlichen Raum.

Aus diesem Grund bringen wir folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausbau der Fördermaßnahme ‚Soziale Angelegenheiten‘ (Soziale Dienstleistungen, SDL) im Rah­men der GAP-Fördermittel statt massiver Kürzung der Mittel“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus wird aufgefordert, die Maßnahme ‚Soziale Dienstleistungen (SDL)‘ auch im sog. ‚Übergangsjahr‘ 2022 zu dotieren und diese nicht, wie im derzeitigen Entwurf des BMLRT für die nächste Periode der GAP vorgesehen, um 77% zu kürzen, sondern im Gegenteil den Maßnahmenumfang beizubehalten und die Förderhöhe auszubauen.“

*****


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 81

Werte Kolleginnen und Kollegen, stimmen Sie diesem Antrag zu und stärken Sie mit Ihrer Stimme den ländlichen Raum! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

12.13

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Cornelia Ecker, Elisabeth Feichtinger, BEd, BEd

Genossinnen und Genossen

betreffend Ausbau der Fördermaßnahme „Soziale Angelegenheiten“ (Soziale Dienstleis­tungen, SDL) im Rahmen der GAP-Fördermittel statt massiver Kürzung der Mittel

in inhaltlichem Zusammenhang mit TOP 7, Bericht des Ausschusses für Land- und Forst­wirtschaft über den Grünen Bericht 2021 der Bundesregierung (III-422/1216 d.B.)

Der Grüne Bericht 2021 zeigt wiederum auf, dass das Höfesterben weiter forstschreitet. Ursache dafür ist nicht nur das weitere Auseinanderdriften der Einkommen der Bäuerin­nen und Bauern, also die großen Einkommensunterschiede zwischen Groß- und Klein­betrieben, sondern auch die Tatsache, dass ländliche Räume sehr oft gerade Frauen nicht jene soziale, digitale bzw. Mobilitäts-Infrastruktur bieten, die für sie notwendig wäre. Das Programm für die ländliche Entwicklung stellt als 2. Säule der GAP jenen Teil der Fördermittel dar, deren Ziel es sein soll, ländliche Regionen zu stärken. In diesem Zu­sammenhang sieht der ELER-Fonds vor, dass ein Mitgliedsstaat Investitionen in soziale Dienstleistungen fördern und EU-Mittel für diese Maßnahme verwenden kann. In Öster­reich existiert diese Förderschiene seit Beginn der Periode 2014-2020.

Wie bekannt wurde, plant die Landwirtschaftsministerin, die derzeit existierende Förder­maßnahme „Investitionen in soziale Dienstleitungen“ sowohl inhaltlich als auch finanziell stark zu reduzieren. Das 7-Jahres-Förderbudget soll dafür von derzeit 235,4 Mio. Euro auf 55 Mio. Euro gekürzt werden, das wäre ein Minus von 77%! Es gibt keinerlei sach­lichen Grund für diese Kürzung. Auch keine budgetären Zwänge. Insgesamt verfügt das BMLRT jährlich über rund 2,2 Mrd. Euro an EU-, Bundes- und Ländermittel, die durch EU-Projekte oder nationale Programme an die Landwirtschaftsbetriebe und für den länd­lichen Raum verteilt werden.

Ziel und Inhalt der Förderung waren bisher Investitionen in Kinderbetreuungseinrichtun­gen, psychosoziale und psychiatrische Einrichtungen, Einrichtungen der Pflege- und Be­treuung, Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigungen und in besonderen Notla­gen, mobile Hol-, Bring- und Servicedienste, barrierefreie Zugänge, Hard- und Software (z.B. für Telecare), Ausbau von Infrastrukturen im Bereich ambulanter Gesundheits­dienstleistungen. Damit soll die Versorgung für die Menschen am Land verbessert wer­den. Konkretes Ziel ist die „Stärkung der Gleichstellung, Vereinbarung von Beruf und Familie, gesellschaftlicher politischer Teilnahme und sozialer Vielfalt“.

Aus den Bundesländern, die für die nationale Kofinanzierung dieser Maßnahme zahlen, ist ein großes Interesse an der Bereitstellung der ELER-Mittel zu vernehmen. Ein Be­schluss der SoziallandesrätInnen untermauert diesen Wunsch der Länder.

Es ist insbesonders für die Frauen in ländlichen Regionen wichtig, dass diese Maßnah­me nicht, wie dies BM Köstinger beabsichtigt, massiv gekürzt, sondern im Gegenteil ausgebaut wird.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher den


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 82

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus wird aufgefordert, die Maßnahme „Soziale Dienstleistungen (SDL)“ auch im sog. „Übergangsjahr“ 2022 zu dotieren und diese nicht, wie im derzeitigen Entwurf des BMLRT für die nächste Periode der GAP vorgesehen, um 77% zu kürzen, sondern im Gegenteil den Maßnahmenumfang beizubehalten und die Förderhöhe auszubauen.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Clemens Stammler. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Sieber.)


12.14.14

Abgeordneter Clemens Stammler (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Im ländlichen Raum sagt man ja ganz gerne den Bäuerinnen und Bauern nach, sie würden ihren Kindern zu kleine Schuhe anziehen, damit diese das Jammern lernen – es sind allerdings nicht die zu kleinen Schuhe, son­dern es sind die 5 Euro brutto, die die Bäuerinnen und Bauern seit zwölf Jahren – seit nunmehr zwölf Jahren! – für ihre Arbeitsstunde erhalten.

Der Grüne Bericht ist ausführlich diskutiert worden, und es ist im Prinzip Jahr für Jahr nichts anderes als more of the same. Im Grunde warten auf uns Bäuerinnen und Bauern nach wie vor die gleichen drei großen Herausforderungen, wobei eine immer stärker wird, und das ist der Klimawandel. Die Hagelversicherung hat in einem noch nie dage­wesenen Ausmaß Schadensmeldungen aufgrund von Hagelschäden, aufgrund von Dür­re bekommen, auf der anderen Seite aufgrund von Starkregenereignissen, bei denen wir schlichtweg unseren Humus die Donau hinunterschwimmen sehen.

Das zweite Thema ist der Bodenverbrauch. Der Bodenverbrauch wird ganz gerne mit 20 Fußballfeldern täglich beziffert. Es sind allerdings keine Fußballfelder, die wir verbau­en, sondern es ist Ackerfläche. Umgelegt auf die Ackerfläche verbauen wir 19 000 Ton­nen Brotgetreide jährlich – 19 000 Tonnen Brotgetreide jährlich!

Die dritte Herausforderung sind die stagnierenden Erzeugerpreise. In kaum einer Bran­che gibt es ein so enges Nadelöhr zwischen dem Hersteller – den Bäuerinnen und Bauern – und den Konsumentinnen und Konsumenten. Dieses Nadelöhr sind die Verar­beiter, und das noch engere Nadelöhr ist der Lebensmitteleinzelhandel. Während dort die Margen besser werden, während dort immer mehr Gewinn übrig bleibt, bleibt für die Bäuerinnen und Bauern weniger. (Zwischenruf des Abg. Sieber.)

Es ist zwar verständlich, dass auch vonseiten der Verarbeiter, wie dieser Tage die Mol­kereien in einer Presseaussendung, beklagt wird, dass Verpackungsmaterial und Ener­gie teurer werden und sie deshalb höhere Preise brauchen, aber was nicht verständlich ist: dass vergessen wird, dass dasselbe für die Landwirtschaft gilt. (Zwischenruf des Abg. Sieber.) Wir werden in der nächsten Saison starke, noch stärkere Steigerungen bei den Betriebsmitteln haben.

Der jetzt zu verabschiedende Gesetzentwurf zu den unlauteren Handelspraktiken kann natürlich etwas entgegenwirken. Es ist dramatisch, wenn mir Gemüsebauern erklären, dass sie von einer Lebensmittelkette 8 Prozent Abschlag für Unregelmäßigkeiten bei Gemüse – bei einem Naturprodukt – bekommen, während dieses Gemüse im Handel ganz normal zum Verkauf kommt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 83

Auch ich möchte mich bei den Bäuerinnen und Bauern dafür bedanken, dass sie trotz­dem jeden Tag – meistens um Stunden früher als der Rest der Bevölkerung – den Tag beginnen, hinausgehen und für gute Lebensmittel sorgen. Ich bedanke mich aber auch – ich glaube, das kann man hier auch einmal sagen – bei den Partnerinnen und Partnern und den Familien der bäuerlichen Abgeordneten in diesem Haus, denn sie ermöglichen uns, hier Agrarpolitik aus der Praxis zu machen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.18


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nikolaus Berlakovich. – Bitte.


12.18.36

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Bundesminister! Hohes Haus! Der Grüne Bericht stellt die wirtschaftliche und soziale Lage der Landwirtschaft dar, er präsentiert aber noch etwas Weiteres, etwas ganz Wichtiges: Der Grüne Bericht präsentiert die Leistungen, die die Bäuerinnen und Bauern für Österreich erbringen.

Unsere Bäuerinnen und Bauern erhalten die einzigartige Kulturlandschaft, die wir alle so lieben und die auch viele Gäste lieben, die Bäuerinnen und Bauern erhalten die natür­lichen Lebensgrundlagen, schauen auf unsere Umwelt, und die Bäuerinnen und Bauern sichern die Ernährung der Menschen in Österreich – noch dazu in der Coronapande­mie –, und ich sage ein Dankeschön dafür, dass das in schwierigen Zeiten, während der Coronapandemie, gelungen ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es wird vielleicht den einen oder anderen geben, der sagt: Na ja, das ist eh selbstver­ständlich, die Bauern haben das immer gemacht!, und wenn man sich die Lebensmittel­regale anschaut, dann zeigen sich ja auch volle Regale – Gott sei Dank –, Lebensmittel sind in Hülle und Fülle da, aber es ist eben genau nicht selbstverständlich.

Die OECD und die FAO, die UNO-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation, haben festgestellt, dass gerade durch Corona das globale Ernährungssystem sehr verunsichert ist – durch unsichere Lieferketten, durch Transportwege, durch den Klimawandel, durch andere Phänomene. Dramatisch ist auch der Bericht der FAO, eben der Landwirtschafts- und Ernährungsorganisation der Vereinten Nationen, der besagt, dass im Jahr 2019 690 Millionen Menschen an Hunger gelitten haben – zehn Millionen mehr als im Jahr davor, und durch die Coronapandemie sind noch einmal 130 Millionen Menschen, die an Hunger leiden, dazugekommen, weil das Ernährungssystem in der Welt nicht funk­tioniert.

Das heißt, unsere große gemeinsame Anstrengung muss sein, nicht nur die Ernährung global zu sichern, sondern unsere Landwirtschaft darauf auszurichten, auch in der ei­genen Region Ernährung zu sichern, und mein großes Anliegen ist es – meiner Meinung nach ist das das zentrale Thema in der Zukunft –, Ernährung auch in Europa zu sichern. In vielen Bereichen sind wir in Österreich und in Europa nämlich nicht mehr Selbstver­sorger. Es geht auch darum, dass wir unsere Bäuerinnen und Bauern in die Lage ver­setzen, im Einklang mit der Biodiversität, mit der Umwelt hochwertige Lebensmittel zu erzeugen, aber sehr wohl auch Lebensmittel in ausreichender Menge erzeugen zu kön­nen, weil es keinen Sinn hat, wenn wir die Lebensmittel von irgendwoher importieren, aus Regionen, die selbst zu wenig haben.

Ich will hier nicht den Teufel an die Wand malen, aber es geht darum, gerade beim Grü­nen Bericht zu sagen: Danke, Bäuerinnen und Bauern, dass in Österreich tagtäglich – hochwertig, auf Wünschen der Gesellschaft basierend – Lebensmittel erzeugt werden!, dass die Bauern aber sehr wohl so wirtschaften können, dass wir auch einen Beitrag zur Welternährung leisten können. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

12.21



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 84

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dietmar Keck. – Bitte.


12.21.40

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Wir behandeln hier und heute den Grünen Bericht 2021, der die Situation der österreichischen Land- und Forstwirtschaft beschreibt. Während ich mir meine Vorredner so angehört habe, habe ich feststellen müssen: Die Situation der Bau­ern in Österreich ist äußerst erschreckend!

Alles, was hier gesagt wurde, beschreibt wirklich einen Zustand, den man nicht dulden kann, beispielsweise wenn man hört, dass, wie es Kollege Strasser gesagt hat, die Ein­kommen der Bauern bei uns in Österreich seit zehn Jahren stagnieren, dass sie kein Einkommen haben. Auch als ich mir Kollegen Hauser angehört habe, der erklärt hat, dass die Förderungen zum Großteil nach oben fließen, das heißt, die ganz großen Be­triebe und die Reichen bekommen die meisten Förderungen, die Mittelschicht und die Unteren bekommen wenig bis gar nichts, habe ich mir gedacht: Ja, da stimmt etwas nicht!

Da muss ich sagen, dann ist ja hier und heute mit diesem Bericht ein Armutszeugnis ausgestellt worden, ein Armutszeugnis bezüglich der ÖVP-Landwirtschaftspolitik, meine Damen und Herren (Zwischenruf des Abg. Höfinger), denn seit 35 Jahren stellt die ÖVP den Landwirtschaftsminister, und anscheinend tut sich in der Landwirtschaft seit 35 Jah­ren nichts. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Sieber.) Das letzte Mal, dass in der Landwirtschaft etwas gemacht wurde, das war in der Periode von 1970 bis 1986, denn da sind wenigstens die Pensionen für die Bauern eingeführt worden.

Kollege Schmuckenschlager sagt, man soll Umverteilungsfantasien in seine Konzepte aufnehmen. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) – Ja, bitte, macht es! Entwickelt doch ein­mal Fantasien, mit denen ihr die kleinen Landwirte entsprechend und wirklich richtig för­dert, damit sie mit ihren Einkommen durchkommen (Beifall bei der SPÖ), denn das ha­ben sie sich wirklich verdient, meine Damen und Herren.

Eines habe ich noch zu sagen: Das Tierwohl, und das ist gestern schon gesagt worden, wird in der Landwirtschaft einen massiven Einfluss haben. Aldi hat schon angekündigt, in Deutschland bis 2030 umzustellen, und will dann nur mehr Produkte verkaufen, die wirklich mit hohem Tierwohl produziert wurden. Ich denke, es ist hoch an der Zeit, jetzt auch in Österreich darauf zu reagieren. (Zwischenruf des Abg. Schmuckenschlager.)

Wenn wir jetzt nicht reagieren, meine Damen und Herren, dann ist der Zug für unsere Bauern in der Landwirtschaft abgefahren. Wenn wir jetzt nicht reagieren und jetzt nicht schauen, dass die Vollspaltenböden wegkommen, dass es die dauernde Anbindehal­tung nicht mehr gibt, dass die betäubungslose Ferkelkastration wegkommt, dann ist der Zug für die Bauern weg! (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Frau Minister Köstinger! Wenn jetzt nicht reagiert wird – Sie sind für das Bauern­sterben verantwortlich, das dann kommen wird. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

12.24


Präsidentin Doris Bures: Jetzt ist Herr Abgeordneter Gerald Hauser ein zweites Mal zu Wort gemeldet. – Bitte.


12.24.05

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich melde mich deswegen, weil es um eine emi­nent wichtige Sache geht, die nicht nur den ländlichen Raum betrifft, sondern vor allem auch Frau Minister Köstinger betrifft.

Es ist seitens dieser Regierung geplant, die Reduktion der Mehrwertsteuer von 10 auf 5 Prozent, was in dieser Coronazeit tatsächlich allen Betrieben gleich und sofort gehol­fen hat, mit 1. Jänner auslaufen zu lassen. – Das darf keinesfalls passieren! Das ist eine


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 85

Unterstützungsmaßnahme, die unbedingt verlängert werden muss, weil sie vom Kleinbe­trieb bis zum Hotelier allen hilft. So etwas jetzt, vor Weihnachten, den geplagten Betrie­ben, die mittlerweile schon im vierten Lockdown gewesen sind, anzutun, ist unverant­wortlich! (Beifall bei der FPÖ.)

Reißen Sie sich zusammen und nehmen Sie diesen geplanten Anschlag auf unsere Be­triebe zurück! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Sieber. – Abg. Höfinger: Na, keine Themenverfehlung?!)

12.25


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Franz Leonhard Eßl. – Bitte.


12.25.16

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Grüß Gott, meine Damen und Herren! Was Kollege Hauser jetzt gesagt hat, hat mit dem Tagesordnungspunkt und mit dem Grünen Bericht natürlich null und schon gar nichts zu tun. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen.) Wir diskutieren nämlich den Grünen Bericht, und der weist im bäuer­lichen Bereich für 2020 mit Ausnahme der Futterbaubetriebe und der Bergbauernbe­triebe ein leichtes Einkommensplus aus, und trotzdem haben wir darüber nachzuden­ken, was wir generell verbessern müssen, denn in absoluten Zahlen ist das Einkommen der bäuerlichen Familien auf sehr niedrigem Niveau.

Jetzt wissen wir, dass die Marktmacht des Lebensmittelhandels die Preise agrarischer Produkte immer absolut unter Druck setzt, die Erzeugerpreise unter Druck setzt, und deshalb darf ich mich dafür bedanken, dass wir gestern hier in diesem Hause auch eine Mehrheit dafür gefunden haben, ein Gesetz zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen im Sinne dieser Erzeuger zu beschließen. Ein herzliches: Danke!, auch der Frau Ministerin für die Vorlage. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein weiteres Thema ist die Herkunftskennzeichnung und der Kauf heimischer Produkte: Wenn wir zu 20 Prozent mehr heimische Produkte kauften, würde das nicht nur den Bäuerinnen und den Bauern mehr Einkommen zukommen lassen, sondern, so wie das eine Studie der Johannes-Kepler-Universität besagt, auch 40 000 Arbeitsplätze schaffen.

Drittens: Die Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen, der Umweltleistungen und anderer ist für die Zukunft, für die nächste GAP-Periode gesichert. Das brauchen die Bauern. Es ist schwierig, das umzusetzen, das zu sichern, weil die SPÖ auch heute wieder sagt: Na, eigentlich muss ein wesentlicher Teil – und in Anträgen steht drinnen: 50 Prozent – der Mittel für die ländliche Entwicklung für landwirtschaftsferne Bereiche aufgewendet werden, und ich verstehe das nicht. Auf der einen Seite beklagen Sie das Höfesterben, auf der anderen Seite nehmen Sie den Bäuerinnen und Bauern – in Ihrer Diktion würden Sie das in anderen Bereichen so sagen: stehlen Sie das den Bäuerinnen und Bauern – diese Mittel weg.

Viertens noch ein letztes Wort zu den Bergbauernbetrieben: Ja, da besteht Handlungs­bedarf, denn die stehen in der Einkommensskala ganz unten. Mit 15 480 Euro pro Jahr und nicht entlohnter Arbeitskraft ist das zu wenig. Deshalb bin ich auch froh, dass die Frau Ministerin heute eine deutliche Erhöhung der Ausgleichszulage angekündigt hat – das steht ja so auch im Regierungsprogramm –, denn nur wenn wir das machen, können diese Betriebe auch in Zukunft die Leistungen erbringen, die die Bevölkerung, die die Gesellschaft von ihnen erwartet. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 86

12.28


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Martina Diesner-Wais. – Bitte.


12.28.10

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bun­desminister! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren im Nationalrat! Herr Kolle­ge Köck (Rufe bei der SPÖ: Keck!), ich bin froh, dass wir eine andere Bundesministerin haben, denn bei Ihnen wäre die Landwirtschaft nicht in guten Händen. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun aber zum Grünen Bericht: Es gibt eine geringe Steigerung von 1,4 Prozent – das ist ja sehr positiv. Wenn man genauer hinsieht, gibt es viele Bereiche, in denen es auch Einkommensverluste gibt. Ich komme aus dem Waldviertel, und da gab es gerade bei den Kartoffelbauern und bei den rinderhaltenden Betrieben Verluste. Wir liegen im Berg- und benachteiligten Gebiet, und gerade da sind die Einser- und Zweierstufen jene, die höhere Einkommensverluste haben. Das muss natürlich auch in der künftigen Agrar­politik, der GAP, die wir jetzt auch verhandeln, ihr Zeichen finden. Die Frau Minister hat es auch schon angesprochen, die Berg- und benachteiligten Gebiete müssen eine Er­höhung bekommen.

Die Landwirtschaft hat den Arbeitsplatz in der freien Natur, und natürlich spürt man dort den Klimawandel zuerst. So wurde auch bei den Waldviertler Forstwirten, bei sehr vielen Familienbetriebe in diesem Zeitraum durch die extreme Trockenheit – damit verbunden die verstärkte Ausbreitung des Borkenkäfers hat – die Erwerbsgrundlage für eine Gene­ration genommen, denn natürlich waren die Holzpreise total im Keller.

Daher ist es für die Zukunft unabdingbar, dass es die erneuerbare Energie aus der Bio­masse auch weiterhin gibt. Der Waldfonds war eine wichtige Abfederung – Frau Minister und auch der Kammer herzlichen Dank dafür, das war in dieser Situation eine sehr gute Hilfe. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Situation bei den landwirtschaftlichen Einkommen bleibt sehr angespannt, und zwar deswegen, weil die Betriebsmittel – sei es für Tierarzt, Dünger, Treibstoff oder alles an­dere – sehr hoch sind, die Einkommen stagnieren. Daher ist die Situation auch in Zukunft schwierig, es gibt keinen Anlass für Neiddebatten und Kürzungsfantasien. Auch all die Rabattschlachten und wettbewerbsverzerrenden Importe können für die Zukunft nicht mehr angedacht sein.

Die Land- und Forstwirtschaft erhält und pflegt 6 Millionen Hektar Wiesen, Äcker und Wald. Das sind 70 Prozent der Fläche in Österreich. Ich denke, darauf können wir sehr stolz sein und dahin gehend unseren Bäuerinnen und Bauern für ihre tägliche Arbeit danken. Am besten können wir sie unterstützen, indem wir in unserem Kaufverhalten auf Regionalität setzen, besonders zu Weihnachten. Damit möchte ich Ihnen und allen ein schönes und frohes Weihnachtsfest wünschen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

12.31


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft.

12.31.398. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 2083/A der Abgeordneten Hermann Gahr, Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz geändert wird (1217 d.B.)



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 87

Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Klaus Lindinger. – Bitte. (Heiterkeit und Rufe bei der ÖVP – in Richtung des sich auf seinem Sitzplatz befindlichen Abg. Lindinger –: Klaus!)


12.32.21

Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kolle­gen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Nun geht es um Änderungen beim AMA-Gesetz, wobei es möglich sein soll, auch über den 31.12.2021 hinaus Sitzungen über Onlinekon­ferenzen abzuhalten. Das wurde in der Vergangenheit aufgrund von Corona auch dem­entsprechend angewendet und soll auch für die Zukunft möglich sein.

Das ist zusammengefasst die Änderung. Es soll einfach zukunftsfit gemacht werden, und ich bitte alle um Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

12.32


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Franz Hörl. – Bitte.


12.33.07

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Auch ich darf kurz zu diesem wunderbaren Punkt sprechen: die Agrarmarkt Austria, eine Erfolgsstory über 30 Jahre, zuständig für die Ausgleichszahlungen an Österreichs Bauern und für die Betreuung und so weiter. Wie der Kollege schon gesagt hat: Wir verändern auf Antrag von Hermann Gahr und Olga Voglauer eigentlich nur, dass wir auch künftig die Sitzungen des Verwaltungsrats ohne physische Anwesenheit durchführen können. Ich glaube, das ist sinnvoll, und deshalb sollten wir das auch unterstützen.

Ich möchte die Gelegenheit jetzt aber schon auch nutzen, um mich bei der Frau Bun­desminister zu bedanken, dass wir am 12.12. den Lockdown beenden konnten. Ich darf mich namentlich bei Bundesminister Mückstein, bei Bundeskanzler Nehammer und na­türlich auch beim Landeshauptmann von Tirol, Platter, dafür bedanken, dass sie uns einen Hoffnungsschimmer gegeben haben.

Ich darf berichten: Im Westen Österreichs ist eine Optimismuswelle ausgebrochen. Die Wirtshäuser sperren auf, Lebensmittel werden bestellt und so weiter und so fort. Ich darf Ihnen auch berichten, dass am Wochenende fast überall in Österreich in den Wirtshäu­sern das Licht angehen wird – mit Ausnahme von Wien. (Ruf bei der SPÖ: Na und? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Dort sind die Wirtshäuser und Beisln zu, im Rot­lichtmilieu – körpernah! – offen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es ist unglaublich. Sie sper­ren die Wirtshäuser und Beisln zu und öffnen die Rotlichtlokale. Schämen Sie sich! (Neu­erliche Zwischenrufe bei der SPÖ. – Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ.)

An die Touristiker noch: Wir haben einen Werkzeugkoffer, auch für die kommenden Wo­chen und für das Gemunkel über künftige Lockdowns. Wir haben den Ausfallbonus ver­längert, den Härtefallfonds, den Verlustersatz, die Kurzarbeit, den Veranstaltungsschutz­schirm für die Veranstalter und dann auch noch den NPO-Fonds für Vereine. (Zwischen­ruf bei der SPÖ.) Wir tun etwas, wir haben auch diesen Saisonstartbonus durchgesetzt.

Herzlichen Dank, Frau Bundesminister, du bist Garant, dass der Tourismus in Österreich eine Erfolgsstory bleibt. Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer.)

12.35



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 88

Präsidentin Doris Bures: Nun ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Damit schlie­ße ich diese Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

12.35.24Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 7 und 8


Präsidentin Doris Bures: Ich würde gleich in den Abstimmungsvorgang eintreten. Gibt es dagegen einen Einwand? – Nein.

Dann kommen wir zu den Abstimmungen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, den Grünen Bericht 2021 der Bundesregierung, III-422 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer sich für die Kenntnisnahme ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Bericht ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Hau­ser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sockelförderbetrag für Arbeitsplätze am Bau­ernhof“.

Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Umverteilungsprämie um die Verteilungsgerechtigkeit der öffentlichen Steuermittel zwischen den landwirtschaftlichen Betrieben zu erhöhen“.

Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Ausbau der Fördermaßnahme ‚Soziale Angelegenhei­ten‘ (Soziale Dienstleistungen, SDL) im Rahmen der GAP-Fördermittel statt massiver Kürzung der Mittel“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1217 der Beilagen.

Wer sich für diesen Gesetzentwurf ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung ein­stimmig angenommen.

12.37.269. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2073/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird (1226 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2040/A der Abgeordneten Mag. Verena Nussbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird (1223 d.B.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 89

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2070/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsge­setz geändert wird (1227 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2071/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird (1228 d.B.)

13. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz ge­ändert wird (1229 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2072/A der Ab­geordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird (1230 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zu den Tagesordnungspunkten 9 bis 14, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Ich begrüße Herrn Bundesminister Martin Kocher in unserer Mitte.

Hinsichtlich der einzelnen Ausschussberichte verweise ich auf die Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner in dieser Debatte: Herr Abgeordneter Josef Muchitsch. – Bitte.


12.38.05

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Noch ganz kurz zum Abgeord­neten Franz Hörl: Da ist ein Tagesordnungspunkt, bei dem es um die AMA geht, bei dem Einstimmigkeit herrscht, und dann wird der hier missbraucht, um eine Botschaft abzu­senden, die dieses Hohen Hauses nicht würdig ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Hörl, es geht nicht ums Aufsperren ohne Wenn und Aber. Es geht darum, wie und wann wir wo etwas aufsperren (Abg. Hörl: Was aufsperrt ...!), denn diese Pandemie wird uns leider noch viel länger beschäftigen, als uns allen miteinander in diesem Raum lieb ist. (Abg. Hörl: Was Sie aufsperren!) Das war wirklich nicht geeignet und ist aufs Schärfste zurückzuweisen! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister, wir befassen uns heute in den Tagesordnungspunkten 9 bis 14 mit den Berichten des Ausschusses für Arbeit und Soziales. Es ist keine leichte Zeit, für niemanden und auch für Sie nicht, Herr Bundesminister. Dieses ständige Auf und Ab, hinein in einen Lockdown, heraus aus einem Lockdown – Herr Kollege Hörl –, einmal Kurzarbeit, dann wieder raus aus der Kurzarbeit. Manche verlieren den Job, sind arbeits­los, kommen wieder zurück, manche gar nicht mehr. Das stellt Sie, Herr Arbeitsminister,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 90

aber auch uns alle miteinander und vor allem die Betroffenen vor große Probleme und Herausforderungen. Gerade jene Betroffenen, die durch diese Pandemie völlig unver­schuldet ihren Job verloren haben und seitdem langzeitarbeitslos sind und mittlerweile Notstandshilfe beziehen müssen, haben es in diesem Land und in diesen Zeiten wirklich sehr schwer, weil sie nicht wissen, wie sie ihre monatlichen Rechnungen bezahlen sol­len.

Hierzu möchte ich Ihnen heute auch wieder ein Schreiben eines Betroffenen näherbrin­gen – meine sehr geehrten Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass Sie dieses Schreiben auch bekommen haben –, ich zitiere aus einem Schreiben von Herrn An­dreas B.:

Schönen guten Tag! Ich möchte Sie um Hilfe bitten. Ich bin auch ein Fall, den Corona sehr schwer getroffen hat. Ich wurde aufgrund des ersten Lockdowns gekündigt. Seit­dem bin ich aktiv auf Jobsuche, 450 Bewerbungen – ohne Erfolg.

Zu meiner Geschichte: Ich bin jetzt 54, bin gelernter Einzelhandelskaufmann, habe mit Auszeichnung abgeschlossen und mich immer wieder beruflich weitergebildet. Ich habe 421 Versicherungsmonate. Ich arbeite seit 30 Jahren im Außendienst, zuletzt als Ver­kaufsleiter mit internationaler Erfahrung.

Inzwischen hatte ich den dritten Herzinfarkt, davon im heurigen Jahr bereits zwei. Ich bin nach sechsmonatiger Reha direkt wieder zum dritten Mal am Herzen operiert worden. Ich müsste auf dringendes Anraten des Arztes wieder auf Reha sein, kann das aber finanziell aufgrund der Notstandshilfe nicht stemmen. Ich kann mir den Selbstbehalt ein­fach nicht leisten. – Zitatende.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist eines von vielen Beispielen, einer von vielen Betroffenen, denen es genau so geht, und deswegen werden wir nicht müde wer­den, auch Sie davon zu überzeugen, dass diese Menschen nicht nur, so wie Sie jetzt wieder angekündigt haben, ein Almosen von einmalig 150 Euro bekommen, sondern diese Menschen für die nächsten Monate eine Brücke brauchen. Und wir als SPÖ wer­den nicht müde werden, hier auch weiterhin darauf zu bestehen, dass das Arbeitslosen­geld auf 70 Prozent erhöht wird und eine Aufstockung der Notstandshilfe auf die Höhe des Arbeitslosengeldes vorgenommen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „finanzielle Hil­fe für Arbeitslose“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, unverzüglich zu handeln und das Ar­beitslosengeld sofort auf 70 Prozent des Nettoeinkommens zu erhöhen und die Rege­lung, wonach die Notstandshilfe in Höhe des zuvor geleisteten Arbeitslosengeldes zu­mindest vorerst bis zum 30. Juni 2022 verlängert wird, dem Nationalrat zur Beschluss­fassung zuzuleiten.“

*****

Wenn Ihnen diese betroffenen Menschen wirklich wichtig sind, meine sehr geehrten Da­men und Herren, dann stimmen Sie unserem Antrag zu!

Letzter Satz zu den anderen Punkten: Herr Bundesminister, ich möchte mich dafür be­danken, dass es noch eine Lösung betreffend den Langzeitkurzarbeitsbonus gibt. Wir


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 91

haben im Ausschuss gesagt, wir stimmen nicht zu, wenn es nicht möglich ist, jene Men­schen auch in die Gruppe dieser Bonusbezieher zu bringen, die durch Urlaubsverbrauch im November erst mit Dezember in die Kurzarbeit eintreten. Mit der Verlängerung dieser Frist auf Ende November ist es diesen Menschen nun auch möglich, zu diesem Lang­zeitkurzarbeitsbonus von 500 Euro zu kommen. – Vielen Dank dafür, und auch dem wer­den wir heute die Zustimmung erteilen. Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.42

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Muchitsch,

Genossinnen und Genossen

betreffend finanzielle Hilfe für Arbeitslose

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2072/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversiche­rungsgesetz 1977 geändert wird (1230 d.B.)

Dem Versagen bei der Pandemiebewältigung der türkis/grünen Regierung ist es zu ver­danken, dass unser Land und die Bevölkerung einen 4. Lockdown bewältigen muss, dadurch die Arbeitslosigkeit wieder steigt und auch viele Arbeitnehmer*innen sich wieder in Kurzarbeit befinden.

Viele Betroffenen müssen schon seit Beginn der Pandemie immer wieder mit Einkom­mensverlusten zurechtkommen. Die SPÖ fordert daher ebenfalls seit Beginn der Pan­demie das Arbeitslosengeld auf 70 Prozent des Nettoeinkommens zu erhöhen und als Maßnahme zur Armutsbekämpfung vor allem bei Langzeitarbeitslosen, für die Dauer dieses Ausnahmezustandes, die Notstandshilfe in Höhe des Arbeitslosengeldes auszu­zahlen.

Der Anteil der Langzeitarbeitslosen unter den Gesamtarbeitslosen macht einen Anteil von mehr als 48 Prozent aus. Das bedeutet, jeder 2. Arbeitslose ist bereits länger als 12 Monate arbeitslos oder in Schulung. 2019 lag der Anteil noch bei 32,7 Prozent!

Hinzu kommt, dass Langzeitbeschäftigungslose sehr häufig über 50 Jahre alt sind. In vielen Studien wurde bereits nachgewiesen, dass ältere Personen, die einmal arbeitslos werden, ein hohes Risiko haben, von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen zu sein. Gleich­zeitig sinkt auch die Chance, wieder in eine dauerhafte Beschäftigung zu kommen.

Die Armutsgefährdung in dieser Gruppe steigt enorm. Die Regierung verabsäumt es auch, durch wirklich wirksame Beschäftigungsprojekte jetzt steuernd in den Arbeitsmarkt einzugreifen. So wie die Regierung bei der Pandemiebewältigung versagt hat, versagt sie auch bei der Bewältigung der Probleme am Arbeitsmarkt.

Es muss den Betroffenen sofort zumindest finanziell geholfen werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, unverzüglich zu handeln und das Ar­beitslosengeld sofort auf 70 Prozent des Nettoeinkommens zu erhöhen und die Re­gelung, wonach die Notstandshilfe in Höhe des zuvor geleisteten Arbeitslosengeldes


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 92

zumindest vorerst bis zum 30. Juni 2022 verlängert wird, dem Nationalrat zur Be­schlussfassung zuzuleiten.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Laurenz Pöttinger. – Bitte.


12.43.07

Abgeordneter Laurenz Pöttinger (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Abgeordneter Muchitsch, nur eine Info, aber das wissen Sie wahrscheinlich ohnehin: Bei der Reha gibt es für all jene, die sich den Selbstbehalt für die Reha nicht leisten können beziehungs­weise so wenig verdienen, eine Befreiung vom Selbstbehalt.

Nun aber zu den Tagesordnungspunkten, die wir jetzt hier behandeln: Unter Tagesord­nungspunkt 9 beschließen wir die Freistellung von Schwangeren, die nicht ausreichend geimpft sind, in körpernahen Berufen. Diese Verlängerung gilt bis 31.3.

Die Verlängerung der Sonderbetreuungszeit – unter Tagesordnungspunkt 11 – geht auch bis Ende März 2022, und es gibt eine Ermächtigung für den Arbeitsminister auf Verlängerung bis zu den Sommerferien, wenn dies notwendig ist.

Unter Tagesordnungspunkt 12 beschließen wir die Verlängerung der Kurzarbeit und den schon angesprochenen Kurzarbeitsbonus für Menschen mit geringem Einkommen.

Zu Tagesordnungspunkt 12 möchte ich einen Abänderungsantrag einbringen, der nach meinen Informationen schon in Schriftform aufliegt. Es handelt sich um einen Abän­derungsantrag der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Sozialausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird.

Worum geht es da? – Um eine Änderung des Referenzzeitraumes für den Kurzar­beitsbonus und um Präzisierungen für die Datenübermittlung.

*****

Unter Tagesordnungspunkt 13 werden wir den Ersatz von 65 Prozent der Lohnkosten für die Mitarbeiter von Saisonbetrieben von Beginn des Betretungsverbotes bis zur Mög­lichkeit der Anmeldung zur Kurzarbeit beziehungsweise bis zur Möglichkeit der Aufnah­me des Vollbetriebs beschließen. Sie wissen, dass, wenn man Mitarbeiter einstellt, die erste Phase dann, wenn es zu einem Betretungsverbot kommt, nicht abgedeckt ist. Es ist, glaube ich, fair und richtig und auch für unseren Standort, Tourismusstandort, beson­ders wichtig, dass wir mithelfen, dass diese Menschen nicht in andere Jobs abwandern.

Und unter Tagesordnungspunkt 14 beschließen wir dann noch die Verlängerung des Bildungsbonus bis Ende 2022 und die Verlängerung der Zugangsmöglichkeit für Selbst­ständige zur Arbeitslosenversicherung bis Ende März 2022.

Ich bitte um breite Zustimmung. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordne­ten der Grünen.)

12.46

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 93

Abänderungsantrag

der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza

und Kollegen

zum Bericht des Sozialausschusses (1228 d. B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird (TOP 12)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die eingangs bezeichnete Vorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

1. In Ziffer 1 (§ 37e) wird in Abs. 1 der Wortlaut „31. Oktober 2021“ durch den Wortlaut „30. November 2021“ und der Wortlaut „November“ jeweils durch den Wortlaut „Dezem­ber“ ersetzt.

2. In Ziffer 1 (§ 37e) wird nach Abs. 3 ein Abs. 4 angefügt; Abs. 3 und 4 lauten:

„(3) Die Beantragung, Bewilligung und Auszahlung des Langzeit-KUA-Bonus ist von der Buchhaltungsagentur des Bundes abzuwickeln. Das Arbeitsmarktservice hat dieser die Namen (Vor- und Familienname) und Sozialversicherungsnummern der nach Abs. 1 in Betracht kommenden Personen zu übermitteln und deren Aufwand finanziell abzude­cken. Der Bundesminister für Inneres hat der Buchhaltungsagentur ergänzend zu den nach Namen, Geburtsdatum und allenfalls einem weiteren Meldedatum eindeutig be­stimmten Antragsberechtigten gemäß Abs. 1 die dazugehörigen Wohnsitzadressen aus dem zentralen Melderegister unentgeltlich zu übermitteln. Die Beantragung des Lang­zeit-KUA-Bonus ist bis längstens 31. Dezember 2022 zulässig.

(4) Das Arbeitsmarktservice hat den gesetzlichen Interessenvertretungen der Arbeitneh­mer die Namen (Vor- und Familienname) und Sozialversicherungsnummern der nach Abs. 1 in Betracht kommenden Personen zu übermitteln.“

Begründung

Mit der Änderung der Monate von „November“ auf „Dezember“ und der Verlängerung des Zeitraumes bis 30. November 2021 statt 31. Oktober 2021 in Abs. 1 wird der Kreis der Anspruchsberechtigten verändert und damit erweitert.

Die der Buchhaltungsagentur zu übermittelnden Daten sollen konkret bezeichnet wer­den. Namen und Sozialversicherungsnummern sollen vom Arbeitsmarktservice, das die­se für die in Betracht kommenden Personen aus der Abwicklung der Kurzarbeit kennt, übermittelt werden. Die dazugehörigen Wohnsitzadressen sollen vom Bundesministe­rium für Inneres aus dem Zentralen Melderegister übermittelt werden. Das Arbeitsmarkt­service soll Namen und Sozialversicherungsnummern auch den gesetzlichen Interes­senvertretungen der Arbeitnehmer übermitteln, damit diese die betroffenen Personen informieren können.

Ein Antrag auf den Langzeit-KUA-Bonus soll zudem nur bis längstens Ende Dezem­ber 2022 zulässig sein, um eine rasche und zeitlich begrenzte Abwicklung sicherzu­stellen.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen erläutert, an alle Abgeordneten verteilt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 94

12.46.27

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister für Diskriminierung und Arbeit! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! (Abg. Salzmann: Was war das jetzt?) Ja, wir werden natürlich zustimmen, einerseits der Verlängerung der Sonderbetreuungszeit, aber ebenso der Freistellung der Schwange­ren. Die Frage ist nur, Herr Bundesminister: Warum schon wieder nur bis Ende März? Das ist in drei Monaten. Überall hört man, wie dramatisch es werden könnte, wenn jetzt die Omikronvariante kommt. (Abg. Salzmann: Also ich finde das ..., wie sie eingeleitet hat!)

Wir wissen, es gibt jetzt für die Schulkinder wieder 14 Tage Fixquarantäne ohne die Möglichkeit des Freitestens. Ich weiß nicht, ob Sie tatsächlich davon überzeugt sind, dass das bis Ende März vorbei sein wird. Gibt es dann keine Quarantäne mehr? Wenn es so wäre, würde es mich zwar freuen, aber ich gehe nicht davon aus, also ist das ein weiteres Mal dieser Fleckerlteppich. Man könnte das doch gleich ausweiten, jedenfalls bis zum Ende des Schuljahres, denn wenn es niemand braucht, wird es ohnehin nie­mand in Anspruch nehmen.

Das ist also für mich eigentlich nicht nachvollziehbar – genauso wie bei der Freistellung der schwangeren Personen. Ich weiß, dass da vor allem von den NEOS immer wieder die Kritik kommt, dass man das nicht machen soll. Es ist halt nun einmal so, dass die Impfung von schwangeren Frauen eine Off-Label-Impfung ist, und dazu kann man nie­manden zwingen. Es ist auch gut so, dass das so ist.

Das, was Sie als Arbeitsminister sonst tun, stimmt allerdings eher traurig. Es ist vor we­nigen Minuten eine neue Meldung gekommen: Wieder ist einem Arzt gekündigt worden, weil er nicht der Regierung nach dem Mund geredet hat. Man hört es in den letzten Wochen immer häufiger: Pfleger, die sich zu den Maßnahmen kritisch äußern, Ärzte, die sich zu den Maßnahmen kritisch äußern, werden schlicht und einfach gekündigt, dienst­frei gestellt. Das ist eine unerträgliche Situation in Österreich, und ich würde mir eigent­lich erwarten, Herr Arbeitsminister (Zwischenruf bei der ÖVP) – und Sie sind dafür zu­ständig! –, dass Sie auch sicherstellen, dass Arbeitnehmer und auch Ärzte, Pfleger und Therapeuten, die eben nicht - - (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Warum werden Sie denn schon wieder so nervös?

Genau das ist nämlich die Problematik, die wir in Österreich haben: Es darf keiner mehr etwas anderes sagen, ohne befürchten zu müssen, seinen Arbeitsplatz zu verlieren! (Beifall bei der FPÖ. – Rufe bei der ÖVP: Unerhört! Absurd!) – Ja, passt schon, da hin­ten.

Meine Damen und Herren, das gibt es ja sonst nur in totalitären Regimen. Herr Arbeits­minister, denken Sie darüber nach! (Abg. Weidinger: Nehmen Sie das zurück! – Ruf bei der ÖVP: Unerhört! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn Sie das lustig finden, dann zeigt mir das, dass Sie sich dem unterordnen. Es darf kein österreichischer Arzt etwas anderes sagen als das, was Regierungslinie ist, es darf keine Krankenpflegerin etwas anderes sagen als das, was Regierungslinie ist (Abg. Hö­finger: Das ist völliger Quatsch! – Abg. Brandstätter: Das ist doch ein Blödsinn! – Zwi­schenrufe bei der ÖVP), es darf kein Therapeut etwas anderes sagen, sonst werden sie gekündigt. Da sind Sie gefordert, und es wäre Ihre Aufgabe, das Gegenteil sicherzustel­len. Dass Sie es nicht tun, zeigt mir, dass Sie genau dieses System unterstützen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Es gibt Dutzende Pfleger in diesem Land, die leichtfertig gekündigt werden, und das, obwohl wir einen Mangel haben. Wir haben im Übrigen auch einen Ärztemangel, aber wir können es uns in Österreich anscheinend leisten, Ärzte zu kündigen, ihnen die Ap­probation zu entziehen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 95

Herr Arbeitsminister, sorgen Sie dafür, dass es in Österreich auch wieder Meinungsviel­falt geben darf! Das ist Ihre Aufgabe. (Beifall bei der FPÖ.)

12.49


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeord­neter Josef Muchitsch zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Rauch: Tust du jetzt den Hörl berichtigen, oder?!)


12.50.06

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Frau Präsidentin! Ich möchte tatsächlich be­richtigen. Der geschätzte Abgeordnete Pöttinger hat hier am Rednerpult behauptet, es gibt keinen Selbstbehalt bei der Reha für Notstandshilfebezieher.

Ich berichtige: Der Entfall des Selbstbehaltes bei der Reha richtet sich nicht nach dem Begriff Notstandshilfe, sondern nach der Höhe des tatsächlichen Einkommens. (Zwi­schenruf des Abg. Pöttinger.) In meinem Beispiel hat ein Betroffener, seit 18 Monaten arbeitslos, seinen Job verloren und bezieht Notstandshilfe. Aufgrund seiner Tätigkeit fällt er über diese Grenze und hat somit sehr wohl einen Selbstbehalt vorgeschrieben be­kommen. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Pöttinger.)

12.50


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markus Koza. – Bitte.


12.51.00

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beschließen heute unter an­derem die Verlängerung des Bildungsbonus, was aus mehrerlei Hinsicht sehr erfreulich, aber auch ein absolut richtiger und wichtiger Schritt ist.

Was ist der Bildungsbonus? – Betreffend den erhöhten Bildungsbonus im Rahmen der Coronajoboffensive haben wir hier in diesem Haus beschlossen, dass Menschen, die AMS-Maßnahmen im Bereich der Bildung und der Qualifizierung oder der beruflichen Umorientierung absolvieren, einen erhöhten Bildungsbonus von 180 Euro pro Monat be­kommen, wenn diese Schulungen länger als vier Monate dauern.

Das ist aus zweierlei Gründen ausgesprochen sinnvoll. Das Erste ist: Sehr oft können sich Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, die Arbeitslosengeld oder Not­standshilfe beziehen, längere, intensivere, qualitativ sehr hochwertige Bildungsmaßnah­men schlichtweg ökonomisch nicht leisten. Das heißt, sie müssen sie früher abbrechen, sie können sie erst gar nicht machen, sie müssen wieder in Jobs gehen, die schlecht bezahlt sind, die bei Weitem nicht so stabil sind, bei denen man öfter und schneller von Arbeitslosigkeit betroffen ist.

Der zweite Punkt ist, dass Erfahrungen zeigen, dass je intensiver Kurse sind, je besser Kurse sind – und das sind leider auch oft jene Kurse, die länger als vier Monate dauern ‑, desto eher haben diese ein besseres Einkommen, eine stabilere Beschäftigung und eine deutlich geringere Arbeitslosigkeit zur Folge. Das heißt, in diesem Sinne ist die Verlän­gerung dieser Maßnahme absolut sinnvoll. Sie ist doppelt sinnvoll und ausgesprochen zielführend, um zwei Probleme zu bewältigen: nämlich einerseits das Problem der Ar­beitslosigkeit, aber andererseits auch das Problem des oft zitierten Fachkräftemangels.

Was wir heute auch noch beschließen werden – was mich auch besonders freut, wir haben es gestern bereits angekündigt –, ist den Teuerungsausgleich für Menschen, die im November und Dezember zumindest 30 Tage in Notstandshilfe oder Arbeitslosigkeit waren. Es ist eine Unterstützung im Umfang von 150 Euro, um eben die gestiegene In­flation, die gestiegene Preisentwicklung insbesondere jenen abzugelten, die es ökono­misch nicht besonders leicht haben. Und Menschen in der Arbeitslosigkeit, Menschen, die Notstandshilfe beziehen, gehören definitiv zu dieser Gruppe.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 96

Deshalb möchte ich den Abänderungsantrag der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza und Kollegen zum Bericht des Sozialausschusses, 1230 der Beila­gen, betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird, einbringen, in dem genau dieser Teuerungsausgleich mitbeschlossen wird.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, noch etwas zu sagen! Dieser Teuerungsausgleich alleine ist schon ein sehr wichtiger Schritt, es werden aber deutlich mehr Maßnahmen gesetzt, wie wir gestern schon erwähnt haben. Mit dem Sozialversi­cherungsbonus, der vorgezogen wird, der eineinhalb Jahre länger ausbezahlt wird, weil die Krankenversicherungssenkung ja erst Mitte nächsten Jahres eingesetzt hätte, mit der Erhöhung des Sozialversicherungsbonus mit dem Jahr 2021, mit Maßnahmen wie dem Klimabonus und auch dem Entfall des Ökostrombeitrags 2022 haben wir ein Paket geschnürt, haben wir ein Maßnahmenpaket geschnürt, das weit über 1 Milliarde Euro reicht und tatsächlich eine wirkungsvolle Maßnahme, eine sehr umfassende und eine sehr nachhaltig wirkende Maßnahme gegen diese Teuerung und diesen Preisanstieg beinhaltet. Und dafür brauchen wir uns wirklich nicht zu schämen. Jetzt sind die Länder in der Pflicht. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.54

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza

und Kollegen

zum Bericht des Sozialausschusses (1230 d. B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird (TOP 14)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die eingangs bezeichnete Vorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

1. Nach Ziffer 2 werden folgende Ziffern 2a und 2b eingefügt:

„2a. Dem § 41 wird nach Abs. 5 folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) Personen, die in den Monaten November bis Dezember 2021 im Anschluss an Ar­beitslosengeld oder Notstandshilfe Krankengeld gemäß § 41 für mindestens 32 Tage bezogen haben, erhalten zur Abdeckung des Sonderbedarfs aufgrund der COVID-19-Krise eine Einmalzahlung in Höhe von 150 Euro. § 66 Abs. 1 zweiter bis vierter Satz gelten sinngemäß auch für diese Einmalzahlung. Der Bund hat abweichend von § 42 Abs. 2 dem Krankenversicherungsträger die ausgewiesenen tatsächlichen Kosten für die Einmalzahlung aus dem COVID-19 Krisenbewältigungsfonds, eingerichtet mit Bundesgesetz BGBl. I Nr. 12/2020, zu ersetzen.“

2.b. Dem § 66 wird nach Abs. 2 folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Personen, die in den Monaten November bis Dezember 2021 mindestens 30 Tage Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe bezogen haben, erhalten zur Abdeckung des Sonderbedarfs aufgrund der COVID-19-Krise eine Einmalzahlung in Höhe von 150 Euro. Abs. 1 zweiter bis vierter Satz gelten auch für diese Einmalzahlung. § 67 ist auf die Einmalzahlung nicht anzuwenden.““


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 97

2. Ziffer „3“ lautet:

„3. Dem § 79 wird nach Abs. 175 folgender Abs. 176 angefügt:

„(176) § 12 Abs. 2a, § 20 Abs. 7, § 41 Abs. 6, § 66 Abs. 3 und § 82 Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. xx/202x treten mit 1. Jänner 2022 in Kraft.““

Begründung

Aufgrund der anhaltenden COVID-19-Pademie soll zur Abdeckung des Sonderbedarfes Arbeitsloser im AlVG eine weitere Einmalzahlung (§ 66) für Personen, die in den beiden Monaten November bis Dezember 2021 zumindest 30 Tage Arbeitslosengeld oder Not­standshilfe bezogen haben, normiert werden. Die Auszahlung soll nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten im Jänner 2022 erfolgen. Ein durchgehender Bezug ist nicht erforderlich. Tage, für die die Leistung gesperrt wurde, zählen nicht zu den Bezugstagen. Eine Einmalzahlung sollen auch jene Personen erhalten, die im Zeitraum November bis Dezember 2021 im Anschluss an einen Bezug von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe für mindestens 32 Tage Krankengeld bezogen haben. Mit dem Erfordernis einer Min­destbezugszeit des Krankengeldes von 32 Tagen wird sichergestellt, dass Doppelbezü­ge vermieden werden.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde an alle Abgeordneten verteilt, in seinen Grundzügen erläutert und steht daher mit in Verhandlung.

Frau Abgeordnete Fiona Fiedler, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.


12.55.02

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Ob­wohl das Nationale Impfgremium die Covid-Impfung auch für Schwangere empfiehlt, ver­längern Sie heute erneut die sechsmonatige Sonderfreistellung für ungeimpfte Schwan­gere. Diese Sonderfreistellung ist nicht nur ungerecht, sondern für die ungeimpften Müt­ter und ihre Ungeborenen extrem gefährlich. Zahlreiche Zeitungen berichteten zuletzt darüber, wie zum Beispiel „Heute“: Ungeimpfte Schwangere auf den Intensivstationen. Immer mehr ungeimpfte werdende Mütter infizieren sich mit Covid, was fatale Folgen hat, wie zum Beispiel Frühgeburten, schildert eine Wiener Gynäkologin. Seit März 2020 sind allein in Wiener Spitälern bereits 400 Schwangere stationär behandelt worden.

Erst am Wochenende schrieben auch die „Salzburger Nachrichten“: „Peter Neuner, Pri­mar auf der Geburtenstation des Krankenhauses Freistadt, berichtet, dass von 40 Schwan­geren, die zuletzt auf der Geburtenstation waren, nur eine einzige geimpft war. ,Das ist eine große Impflücke in einer echten Risikogruppe‘, sagt der Arzt. ,Es ist beunruhigend, wie extrem niedrig die Durchimpfungsrate bei den Schwangeren ist. Die Verunsicherung ist groß. Gleichzeitig haben wir katastrophale Krankheitsverlaufe [...]. Das wäre verhin­derbar, wenn man sich impfen ließe.‘“

Trotz dieser traurigen Fakten verlängern Sie heute erneut diesen negativen Anreiz für werdende Mütter, sich nicht impfen zu lassen. Dieser Regelung, die für Mütter und ihre Ungeborenen mehr Risiko bedeutet, als sie sie schützt, können und wollen wir natürlich nicht zustimmen.

Zur Abgeordneten Belakowitsch: Wie Sie als Medizinerin wahrscheinlich wissen, sind die meisten Medikamente in einer Schwangerschaft off label.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 98

Die Saisonstarthilfe für Saisonbetriebe wird als Ausgleich für neue Mitarbeiter präsen­tiert, die noch kein Kurzarbeitsgeld bekommen können, weil dies erst nach einem Monat möglich ist. Hier sind viele Fragen zum Umfang und zur Ausgestaltung offen. Die Förder­höhe ist mit 65 Prozent der Bemessungsgrundlage angegeben. Allerdings machen nach den Beispielen auf der Seite des AMS zwei Tage Differenz bei der Anmeldung einen gravierenden Unterschied aus. Zum Beispiel führt das zu einer doppelten Höhe der För­derungen. Da würde mich interessieren, wo der Fehler liegt.

Der Ausgleich für Tourismusbetriebe ist natürlich gerechtfertigt, da sie sich vor dem Lockdown auf die Wintersaison vorbereitet haben. Auch andere Branchen haben sich wahrscheinlich mit Extrapersonal fürs Weihnachtsgeschäft ausgestattet und wurden dann vom Lockdown überrascht. Aber: Warum sind Branchen wie Kinos, Casinos, Flug­schulen bedacht worden? Haben die Saison? – Wir NEOS fordern da Klarstellung und Eingrenzung auf jene Branchen, die wirklich betroffen sind.

Dann wird heute noch der Langzeitkurzarbeitsbonus beschlossen. Das Wort allein ist schon etwas eigenartig, aber gut. Die lange Kurzarbeit hat natürlich Auswirkungen. AMS-Vorstand Johannes Kopf sieht auch, dass sich hier Gewöhnungseffekte zeigen. Für Niedrigverdiener ist es aufgrund der finanziellen Einbußen problematisch, lange in Kurz­arbeit zu sein. Menschen, die etwas besser verdienen, gewöhnen sich an die Teilzeit und schätzen die bessere Work-Life-Balance. Es gibt auch bereits Beschwerden von Unternehmen, dass Mitarbeiter nicht aus der Kurzarbeit zurück in die Vollzeit wollen. Das alles wird aber auf dem Rücken der Steuerzahler ausgetragen. Außerdem werden beim Langzeitkurzarbeitsbonus Betriebe bestraft, die im Sommer die Kurzarbeit zurück­geschraubt haben. Hier wird wieder einmal die Gießkanne ausgepackt, diese Maßnah­men werden sich in den nächsten Jahren am Arbeitsmarkt rächen.

Des Weiteren konnten im Lockdown indirekt betroffene Betriebe die Kurzarbeit nicht voll in Anspruch nehmen. Wie auch schon bei den vorangegangenen Lockdowns wurde wieder darauf vergessen, dass verschiedene Betriebe auch Lieferanten haben, die dann ebenso betroffen sind. Und es gibt auch Betriebe, die die Kurzarbeit im Lockdown nicht vollständig ausschöpfen konnten, obwohl sie einen 100-prozentigen Umsatzausfall hat­ten.

Lieber Herr Bundesminister! Wenn Sie Regelungen machen, wäre es wirklich vorteilhaft, wenn diese auch die Lebensrealität der Betriebe widerspiegeln. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS)

12.59


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Martin Kocher zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


12.59.15

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Abgeordnete! Hohes Haus! Die Pandemie ist unberechenbar. Was wir für den Arbeitsmarkt tun können, ist, auf alles, was wir einigermaßen vorherse­hen können, vorbereitet zu sein. Und das tun wir mit einem sehr großen Gesetzespaket. Ich bedanke mich schon jetzt für die Unterstützung dieser Maßnahmen. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben jetzt drei Wochen oder länger Lockdown hinter uns. Der Arbeitsmarkt hat diesen Lockdown zwar gespürt, aber es gab glücklicherweise keine massiven negativen Auswirkungen. Das heißt aber nicht, dass wir nicht vorsichtig sein müssen, das heißt nicht, dass es keine Unsicherheiten gibt.

Deshalb ist es so wichtig, auch in den nächsten Monaten auf alle oder möglichst alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Das tun wir wie gesagt mit den Maßnahmen. Da geht


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 99

es darum, Menschen am Arbeitsplatz bestmöglich zu schützen, insbesondere natürlich vulnerable Gruppen. Da geht es darum, so gut es in dieser schwierigen Zeit geht, Pla­nungssicherheit zu geben. Da geht es darum, Arbeit suchende Personen nicht im Stich zu lassen. Da geht es auch darum, Familien gerade bei ihren Betreuungspflichten und in Bezug auf die Betreuungssicherheit zu unterstützen.

Es steht die Sonderbetreuungszeit auf der Tagesordnung. Ich halte das für eine ganz essenzielle Maßnahme, um in Bezug auf Betreuung Sicherheit zu geben, um bei Be­treuungspflichten zu unterstützen. Bisher haben 48 000 Personen die Sonderbetreu­ungszeit in Anspruch genommen. Wir verlängern diese bis Ende März. Im Gesetz steht auch eine Verordnungsermächtigung für den Bundesminister, um sie bis zum Ende des Schuljahres zu verlängern, sollte dies notwendig sein.

Neu ist auch – ich glaube, es ist wichtig, das zu erwähnen –, dass in Zeiten von Lock­downs die Sonderbetreuungszeit im Vereinbarungsmodell auch dann in Anspruch ge­nommen werden kann, wenn die Schulen nicht behördlich geschlossen sind. Das ist eine weitere Möglichkeit, die gerade im jetzt auslaufenden Lockdown für viele Familien wich­tig war. (Beifall bei der ÖVP.) Der Rechtsanspruch bleibt natürlich unverändert für den Fall, dass es Quarantänen gibt oder dass Schulen oder Klassen behördlich geschlossen werden müssen.

Die ungeimpften Schwangeren und deren Freistellungsanspruch wurden schon erwähnt. Mir ist wichtig, in dem Zusammenhang klar darauf zu verweisen, dass die Impfung für Schwangere von Expertinnen, Experten aus dem medizinischen Bereich klar empfohlen wird. Es ist, glaube ich, wichtig, das dazuzusagen, um jetzt niemandem ein falsches Bild zu vermitteln. Allerdings gibt es eben noch schwangere Personen, die sich vor ihrer Schwangerschaft nicht impfen lassen konnten, weil das Nationale Impfgremium die Impfung erst vor kurzer Zeit empfohlen hat. Wir verlängern die Freistellung für unge­impfte Schwangere in körpernahen Berufen, in denen es um Dienstleistungen geht, um drei Monate. Aus meiner jetzigen Sicht – die kann sich noch ändern, wenn sich die me­dizinische Einschätzung ändert – ist das die letzte Verlängerung, denn danach haben alle die Möglichkeit gehabt, sich vor einer Schwangerschaft impfen zu lassen.

Die Kurzarbeit ist ein entscheidendes Sicherheitsnetz für die Arbeitnehmerinnen, Arbeit­nehmer. Wir haben durch die Kurzarbeit im Laufe der Pandemie 1,3 Millionen Beschäf­tigungsverhältnisse aufrechterhalten können. Wir verlängern die Coronakurzarbeit um drei Monate. Wichtig: Alle Betriebe haben natürlich auch weiterhin außerhalb der Coro­nakurzarbeit die Möglichkeit, Kurzarbeit nach dem normalen Modell zu beantragen. Die Coronakurzarbeit wird verlängert. Damit können Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer 80 bis 90 Prozent ihres Einkommens erhalten. Die Arbeitgeberinnen, Arbeitgeber erhalten 100 Prozent der Kosten rückerstattet. Ich hoffe sehr – es ist mir auch sehr wichtig, das zu sagen –, dass wir diese Kurzarbeit im ersten Quartal möglichst wenig brauchen wer­den. Wie gesagt, ich glaube, es war sehr gut, dass wir auch für den Lockdown, der gera­de ausläuft, vorbereitet waren. Wir sind auch auf alle Maßnahmen, die aus gesundheit­licher Sicht noch notwendig sein werden, vorbereitet.

Für alle Personen, die während des Lockdowns in Saisonbetrieben – diese Einschrän­kung auf Saisonbetriebe ist auch wichtig – eingestellt wurden, gibt es die Möglichkeit, zusätzlich die Saisonstarthilfe zu beantragen. Auch das ist eine wichtige Maßnahme. In gutem Glauben haben viele Unternehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Beispiel Mitte November angestellt, dann kam aufgrund der schwierigen gesundheitlichen Lage sehr kurzfristig der Lockdown. Daher gibt es die Möglichkeit, diese Zeit zu überbrücken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Der Langzeitkurzarbeitsbonus wurde schon angesprochen. Ich stimme zu, das Wort ist etwas sperrig, aber wir haben kein besseres gefunden. Der Bonus betrifft Personen, die


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 100

in den letzten eineinhalb oder fast schon zwei Jahren zehn Monate oder mehr in Kurz­arbeit waren und auch jetzt wieder in Kurzarbeit sind. Man muss dazusagen, das sind natürlich vor allem Menschen in der Gastronomie, in der Hotellerie, wo es lange Phasen der Kurzarbeit gegeben hat. Sie verlieren nicht nur 10 bis 20 Prozent ihres Einkommens, sie verlieren zum Beispiel zum Teil auch die Trinkgelder – es gibt zwar eine Trinkgeld­lösung, aber die erstattet das nicht vollständig –, sie verlieren zum Teil Überstunden und so weiter. Das heißt, sie sind durch die Pandemie wirklich stark betroffen. Ich glaube, es ist gerechtfertigt, diesen Personen diesen Bonus von 500 Euro auszubezahlen. Es wird ohnehin etwas dauern, weil wir erst in einigen Monaten genau wissen, wer im Dezember in Kurzarbeit war. Das muss man der Fairness halber dazusagen. Wir können das nicht vorher machen, weil wir warten müssen, bis alle Unternehmen ihre Kurzarbeitsabrech­nungen gemacht haben. Die Voranmeldung reicht nicht; wir wissen erst dann, wer tat­sächlich in Kurzarbeit war, wenn die Abrechnungen erfolgt sind.

Ein letzter Punkt, der mir sehr wichtig ist – er wurde auch schon angesprochen –, ist der Bildungsbonus. Dieser hat nur sehr begrenzt etwas mit der Coronapandemie zu tun. Ich glaube, es wird in den nächsten Jahren ganz entscheidend sein, dass wir uns auf Qualifi­zierungsmaßnahmen verständigen, darauf, wo der Fokus bei Qualifizierungsmaßnah­men liegt. Der Fachkräftemangel wird sich verschärfen. Es wird schwieriger werden, Fachkräfte zu finden. Menschen, die gut qualifiziert sind, haben bessere Chancen am Arbeitsmarkt, deshalb halte ich es für sehr, sehr wichtig, dass wir den Bildungsbonus – jene 180 Euro pro Monat für Menschen, die ausgehend von ihrer Arbeitslosigkeit länger als vier Monate in einer Ausbildung sind – bis Ende 2022 verlängern. Bisher haben 36 000 Menschen in Österreich davon profitiert; und ich hoffe sehr, dass im nächsten Jahr noch viele davon profitieren können. Wir haben gesehen, dass diese Ausbildungs­maßnahmen auch wirken. Viele Menschen, die in Ausbildungsmaßnahmen sind, finden danach sehr rasch einen Job. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wie gesagt, es ist, glaube ich, wichtig, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Die Pandemie macht uns manchmal mit Bocksprüngen einen Strich durch die Rechnung, was diese Eventualitäten betrifft, daher ist es am Arbeitsmarkt, glaube ich, entscheidend, alles, was es an Instrumenten gibt, zur Verfügung zu haben. Mit diesem Gesetzespaket haben wir sehr vieles zur Verfügung, und ich hoffe, wir werden möglichst wenig davon brauchen, weil sich der Arbeitsmarkt hoffentlich auch ohne diese Maßnahmen gut entwi­ckelt. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bettina Zopf. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.07.04

Abgeordnete Bettina Zopf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Fernseh­bildschirmen! Alle Vorredner haben die Themen, die jetzt behandelt werden, eingehend erörtert. Die Regelung betreffend die Freistellung von Schwangeren wird wieder verlän­gert – und somit der Schutz der werdenden Mütter und nächsten Generationen.

Zu Kollegin Belakowitsch: Ich weiß nicht, warum sie sich so negativ äußert, aber viel­leicht sollten wir einmal darüber reden. Wir haben auch sehr gute Ärzte in unseren Rei­hen; sie kann gerne einmal mit ihnen Kontakt aufnehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Belakowitsch: Ja, ja, wir haben alle ...!)

Wie in meiner letzten Rede geht es wieder um die zukünftigen Generationen, denn für sie ist unsere politische Arbeit sehr wichtig. Auch habe ich das letzte Mal die Vermutung geäußert, dass Kollege Stöger und Kollege Muchitsch im Zusammenhang mit dem Be­schluss der Langzeitversichertenregelung Eigeninteressen hätten. Betreffend Kollege


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 101

Muchitsch hat sich der Verdacht nicht bestätigt, und er hat dies auch gleich im Anschluss in einer tatsächlichen Berichtigung klargestellt. Die Details, die du, Kollege Muchitsch, im Anschluss an meine Rede ausgeführt hast, stehen leider nicht in deinem Werdegang auf der Parlamentshomepage, deshalb möchte ich mich für diese Vermutung entschul­digen – dies auch öffentlich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wie unangenehm es ist, wenn Vermutungen einfach so stehen bleiben, sieht man auch an diesem Beispiel. Eine anständige Fehlerkultur ist mir persönlich wichtig, und das möchte ich auch in meinem politischen Leben so handhaben. Das erwarte ich mir auch von euch, ich muss aber feststellen, dass viele hier im Haus anpatzen und dann, wenn sie überhaupt etwas sagen, am Platz vorbeischauen und meinen: Das war nicht so ge­meint, aber du musst das schon aushalten! – Die unrichtigen Vorwürfe bleiben also öf­fentlich stehen. Das ist nicht nur unangenehm für die Betroffenen, sondern – das muss uns allen klar sein – wir schaden damit uns allen. Wir beschädigen die gesamte politi­sche Landschaft, und das möchte ich nicht.

Ich bin in der Politik, weil ich Menschen mag. Wir Politiker sind auch Menschen. Mir ist es wichtig, junge Menschen für die Politik zu begeistern. Wie soll das aber gehen, wenn wir kein ordentliches Vorbild sind? (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grü­nen.)

Das ist jetzt die letzte Sitzung vor Weihnachten. Weihnachten gilt grundsätzlich als Fest der Besinnlichkeit und als Fest des Friedens. Ich habe nur einen Wunsch an das Christ­kind: Mögen alle politisch verantwortlichen Menschen folgendes Motto ernst nehmen: Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andern zu! – Weil es hier um das Thema Mutterschutz geht: Das ist der Grundsatz, den mich meine Mutter gelehrt hat und den ich auch lebe. Wenn ich austeile, muss ich auch einstecken können, und wenn ich Fehler mache, dann stehe ich dazu. – In diesem Sinne: Ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

13.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Gabriele Heinisch-Hosek. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.10.34

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ja, runde Geburtstage kommen und gehen, das kann ich mit Sicherheit sagen. Mit Sicherheit kann ich aber auch sagen, dass ein Virus, das sich pandemisch global, auf der ganzen Welt verbreitet, natürlich sehr, sehr viel Unsicherheit bei den Menschen her­vorruft.

Wir haben sehr viele Wechsel bei den Regierungsmitgliedern. Herr Arbeitsminister, Sie sind nicht der erste Arbeitsminister. Sie haben vorhin gesagt, Sie seien sehr voraus­schauend oder versuchen es, und das kann ich leider nicht bestätigen, denn dieses Virus mutiert in einer Tour – wenn ich so sagen darf –, und manche Dinge, die wir seit fast zwei Jahren hier diskutieren, hätte man sicher mehr, besser und vorausschauender dis­kutieren und lösen können.

Ich möchte zwei Beispiele anführen: Seit April 2020 haben wir versucht, betreffend die Sonderbetreuungszeit Klarheit für die Eltern zu schaffen, weil gar nicht klar war, ob die Schulen zu oder offen sind – es gab unterschiedliche Meinungen dazu –, indem wir ge­sagt haben: Bitte schön, es soll einen Rechtsanspruch geben, es braucht einen Rechts­anspruch! – Damals gab es keinen, die Unternehmerinnen und Unternehmer haben nur ein Drittel rückerstattet bekommen, es hat Monate gedauert.

Wir sind nun in Phase sechs dieser Sonderbetreuungszeitregelung, die bis Ende März gelten soll, trotzdem ist noch immer wenig Klarheit da, denn Eltern können sich heute


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 102

aussuchen, ob sie das Kind in die Schule schicken oder nicht. Wenn Eltern Angst haben und die Kinder nicht in die Schule schicken, wenn keine Quarantäne oder keine behörd­liche Schließung der Grund ist, wie Sie vorhin erwähnt haben, ist es dennoch so, dass sie keinen Rechtsanspruch haben und sich das mit dem Arbeitgeber ausmachen müs­sen. Alle Eltern wollen, dass die Kinder gesund bleiben. Die Impfung ist noch nicht so lange freigegeben und manche Eltern sind noch nicht genug davon überzeugt.

Das zweite Beispiel für nicht sehr vorausschauendes Agieren: Ebenso wird seit einein­halb Jahren – beginnend noch unter Rudolf Anschober – immer wieder von uns gefor­dert, dass die Freistellung von allen Schwangeren während dieser Coronapandemie not­wendig wäre, weil werdende Mütter ganz viel Unsicherheit in sich spüren – was ist jetzt gut, was ist jetzt schlecht? – und wir noch nicht – Sie haben es gerade gesagt – so lange wissen, dass Impfungen für Schwangere freigegeben sind und empfohlen werden. Die Freistellung gilt nach wie vor nur für Ungeimpfte, nur bis Ende März 2022 und nur für körpernahe Dienstleistungen, nicht für den Handel, in dem man auch zu anderen Men­schen Kontakt hat. Ich glaube, dass das nach wie vor nicht dazu beiträgt, dass schwan­gere Frauen die Sicherheit haben können, dass sie geschützt sind. Wir haben vorge­schlagen, bis Ende Juni zu verlängern. Das ist jetzt per Verordnung möglich; ob es dann so ist oder nicht - -

In den Phasen eins bis sechs mussten Sie in diesen beiden Bereichen immer wieder verlängern, immer wieder reagieren und hatten kein vorausschauendes Coronapande­miemanagement, das muss ich Ihnen heute vorwerfen. Nicht genug auf die Komplexi­tätsforschung, nicht auf die Wissenschaft gehört zu haben, hat letztendlich auch den Rücktritt des Bundeskanzlers hervorgerufen, der da kläglich versagt hat. Ich hoffe, dass Sie jetzt nicht versagen, wenn wir klarer und deutlicher über die Zukunft von Schwange­ren, aber auch über die Zukunft unserer Schulkinder diskutieren sollten. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Barbara Neßler. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.14.35

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Minister! Liebe Kol­legen und Kolleginnen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Vorab darf ich nochmals mei­ner Vorrednerin, dir, liebe Gabi, alles Gute zum Geburtstag wünschen – schön, dass du ihn hier mit uns feierst! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS. – Ho-Rufe bei der SPÖ. – Abg. Heinisch-Hosek: Danke schön!)

Mit einem Antrag werden wir die 2020 eingeführte Regelung der Sonderfreistellung von Schwangeren ab der 14. Schwangerschaftswoche, die noch keinen vollen Impfschutz haben, bis Ende März verlängern, genauso auch die Sonderbetreuungszeit. Ich sage es gleich dazu, weil meine Vorredner und Vorrednerinnen darauf eingegangen sind: Wenn es eine Verlängerung benötigt, was durchaus sein kann, dann werden wir diese auch machen, wie wir es in der Vergangenheit auch immer wieder gemacht haben.

Zur Freistellung von Schwangeren: Wir wissen, dass eine Covid-Infektion für Schwan­gere viel gefährlicher ist, sowohl für die Mutter als auch für das Ungeborene. Wir kennen alle die traurigen Fälle aus den Medien, wie beispielsweise jenen von vor drei Wochen, als eine ungeimpfte Mutter in einer Wiener Klinik verstorben ist. Ihr Kind ist zwar wohlauf, muss aber ohne Mutter aufwachsen. Genauso kennen wir die traurigen Fälle, in denen Mütter ihre Neugeborenen aufgrund einer Infektion einfach wochenlang lang nicht sehen können, eben weil sie infiziert sind.

Wir kennen die Zahlen, ich habe es schon oft erwähnt: Von Mai bis August wurden bei­spielsweise 152 Babys im ersten Lebensjahr aufgrund von Covid hospitalisiert. Ich gehe


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 103

leider davon aus, dass diese Zahlen gestiegen sind. Bei all den traurigen Fällen zeigt sich deutlich ein Muster: Ende November haben auch die Ärzte und Ärztinnen gesagt, dass in den Wiener Krankenhäusern 400 schwangere Frauen, die eben nicht geimpft sind, wegen Covid behandelt werden mussten, daher ist klar, dass diese Freistellung keine Exitstrategie ist. Ich sage es immer und immer wieder: Die Impfung ist für Schwan­gere natürlich extrem wichtig, allein schon deshalb, weil bei einer Infektion das Risiko einer Fehlgeburt drei Mal so hoch ist wie bei Nichtinfizierten.

Noch kurz zur Sonderfreistellung: Es besteht jetzt klar die Möglichkeit, dass neben dem Rechtsanspruch bei Quarantäne von Arbeitgeber, Arbeitgeberin mit Arbeitnehmer, Ar­beitnehmerin eine freiwillige Vereinbarung bei vollem Kostenersatz getroffen werden kann. Ich glaube, dass wir mit diesen zwei Möglichkeiten gut aufgestellt sind.

Nur noch eines zu den NEOS: Ich glaube, es ist wichtig, zu sagen, dass sich Frauen, die schwanger sind oder einen Kinderwunsch haben, dringend impfen lassen sollen, aber es ist auch genauso wichtig, dass wir Personen schützen, die wir nicht abholen können, denn es ist unser Job, dass wir möglichst alle schützen. Ihre Behauptung, dass sich Frauen wegen des Beschlusses der Sonderfreistellung von Schwangeren einfach nicht impfen lassen würden, halte ich für sehr absurd, das sollten Sie bitte zurücknehmen.

Liebe Kollegen und Kolleginnen! Wir haben 2020 das erste Mal die Sonderbetreuungs­zeit und die Freistellung von Schwangeren beschlossen. Damals haben wir noch sehn­süchtig auf den Impfstoff gewartet. Jetzt haben wir ein effizientes Mittel im Kampf gegen die Coronapandemie, und ich sage: Nützen wir es bitte! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)

13.18


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Petra Wimmer. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.18.36

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich möchte erneut hier von diesem Rednerpult aus betonen, wie groß die Belastung für die Familien in dieser Krise ist, dass sie an ihren Belastungsgrenzen angekommen sind. Die Sorge um den Job, die Sorge vor Kurzarbeit, vor Arbeitslosigkeit, davor, den Arbeitsplatz zu verlieren, steht aber immer noch hinter der Sorge um die Gesundheit der eigenen Kinder. Wie geht man damit um, wenn das eigene Kind Covid hat, wenn das eigene Kind in Quarantäne muss? Verliert man seinen Job, wenn man sich um sein Kind kümmert, ja kümmern muss?

Viele dieser Sorgen bleiben allein den Eltern überlassen, und um diese Sorgen zu mildern, wurde die Sonderbetreuungszeit geschaffen. Wir als SPÖ haben der längst überfälligen Verlängerung des Rechtsanspruchs auf Sonderbetreuungszeit im Aus­schuss zugestimmt. Wir sehen jedoch und wir weisen auch immer wieder darauf hin, dass es noch weitere Anpassungen braucht, dass solche notwendig sind.

Ich möchte heute besonders auf eine Gruppe von Kindern mit ihren Familien hinweisen, die bisher vergessen wurde, eine Gruppe, die aber von der Covid-Pandemie in ganz besonderer Weise betroffen ist, und das sind die Hochrisikokinder.

Diese Kinder haben Vorerkrankungen, sie haben Herzerkrankungen, Lungenerkrankun­gen, Behinderungen, schwere sonstige Krankheiten, und ihre Eltern wissen ganz genau, wie es sich anfühlt, wenn man um die Gesundheit, um das Leben des Kindes bangt, wenn das Kind auf der Intensivstation liegt und um sein Leben kämpft. Eine Ansteckung mit Covid ist ganz besonders für diese Kinder wesentlich gefährlicher als für Kinder ohne Grunderkrankungen. Aus Sorge um die Gesundheit der Kinder wägen die Eltern ganz genau ab, ob sie die Kinder in den Kindergarten oder in die Schule gehen lassen: Sind die sozialen Kontakte es wert, die Ansteckungsgefahr in Kauf zu nehmen? Ist Bildung


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 104

wichtiger als die Folgen einer Ansteckung, die wieder zu einem Krankenhausaufenthalt führen?

Diese Fragen belasten die Eltern von Hochrisikokindern jeden Tag. Aus diesem Grund fordern wir für sie in Zeiten von hohen Inzidenzen einen weiteren Anspruch auf Sonder­betreuungszeit, und ich möchte dazu folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausweitung der Sonderbetreuungszeit für Covid-19-(Hoch-)Risikokinder“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit und der Bundesmi­nister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, werden aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu übermitteln, mit der der Anspruch auf Son­derbetreuungszeit für Eltern von (Hoch-)Risikokindern ausgeweitet wird und sie während hoher Covid19-Inzidenzen trotz offener Kinderbildungseinrichtungen Sonderbetreu­ungszeit in Anspruch nehmen können.“

*****

Liebe Kolleginnen und Kollegen, verbessern wir gemeinsam die Situation von Hochri­sikokindern und ihren Familien, nehmen wir diesen Druck von ihnen! Stimmen Sie unse­rem Antrag zu! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.21

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Wimmer,

Genossinnen und Genossen

betreffend Ausweitung der Sonderbetreuungszeit für Covid-19-(Hoch-)Risikokinder

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2070/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert wird (1227 d.B.)

Familien sind seit Beginn der Covid-19-Pandemie im Ausnahmezustand. Zur Mehrfach­belastung durch Homeoffice, Homeschooling und der Angst vor einem Jobverlust oder Kurzarbeit kommt die Sorge um die Gesundheit von Familie und Freunden. Besonders belastend ist diese Situation für Eltern, deren Kinder vor der Pandemie gesundheitlich beeinträchtigt waren. Die Eltern wissen aufgrund von Herzerkrankungen, Lungenerkran­kungen, Autoimmunerkrankungen, Behinderungen oder sonstigen Krankheiten, wie es sich anfühlt, wenn das eigene Kind um sein Leben kämpft. Eine Ansteckung mit Covid-19 ist für diese Kinder wesentlich gefährlicher als für Kinder ohne Grunderkrankungen.

Aus Sorge um die Gesundheit der Kinder wägen die Eltern genau ab, ob die Kinder den Kindergarten oder die Schule besuchen. Sind es die sozialen Kontakte wert, die Anste­ckungsgefahr in Kinderbildungseinrichtungen in Kauf zu nehmen? Ist Bildung wichtiger als die Gefahr eines Krankenhausaufenthalts, wenn sich das Kind mit Covid-19 infiziert? Diese Fragen und noch mehr stellen sich Eltern von (Hoch-)Risikokindern jeden Tag.

Insbesondere in Zeiten von hohen Inzidenzen entscheiden sich die Eltern oft gegen ei­nen Besuch von Kindergarten und Schule und betreuen die Kinder zu Hause. Da diese


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 105

(Hoch-)Risikokinder oft nicht akut erkrankt sind, gibt es weder die Möglichkeit der Pflegefreistellung noch des Pflegeurlaubs. Die Sonderbetreuungszeit kann lediglich ma­ximal 3 Wochen in Anspruch genommen werden. Diese Zeit ist nicht ausreichend, da seit Beginn der Covid-19-Pandemie die Phasen von Hochinzidenzen länger als 3 Wo­chen dauerten.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit und der Bundesmi­nister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, werden aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu übermitteln, mit der der Anspruch auf Son­derbetreuungszeit für Eltern von (Hoch-)Risikokindern ausgeweitet wird und sie während hoher Covid19-Inzidenzen trotz offener Kinderbildungseinrichtungen Sonderbetreu­ungszeit in Anspruch nehmen können.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Arbeit und Soziales und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

13.22.1415. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1162 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden (1232 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2123/A(E) der Abgeordneten Franz Hörl, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ganzjahresperspektive für Saisoniers durch die Rot-Weiß-Rot-Karte“ (1233 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1169 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das IEF-Service-GmbH-Gesetz und das Insol­venz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden (1234 d.B.)

18. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2074/A der Ab­geordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz (AGG) ge­ändert wird (1236 d.B.)



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 106

Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen daher nun zu den Punkten 15 bis 18 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist nun Abgeordneter Alois Stöger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.23.24

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! (Der Redner stellt drei Tafeln auf das Rednerpult, von denen zunächst nur eine sichtbar ist; darauf zu lesen ist: „PRO-GE / Made in Austria / Wer Luxus produziert, sollte auch faire Löhne bezah­len!“) Ich rede heute zum Thema Ausländerbeschäftigungsgesetz, und da ist zum Ersten schon einmal spannend, dass in dieser Regierungsvorlage eine Unwahrheit steht. In der Regierungsvorlage wird nämlich behauptet, dass die Sozialpartner dieser Regierungs­vorlage zugestimmt hätten. – Das ist nicht der Fall, die Arbeitnehmervertreter haben aus­drücklich nicht zugestimmt. Wir werden hier mit Fakenews bedient. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister, Sie sind ja ein Markttheoretiker, als solcher bekannt, und Sie sa­gen immer, der Markt regle alles – und Sie machen jetzt mit dem Ausländerbeschäfti­gungsgesetz etwas ganz Besonderes. Wir haben in Österreich Arbeitsbedingungen, vor allem in der Gastronomie, vor allem bei den Erntehelferinnen und Erntehelfern und na­türlich auch in einzelnen Branchen wie in der Lederindustrie, die dazu führen, dass man auf einem Markt von 320 Millionen Menschen in der Europäischen Union niemanden mehr findet, der diese Tätigkeiten in Europa erledigen möchte. Und was machen Sie? – Sie sagen nicht: Machen wir die Europäische Union zu und schauen wir, dass sich das dort am Markt regelt! – Nein, Sie gehen her und sagen: Wir machen für Drittstaaten auf, wir machen jetzt für Saisonarbeiter auf, wir holen uns die nächsten aus Kambodscha oder woher auch immer, damit wir diese schlechten Arbeitsbedingungen in Österreich aufrechterhalten können! – Herr Bundesminister, wir sollten jetzt ernsthaft darüber re­den, was das für die Menschen in Österreich heißt.

Ich kann Ihnen ganz konkret sagen: Es hat am Montag eine Betriebsversammlung bei einer Firma aus der Lederindustrie in Jennersdorf gegeben. Ich sage dem Betriebsrats­vorsitzenden Karoly Kosa Danke dafür, dass sie sich dafür einsetzen, dass sie in der Lederindustrie vernünftige Arbeitsbedingungen haben. Dort, wo man Güter für die Gstopften produziert, will man den Leuten nicht einmal 1 500 Euro für 40 Stunden Ar­beitsleistung geben. Das geht nicht! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Rauch.) Da muss man etwas tun, und da erwarte ich mir Ihre Mithilfe.

Gestern hat es eine Betriebsversammlung mit 400 Leuten in Wollsdorf gegeben. Ich be­danke mich bei der Betriebsratsvorsitzenden Michaela Pregatter, die mit den Leuten dort diskutiert hat, was es bedeutet, vernünftige Arbeitsbedingungen zu haben. Und es steht der Familie Schmidt gut an, wenn dort entsprechende Arbeitsbedingungen geschaffen werden und ein Mindestlohn von 1 500 Euro umgesetzt wird.

Und jetzt, während wir hier sitzen, während wir hier sitzen und diskutieren, setzen sich ganz konkret in Feldbach bei der Firma Boxmark Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zusammen und verlangen andere Arbeitsbedingungen in der Lederindustrie. Sie wollen auch die 1 500 Euro durchsetzen.

Mit Ihrer Maßnahme (in Richtung Bundesminister Kocher), dass Sie ausgeschrieben ha­ben, dass zum Beispiel die Gerber in der Steiermark jetzt wieder in der Mangelberufsliste geführt werden können, betreiben Sie genau dort Lohn- und Sozialdumping. Ich bedanke mich unter anderem bei Betriebsratsvorsitzenden Andreas Rabl, dass sie sich das nicht gefallen lassen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 107

Herr Bundesminister, ich habe eine Bitte an Sie: Ziehen Sie die Mangelberufsliste zu­rück, nehmen Sie den Beruf des Gerbers von der Liste – wenn nicht, könnte ich Sie in Zukunft nicht mehr Arbeitsminister, sondern müsste ich Sie Lohn- und Sozialdumping­minister nennen!

(Die restlichen zwei der zu Beginn der Rede aufgestellten Tafeln mit der Aufschrift „Lohn­erhöhung!“ sowie „1.500 Euro Jetzt!“ hintereinander zeigend:) Es geht darum, dass man eine Lohnerhöhung braucht, 1 500 Euro, und zwar jetzt! (Beifall bei der SPÖ.)

13.27


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Rebecca Kirchbaumer. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.27.48

Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer (ÖVP): Herr Präsident! Werter Herr Bundesmi­nister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause und via Livestream! Herr Kollege Stöger, mir fehlen bald wirklich die Worte! Es ist unfassbar, was Sie hier für einen Schmarrn reden! Definitiv Schmarrn! (Beifall bei ÖVP und Grü­nen. – Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

13.28.09*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Kollegin, für diesen Vorwurf habe ich Ihnen einen Ordnungsruf zu erteilen, wie Sie sicher erwartet haben.

*****

Bitte setzen Sie fort!


13.28.17

Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer (fortsetzend): In Österreich haben wir einen Kol­lektivvertrag, den die Sozialpartner ausverhandeln. Da sind Sie dabei, da sind wir dabei, aber anscheinend ist bei euch keiner dabei. Also ich verstehe die Welt nicht mehr! (Abg. Belakowitsch: Das ist bei der ÖVP ganz normal!) Wo ist da Sozialdumping? Also bei aller Wertschätzung, aber wir suchen händeringend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wir haben zu wenige Arbeitskräfte in Österreich – und dann dürfen wir nicht Arbeitskräfte aus dem Ausland hereinholen?! Ja sind das andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Haben diese Menschen kein Recht auf Arbeit? (Beifall bei ÖVP und Grünen.) Also bei aller Wertschätzung!

Meiner Meinung nach ist das heute ein Freudentag, besonders für die Tourismusbran­che. Seit vielen Jahren suchen die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Touris­musbranche händeringend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und wollen ihre langjährigen Saisonkräfte halten. (Abg. Belakowitsch: ... Arbeitskräfte das ganze Jahr über!) Herr Kollege Stöger, wir machen in der Hotellerie und in der Gastronomie so viel für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass sie bei uns bleiben wollen und gerne bei uns ar­beiten. Wir schaffen Anreize wie zum Beispiel ganz moderne Personalhäuser, Zugänge zu den Wellnessbereichen, zu den Fitnessbereichen. Es wird auch darauf geachtet, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine freizeitfreundliche Diensteinteilung haben. (Abg. Belakowitsch: Was ist eine „freizeitfreundliche Diensteinteilung“?)

Also noch einmal: Wir schauen auf unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – das Fun­dament jedes Unternehmens in Österreich und auf der ganzen Welt sind seine Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter. Ohne diese können wir nicht erfolgreich sein. Österreich ist das Tourismusland Nummer eins. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Es ist das Ge­bot der Stunde, dass wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch dementsprechend


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 108

entlohnen und dementsprechend wertschätzen. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwi­schenruf bei der SPÖ.)

Mit der heutigen Änderung entlasten wir die heimischen Tourismusbetriebe. Sie können in Zukunft ihre Stammkräfte aus dem Ausland leichter anstellen und ganzjährig be­schäftigen. Das ist auch ein Stichwort: Die ganzjährige Beschäftigung ist für jeden Ar­beitnehmer und jede Arbeitnehmerin etwas ganz Wichtiges.

Wir suchen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und finden sie in Österreich leider nicht. Warum? – Weil wir einfach zu wenige haben. Deswegen müssen wir auf dem ausländi­schen Markt nach ihnen suchen. Bisher war es so, dass jährlich eine Höchstzahl für befristet beschäftigte ausländische Saisonkräfte festgelobt wurde. Diese Höchstzahl wird nun entfallen. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Künftig wird die Zulassung der Saison­niers jährlich über die Kontingentverordnung geregelt, dadurch kann man besser auf die Betriebe eingehen.

Eine zweite positive Nachricht: Die Bundesregierung wird dafür sorgen, dass die Rot-Weiß-Rot-Karte in Zukunft auf Saisonarbeitskräfte angewendet werden kann – vielen Dank dafür im Vorhinein. Mit dieser Änderung gehen wir ein Stück weit in die richtige Richtung, aber es wird trotz alledem weiterhin herausfordernd bleiben, dass wir Mitarbei­terinnen und Mitarbeiter finden, halten und weiter beschäftigen können, um somit auch den Wohlstand in Österreich zu sichern.

Das ist meine letzte Rede vor Weihnachten. Ich möchte allen ein schönes Weihnachts­fest wünschen. Liebe Gabi, alles Gute zu deinem runden Geburtstag und Gesundheit! (Abg. Heinisch-Hosek: Danke!) Wenn ich mir zu Weihnachten etwas wünschen darf (Abg. Wurm: Ah, jetzt kommt etwas! Nächstes ...!), dann wünsche ich mir von der FPÖ, dass sie einen hundertprozentigen Kurswechsel macht, und von all denjenigen da drau­ßen, die noch nicht geimpft sind, dass sie sich impfen lassen. (Abg. Belakowitsch: Man­che Wünsche werden nicht erfüllt!) – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.32


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Christian Rag­ger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.32.23

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Minister! Was wünsche ich mir zu Weihnachten? – Ich wünsche mir zu Weih­nachten, dass es kein Impfzwanggesetz gibt und dass nicht Tausende und Millionen von Österreichern zwangsweise ab 1. Feber geimpft werden – aber das nur einleitend. (Bei­fall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Für mich ist bei diesen Tagesordnungspunkten etwas ganz Wesentliches dabei – und da muss man dem Minister ab und an auch mal Danke sagen –, und zwar dass es zu­sätzliche Unterstützung für Personen gibt, die eine Vermittlungseinschränkung haben. Ich möchte dazu ein bisschen ausholen, weil ich aus der Erfahrung des Kärntner Land­tages, aber auch aus meiner Tätigkeit als Sozialreferent des Landes Kärnten die Erin­nerung an viele Projekte mitgenommen habe, bei denen das nicht so einfach war. Ich erinnere mich an ein Projekt, das wir gemeinsam mit einer großen Einkaufsgruppe ge­macht haben – man darf auch Werbung machen: es war die Spar-Gruppe –, die das erste Mal in der Lage gewesen ist, Personen mit Einschränkung physischer oder psychi­scher Natur aufzunehmen und sie ganz normal im Berufsalltag auszubilden.

Das ist ein wesentliches Projekt, das man aufgreifen sollte und das quasi als Best Practice für ganz Österreich herangezogen werden kann, weil genau das die Punkte sind, die so notwendig wären und in Österreich fehlen, wenn es darum geht, Menschen mit Beeinträchtigungen, mit Vermittlungseinschränkungen stärker in den Berufsalltag zu integrieren.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 109

Ich kann nur an Sie appellieren und mir auch wünschen, dass wir am Ende des Tages sogar noch weiter kommen, nämlich insofern, als Menschen, die eine Beeinträchtigung haben, nicht nur ein Almosen von 20, 30 Euro bekommen, sondern wirklich beruflich anerkannt werden und gleichzeitig auch pensionsversichert sind, denn dass diese Men­schen im Berufsalltag integriert sind, ist eine kardinale Voraussetzung im Hinblick auf Gleichwertigkeit und auch des Nationalen Aktionsplanes. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist, glaube ich, ein erster Schritt. Diese 2 Millionen Euro sind zwar nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber es ist ein richtiger, wichtiger Schritt für Menschen mit Beein­trächtigung. Daher kann man das nur empfehlen und dementsprechend auch unterstüt­zen, und daher wird auch unsere Fraktion dem positiv gegenüberstehen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Hörl.)

13.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Barbara Neßler. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.34.47

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Ministerin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Ich glaube, die SPÖ hat den Antrag nicht ganz verstanden. Mit diesen Anträgen zur Änderung der Stammsaison­niersregelung und der Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte, die wir jetzt diskutieren, wird ein Prozess in Gang gesetzt, der zum Ziel hat, die Bedingungen für Stammsaisonniers deut­lich zu verbessern, denn bisherige Hürden für Stammsaisonniers, beispielsweise der Weg zu einem sicheren Aufenthaltstitel, werden beseitigt.

Langjährige Saisonarbeiter und -arbeiterinnen erhalten eine Ganzjahresperspektive, und ich darf hinzufügen: Das war wirklich schon lang überfällig. Das betrifft derzeit in etwa 3 100 Beschäftigte vorwiegend im Tourismusbereich, in dem, wie wir ja wissen – Frau Kirchbaumer hat es angeführt –, händeringend nach Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen gesucht wird. Das sind Personen, die in den letzten Jahren immer wieder zu uns ge­kommen sind, hier gearbeitet haben und zum Stammpersonal zählen.

Nicht zu vergessen ist, dass die Betriebe natürlich auf ihre Mitarbeiter und Mitarbeite­rinnen angewiesen sind. Die Betroffenen können quasi ab sofort außerhalb der Quote beschäftigt werden und sind – anders, als es jetzt geregelt ist – nicht einem einzigen Betrieb zugeteilt oder auf einen einzigen Betrieb angewiesen.

Was heißt das? Welche Vorteile bringt das? – Das wirkt sich natürlich positiv auf den Wettbewerb innerhalb der Branche aus, das heißt, es kommt zu Verbesserungen, was die Arbeitsbedingungen anbelangt, und es kommt zu Verbesserungen, was die Bezah­lung anbelangt. (Beifall bei den Grünen.)

Warum kommt es zu einer Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte? – Damit können die Be­rufsfelder durch eine langfristige und sichere Aufenthaltsperspektive attraktiver gemacht werden und Unsicherheiten für Arbeitgeber, Arbeitgeberinnen, Arbeitnehmer und Arbeit­nehmerinnen beseitigt werden. Davon profitieren vor allem Tourismusbetriebe, die ganz­jährig geöffnet sind. Ich glaube, das ist eine Win-win-Situation, und ich verstehe nicht, wieso gerade die Sozialdemokratie dagegen ist. (Zwischenruf des Abg. Wurm.)

Zum Personalmangel im Tourismus: Das ist nichts Neues, das haben wir schon öfters diskutiert, aber ich möchte schon auch hinzufügen, dass man das große Ganze an­schauen muss. Wir müssen uns beispielsweise anschauen, dass undurchsichtige Inves­torenmodelle einfach sozial schlechtere Standards bieten, das heißt, wir müssen die oft kleinstrukturierten, familiär geführten Betriebe fördern. Wir müssen uns aber auch die Besetzungsstrategie innerhalb der Betriebe anschauen. Da gibt es das größte Potenzial,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 110

und das liegt ganz klar bei den Frauen. Darum fordert die Wirtschaftskammer nicht um­sonst den Rechtsanspruch auf die Kinderbetreuung. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir da mit schnellen Schritten vorankommen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich freue mich jedenfalls, dass wir jetzt mit der Rot-Weiß-Rot-Karte einen wichtigen Schritt setzen. Es geht – noch einmal zusammengefasst – um die Menschen, die hier arbeiten, um die Menschen, die hier Steuern zahlen, um die Menschen, die zum gesell­schaftlichen Reichtum in Österreich beitragen, die aber nicht davon profitieren, weil sie gleich ausreisen müssen. Das ist ein unerträglicher Zustand, und deshalb ist es gut, dass wir das endlich ändern. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Mag. Gerald Loacker. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.38.29

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Ja, wir haben es mit einem veritablen Arbeitskräftemangel in Österreich zu tun, und in dieser Phase sieht man, dass die Freiheitlichen und die Sozialdemokraten, insbesondere der Gewerkschaftsflügel, den gleichen Feind ausmachen: die Ausländer auf dem Arbeitsmarkt – völlig irre! (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Hörl. – Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Aufgrund dieses Arbeitskräftemangels, in dem die österreichische Wirtschaft steckt, sind wir natürlich auf Arbeitskräfte aus dem Ausland mit angewiesen. Österreich steuert aller­dings seine Zuwanderung sehr schlecht, wir schauen da ganz wenig auf die Qualifika­tion. (Zwischenruf des Abg. Wurm.) Wir sind, glaube ich, Weltmeister im Nachzug von Familien aus Tschetschenien, aber wir sind nicht Weltmeister im Zuzug von Fachkräften. (Beifall bei NEOS und ÖVP.)

Wenn jetzt die Rot-Weiß-Rot-Karte adaptiert wird, begrüße ich das. Ich begrüße nämlich, dass darüber nachgedacht wird, an der Rot-Weiß-Rot-Karte Verbesserungen vorzuneh­men, aber ich glaube nicht, dass für Tourismuskräfte, für Saisonkräfte die bürokratische Bombe Rot-Weiß-Rot-Karte das geeignete Instrument ist.

Solange zwei Behörden am Anliegen einer Person arbeiten, wird die Rot-Weiß-Rot-Karte immer zu langsam für die wirkliche Welt sein. Der Reformbedarf wurde aber erkannt, und das ist bei dieser Regierung ja schon einiges.

Wir haben das Problem, dass die Rot-Weiß-Rot-Karte so langsam erteilt wird, dass Fachkräfte schon lange in Schweden, in Kanada, in Australien arbeiten, bevor sie in Österreich eine Rot-Weiß-Rot-Karte bekommen haben. Ich bringe daher folgenden An­trag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Reform Rot-Weiß-Rot Karte: Fast Track einführen!“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, und insbesondere die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort sowie der Bundesminister für Arbeit, werden aufgefordert, dem Na­tionalrat rasch eine Gesetzesinitiative vorzulegen, die eine umfassende Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte vorsieht, wobei für Unternehmen in innovativen Branchen zudem ein Fast-Track Verfahren eingerichtet wird.“

*****


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 111

Für eine IT-Kraft beispielsweise muss das ein bisschen flotter gehen.

Spannend ist, dass das, was Kollegin Neßler gesagt hat, und auch das, was Kollegin Kirchbaumer ausgeführt hat, halt nur teilweise der Wahrheit entspricht, wenn es um die Frage geht, dass Saisonniers zukünftig leichter bei uns arbeiten können. Es wurde näm­lich nicht ins Gesetz geschrieben, dass ein Saisonnier, der in den letzten fünf Jahren dreimal da war, es künftig leichter hat, bei uns zu arbeiten, sondern nur wer von 2017 bis 2021 dreimal da war, hat es im 2022er-Jahr leichter. Im 2023er-Jahr ist die Regelung schon wieder hin. Das machen Sie jetzt für ein Jahr. Was soll denn das bringen? – Es ist eine Augenauswischerei. Es wäre richtig gewesen, zu sagen: Wer in den letzten fünf Jahren dreimal als Saisonnier in Österreich war, kann dann im nächsten Jahr unbe­schränkt wieder arbeiten kommen. (Beifall bei den NEOS.)

Weil wir die Insolvenzentgeltfrage hier auch noch – zwar in einer anderen Frage, nämlich in einer Strukturfrage – auf der Tagesordnung haben: Herr Minister, die Lohnnebenkos­tensenkung um 0,1 Prozentpunkte bei Gesamtlohnnebenkosten von 30 Prozent ist jetzt kein Grund, sich medial derart abzufeiern. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

13.42

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Reform Rot-Weiß-Rot Karte: Fast Track einführen!

eingebracht im Zuge der Debatte in der 137. Sitzung des Nationalrats über Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2123/A(E) der Abgeordneten Franz Hörl, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend "Ganzjahresperspek­tive für Saisoniers durch die Rot-Weiß-Rot – Karte" (1233 d.B.) - TOP 16

Reformvorhaben Rot-Weiß-Rot-Karte, überraschende Zuständigkeiten und die wider­sprüchlichen Signale von Wirtschaftsministerin Schramböck

Im Regierungsprogramm 2020-2024 wurde die dringend nötige Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte vereinbart. Die wichtigsten Punkte, wie die Konsolidierung der gesetzlichen Grundlage, die Vereinfachung und Straffung von Verfahren sowie die Senkung von Ge­haltsgrenzen, werden dort ausdrücklich adressiert. Auch die Einrichtung eines One-Stop-Shops wird als Vorhaben festgehalten. Die Vereinfachung des Verfahrens durch eine einzige Anlaufstelle für Unternehmer_innen erscheint zwar sehr sinnvoll, die Aus­wahl der Agentur erfüllt dieses Kriterium allerdings nicht. Die Austrian Business Agency (ABA), als Betriebsansiedlungsagentur Österreichs, kümmerte sich ihrem Auftrag ent­sprechend bisher um ausländische Unternehmen, die sich in Österreich niederlassen wollten und nicht um inländische Unternehmen, die Fachkräfte im Ausland suchen. Die­se Vermischung von Aufgaben erscheint wenig sinnvoll und wirft auch Fragen im Zu­sammenhang mit der Gesetzeskonformität einer Arbeitskräftevermittlung durch die ABA auf - vor allem hinschlich der gesetzlichen Bestimmungen des AMFG. Knapp 3,2 Mio. Euro werden laut Budget 2022 für diese "Work in Austria" genannte Initiative des BMDW veranschlagt. Im entsprechenden Budgetausschuss am 9.11.2021 hielt Bundesminis­terin Schramböck auf Nachfrage von NEOS fest, dass es sich bei den Dienstleistungen der ABA nicht um Arbeitskräftevermittlung, sondern um eine Unternehmensunterstüt­zung handelt, bei der ausländische Märkte nach Mitarbeiter_innen "gescreent" werden. Der Fokus soll laut Schramböck auf Bürger_innen aus der Europäischen Union gelegt werden - was eine widersinnige Aufgabengestaltung ist, da diese Personen keine Rot-Weiß-Rot-Karte brauchen. Diese widersprüchlichen Aussagen der Wirtschaftsministerin wurden letztlich nur von ihrer Feststellung übertroffen, all dies im bestehenden gesetz­lichen Rahmen erreichen zu wollen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 112

Lange Verfahren als Standortnachteil: Umfassende Reform mit Fast Track für innovative Branchen

Die Rot-Weiß-Rot-Karte ist für viele Unternehmer_innen in der jetzigen Form schlichtweg unbrauchbar. Der gesetzliche Rahmen ist nicht mehr zeitgemäß, die Verfahren sind zu bürokratisch und dauern zu lange. Zahlreiche Expert_innen, Unternehmensvertre­ter_innen und NEOS fordern daher schon lange eine umfassende Reform. Selbst die Stabsstelle ThinkAustria im Bundeskanzleramt hat auf die Notwendigkeit schnellerer Verfahren hingewiesen. Arbeitsminister Kocher hat zumindest zugesagt, nach Lösungen suchen zu wollen und dabei auch ganz klar ausgesprochen, dass die aktuelle Ausgestal­tung einen Wettbewerbsnachteil für den Standort Österreich bedeutet (1). Gerade in in­novativen Branchen herrscht ein sehr harter Wettbewerb um Talente. Aufwändige Ver­fahren und vor allem lange Wartezeiten bedeuten dann oft, dass die gewünschten, hoch­qualifizierten Mitarbeiter_innen woanders hingehen, aber auch, dass sich Unternehmen wegen dieser Nachteile nicht in Österreich niederlassen oder heimische Unternehmen deshalb ins Ausland wandern. Selbst in einer bezahlten Anzeige der durch das Wirt­schaftsministerium kontrollierten Betriebsansiedlungsagentur ABA vom 8.11.2021 wird eingeräumt, dass das Unternehmen und der künftige Mitarbeiter oder die künftige Mitar­beiterin für eine Bewilligung "zwei bis drei Monate Zeit" einplanen sollten (2). Dies alles belastet Start-ups ganz besonders, da diese weniger Ressourcen zur Verfügung haben als größere Unternehmen. Gerade die Start-up-Szene unterstreicht schon seit Jahren die Dringlichkeit von Reformen und zeigt sich von den unerfüllten Versprechen der Wirtschaftsministerin enttäuscht. Immer wieder wird betont, dass die aktuelle Form der Rot-Weiß-Rot-Karte für Startups unbrauchbar sei (3). Die Schwierigkeiten aus diesem anhaltenden Reformstau für viele Unternehmer_innen gehen bereits in Resignation über (4). Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, rasch konkrete Gesetzesände­rungen vorzulegen, die zu deutlichen Verbesserungen bei der Beantragung von Rot-Weiß-Rot-Karten führen. Dabei sollte speziell die Reduktion der bürokratischen Hürden und die Verringerung der Verfahrensdauer im Vordergrund stehen. Wegen des beson­ders stark ausgeprägten Wettbewerbs um internationale Talente in gewissen Sektoren, sollte eine Reform auch die Möglichkeit für gewisse innovative Branchen beinhalten, in einem Fast Track Verfahren rasch Mitarbeiter_innen aus Drittstaaten einstellen zu kön­nen. Ein Reformvorschlag soll daher auch eine Liste an Branchen beinhalten, die für schnellere Prüfverfahren in Fragen kommen. Eine wesentliche Erleichterung soll dabei unter anderem darin bestehen, dass in solchen Verfahren die Prüfungen des Arbeits­marktservices wegfallen.

Quellen:

1.    https://brutkasten.com/neue-arbeitswelten-interview-kocher-mei-pochtler/

2.    https://www.trendingtopics.at/rot-weiss-rot-karte-aba/

3.    https://www.derstandard.at/story/2000131557679/start-up-investor-hansmann-rot-weiss-rot-karte-war-ein

4.    https://brutkasten.com/bitpanda-demuth-kritik-rot-weiss-rot-karte/

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, und insbesondere die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort sowie der Bundesminister für Arbeit, werden aufgefordert, dem Na­tionalrat rasch eine Gesetzesinitiative vorzulegen, die eine umfassende Reform der Rot-


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 113

Weiß-Rot-Karte vorsieht, wobei für Unternehmen in innovativen Branchen zudem ein Fast-Track Verfahren eingerichtet wird."

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht in Verhandlung.

Bevor der Herr Bundesminister zu Wort kommt, gibt es noch eine tatsächliche Berich­tigung von Kollegen Alois Stöger. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Rufe bei der ÖVP: Mei! Oje! Oje, oje!)


13.42.11

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ab­geordneter Loacker hat in seiner Rede behauptet, dass die SPÖ, besonders der Gewerk­schaftsflügel, gegen die Ausländer am Arbeitsmarkt auftritt. Das ist unrichtig, das Gegen­teil ist der Fall.

Der richtige Sachverhalt lautet: Der Gewerkschaftsflügel setzt sich dafür ein, dass die Arbeitsbedingungen für alle Menschen, die in Österreich arbeiten, gut sind. Ich habe mich sogar bei Ausländern, die in Österreich arbeiten, bedankt, dass sie dafür kämpfen, dass die Arbeitsbedingungen besser werden. Wir brauchen mehr Lohn, gerade in der Lederindustrie – 1 500 Euro jetzt! (Beifall bei der SPÖ.)

13.43


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun, Herr Bundesminister, gelangen Sie zu Wort. – Bitte schön.


13.43.04

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bin ehrlich gesagt etwas überrascht, dass ich aufgefordert werde, mich in Kollektivvertragsverhandlungen einzumischen. Ich glaube, es ist in Österreich gute Tradition, dass es eine Trennung zwischen dem, was die Sozialpartner verhandeln, und dem, was der Arbeitsminister, das Arbeitsministerium, was Arbeitsbedingungen betrifft, grundsätzlich regeln sollte. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zur Frage der Stammsaisonniers: Ich glaube, das ist eine wichtige Frage, und ich glaube, dass uns da eine recht gute Regelung gelungen ist. Warum? – Es gibt viele Menschen, die seit Jahren, teilweise seit Jahrzehnten nach Österreich arbeiten kommen – gerade im Tourismus, aber auch darüber hinaus –, die immer eine etwas prekäre Lage hatten und jetzt mit dieser Stammsaisonniersregelung einfach Rechtssicherheit haben. Das be­trifft sowohl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch die Betriebe, die wissen, dass das funktioniert. Das sind Leute, die mindestens dreimal in den letzten fünf Jahren min­destens drei Monate in Österreich beschäftigt sein mussten. Wir sprechen von ungefähr 3 000 Personen, wie gesagt vor allem im Bereich des Tourismus, der Gastronomie, der Hotellerie.

Da muss man dazusagen, dass die Knappheit an Arbeitskräften in diesem Sommer be­sonders stark war. Das ist eine Folge der Pandemie, der Verwerfungen der Pandemie. Viele Saisonniers sind nicht nach Österreich zurückgekommen, einige Menschen haben sich nach der langen Phase der Schließungen umorientiert. Deshalb war dort die Knapp­heit besonders groß, und sie war auch regional sehr unterschiedlich.

Auf einem Arbeitsmarkt wie dem von Tirol oder Salzburg, wo die Arbeitslosigkeit im Herbst unter 4 Prozent lag, ist praktisch Vollbeschäftigung gegeben. Ich kenne viele Be­triebe, vonseiten deren gesagt wurde, sie zahlen weit über Kollektivvertrag und finden


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 114

trotzdem niemanden. Deshalb halte ich die Regelung grundsätzlich für gerechtfertigt. Niemandem in Österreich wird damit ein Arbeitsplatz weggenommen. Diese Arbeitsplät­ze wären sonst einfach nicht besetzt worden, wenn es diese Regelung nicht gäbe. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ein Satz noch zum Thema Insolvenzentgeltfonds: Da geht es um eine leichte und kleine Anpassung, was die Behördenstruktur betrifft und die Möglichkeit für die Behörde, selbst diese Strukturänderung vorzunehmen. Zu dem anderen Punkt, der angesprochen wur­de, was die Lohnnebenkosten, also den Beitrag betrifft, will ich jetzt nichts sagen. Dieser Verordnungsentwurf ist noch in Begutachtung und steht nicht zur Debatte, ist heute nicht auf der Tagesordnung. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.45


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Franz Hörl. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie gelangen zu Wort. (Beifall der Abg. Kirchbaumer für den sich eilig zum Rednerpult begebenden Abg. Hörl.)


13.46.02

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Präsident! Herr Minister, ich habe nicht gewusst, dass Sie sich so kurz halten. So wie ich das sehe, ist neben Corona der Ar­beitskräftemangel bei uns in der Wirtschaft die größte Bremse für Wohlstand, für Un­ternehmen, für Weiterentwicklung. Im Westen haben wir bereits ein strukturelles Pro­blem, das sich in den nächsten Jahren eher noch verstärken wird. Demografie und Nachfrage klaffen bei uns in Österreich schon jetzt auseinander, und wenn jetzt noch die Pensionierungen der Babyboomergenerationen kommen, wird das noch viel schwieriger.

Wenn man das auf den Tourismus umlegt, dann haben wir eine enorme Explosion der Zahl der Mitarbeiter und an Mitarbeiterbedarf. Alleine seit 2001 haben wir in der Hotel­lerie und im normalen Tourismus 80 Prozent mehr an Mitarbeitern – durch mehr Dienst­leistung, durch qualitativ höhere Angebote und so weiter. Eine Lösung für diesen Wider­spruch zu finden ist schwierig. Deshalb danke ich Kollegin Neßler, auch Herrn Koza und Ihnen, Herr Minister, dass es uns möglich war, die Stammsaisonnierregelung einzufüh­ren. Wir brauchen da aber eine schnelle Übergangslösung für den 1. Jänner und natür­lich auch die Möglichkeit einer Erhöhung des Kontingents, weil es ohne ausländische Mitarbeiter nicht geht.

Es ist auch notwendig, die Rot-Weiß-Rot-Karte zu überarbeiten. Der Rot-Weiß-Rot-Karte müssen wir den Turbo aufsetzen – der Ausdruck von Herrn Kollegen Loacker, Fast Track, gefällt mir sehr, sehr gut, weil wir dort wirklich viel zu lange Verfahren haben. Ich gebe ihm auch recht darin, dass mit Bezirkshauptmannschaften und Magistraten und AMS als zwei Behörden das Ganze verkompliziert wird. Man müsste da eine bessere Lösung finden. Auch Frau Kollegin Neßler hat recht: Wenn wir diese Rot-Weiß-Rot-Karte mobil gestalten, könnten wir damit einerseits Mitarbeiter mit einem begrenzten Aufenthalt ohne Altersbeschränkung für einzelne Projekte, auch in der Technik und so weiter, und auf der anderen Seite doch auch ganzjährige Beschäftigungen regeln.

Es gibt einige Wünsche, die wir in diesem Zusammenhang haben. Sie betreffen zum Beispiel den schwierigen Nachweis von Berufsabschlüssen. Die Berufsabschlüsse müs­sen zu 100 Prozent mit dem österreichischen Ausbildungsstandard parallel laufen. Das ist, glaube ich, international gesehen doch etwas praxisfremd. Auch die Praxiszeiten könnten wir etwas flexibler gestalten. Es gibt eine ganze Reihe solcher Vorschläge. Ein Experte hat mir aber gesagt, einer der größten Wünsche, die er für die Wirtschaft hat, ist, dass wir informell und nicht formal erworbene Kompetenzen durch Praxistests be­rücksichtigen. – Das sollten Voraussetzungen dafür sein, dass wir bei der Rot-Weiß-Rot-Karte entscheidend weiterkommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 115

Im Großen und Ganzen, Herr Kollege Stöger, noch ein paar Worte zum Tourismus, auch zu Kollegen Muchitsch: Ich darf euch sagen, wir haben im Tourismus natürlich ein Problem, aber wenn ich mir die Löhne anschaue, kann ich feststellen, dass 1 500 Euro Mindestlohn im Tourismus überhaupt kein Problem sind. Kein Mitarbeiter bei mir hat weniger, und die Löhne liegen bei uns im Schnitt bei 3 000 Euro brutto bei den Hilfs­kräften unter den Mitarbeitern. Küchenchefs haben höhere Gehälter, die liegen fast auf der Höhe jener von Nationalratsabgeordneten. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Also der Tourismus braucht sich, glaube ich, was die Bezahlung betrifft, nicht mehr zu schämen. Wir sind da auf einem ganz guten Weg.

Deshalb, Herr Minister, bitte ich darum, diesem Entschließungsantrag zu entsprechen, dass wir die Rot-Weiß-Rot-Karte mobiler, flexibler gestalten. Wie Kollege Loacker so treffend gesagt hat: Wir machen daraus einen Fast Track. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Markus Koza. – Herr Abgeordne­ter, bitte schön.


13.49.29

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor ich zu dem Tagesordnungspunkt rede, zu dem ich reden will, habe ich noch kurz ein paar Anmerkungen zur Frage der Stammsaisonniers.

Liebe FreundInnen von der Sozialdemokratie, ich bin, glaube ich, 20 Jahre hindurch in Gremien des Gewerkschaftsbundes gesessen, und ich habe dort in Zeiten Großer Koa­litionen, als die Sozialdemokratie in der Regierung war, sehr viel erlebt. Dinge, die heute von dieser Regierung beschlossen werden, waren damals nicht einmal ansatzweise einer Kommentierung würdig. Heute aber wird bei allem, was hier passiert, der Teufel an die Wand gemalt. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich habe hier für etwas, das ich genannt habe, schon einmal einen Ordnungsruf be­kommen, und darum nenne ich es jetzt nicht mehr so. Diese Stammsaisonnierregelung aber, die wir jetzt umsetzen, ist ziemlich wortident im Jahr 2012 umgesetzt worden. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Damals waren 1 800 Stammsaisonniers davon betrof­fen, hatten also die Möglichkeit, das zu machen. Es war ein sozialdemokratischer Ar­beits- und Sozialminister, es hat damals keine Empörung gegeben, es hat damals kein Geschrei gegeben, es hat damals keine Befürchtungen gegeben, und es waren ein paar wenige Hundert, die das in Anspruch genommen haben. Das heißt: soziale Katastrophe abgesagt. – Es tut mir leid. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Im Gegenteil: Das, was hier passiert, ist eine Stärkung genau dieser ArbeitnehmerInnen, die vermutlich zu denjenigen gehören, die die geringsten Rechte in diesem Land haben, weil sie endlich ihren Job auswählen können – noch in der gleichen Branche –, jene Arbeitgeber auswählen können, die die besseren Arbeitsbedingungen und auch die bes­seren Einkommen anbieten. Ich sage euch ganz ehrlich: Ich bin für jede Unterstützung, und ich bin für die Stärkung der Rechte jedes Arbeitnehmers und jeder Arbeitnehmerin, egal ob sie aus dem Inland oder Ausland kommen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Zuletzt jetzt zu dem Punkt, zu dem ich eigentlich sprechen wollte – die Zeit ist eh schon fast vorbei –: Es geht um diesen Antrag zum Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz. Das klingt sehr kompliziert, tatsächlich geht es darum, dass wir heute den Schritt in Richtung eines One-Stop-Shops starten, eines Pilotversuchs, der in Salzburg stattfinden soll.

Was passiert da? – Menschen, die es auf dem Arbeitsmarkt schwer haben, die vor allem in Problemlagen sind, die ihnen die Arbeitsaufnahme erschweren – das kann ein fami­liäres Problem sein, das kann ein Schuldenproblem sein, das kann ein psychisches Problem


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 116

sein –, bekommen künftig an einem Ort, an einem Platz entsprechende Unterstützung, Beratung und Hilfe bei der Bewältigung ihrer Probleme, damit es einen leichteren Zu­gang und eine leichtere Möglichkeit gibt, möglichst rasch wieder in einen Arbeits- und Erwerbsprozess zu kommen. Das beschließen wir heute. Wir schaffen die rechtlichen Möglichkeiten, dass das Bundesministerium für Arbeit, das Bundesministerium für So­ziales und die PVA die entsprechenden Einrichtungen, nämlich diese One-Stop-Shops, finanzieren können. Der Pilot wird in Salzburg starten. Wir sind sehr gespannt, und wir sind uns sicher, es wird eine deutliche Verbesserung der sozialen Situation von Arbeits­suchenden, die Schwierigkeiten haben, bringen. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

13.52


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Tanja Graf. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.52.56

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Minister! Geschätzter Staatssekretär, Sie darf ich auch schon begrüßen! – Ach, Entschuldigung, Minister, Fi­nanzminister! (Allgemeine Heiterkeit.) Wir sprechen heute hier über das Thema Tou­rismus.

Begleiten Sie mich nach Salzburg! Alle, die schon einmal in Salzburg waren oder gerne nach Salzburg kommen möchten, schätzen an Salzburg eines wirklich sehr: Das ist die hohe Qualität, die wir haben, und unsere Gastfreundschaft. Salzburg ist ein Tourismus­land, das jährlich Millionen von Gästen aus dem In- und Ausland gerne besuchen. Un­sere Tourismusbetriebe verwöhnen unsere Gäste gerne und mit großer Hingabe. Bei vielen Rankings und Gästebewertungen liegt Salzburg an der Spitze, und das kommt nicht von ungefähr. Erst letztes Jahr kürte der international anerkannte Reiseführer „Best in Travel“ unsere Mozartstadt Salzburg zur weltweiten Nummer eins unter den Städten. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Salzburg führte das Ranking vor Washington, D.C., und sogar CNN hat über die Platzierung berichtet und schwärmt von unserer Stadt, die auch als Rom des Nordens bekannt ist.

Auch sehr geschätzt wird die familiäre Atmosphäre in den Tourismusbetrieben im ländli­chen Raum, denn sie sind es, die sich tagtäglich rund um die Uhr um unsere Gäste kümmern. All das ist durch die gute Qualität unserer Tourismusbetriebe möglich (neu­erlicher Zwischenruf des Abg. Matznetter), und dafür ein ganz großes Danke an unsere Tourismusbetriebe mit ihren Mitarbeitern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Um diese hervorragende Arbeit weiter leisten zu können, brauchen wir eben auch unsere Saisonarbeitskräfte, die einen wesentlichen Beitrag zu unserer Qualität leisten. Jeder wird bestätigen, dass es derzeit sehr schwierig ist, Mitarbeiter zu finden. Darum haben wir uns auch dafür eingesetzt, zu ermöglichen, dass unsere Saisonarbeitskräfte, die ge­rade erst gestartet haben und noch keinen Monat bei uns sind, die Möglichkeit bekom­men, trotzdem in die Kurzarbeit zu gehen, um dann bei der Öffnung wieder durchstarten zu können. Das ist auch ein wichtiges Zeichen der Wertschätzung für unsere Saison­arbeitskräfte und ein Zeichen der Planbarkeit für unsere Betriebe. Diese wollen wir wei­terhin unterstützen.

Das tun wir mit diesem gemeinsamen Antrag, der eine Erleichterung für Saisonarbeits­kräfte bringt, die mittlerweile Stammpersonal sind. Damit wollen wir Bestimmungen für einen erleichterten Zugang zur Rot-Weiß-Rot-Karte erlassen. Wir wollen unsere ge­schätzten Saisonarbeitskräfte darin unterstützen, dass sie Teil der Belegschaft werden und auch ganzjährige Perspektiven bekommen. So wie ich Salzburg schätze und für mich Salzburg unverzichtbar ist, sind die Saisonarbeitskräfte für unsere Tourismusbe­triebe unverzichtbar geworden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 117

Zum Abschluss: Besuchen Sie Salzburg, schauen Sie sich Salzburg an! Sie werden es lieben und schätzen lernen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.55


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich darf den Herrn Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner im Haus begrüßen.

Ich bitte nun Peter Wurm ans Rednerpult. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.56.03

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Werte Herren Minister! Werte Zu­schauer! Das ist in Wahrheit eine spannende Diskussion. Es klingt alles ein bisschen technisch – vielleicht noch einmal –: Es geht um den Arbeitsmarkt und wieder einmal um ein Thema, bei dem wir Freiheitliche über Jahre die richtige Position hatten und jetzt auch immer deutlicher recht bekommen.

Zwei Dinge, die wir da jetzt diskutieren, sind sehr entscheidend. Es geht um das Aus­länderbeschäftigungsgesetz. Da ist Folgendes passiert – das war in Wahrheit zu erwar­ten, und das haben die Grünen, glaube ich, bei den Koalitionsverhandlungen nie verstan­den –: Ehemals war der Bereich Arbeit im Sozialministerium angesiedelt, und jetzt ist er bei der ÖVP, beim Arbeitsminister, gelandet. Das heißt, jetzt ist natürlich das Interesse ein anderes, als das früher, im Sozialbereich, gegeben war, und deshalb haben wir jetzt auch dieses Missverhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern.

Natürlich kann man grundsätzlich das Problem von Unternehmern verstehen, dass man keine Arbeitskräfte oder Fachkräfte hat, aber – und ich sage es noch einmal, Sie können es gerne nachlesen oder nachschauen – das erzählen wir Freiheitliche Ihnen jetzt schon zehn Jahre lang. Da ist nichts passiert, das heißt, Sie haben das Problem verschlafen! Wir haben in vielen Bereichen einen Fachkräftemangel, und diesen jetzt zu lösen, indem wir aus Drittstaaten Arbeitskräfte importieren (Abg. Hörl: Woher sonst?), mit allen Pro­blemen, die dazugehören, ist mit Sicherheit der falsche Ansatz.

Was auch wichtig ist – das erzählen wir Ihnen auch schon seit Jahren, und das ist ein Vorwurf, den Sie einfach zur Kenntnis nehmen müssen –: Auch auf europäischer Ebene ist nichts passiert, denn wir haben jetzt einen europäischen Arbeitskräftemarkt, und Sie schaffen es nicht, auf europäischer Ebene, griechische Köche im Winter nach Österreich zu bringen! Dasselbe bei Erntehelfern: Wir haben eine Europäische Union mit exorbitant hohen Arbeitslosenzahlen in allen Ländern, aber niemand in Europa schafft es, diese Arbeitskräfte auszutauschen. Das ist ein Versagen auf ganzer Ebene!

Jetzt brauchen wir eben, wie Kollege Stöger – er war ja sehr freundlich – heute schon gesagt hat, auch Arbeitskräfte von den Philippinen, und ich weiß nicht, woher Sie sie noch nehmen wollen. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) – Das ist keine Lösung! Es ist keine Lösung, wird auf Dauer auch nicht funktionieren und schafft mehr Probleme, als es jetzt hilft. (Abg. Hörl: ... mehr Probleme wie ...!)

Zur Rot-Weiß-Rot-Karte: auch da ein Bauchfleck mit Ansage. Noch einmal: Die Rot-Weiß-Rot-Karte war damals für EDV-Spezialisten aus Indien oder sonstige ganz spezielle Arbeitskräfte gedacht – Schweißer oder was auch immer halt gerade fehlt. Sie machen die Rot-Weiß-Rot-Card jetzt auf einem Niveau, bei dem jeder, der, sage ich jetzt einmal, auf zwei Füßen gehen kann (Zwischenruf der Abg. Smodics-Neumann), die Rot-Weiß-Rot-Karte bekommen soll, auch Drittstaatsangehörige. Das ist keine Lösung für den österreichischen Arbeitsmarkt, denn wir haben Hunderttausende in Österreich, die im Arbeitslosensystem hängen (Ruf: Genau!), und Sie bringen die nicht auf den Ar­beitsmarkt.

Noch einmal: Sie müssen bitte zur Kenntnis nehmen, dass da seit Jahren ein Versagen da ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das sollten Sie lösen, dieses Nach-unten-Nivellieren


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 118

aber wird uns in Österreich nicht weiterbringen. Ich verstehe die Probleme der Unterneh­mer, das ist ganz klar, aber Sie sollten andere Maßnahmen ergreifen als jene, die Sie jetzt vorhaben, Herr Minister! Das ist nicht das, was uns zukünftig absichert. Wir machen uns noch mehr vom Ausland abhängig. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.59


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Nein, das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Abstimmungen über die Vorlagen des Ausschusses für Arbeit und Soziales.

13.59.57Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 9 bis 18


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen jetzt zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Ausschusses für Arbeit und Soziales, die ich über jeden Tagesord­nungspunkt getrennt vornehmen werde.

Wünschen die Klubs dazu eine Unterbrechung? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1226 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, den Bericht 1223 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierzu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1227 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte auch hier jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausweitung der Sonderbetreuungszeit für Covid-19-(Hoch-)Risikokinder“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 119

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird, in 1228 der Bei­lagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Wöginger, Mag. Koza, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Wöginger, Mag. Koza, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Änderungen in Ziffer 1 eingebracht.

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1229 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz geändert wird, in 1230 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Wöginger, Mag. Koza, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Wöginger, Mag. Koza, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Einfügung der Ziffern 2a und 2b sowie Änderung der Ziffer 3 eingebracht.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 120

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich ange­nommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich ange­nommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Jo­sef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „finanzielle Hilfe für Arbeitslose“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 1162 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16, die dem Ausschuss­bericht 1233 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Ganzjahrespers­pektive für Saisoniers durch die Rot-Weiß-Rot-Karte“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen. (230/E)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Reform Rot-Weiß-Rot-Karte: Fast Track einführen!“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 17: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das IEF-Service-GmbH-Gesetz und das Insolvenz-Entgeltsiche­rungsgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 1169 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 18: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1236 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 121

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

14.07.1419. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1165 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verord­nung (EU) 2020/1503 über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1129 und der Richtli­nie (EU) 2019/1937 (Schwarmfinanzierung-Vollzugsgesetz) erlassen und das Kapi­talmarktgesetz 2019, das Alternativfinanzierungsgesetz, das Finanzmarktaufsichts­behördengesetz und das Konsumentenschutzgesetz geändert werden (1181 d.B.)

20. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1166 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung des Fiskalrates neu er­lassen und ein Produktivitätsrat eingerichtet wird (Fiskalrat- und Produktivitätsrat­gesetz 2021 – FPRG 2021) (1182 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 19 und 20 der Ta­gesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Es wurde auch da auf eine mündliche Berichterstattung verzichtet.

Ich darf Herrn Bundesminister Kocher verabschieden und bitte nun Kai Jan Krainer ans Rednerpult. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.08.02

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das Schwarmfinanzierung-Vollzugsgesetz re­gelt im Wesentlichen Crowdfunding auf europäischer Ebene, dass es da einen einheitli­chen Rechtsrahmen gibt. Das ist gut. Da war Österreich ja in Verzug. Der ehemalige Finanzminister Blümel hat Ihnen (in Richtung Bundesminister Brunner) ja eine Latte an EU-Richtlinien und -Verordnungen, die noch nicht umgesetzt sind, hinterlassen. Da ha­ben Sie viel Arbeit. Ich weiß auch nicht, wieso er das nicht in seiner Amtszeit erledigt hat.

Wir stimmen dem aus einem einfachen Grund nicht zu, nämlich weil da die Anleger­schutzbestimmungen, die konsumentenschutzrechtlichen Bestimmungen nicht ausrei­chend sind. Wir haben das im Ausschuss ausführlich erörtert.

Beim zweiten Gesetzentwurf geht es um die Einrichtung eines Produktivitätsrates. Man muss sagen, dass das in der Zwischenzeit ein Uraltkonzept ist. Das kommt auch von der europäischen Ebene, und da ist man viel weiter. In Österreich sind wir noch weiter. Es gibt ja hier jetzt die wohlstandsorientierte Wirtschaftspolitik als neuen Kompass, sodass man einfach messen kann, ob die Wirtschaftspolitik für alle Bereiche der Gesellschaft und nicht nur für einen Bereich gut ist.

Es gibt noch eine Reihe von Problemen, zum Beispiel dass Sie jetzt die Sozialpartner im Verhältnis zum Fiskalrat reduziert haben, und deswegen tragen wir das nicht mit.

Vielleicht noch ein Wort zur Steuerreform: Sie haben zwei Vorschläge der Opposition, jedenfalls der SPÖ, aufgegriffen – das halten wir für richtig –: erstens dass Sie von dieser komplizierten Regelung, die Krankenversicherungsbeiträge zu reduzieren und dann kompliziert wieder an die Krankenkassen zu refundieren, Abstand nehmen. Da haben


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 122

wir gesagt: Nehmen Sie doch das sozialdemokratische Modell, nämlich den Sozialver­sicherungsbonus! Das ist ein einfaches Tool. Damit können Sie Menschen, die ein derart niedriges Einkommen haben, dass sie zwar hohe Sozialversicherungsbeiträge leisten, aber keine Einkommen- oder Lohnsteuer zahlen, auch eine Senkung zugutekommen lassen. Das haben Sie aufgegriffen. – Sehr gut!

Das Zweite ist das Inkrafttreten. Sie wollten die Steuerstufen ja jeweils mit 1. Juli senken. Wir haben gesagt, das ist ein administrativer Super-GAU, das muss am 1.1. passieren. Dem sind Sie auch nachgekommen. Es fehlen ein paar Schritte, und einen muss ich erwähnen: Streichen Sie die Senkung der Konzernsteuer! Die braucht niemand! (Beifall bei der SPÖ.)

Konzerne leisten heute einen zu geringen Beitrag zur Finanzierung unserer gemein­samen Ausgaben, und Sie wollen sie nach wie vor senken. Sie haben ja noch bis Jänner Zeit. Ich freue mich schon auf den Abänderungsantrag, mit dem Sie die Körperschaft­steuersenkung absagen. Das wäre sehr gut für dieses Land. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Andreas Hanger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.11.01

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesfinanzmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Wir diskutieren jetzt zwei The­men – Kollege Krainer hat sie schon angesprochen –: zum einen das Thema Schwarmfi­nanzierung, Crowdfunding.

Ich finde die Position der SPÖ bemerkenswert. Wir diskutieren schon über viele Jahre darüber, dass wir mehr Risikokapital für unsere Märkte brauchen. Das täte der Volkswirt­schaft sehr, sehr gut, das würde auch Arbeitsplätze schaffen. Darin sind sich alle noch einig, und dann ist man immer dagegen, weil man sagt: Na ja, die Konsumenten­schutzinteressen wurden zu wenig berücksichtigt! – Es gibt schon auch so etwas wie Eigenverantwortung. Wenn ich Risikokapital gebe, muss ich auch wissen, was ich tue. Insofern ist die Position der SPÖ bemerkenswert.

Diese Umsetzung der europäischen Richtlinie – so ehrlich muss man auch sein – ist ein kleiner Schritt, aber ein wichtiger Schritt, weil unser gemeinsames Ziel ganz einfach sein muss, mehr Risikokapital auf den Märkten zu haben.

Das zweite Thema ist die Einrichtung eines Produktivitätsrates. Wir folgen damit einer EU-Ratsempfehlung. Es ist natürlich ein bisschen ein abstraktes Thema, aber ich halte fest, dass es ein wichtiges Thema ist. Es geht darum, dass ein Expertengremium ein­gerichtet wird, das die Situation in Österreich hinsichtlich Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität analysiert. Das sind zwei Bereiche, die für eine Volkswirtschaft enorm wichtig sind. Nur wenn wir eine hohe Produktivität haben, nur wenn wir eine hohe Wett­bewerbsfähigkeit haben, haben wir auch eine Volkswirtschaft, die uns den Wohlstand sichern kann. Es gibt dann einen jährlichen Bericht an den Nationalrat, und ich freue mich schon jetzt auf die Diskussionen.

Ich finde auch gescheit, wie man es organisatorisch aufgestellt hat. Das heißt, dieser Produktivitätsrat wird zum Fiskalrat gegeben. Der Präsident des Fiskalrates ist gleichzei­tig der Präsident des Produktivitätsrates. Man nutzt auch dort in der Oesterreichischen Nationalbank die entsprechenden Infrastrukturen, Bürostrukturen. Das heißt, man hat dieses Gremium auch sehr schlank aufgestellt. Das halte ich auch für sehr wichtig, und ich freue mich schon auf gute Debatten im Parlament. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.13



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 123

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.13.14

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Herr Finanzmi­nister! Meine Vorredner haben es schon angesprochen: Es sind heute zwei Themen, und ich beginne ebenfalls beim Crowdfunding.

Wir NEOS finden im Gegensatz zur SPÖ die Regierungsvorlage sehr gut, also diese Vorlage, die zur Verfügung gestellt worden ist. Warum? – Es geht auf der einen Seite um europäische Harmonisierung. Das ist natürlich wichtig für den Standort. Es geht auch um rechtliche Rahmenbedingungen für das Crowdfunding in Österreich, das eben ein wichtiger Standortfaktor ist, besonders für die heimische Start-up-Szene, die diese Re­gierungsvorlage übrigens auch sehr unterstützt. Auch deswegen gibt es von uns dazu sozusagen ein Go.

Was aus unserer Sicht auch noch sehr viel Sinn macht, ist die Erhöhung des Finanzie­rungsvolumens von 2 auf 5 Millionen Euro, die vorgesehen ist. Das macht natürlich Sinn.

Es gibt einen Kritikpunkt, das ist der, dass es wieder einmal zu spät ungesetzt worden ist. Da können Sie jetzt wenig dafür, aber die EU-Verordnung ist doch schon seit Länge­rem, nämlich seit 10. November, in Kraft, und Deutschland hat sie durchaus auch schon vor einigen Monaten umgesetzt. Aber: besser spät als nie.

Was uns in diesem Bereich abgeht, Herr Finanzminister, ist etwas anderes. Wir haben schon gehört, es ist sehr wichtig, den Kapitalmarkt zu stärken, Finanzierungsmöglich­keiten zu geben. Was dazu einfach noch fehlt, ist ein Wagniskapitalfonds-Gesetz.

Das ist etwas, was wir schon seit mehreren Monaten fordern. Wir haben auch einige Anträge in diesem Bereich eingebracht, die immer wieder mit der Begründung vertagt worden sind, dass das eh schon im Finanzministerium ausgearbeitet wird. Das Gesetz ist nicht nur dringend nötig, weil wir es fordern, sondern es ist auch dringend nötig, weil es sich auch im Aufbau- und Resilienzplan der Europäischen Union wiederfindet und Österreich sich verpflichtet hat, bis zum ersten Quartal 2022 so ein Wagniskapitalfonds-Gesetz vorzulegen. Ich würde Sie bitten: Vielleicht können Sie, wenn Sie sich zu Wort melden, auch kurz auf den Stand und die Umsetzung eingehen.

Dann kommt noch der zweite Punkt – auch der wurde schon andiskutiert –, der Produk­tivitätsrat. Im Prinzip ist er ein sehr, sehr wichtiges Gremium. Produktivität ist natürlich etwas, was immer wichtiger wird, vor allem auch mit der zunehmenden Digitalisierung. Das heißt, aus unserer Sicht ist er auch ein sehr wichtiges Thema. Der Grund, warum wir bei diesem Antrag nicht mitgehen, ist, dass wir einfach lieber gesehen hätten, dass er nicht bei der Oesterreichischen Nationalbank angesiedelt wird. Wir hätten gerne ge­sehen, dass diese Einrichtung alle fünf Jahre ausgeschrieben wird, damit sich auch un­abhängige Wirtschaftsforschungsinstitute dafür bewerben können.

Sie haben ihn dauerhaft in der Nationalbank angesiedelt. Er ist ein fünfköpfiges Gre­mium: Vorsitzender des Fiskalrates, Regierungsvertreter, Wirtschaftskammer, Arbeiter­kammer. – Für uns ist das einfach viel zu sehr oldschool für so ein wichtiges und zu­kunftsorientiertes Thema. Das gefällt uns nicht.

Ein zweiter Punkt noch dazu: Die Vorschläge, die von solchen Gremien erarbeitet wer­den, sollten dann halt auch wirklich umgesetzt werden, ansonsten hat das keine Wir­kung. Unsere Empfehlung war ja auch, dass es in diesem Bereich Follow-up-Berichte geben soll, die dann auch dem Parlament zur Verfügung gestellt werden, in denen dann eben auch steht, wie viele von diesen Empfehlungen denn auch umgesetzt worden sind, was die Regierung auch wirklich aufgenommen und umgesetzt hat. Das ist ganz ähnlich, wie es ja auch beim Rechnungshof funktioniert.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 124

Unsere zwei Vorschläge sind eben beide nicht aufgenommen worden, und deswegen können wir beim Produktivitätsrat unsere Zustimmung nicht geben. – Vielen Dank. (Bei­fall bei den NEOS.)

14.17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Dr.in Elisabeth Götze. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.17.11

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Mi­nister! Werte Damen und Herren! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich spreche über die Schwarmfinanzierung. Es geht um eine EU-weite Harmonisierung, die wir aufgrund einer EU-Verordnung umsetzen. Warum ist das so wichtig? Warum ist das Thema Crowdfunding so wichtig?

Ich möchte mit drei Beispielen beginnen: Grüne Erde, GEA und die Biobäckerei Gragger. Diese haben nicht nur die Gs am Anfang gemeinsam, sondern alle drei haben sich durch Crowdfunding finanziert. Grüne Erde ist für Vollholzmöbel und für Matratzen bekannt, sie haben ein Besucherzentrum in Scharnstein errichtet und einiges mehr damit finan­ziert. Insgesamt wurde ein Volumen von 16,5 Millionen Euro durch Crowdfunding finan­ziert. Bei GEA sind es 6,3 Millionen Euro durch Crowdfunding. GEA, die bekannte Schuhmarke, hat damit ihr Filialnetz in Österreich und über Österreich hinaus ausgewei­tet. Ein aktuelles Beispiel ist Gragger, die bekannte Biobäckerei, einige werden sie viel­leicht kennen. Diese hat ein Mikrokreditprojekt, ein Mikrobäckereiprojekt in Afrika, das sie aktuell plant.

Das sind alles Projekte, die durch Banken nicht finanziert worden wären oder nicht so leicht finanzierbar wären, bei denen Crowdfunding absolut seine Berechtigung hat und wichtig ist. Die Möglichkeit gibt es ja in Österreich schon seit einigen Jahren durch das Alternativfinanzierungsgesetz, für das wir uns auch sehr stark eingesetzt haben.

Wie gesagt, aktuell setzen wir die EU-Verordnung, eine EU-weite Harmonisierung um. Das ist auch gut so. Trotzdem erhalten wir diese Möglichkeit der Kreditfinanzierung in Österreich durch diese – in diesem Fall – Nachrangdarlehen. Was sich vereinheitlicht, ist einerseits die Zertifizierung durch die FMA für die EU-weiten Plattformen. Es ist wichtig, dass dabei auch Kontrolle stattfindet. Zweitens ist uns auch wichtig, dass In­vestorinnen und Investoren eines wissen: Wenn sie Nachrangdarlehen begeben und dort investieren, besteht die Gefahr, dass das Geld auch verlustig geht. Das ist zukünftig zu bestätigen. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

14.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.


14.20.09

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Damen und Herren Abgeordnete! Nur ganz kurz, es wurde inhaltlich ja bereits alles von den Abgeordneten gesagt: Mit der Schwarmfinanzierungsverordnung  interessan­ter Name, eigentlich im Klartext eine Crowdfundingverordnung – wird die Erbringung von Crowdfundingdienstleistungen EU-weit harmonisiert. Das ist schon ein wichtiger Schritt, meine ich.

Zulassung und Beaufsichtigung der Dienstleister werden geregelt, und auch Bestim­mungen zum Anlegerschutz sind enthalten – das ist schon wichtig, Herr Kollege Krainer, er ist gerade nicht im Saal, glaube ich –: Wir haben schon versucht, diese im vorlie­genden Gesetzentwurf zu berücksichtigen. Da sind doch auch Standards im Bereich des Konsumentenschutzes enthalten, die wir setzen, die einerseits im Rahmen der EU-Ver­ordnung, aber andererseits auch durch die nationale Umsetzung sichergestellt werden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 125

Auch zur zweiten Regierungsvorlage, Produktivitätsrat Neu, ist inhaltlich eigentlich alles gesagt. Mir wurde jedoch erzählt, dass es im Finanzausschuss unterschiedliche Zugän­ge der Fraktionen gegeben habe, um es vorsichtig auszudrücken, wie sich der Rat zu­sammensetzen und wo er angesiedelt sein soll: Ich meine, es ist wichtig, dass es keine zusätzlichen Institutionen geben wird, sondern dass Synergien genutzt werden und der Präsident beziehungsweise die Präsidentin des Fiskalrates auch Vorsitzender bezie­hungsweise Vorsitzende dieses Produktivitätsrates sein wird.

Wesentlich ist auch die Klarstellung, dass diese fünf Mitglieder natürlich eine entspre­chende Expertise haben müssen, und ebenso wichtig ist, dass ein ausgeglichenes Ge­schlechterverhältnis gegeben sein muss. – Vielen Dank also für die hoffentlich stattfin­dende Beschlussfassung! Wir sehen uns später wieder. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.22


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Angela Baumgartner. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.22.09

Abgeordnete Angela Baumgartner (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minis­ter! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Können Sie sich noch an das Jahr 2012 erinnern? Damals hat ein österreichischer Unternehmer für Auf­sehen gesorgt, weil er sich Geld von Privatpersonen geliehen hat, um die Finanzierung für sein Unternehmen sicherzustellen. Es war eine sogenannte Schwarmfinanzierung, wie wir heute schon ein paar Mal gehört haben, der Herr Minister hat es gerade erklärt.

Die Welt wird immer vernetzter, die Anforderungen und Herausforderungen für die EPUs und KMUs werden immer größer, und viele Start-ups finanzieren ihre Projekte und in­novativen Produkte durch Crowdfunding, also Schwarmfinanzierungen. Sie haben damit die Chance, ihre Ideen umzusetzen, denn dank des Crowdfundinggesetzes kann Geld von privaten Investoren – oder einfacher gesagt: von Menschen, die an die Visionen anderer glauben – ausgeliehen werden.

Um einen rechtlichen Rahmen zu bieten, wird mit der sogenannten Schwarmfinanzie­rungsverordnung eine EU-weite Harmonisierung durchgeführt. In Zukunft können Schwarmfinanzierungsdienstleister ihre Dienstleistungen in allen EU-Mitgliedstaaten erbringen, ohne eine weitere Berechtigung zu benötigen. Für die Zulassung und Beauf­sichtigung dieser Dienstleistungen braucht es natürlich eine Behörde, in Österreich wird diese Behörde die FMA sein. Durch diese Verordnung werden auch das Vertrauen der Anleger in grenzüberschreitende Investitionen gestärkt und die Gründung von Start-ups erleichtert. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

14.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Herr Bundesminister für Finanzen hat sich noch ein­mal zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.


14.24.04

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Ganz kurz, ich habe vorhin vergessen, auf Ihre Ausführungen einzugehen, Frau Abgeordnete Doppelbauer, verzei­hen Sie: Ja, den Wagniskapitalfonds werden wir im ersten Quartal 2022 umsetzen, wir befinden uns da koalitionsintern gerade in den letzten Abstimmungen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun ist Herr Mag. Dr. Jakob Schwarz zu Wort gemel­det. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.24.24

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren!


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 126

Frau Doppelbauer macht sich schon Sorgen, dass es noch ein bisschen dauern könnte, wenn wir uns noch in Abstimmung befinden: Ich denke, wir sind jetzt tatsächlich in der Endabstimmung, und es wird relativ schnell gehen!

Meine Kollegin Götze hat schon zur Schwarmfinanzierung gesprochen, ich werde noch kurz etwas, das mir ein großes Anliegen ist, zum Produktivitätsrat sagen. Im Laufe dieser Krise bin ich öfters angesprochen und angeschrieben worden, dass wir mit öffentlichen Mitteln nicht nur quasi die alte Wirtschaft am Leben erhalten sollten, sondern auch versu­chen sollten, die Krise zu nutzen und umzusteuern, um die Wirtschaft ökologischer und nachhaltiger aufzustellen. Ich möchte noch einmal festhalten, dass wir das bereits mit bisherigen Maßnahmen auf jeden Fall in einem sehr großen Ausmaß getan haben.

Wir haben die ökosoziale Steuerreform auf den Weg gebracht, die dafür sorgen wird, dass es sich weniger auszahlt, die Umwelt zu verschmutzen, und es sich mehr auszahlt, Arbeitskräfte einzustellen.

Wir haben bei der Investitionsprämie unterschiedliche Förderungssätze festgelegt, das heißt, man bekommt viel Förderung, wenn man eine Investition besonders ökologisch gestaltet, wenn man ökologisch investiert – und man bekommt null Förderung, wenn man besonders dreckig investiert. Ähnlich verhält es sich auch beim ökologischen Inves­titionsfreibetrag.

Wir haben also verschiedene Schritte und Maßnahmen gesetzt, die dafür sorgen, dass es nach der Krise besser wird, als es vor der Krise der Fall war.

Jetzt kommt ein weiterer Schritt dazu, bei dem es um die mittelfristige Aufstellung und die mittelfristige Ausrichtung der Wirtschaft und Nachhaltigkeit geht, nämlich die Errich­tung des Produktivitätsrates. Im Gegensatz zu dem, was Abgeordneter Krainer gesagt hat, halte ich diesen nicht für ein altes Konzept, sondern dieser lehnt sich auch ein biss­chen an das an, was beispielsweise die Arbeiterkammer mit ihrem Kompass macht. Man schaut sich also an: Wie kann man Produktivität im 21. Jahrhundert verstehen? Was muss da alles einfließen?

Wir sorgen mit eben diesem Gesetz dafür, dass neben BIP und Wirtschaftswachstum auch andere Faktoren einfließen, zum Beispiel: „ökologische Nachhaltigkeit, Produktivi­tätszuwächse, Fairness und Makroökonomische Stabilität“. Dazu werden insbesondere folgende Indikatoren gesetzlich festgelegt: „Rechtssicherheit, Ausbildungsniveau, demo­graphische Struktur, Umwelt- und Klimaschutz sowie Lebensqualität der Bevölkerung im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Entwicklung“.

Das ist also schon ein sehr modernes Verständnis von Produktivität, und ich bin froh darüber, dass es uns gelungen ist, als eines der letzten Länder der Europäischen Union diesen Produktivitätsrat auf den Weg zu bringen.

Jetzt noch zu dieser kleinen technischen Frage, wo dieser angesiedelt ist, wie er besetzt wird und so weiter. Ich meine, dass die inhaltliche Frage wichtiger ist, aber die gewählte Einrichtung macht schon auch Sinn: Über die Ansiedlung bei der OeNB kann man disku­tieren, aber wir nützen Synergien mit dem Fiskalrat. Als Vorsitzender konnte Prof. Chris­toph Badelt gewonnen werden, der auch hier im Haus Anerkennung und Respekt ge­nießt, meine ich. Gleichzeitig haben wir auch sichergestellt, dass es ausreichend Res­sourcen gibt. Es handelt sich also um eine sehr positive Sache, darum bitte ich insbe­sondere die NEOS, aber auch die SPÖ, dann doch noch zuzustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.27


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 127

Meine Damen und Herren, aufgrund umfangreicher Abänderungsanträge zu TOP 23 und der vereinbarten geblockten Abstimmung verlege ich die Abstimmung bis nach der Abstimmung über den TOP 30.

14.27.5221. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2029/A(E) der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Steuerliche Maßnahmen zur Mobilisierung privater Mittel für Bildung (1183 d.B.)

22. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2030/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Spendenbe­günstigung für gemeinnützige Stiftungen (1184 d.B.)

23. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2080/A der Abgeordneten Karl­heinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteu­ergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Fi­nanzstrafgesetz, das Biersteuergesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Alkoholsteuergesetz, das Tabaksteuergesetz 1995, das Mineralölsteuerge­setz 1995, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das COVID-19-Förderungsprü­fungsgesetz, das Transparenzdatenbankgesetz 2012, das COVID-19-Zweckzu­schussgesetz und das Pflegefondsgesetz geändert werden (1185 d.B.)

24. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2082/A der Abgeordneten Karl­heinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz, das Garantiegesetz 1977, das ABBAG-Gesetz und die Bundesabgabenordnung geändert werden (1186 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir fahren in der Erledigung der Tagesordnung fort und gelangen nun zu den Punkten 21 bis 24 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Dr. Christoph Matznetter. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.29.11

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Pandemie ist nicht vorbei. Unsere Gastro­nomiebetriebe wissen heute noch nicht, wie sie in wenigen Tagen den Betrieb zu Sil­vester gestalten sollen. Sie wissen nicht, ob sie dann möglicherweise mithilfe der Polizei die Gäste um 22 Uhr oder 23 Uhr aus dem Haus befördern müssen (Abg. Loacker: Weiß die Regierung auch noch nicht!) – weil es die Regierung auch nicht weiß.

Wir stehen derzeit kurz vor einer Coronawelle, entgegen manchen Schwurbleraussagen wie der des Herrn Westenthaler bei „Fellner! Live“, dass in Südafrika angeblich die In­fektionsrate zurückginge: In Südafrika wurden gestern die höchste Zahl an Neuinfek­tionen seit Beginn der Pandemie gemeldet. Wir hören aus Großbritannien, dass sich dort


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 128

die Zahl der Fälle innerhalb von zwei Tagen verdoppelt. Wir befinden uns also in einer kurzen Atempause, wie die Experten sagen, und wir müssen damit rechnen, dass wei­tere Lockdowns kommen.

Was macht die Regierung in dieser Situation? – Ich bleibe bei der Mehrwertsteuersen­kung für die Gastronomen. Als eine Hilfsmaßnahme hat dieses Haus voriges Jahr be­schlossen, dass temporär für die Dauer der Pandemie der Steuersatz auf 5 Prozent ge­senkt wird. Wir waren damals sogar skeptisch, weil es in Deutschland unter der da­maligen Regierung Merkel noch eine Regelung gab, bei der man darauf geschaut hat, dass das auch in den Preisen weitergegeben wird, damit Konsumentinnen und Kon­sumenten mehr konsumieren können und damit das Wiederauferstehen nach dem Lock­down leichter fällt. Super!

Und was passiert jetzt? – Jetzt läuft diese Regelung am 31. Dezember einfach aus. Ich stelle daher den Antrag, das abzuändern, und wir haben diesen Antrag auch schriftlich eingebracht, nämlich dass in Artikel 3, Änderung des Umsatzsteuergesetzes 1994 – das alles betrifft jetzt 1185 der Beilagen, den Antrag von Kopf und Schwarz –, in der Ziffer 4a in § 28 Abs. 52 Z 1 ...


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter, ich darf Sie bitten, den Text genauso zu verlesen, wie er im Antrag vorgesehen ist. Das ist leider in der Geschäftsordnung so festgelegt.


Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (fortsetzend):

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs zitierte Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 3 (Änderung des Umsatzsteuergesetzes 1994) wird die Novellierungsanord­nung Ziffer 4a zu Ziffer 4b und davor wird folgende neue Ziffer 4a eingefügt:

„4a. § 28 Abs. 52 Z 1 und Z 2 werden jeweils die Wortfolgen „1. Jänner 2022“ durch die Wortfolgen „1. Jänner 2023“ ersetzt.“

*****

Jetzt besprechen wir das mit der ehemaligen Wirtschaftspartei ÖVP. Wenn Sie mir schon nicht glauben, hilft es vielleicht, einmal einfach die Zeitung aufzuschlagen. Gestern, am 15.12., stand im „Kurier“, ein gewisser Mario Pulker – er ist nicht unbekannt; er ist näm­lich in der Wirtschaftskammerorganisation der Spartenvorsitzende für diesen Bereich – fordert mit aller Klarheit, dass die Umsatzsteuersenkung auf 5 Prozent beibehalten wird.

Die Wirtschaftskammer Kärnten, Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft – da haben wir den früheren Spartenobmann Gabriel Obernosterer bei uns sitzen –, schickt heute ganz offiziell einen Ratschlag aus, wie man bei meinem Antrag, den ich gerade gestellt habe, stimmen soll: Wir möchten Sie um Ihr Ja bei dieser Abstimmung bitten. – Was ist mit der ÖVP? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Was ist da passiert? Gab es da eine Gehirnwäsche, als Sebastian Kurz und seine Trup­pe eingetroffen sind? Was ist da passiert? (Abg. Loacker: Ja, da müssen Sie 5 Prozent für die Bauern beantragen! Dann stimmen sie zu! – Abg. Steinacker: Was sind das für Ausdrücke? ...!) Wie kann es sein, dass Sie da mit Nein stimmen, wenn Ihnen Ihre eige­nen ÖVP-Funktionäre klar sagen, was richtig ist? Wie kann das sein?


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 129

Vielleicht kann die Erkenntnis – wir haben ja noch ein paar Minuten, weil erst nach Ta­gesordnungspunkt 30 abgestimmt wird – auch bei den Wirtschaftsbundabgeordneten so weit reifen, dass da mit Ja und nicht mit Nein zu stimmen ist. Vielleicht schafft ihr das, liebe Freunde. Ihr braucht euch ja nicht als ehemalige Wirtschaftspartei einzuzemen­tieren, sondern ihr könnt versuchen, mit dem mittlerweile dritten Bundeskanzler Neham­mer auf die Spur, Wirtschaftspartei zu sein, zurückzufinden. Das ist ja nicht so schwierig. Dazu müsst ihr einfach meinem Abänderungsantrag zustimmen. Vielleicht schafft ihr das noch. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.34

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter

Genossinnen und Genossen

zum Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2080/A der Abgeordneten Karl­heinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuerge­setz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Finanzstraf­gesetz, das Biersteuergesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Alkohol­steuergesetz, das Tabaksteuergesetz 1995, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Zoll­rechts-Durchführungsgesetz, das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz, das Transpa­renzdatenbankgesetz 2012, das COVID-19-Zweckzuschussgesetz und das Pflege­fondsgesetz geändert werden (1185 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs zitierte Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 3 (Änderung des Umsatzsteuergesetzes 1994) wird die Novellierungsan­ordnung Ziffer 4a zu Ziffer 4b und davor wird folgende neue Ziffer 4a eingefügt:

 „4a. § 28 Abs. 52 Z 1 und Z 2 werden jeweils die Wortfolgen „1. Jänner 2022“ durch die Wortfolgen „1. Jänner 2023“ ersetzt.“

Begründung

Bereits im Juni 2020 wurde eine Senkung der begünstigten Steuersätze für die von den durch die Lockdowns in der Corona-Pandemie stark betroffene Gastronomie (inkls. ver­gleichbare landwirtschaftliche Umsätze), die Kulturbranche (künstlerische Tätigkeit, Theater, Kino) sowie den Publikationsbereich beschlossen. Der Zeitraum bis Ende des Jahres 2021 war allerdings zu optimistisch, die Begünstigungen würde daher per 31.12.2021 auslaufen. Da die Covid-19-Pandemie immer noch nicht überwunden ist, soll diese Begünstigung des 5%-Steuersatzes um ein Jahr bis Ende 2022 erstreckt werden (im Weiteren siehe die Erläuterungen zum seinerzeitigen Antrag 772/A vom 18.6.2020 unter https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_00722/index.shtml)

14.34.06*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Sehr geehrter Herr Abgeordneter Matznetter, für den Vorwurf einer „Gehirnwäsche“ habe ich einen Ordnungsruf zu erteilen. (Abg. Stein­acker: Danke, Herr Präsident!)

*****


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 130

Ich darf noch ergänzen, dass der Abänderungsantrag ordnungsgemäß eingebracht ist und in Verhandlung steht.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Karlheinz Kopf. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.34.26

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätz­te Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause an den Emp­fangsgeräten! Wir verhandeln und besprechen unter diesen vier Tagesordnungspunk­ten 21 bis 24 eine Reihe von zum Teil krisen- und pandemiebedingt notwendigen ge­setzlichen Maßnahmen, zum Teil auch lang verhandelte, lang gehegte Wünsche und deren Umsetzung. Ich verhehle nicht, dass es auch einen Punkt gibt, der leider nicht zur Abstimmung kommt. Ich werde ihn aber ein bisschen anders kommentieren als Kollege Matznetter.

Vielleicht zu den krisenbedingt notwendigen Dingen: Wir verlängern im Zuge dieser Ta­gesordnungspunkte die Abgabenstundungen, die ja zunächst bis 31.12. vorgesehen wa­ren, um ein halbes Jahr und damit auch die Möglichkeit, staatlich garantierte Kredit­maßnahmen und auch Gebührenbefreiungen in diesem Zusammenhang in Anspruch zu nehmen. Das alles sind Maßnahmen, die dabei helfen sollen, die, wie richtigerweise im­mer wieder gesagt wird, leider noch immer nicht im Griff befindliche Pandemie, zumin­dest was ihre wirtschaftlichen Folgen anbelangt, ein Stück weit abzumildern und die Li­quidität von Unternehmen sicherzustellen.

Das Gleiche gilt für die Verlängerung des Haftungsrahmens für Pauschalreisen, was für die Reisebüros in diesem Land und für deren Überleben ganz extrem wichtig ist.

Eine ganz erfreuliche Maßnahme ist eine, die wir uns ja schon seit vielen Jahren vorge­nommen haben, die wir aber jetzt quasi als Covid-Maßnahme durchführen, nämlich die Möglichkeit für Unternehmen, an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Bonuszahlungen zu leisten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in vielen Betrieben sind oft auf das Ex­tremste belastet, im Gesundheitswesen sowieso, aber auch in vielen anderen Berei­chen. Da lassen viele Unternehmen diesen Mitarbeitern eine zusätzliche Bonuszahlung zukommen. Wir stellen diese auch für das ganze Jahr 2021 steuer- und sozialversiche­rungsfrei, und zwar mit der Möglichkeit, sie bis ins Jahr 2022, bis in den Februar hinein, auszuzahlen. Das ist eine vernünftige Maßnahme, bei der wir auch diskutieren werden, dass wir sie à la longue – nicht Covid-bedingt, sondern ganz generell – als Honorie­rungsmöglichkeit für die Zukunft in Dauerrecht fortschreiben wollen, aber da laufen die Verhandlungen noch.

Wichtig ist auch: Es fallen leider in dieser Zeit – auch wieder Covid-bedingt – viele Weih­nachtsfeiern in den Betrieben aus. Das ist schade für die Mitarbeiterinnen und Mitarbei­ter, auch was das soziale Zusammenleben in den Betrieben anbelangt. Das ist aber natürlich auch schade für die vielen Gastronomiebetriebe – das ist keine Frage –, und deswegen gibt es die Ersatzmöglichkeit, die auch viele Betriebe in Anspruch nehmen wollen, stattdessen Weihnachtsgutscheine an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus­zugeben. Auch die stellen wir bis zu einem Betrag von 365 Euro steuerfrei.

Ein lang gehegter Wunsch war auch, so wie wir es bei der Kurzarbeitsregelung gemacht haben, dass wir Mitarbeitern eine steuerfreie Pauschale ermöglichen, wenn sie Kurzar­beit leisten, also zu Hause einen Arbeitsplatz einrichten. Dasselbe machen wir jetzt auch mit einer Arbeitsplatzpauschale für die Selbstständigen, und zwar auch in jenem Fall, wenn sie nicht, wie bei der bisherigen Gesetzeslage, über ein eigenes Arbeitszimmer verfügen, sondern sich schlicht und einfach aufgrund ihrer selbstständigen Tätigkeit in ihrer Wohnung einen Arbeitsplatz einrichten müssen. Das können sie mit einem Pau­schalbetrag steuerlich geltend machen. – So viel dazu.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 131

Ich gebe zu, es schmerzt mich sehr, dass es uns in den Gesprächen innerhalb der Koa­lition bis jetzt nicht gelungen ist, die vorhin von Kollegen Matznetter angesprochene
5-Prozent-Regelung bei der Umsatzsteuer noch einmal zu verlängern, dass wir da ge­meinsam keine Lösung finden konnten, weil ich schon auch glaube, dass es bei fortge­setzter Krise – vor allem, wenn irgendwann hoffentlich selbst in Wien nach dem verlän­gerten Lockdown die Gastronomie wieder aufmacht oder auch andere betroffene Berei­che wieder aufmachen dürfen – für die Betriebe immer noch am attraktivsten wäre, Geld, das sie dringend für ihre Liquidität benötigen, durch eine geringere Besteuerung selber zu erwirtschaften. Das ist, wie gesagt, leider nicht gelungen. Das tut mir sehr, sehr leid, weil ich es für dringend notwendig gehalten hätte.

Umso mehr werden wir Ausgleichszahlungen, Hilfszahlungen, Ausfallsbonus und Ver­lustersatz, dieser Situation und Nichtverlängerung dieser Steuermaßnahme gerecht wer­dend, entsprechend adaptieren, anpassen müssen, um damit ein Äquivalent für die Be­triebe zu schaffen.

Aber noch ein Satz zu Kollegen Matznetter: Herr Kollege, vergießen Sie hier bitte keine Krokodilstränen! Sie haben ja selber erwähnt, dass Sie bei der erstmaligen Beschluss­fassung im Sommer 2020 noch dafür waren, dass die Betriebe diese Steuersenkung an die Konsumentinnen und Konsumenten weitergeben müssen. Also da war von eurer Seite überhaupt keine Rede davon, dass das den Betrieben zugutekommen soll, son­dern den Konsumentinnen und Konsumenten. Ehrenwert, lobenswert, dass man es den Konsumenten zukommen lassen will, aber da jetzt Krokodilstränen zu vergießen, weil es den Betrieben nicht zugutekommt, ist wirklich nicht notwendig. Das war nicht eure In­tention! So ehrlich solltest du sein, lieber Kollege Matznetter. (Beifall bei der ÖVP.)

Es schmerzt mich trotzdem, dass es nicht stattfindet.


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter, ich habe eine Bitte: Könnten Sie, bevor Sie mit Ihrer Rede fortfahren, vielleicht noch in zwei Sätzen festhalten, dass die zuvor eingebrachten Inhalte im Rahmen eines Antrages eingebracht werden, der an die Mandatare verteilt worden ist?


Abgeordneter Karlheinz Kopf (fortsetzend): Diesen Satz wiederhole ich gerne, Herr Präsident, dass das in einem umfangreichen Abänderungsantrag dargelegt ist, der ver­teilt wurde, und somit, wenn ich Ihnen da vorgreifen darf, auch mit in Verhandlung stehen sollte.

Ein Letztes noch: Wir bringen auch einen Antrag ein, einen Abänderungsantrag, und zwar von mir und vom Kollegen Schwarz, was die Förderungen, Förderungsmaßnahmen der Cofag betrifft. Es geht da darum, dass wir seit langer Zeit das Problem haben, dass es über die Bestimmungen im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch in Bezug auf das Mietverhältnis zwischen Geschäftsbetreibern und deren Lokalvermietern zu Rechtsstrei­tigkeiten gekommen ist und weiterhin kommt, weil da jeder Fall irgendwie anders ge­lagert ist. Der Oberste Gerichtshof hat eine Entscheidung getroffen, dass im Fall von behördlichen Schließungen von Geschäftslokalen keine Miete zu zahlen wäre. Aber je­der Einzelfall liegt wie gesagt natürlich etwas anders und muss anders beurteilt werden.

Damit jetzt nicht in Zigtausenden Fällen Rückforderungsnotwendigkeiten für Förderun­gen der Cofag schlagend werden, bringe ich einen Abänderungsantrag von mir und Kollegen Schwarz zum Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2082/A ein. Der betrifft das KMU-Fördergesetz, das Garantiegesetz 1977, das ABBAG-Gesetz und die Bundesabgabenordnung.

Da geht es im Wesentlichen um zwei Dinge: zum einen um die Verlängerung der zins­freien Stundung der von AWS und ÖHT übergegangenen Regressforderungen und auf der anderen Seite eben um eine Klarstellung von Rahmenbedingungen, unter welchen die Cofag diese Mieten, die bezahlt wurden, zu denen der OGH inzwischen festgestellt


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 132

hat, sie wären nicht zu zahlen gewesen, trotzdem nicht die daraus resultierenden För­derungen zurückfordern muss, und das bis zu einer bestimmten Betragsgrenze, einer Art Relevanzgrenze, um so Zigtausende Rückforderungsfälle zu vermeiden. – Ich bitte, Herr Präsident, auch diesen Antrag mit in Verhandlung zu nehmen.

*****

Wir haben im Finanzausschuss zwei Entschließungsanträge der Opposition behandelt, die das Gemeinnützigkeitsgesetz betreffen. Wir haben dazu auch noch einen eigenen Antrag eingebracht. Es geht um die Erweiterung des Gemeinnützigkeitsgesetzes in Bezug auf die Steuerfreiheit von geleisteten Spenden an gemeinnützige Organisationen und es geht darum, in einer Arbeitsgruppe in den nächsten Monaten eine Ausweitung des Kreises der Organisationen, die davon Gebrauch machen können, zu erarbeiten. Dabei geht es sowohl um Bildungseinrichtungen wie auch um andere Einrichtungen. Ich kann da nur zusagen, dass wir dazu so schnell wie möglich die Arbeit aufnehmen werden und auch so rasch wie möglich versuchen werden, zu einer Lösung zu kommen. Ich denke, dass es sehr, sehr sinnvoll wäre, über steuerliche Anreize privates Kapital zur Finanzierung von gesellschaftlich wünschenswerten Aktivitäten zu mobilisieren. Wir wer­den das so schnell wie möglich in Angriff nehmen und hoffentlich auch abschließen kön­nen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schwarz.)

14.45

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz,

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2082/A der Abgeordneten Karl­heinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen, betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz, das Garantiegesetz 1977, das ABBAG-Gesetz und die Bundesabgabenordnung geändert werden (1186 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. In Artikel I erhalten die Z 4 bis 8 die Bezeichnungen Z 5 bis 9; davor wird folgende neue Z 4 eingefügt:

„4. In § 7 Abs. 2c erster Satz wird die Wortfolge „31. Dezember 2021“ durch die Wortfolge „30. Juni 2022“ und in § 7 Abs. 2c zweiter Satz die Wortfolge „31. Dezember 2021“ durch die Wortfolge „30. Juni 2022“ ersetzt.“

2. In Artikel II erhält die Z 2 die Bezeichnung Z 3; davor wird folgende neue Z 2 eingefügt:

„2. In § 1 Abs. 2c erster Satz wird die Wortfolge „31. Dezember 2021“ durch die Wortfolge „30. Juni 2022“ und in § 1 Abs. 2c zweiter Satz die Wortfolge „31. Dezember 2021“ durch die Wortfolge „30. Juni 2022“ ersetzt.“

3. In Artikel III (Änderung des ABBAG-Gesetzes) werden nach der Ziffer 2 folgende Z 3 und Z 4 eingefügt und die bisheriger Z 3 wird zu Z 5:

„3. In § 3b Abs. 3 wird folgende Z 6 angefügt:

„6. Rückforderungen.“

4. In § 3b werden nach Abs. 4 folgende Abs. 5 bis 8 angefügt:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 133

„(5) Der Bundesminister für Finanzen hat im Einvernehmen mit dem Vizekanzler in den nach Abs. 3 zu erlassenden Richtlinien eine betragliche Grenze für jene Fälle vorzuse­hen, in denen die Höhe einer bereits ausbezahlten anteiligen finanziellen Maßnahme von Aufwendungen des begünstigten Unternehmens abhängt, die für Zeiträume eines behördlichen Betretungsverbotes getätigt wurden und Bestandszinszahlungen beinhal­tet haben. Rückforderungen solcher anteiliger finanzieller Maßnahmen haben insoweit zu erfolgen, als sie die betragliche Grenze überschreiten und das Bestandsobjekt infolge des behördlichen Betretungsverbotes tatsächlich nicht nutzbar war. Die betragliche Grenze beträgt EUR 12.500 pro Kalendermonat und begünstigtem Unternehmen und gilt als bewilligt im Sinne des Bundeshaushaltsgesetzes 2013 (BHG 2013), BGBl. I Nr. 139/2002 idF BGBl. I Nr. 153/2020.

(6) Rückforderungen von anteiligen finanziellen Maßnahmen nach Abs. 5 bis zur Höhe der betraglichen Grenze haben nur insoweit zu erfolgen, als das begünstigte Unterneh­men bezahlte Bestandszinsen nachträglich ganz oder teilweise vom Bestandgeber oder von dritter Seite zurückbekommt.

(7) Für den Umfang der Auszahlung von finanziellen Maßnahmen und für die Höhe einer allfälligen Rückforderung nach Abs. 5 ist die tatsächliche Nutzbarkeit des Bestandsob­jektes in jenen Zeiträumen, in welchen das begünstigte Unternehmen direkt von einem behördlichen Betretungsverbot betroffen war, maßgeblich. Diese tatsächliche Nutzbar­keit kann auch auf der Grundlage des dem Bestandsobjekt zuzurechnenden Umsatzaus­falles berechnet werden.

(8) Die vorstehenden Abs. 5 bis 7 treten mit Ablauf des 31. Dezember 2021 in Kraft. Sofern diese Absätze die Behandlung von Rückforderungen betreffen, sind sie auf jene finanziellen Maßnahmen gemäß § 2 Abs. 2 Z 7 anzuwenden, die bis zum 31. Dezember 2021 beantragt werden.““

Begründung

Zu Art I

Verlängerung der zinsfreien Stundung der von auf die AWS und ÖHT übergegangene Regressforderungen von bisher 31. Dezember 2021 auf den 30. Juni 2022

Zu Art III

Angesichts der jüngsten OGH-Judikatur zu den §§ 1104, 1105 ABGB ist es notwendig, rechtliche Rahmenbedingungen für zukünftige Rückforderungsprozesse im Zusammen­hang mit an Unternehmen gewährten Förderungen zu schaffen. Dabei ist sowohl auf die im Fluß befindliche Rechtsprechung, die gesetzlich vorgegebenen Grundsätze der Spar­samkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit sowie auf die Vermeidung von Härte­fällen zu achten. Es soll daher eine effiziente Vorgehensweise hinsichtlich jener Förder­maßnahmen ermöglicht werden, bei denen sich im Nachhinein herausstellt, dass tat­sächlich nicht geschuldete Bestandzinsaufwendungen im Rahmen der Beantragung von Fördermaßnahmen angesetzt und an Unternehmen auch tatsächlich ausbezahlt wur­den. Zu diesem Zweck wird eine betragliche Grenze pro Unternehmen und Kalendermo­nat geschaffen, die gleichsam als Relevanzgrenze anzusehen ist. Betreffen behördliche Betretungsverbote und daraus resultierende eingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten nicht volle Kalendermonate, so ist die betragliche Grenze entsprechend zu aliquotieren.

Abs. 5 enthält grundsätzliche Bestimmungen zur Schaffung einer betraglichen Grenze für mögliche Rückforderungsfälle im Zusammenhang mit geleisteten Bestandszinsen und Regelungen zu Rückforderungen bei Überschreiten der betraglichen Grenze. Dabei ist es insbesondere irrelevant, ob das Unternehmen seine Rechte gegenüber dem Be­standgeber tatsächlich geltend gemacht hat oder noch geltend machen wird. Die Rück­forderung bei Überschreiten der betraglichen Grenze bezieht sich dabei grundsätzlich


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 134

immer auf den gesamten Bestandszins der im Zeitraum des behördlichen Betretungs­verbotes vom begünstigten Unternehmen entrichtet wurde.

Abs. 6 regelt jene Fälle, in denen die betragliche Grenze nicht überschritten wird. Hierbei erfolgt eine Rückforderung von anteiligen finanziellen Maßnahmen nur und insoweit, als der jeweilige Antragsteller selbst eine Refundierung von bezahlten Bestandzinsen (etwa durch den Vermieter) erhält.

Abs. 7 stellt klar, dass sowohl die Höhe einer allfälligen Rückforderung als auch die Höhe künftiger Auszahlungen von der tatsächlichen Nutzbarkeit des Bestandsobjektes ab­hängt. Eine solche kann aber auch anhand des jeweiligen objekt- und zeitbezogenen Umsatzausfalls berechnet werden.

Abs. 8 regelt das Inkrafttreten der Gesetzesänderungen. Sofern die Gesetzesänderun­gen die Behandlung von Rückforderungen betreffen, sind sie auf all jene finanziellen Maßnahmen anwendbar, die bis zum 31. Dezember 2021 beantragt werden.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der zuletzt gemäß § 53 Abs. 4 GOG in den Grundzügen erläuterte Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun MMag. DDr. Hubert Fuchs. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.45.36

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister Brunner! Hohes Haus! Geschätzte Österreicherinnen und Österreicher! Ich spreche zu Tagesordnungspunkt 23, zum Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz und andere Steuergesetze geändert werden.

Die Steuerbefreiung für Essensgutscheine in Höhe von 8 Euro soll ab dem Kalender­jahr 2022 nicht mehr nur für Mahlzeiten gelten, die in einer Gaststätte konsumiert wer­den, sondern auch für solche, die zwar von einer Gaststätte beziehungsweise von einem Lieferservice zubereitet beziehungsweise geliefert werden, aber beispielsweise in der Wohnung des Arbeitnehmers, etwa im Homeoffice, konsumiert werden. Das Steuerrecht passt sich hier den Veränderungen in der Arbeitswelt infolge der Covid-19-Krise an, was positiv zu sehen ist. Positiv anzumerken ist auch, dass es sich nicht um eine befristete Regelung handelt, sondern um eine unbefristete Regelung.

Weiters werden mit diesem Bundesgesetz auch die stringenten Regelungen zur steu­erlichen Abzugsfähigkeit des Arbeitszimmers durch ein einfach administrierbares Ar­beitsplatzpauschale für Unternehmer ergänzt, was ebenfalls positiv zu sehen ist. Positiv ist auch zu werten, dass laut Abänderungsantrag diese Form des Arbeitsplatzpau­schales auch von Pauschalierern gemäß § 17 EStG geltend gemacht werden kann. Dies ist die korrespondierende Vorschrift für das Homeofficepauschale der Arbeitnehmer, welches wir mit dem 2. COVID-19-Steuermaßnahmengesetz eingeführt haben.

Unverständlicherweise wurde aber diese Regelung für die Arbeitnehmer mit 31.12.2023 befristet, wohingegen die Regelung für Unternehmer unbefristet ist. Hier gibt es auch keinen Grund für eine sachlich gerechtfertigte Differenzierung, weshalb die Befristung für Arbeitnehmer auch abzuschaffen ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Neben der geplanten Erhöhung des Absetzbetrages für geringwertige Wirtschaftsgüter, die wir im Rahmen der ökoasozialen Steuerreform beschließen werden, ist das steuerli­che Pauschale für das Homeoffice beziehungsweise für den Arbeitsplatz bis dato die einzige strukturelle beziehungsweise administrative Entlastung für die Steuerpflichtigen beziehungsweise für die Finanzverwaltung in dieser Legislaturperiode. Im Sinne einer


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 135

Vereinfachung des Steuerrechts muss man aber verstärkt in diese Richtung weiterar­beiten. Als Entbürokratisierungsmaßnahme sollte man auch das Werbungskostenpau­schale für Arbeitnehmer von 132 Euro auf 300 Euro erhöhen. Allein durch diese Maß­nahme müssten 60 000 Arbeitnehmer in Zukunft keine Arbeitnehmerveranlagung mehr machen. (Beifall bei der FPÖ.)

Als Lektüre dazu darf ich auf den blau-schwarzen Ministerratsvortrag vom 1. Mai 2019 verweisen, in dem viele weitere Vereinfachungen und Strukturreformen im Steuerrecht vorgesehen sind, wie zum Beispiel die Neukodifikation des Einkommensteuergesetzes oder strukturelle Vereinfachungen in der Lohnverrechnung und in der Gewinnermittlung, insbesondere die Schaffung einer einheitlichen Bemessungsgrundlage bei den Arbeitge­berlohnnebenkosten. Aber auch die Erhöhung der Rechtssicherheit und eine kürzere Dauer von Verfahren sowohl auf Ebene des Finanzamtes als auch auf Ebene des Bun­desfinanzgerichts im Rahmen einer Bundesabgabenordnungsnovelle wären wichtige Maßnahmen.

All diese Steuervereinfachungen beziehungsweise Entbürokratisierungsmaßnahmen wurden bis dato von der schwarz-grünen Bundesregierung bedauerlicherweise auf die lange Bank geschoben. Wir haben jetzt einen neuen Finanzminister, vielleicht geht es jetzt schneller. Es wäre eine Win-win-Situation für alle, sowohl für die Steuerpflichtigen als auch für die Finanzverwaltung, und würde dem Standort einen wichtigen Impuls ge­ben.

Im Gegensatz zur ökoasozialen Steuerreform ist dieses Bundesgesetz grundsätzlich positiv zu sehen, weshalb wir diesem Bundesgesetz auch unsere Zustimmung erteilen werden. Wir begrüßen auch ausdrücklich die Verlängerung der Covid-19-spezifischen Sonderregelungen im Steuerrecht.

Ergänzend bringen wir aber in diesem Zusammenhang trotzdem folgenden Antrag ein – Kollege Kopf hat bereits einen ähnlichen Antrag eingebracht – betreffend Bonuszah­lungen und Zulagen im Zusammenhang mit der Covid-19-Krise, die auch im Jahr 2021 beziehungsweise im Jahr 2022 steuerfrei sein sollen:

Abänderungs- und Zusatzantrag

der Abgeordneten MMag. DDr. Hubert Fuchs, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Antrag in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

Im Artikel 1 (Änderung des Einkommensteuergesetz 1988) erhält in Ziffer 4. die Novellie­rungsanordnung lit. b) die Bezeichnung lit. c) und es wird folgende lit. b) eingefügt:

„b) In § 124b Ziffer 350 wird anstelle der Wortfolge ,im Kalenderjahr 2020‘ die Wortfolge ,in den Kalenderjahren 2020, 2021 und 2022‘ eingefügt.“

*****

Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

14.51

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungs- und Zusatzantrag

der Abgeordneten MMag. DDr. Hubert Fuchs, Mag. Christian Ragger

und weiterer Abgeordneter


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 136

zum TOP 23, Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2080/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuerge­setz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Finanzstraf­gesetz, das Biersteuergesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Alkohol­steuergesetz, das Tabaksteuergesetz 1995, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Zoll­rechts-Durchführungsgesetz, das COVID-19- Förderungsprüfungsgesetz, das Transpa­renzdatenbankgesetzes 2012, das COVID-19-Zweckzuschussgesetz und das Pflege­fondsgesetz geändert werden (1185 d.B.)

eingebracht in der 137. Sitzung des Nationalrates am 16.12.2021

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Antrag in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

Im Artikel 1 (Änderung des Einkommensteuergesetz 1988) erhält in Ziffer 4. die Novel­lierungsanordnung lit. b) die Bezeichnung lit. c) und es wird folgende lit. b) eingefügt:

„b) In § 124b Ziffer 350 wird anstelle der Wortfolge „im Kalenderjahr 2020“ die Wortfolge „in den Kalenderjahren 2020, 2021 und 2022“ eingefügt.“

Begründung

Aufgrund der anhaltenden COVID-19-Krisensituation leisten Mitarbeiter in Bereichen, die das System aufrechterhalten, Außergewöhnliches. Werden sie dafür vom Arbeitge­ber extra entlohnt, dann sollen diese Bonuszahlungen und Zulagen bis zum Betrag von 3 000 Euro auch in den Jahren 2021 und 2022 steuerfrei gestellt werden. Die Zahlungen dürfen ausschließlich zum Zweck der Belohnung im Zusammenhang mit COVID stehen.

Belohnungen die aufgrund von bisherigen Leistungsvereinbarungen gezahlt werden, sind daher weiterhin nicht steuerfrei.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungs- und Zusatzantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Frau Mag. Sibylle Hamann. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.52.04

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Herr Präsident! Lieber Herr Bundesminis­ter! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein paar Worte zum Thema Spendenabsetzbarkeit, die Kollege Kopf ja schon erwähnt hat.

Wenn Sie an die Caritas spenden, dann können Sie das von der Steuer absetzen. Das ist gut und richtig so, denn die Caritas erfüllt einen gemeinnützigen Zweck. Sie hilft Be­nachteiligten und stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt, und das brauchen wir in Zeiten wie diesen dringender denn je.

Der Kreis der begünstigten Organisationen ist aber derzeit sehr eng gefasst. Den müs­sen wir dringend erweitern, nämlich auf gemeinnützige Vereine, Stiftungen, Fonds, die in verschiedensten Bereichen der Gesellschaft im Sinn des Gemeinwohls tätig sind. Das ist speziell der Bildungsbereich, der mir besonders am Herzen liegt, das sind aber auch die Bereiche Wissenschaft, Kunst und Kultur, Sport, Ökologie, Soziales oder auch Men­schenrechte.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 137

Da wird jeden Tag extrem wichtige Arbeit geleistet, und zwar von Profis und von Ehren­amtlichen, meistens in einer intelligenten Kombination aus beiden. Da wird zum Beispiel mit benachteiligten Kindern und Jugendlichen gearbeitet, da weckt man Potenziale und entdeckt Talente, und da wird dafür gesorgt, dass Menschen an der Gesellschaft teil­haben können, die das sonst nicht könnten. Diese Profis und Ehrenamtliche sorgen da­mit für mehr Chancengerechtigkeit und mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt. All diese Menschen machen Österreich mit ihrer Arbeit jeden Tag besser, und an dieser Stelle könnte man ihnen dafür auch einmal danken. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abge­ordneten von ÖVP, SPÖ und NEOS.)

Aber nicht nur wir als Privatpersonen sollten uns für dieses Engagement bedanken, son­dern auch der Staat sollte das tun. Er sollte sich darüber freuen, dass es diese Vereine und Organisationen gibt. Er sollte ihr Engagement nach Kräften fördern und unterstützen und auch fördern und unterstützen, dass Private dafür spenden. Deswegen fordern wir mit diesem Entschließungsantrag den Finanzminister auf, ein faires und zukunftsgerich­tetes Modell ausarbeiten zu lassen, das diesen Bedürfnissen gerecht wird und diesen ganzen Bereich neu und zukunftsgerecht ordnet. Ich freue mich, wenn dabei etwas he­rauskommt. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Smolle.)

14.54


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Mag.a Martina Künsberg Sarre. – Bit­te schön, Frau Abgeordnete.


14.54.43

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Herr Präsident! Herr Finanzmi­nister! Hohes Haus! Dass unsere Bildungslandschaft Innovation dringend benötigt, ist, glaube ich, offensichtlich und hier wahrscheinlich unumstritten. Deswegen ist es so un­verständlich, dass die Regierungsparteien diesem Antrag nicht zustimmen können und ihn ablehnen.

Jeder, der sich einmal ein bisschen mit dem Thema Organisation beschäftigt hat, weiß, dass notwendige Impulse, Erneuerungsimpulse und Innovation nicht nur von innen, son­dern oft, ja in den meisten Fällen von außen kommen, und das ist auch gut und richtig, und dass durch beherzte Projekte und Initiativen eben auch Neues entstehen kann.

Worum geht es in unserem Antrag? – In Österreich haben wir die Situation, dass es zwar möglich ist, für wissenschaftliche Forschungsprojekte, beispielsweise an Universitäten, oder für Erwachsenenbildungseinrichtungen zu spenden, und diese Spenden sind ab­setzbar. Es ist auch möglich, für Schulen oder Bildungsprojekte im Ausland zu spenden, auch das ist steuerlich absetzbar. Aber für Bildungsprojekte im Inland beziehungsweise für Kindergärten und Schulen geht das nicht. Unser Antrag würde es auch umfassen, dass es eine KESt-Befreiung für Spenden zugunsten von bildungsfördernden Maßnah­men bei Stiftungen gibt.

Durch diese Regelung verhindern Sie natürlich das Engagement von vielen Privaten und die Lukrierung von privaten Mitteln in das System. Die Umsetzung wäre wichtig. Sie gründen jetzt zwar eine Arbeitsgruppe, aber wir wissen, dass das ganz viele Themen­felder umfassen wird, und wir wissen auch, dass das mit einer Arbeitsgruppe, auch wenn die Motivation besteht, das rasch umzusetzen, natürlich sehr lange dauern wird.

Die Coronakrise, die Pandemie hat gerade im Bereich Kinder und Jugendliche ganz vie­les offengelegt. Ganz vieles ist notwendig, und es ist notwendig, es jetzt zu tun. Die Vorschläge von den verschiedensten Stakeholdern, von den verschiedensten Initiatoren liegen längst am Tisch. Sie müssten sie einfach nur aufgreifen und umsetzen, ins Tun kommen und nicht warten, bis wieder Ergebnisse von einer Arbeitsgruppe da sind, denn es betrifft Kinder und Jugendliche, die es jetzt brauchen und nicht erst in ein paar Jahren. (Beifall bei den NEOS.)

14.57



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 138

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich nun Herr Bundesmi­nister Dr. Magnus Brunner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.


14.57.16

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Bevor ich auf die letzten Redebeiträge dann gern auch noch kurz eingehe, möchte ich vielleicht insgesamt zu den Steuermaßnahmen, die jetzt im Fokus dieser Tagesord­nungspunkte stehen, Folgendes sagen: Unser oberstes Ziel in der Pandemie war es natürlich zuerst einmal, Menschenleben zu retten, und das hat bis heute natürlich immer noch allerhöchste Priorität. Dann kommt als zweiter Punkt dazu, dass es entscheidend ist, Arbeitsplätze zu retten, Arbeitsplätze zu sichern, zu schauen, wie Unternehmen vor der Insolvenz bewahrt werden können. Auch wenn es zum Teil gerechtfertigte Kritik an so manchen Maßnahmen gegeben hat und immer wieder gibt – das ist klar, das müssen wir auch aufnehmen –, können wir trotzdem, glaube ich, schon eine Zwischenbilanz zie­hen und sagen, dass aus heutiger Sicht die Pandemie von der Republik Österreich bis­her sehr gut gemeistert worden ist. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir haben aber natürlich Herausforderungen, überhaupt keine Frage. Die Pandemie ist nicht vorbei, Kollege Matznetter, selbstverständlich, da haben Sie recht. Wir werden na­türlich auch weiterhin als Bundesregierung alles tun, um Arbeitsplätze zu sichern, um den Standort entsprechend zu sichern, um die Unternehmen auch weiterhin gut durch diese Krise zu führen.

Wir haben an Coronahilfen ja bisher schon über 42 Milliarden Euro ausbezahlt oder zu­mindest rechtsverbindlich zugesagt. Diese Hilfen haben Existenzen gerettet, und es ist natürlich auch eine Selbstverständlichkeit – auch aus diesem Grund –, dass wir diese Hilfen weiterführen werden (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen) und gerade in der so wichtigen Vorweihnachtszeit die Betriebe unterstützen und die Ausfälle auf­grund der notwendigen Schließungen kompensieren werden.

Wir haben daher die Zuschussinstrumente, die sich in der Vergangenheit bewährt haben und mit denen die Unternehmen schon vertraut sind – das ist ja auch so eine Sache: wie viel Vertrauen habe ich in gewisse Maßnahmen, wie sehr bin ich sie schon gewohnt? –, diese Maßnahmen verlängert. Wir haben sie aber den aktuellen Erfordernissen ange­passt. Das ist, glaube ich, auch ganz entscheidend, dass wir eben aus Fehlern lernen und diese Maßnahmen treffsicherer gestalten. Das ist ein ständiger Prozess, und daran arbeiten wir jeden Tag. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Nur um ein Beispiel zu nennen, wie wir gelernt haben: Wir haben seit letzter Woche den Ausfallsbonus vorgezogen, damit eben die ersten Gelder noch vor Weihnachten fließen können. Das ist, glaube ich, auch ein ganz entscheidender Punkt und zeigt auch, wie wir schon immer wieder flexibel auf die Herausforderungen und Anmerkungen und gut ge­meinten Ratschläge entsprechend reagieren.

Die zur Debatte stehenden Anträge betreffen eine Fülle von anderen Hilfsmaßnahmen, die von den Vorrednern, insbesondere von Abgeordnetem Kopf, ja auch bereits im Detail dargestellt wurden. Viele dieser Maßnahmen bauen auf jenen auf, die wir im Verlauf der Pandemie erfolgreich implementiert haben. Selbstverständlich lernen wir aus diesen Erfahrungen. Wir versuchen eben, diesen Instrumentenkoffer, den wir zur Verfügung haben, ständig zu verbessern. Das ist, glaube ich, im Großen und Ganzen auch sehr, sehr gut gelungen. Darum hoffe ich natürlich auch, dass es eine breite Zustimmung für die vorliegenden Anträge gibt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Zwei Sätze zu meinen VorrednerInnen – wir hatten ja auch schon die Möglichkeit, per­sönlich über diese Dinge zu sprechen –: Bei den Zielen, die in diesen Anträgen formuliert sind, liegen wir im Prinzip ja nicht auseinander – zumindest nicht weit auseinander. Die


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 139

Begünstigung von Spenden ist natürlich etwas, das sich sehr viele Organisationen – übrigens nicht nur im Bildungsbereich, sondern auch in vielen anderen Bereichen, auch in wichtigen Zukunftsfeldern, das ist klar – wünschen. Es muss daher immer auch eine klare Abgrenzung getroffen werden. Es ist, glaube ich, bei all diesen Überlegungen schon entscheidend, welche Maßnahmen tatsächlich förderungswürdig sind, welche nicht und welche praktischen Auswirkungen das mit sich bringt. Ich glaube, diese Pra­xisbezogenheit und Praxisnähe ist gerade in diesem Bereich ganz entscheidend. Da gibt es schon noch einige Fragen, einige Dinge zu klären. Jetzt kann man immer sagen: Arbeitsgruppen, das dauert zu lange! – Ja, aber wir werden uns natürlich bemühen, dass das so schnell wie möglich zu einem Abschluss kommt. Wie gesagt, ich glaube, inhaltlich liegen wir da nicht weit auseinander.

Wenn ich zu den gemeinnützigen Stiftungen dann schlussendlich auch noch etwas sa­gen darf: Wir bekennen uns – übrigens auch im Regierungsprogramm – zu einer Mo­dernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts insgesamt. Das ist im Regierungsprogramm enthalten. Wir setzen natürlich das um, was wir uns im Regierungsprogramm vorgenom­men haben. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.02


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Graf. – Bitte.


15.02.34

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Finanzminister! Lie­be Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuschauer! Meine Vorredner haben ja bereits die wichtigsten steuerlichen Maßnahmen des Covid-19-Pakets erwähnt. Die Maßnahmen decken dabei viele Bereiche ab. Ich möchte aber auf drei wesentliche Bereiche noch einmal kurz eingehen.

Das Erste sind die Steuerstundungen. Da können die Betriebe eine Stundung der Abga­benpflicht beantragen – ein ganz wesentlicher Beitrag, gerade jetzt in dieser Zeit. Auch die Rückzahlung von Gutschriften kann trotz einer beantragten Stundung beantragt werden. Betriebe, die jetzt bereits in einem Auszahlungsmodell der Ratenzahlung sind, können für den Zeitraum von 22. November 2021 bis 31. Jänner 2022 von den Stun­dungszinsen befreit werden.

Der zweite wesentliche Bereich sind die Arbeitsplatzpauschalen für Selbstständige im Jahr 2022 – eine langjährige Forderung des Wirtschaftsbundes. Kollege Kopf hat es schon erwähnt: Bis dato konnten Selbstständige nur einheitliche Wohneinheiten als Ar­beitsplatz abschreiben. Nun ist aber die Arbeitswelt, wie wir sie heute kennen, eine an­dere, und es ist eine Tatsache, dass wir inzwischen sehr viel Zeit zu Hause verbringen. Oft wird der Küchentisch oder der Essplatz sozusagen unser Arbeitsplatz, und daher werden wir die teilweise betriebliche Nutzung einer Wohnung bei den Betriebsabgaben entsprechend geltend machen können.

Der dritte wesentliche Bereich sind die steuerfreien Weihnachtsgutscheine für Arbeitneh­mer. Ein Highlight in jedem Jahr sind eigentlich die Weihnachtsfeiern in den Betrieben. Wir haben sie letztes Jahr leider nicht machen können, heuer werden sie leider auch ausfallen. Da bieten wir die Möglichkeit, dass statt der Weihnachtsfeier, um unseren Mit­arbeitern die Wertschätzung zu zeigen, steuerfrei 365 Euro zur Auszahlung gebracht werden können. Es ersetzt zwar nicht die Weihnachtsfeier – das ist in den Betrieben immer so ein Ritual, bei dem man sich auch näher kennenlernt –, aber es kommt einer Wertschätzung sehr nahe.

Diese Wertschätzung möchten wir unseren Mitarbeitern noch stärker zeigen, und zwar in Form einer steuerfreien Coronaprämie. Daher bringe ich folgenden Abänderungsan­trag ein:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 140

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 2080/A

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Artikel 1 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988) wird wie folgt geändert:

1. Nach Z 2 wird folgende Z 2a eingefügt:

„2a. § 17 wird wie folgt geändert:

a) In Abs. 1 werden nach der Wortfolge „Beiträge im Sinne des § 4 Abs. 4 Z 1“ ein Bei­strich sowie die Wortfolge „das Arbeitsplatzpauschale gemäß § 4 Abs. 4 Z 8“ eingefügt.

b) In Abs. 3a werden nach der Wortfolge „Beiträge gemäß § 4 Abs. 4 Z 1“ ein Beistrich sowie die Wortfolge „das Arbeitsplatzpauschale gemäß § 4 Abs. 4 Z 8“ eingefügt.“

2. Z 4 (§ 124b) wird wie folgt geändert:

a) Die Novellierungsanordnung b) erhält die Bezeichnung „c)“ und es wird die Wortfolge „Ziffern 377 und 378“ durch die Wortfolge „Ziffern 377 bis 382“ ersetzt.

b) Nach der Novellierungsanordnung a) wird folgende Novellierungsanordnung b) ein­gefügt:

„b) In Z 350 lit. a wird nach dem ersten Satz folgender Satz eingefügt:

,Ebenso sind derartige Zulagen und Bonuszahlungen die bis Februar 2022 für das Ka­lenderjahr 2021 geleistet werden bis 3 000 Euro steuerfrei.‘“

c) Z 378 lautet:

„378. § 4 Abs. 4 Z 8 und § 17 Abs. 1 und 3a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2021 sind erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2022 anzuwenden.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.06

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz,

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2080/A der Abgeordneten Karl­heinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuerge­setz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Finanzstraf­gesetz, das Biersteuergesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Alkohol­steuergesetz, das Tabaksteuergesetz 1995, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Zoll­rechts-Durchführungsgesetz, das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz, das Transpa­renzdatenbankgesetzes 2012, das COVID-19-Zweckzuschussgesetz und das Pflege­fondsgesetz geändert werden (1185 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 141

Der oben bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Artikel 1 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988) wird wie folgt geändert:

1. Nach Z 2 wird folgende Z 2a eingefügt:

„2a. § 17 wird wie folgt geändert:

a) In Abs. 1 werden nach der Wortfolge „Beiträge im Sinne des § 4 Abs. 4 Z 1“ ein Beistrich sowie die Wortfolge „das Arbeitsplatzpauschale gemäß § 4 Abs. 4 Z 8“ einge­fügt.

b) In Abs. 3a werden nach der Wortfolge „Beiträge gemäß § 4 Abs. 4 Z 1“ ein Beistrich sowie die Wortfolge „das Arbeitsplatzpauschale gemäß § 4 Abs. 4 Z 8“ eingefügt.“

2. Z 4 (§ 124b) wird wie folgt geändert:

a) Die Novellierungsanordnung b) erhält die Bezeichnung „c)“ und es wird die Wortfolge „Ziffern 377 und 378“ durch die Wortfolge „Ziffern 377 bis 382“ ersetzt.

b) Nach der Novellierungsanordnung a) wird folgende Novellierungsanordnung b) eingefügt:

„b) In Z 350 lit. a wird nach dem ersten Satz folgender Satz eingefügt:

„Ebenso sind derartige Zulagen und Bonuszahlungen die bis Februar 2022 für das Ka­lenderjahr 2021 geleistet werden bis 3 000 Euro steuerfrei.““

c) Z 378 lautet:

„378. § 4 Abs. 4 Z 8 und § 17 Abs. 1 und 3a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2021 sind erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2022 anzuwenden.“

Begründung

Zu Z 1 und Z 2 lit. c) (§ 17 Abs. 1 und 3 bzw. § 124b Z 378):

Das in § 4 Abs. 4 Z 8 neu eingeführte Arbeitsplatzpauschale soll auch im Rahmen der Basispauschalierung gemäß § 17 Abs. 1 und der Kleinunternehmerpauschalierung gemäß § 17 Abs. 3a als zusätzliche Betriebsausgabe geltend gemacht werden können.

Zu Z 2 lit. a) (Novellierungsanordnung 4. c) (vormals 4. b)):

Durch den Einschub der Novelle von § 124b Z 350 lit. a kommt es zu einer Änderung der Bezeichnung der Novellierungsanordnung. Zudem soll ein Redaktionsversehen be­seitigt werden.

Zu Z 2 lit. b) (§ 124b Z 350 lit. a):

Mitarbeiter, die aufgrund der anhaltenden COVID-19-Krisensituation im Kalender­jahr 2021 Außergewöhnliches geleistet haben und dafür von ihren Arbeitgebern extra belohnt werden, sollen diese Bonuszahlungen und Zulagen – wie schon im Kalender­jahr 2020 – bis zu einem Betrag von 3 000 Euro steuerfrei erhalten können. Die Zahlun­gen dürfen üblicherweise bisher nicht gewährt worden sein und ausschließlich zum Zweck der Belohnung im Zusammenhang mit COVID-19 stehen. Wurde 2020 eine steu­erfreie Zahlung aufgrund dieser Bestimmung ausbezahlt, steht dies einer steuerfreien Auszahlung für 2021 nicht entgegen. Belohnungen die aufgrund von bisherigen Leis­tungsvereinbarungen gezahlt werden sind nicht steuerfrei. Voraussetzung für die Steuer­befreiung soll weiters sein, dass diese Zahlungen bis Februar 2022 geleistet werden.

Aufgrund der Regelung in § 124b Z 350 lit. a sind derartige Zulagen und Bonuszahlungen bei Erfüllung der Voraussetzungen für die Einkommensteuerbefreiung auch vom Dienst­geberbeitrag nach dem FLAG 1967 und der Kommunalsteuer befreit.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 142

Diese Begünstigung stellt auch eine Entlastungsmaßnahme im Rahmen der ökosozialen Steuerreform dar. Damit derartige Zulagen und Bonuszahlungen jedoch zeitnah gewährt werden können, wird diese Steuerbefreiung vorgezogen und in dieses Gesetzespaket aufgenommen.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Yildirim. – Bitte sehr, das Wort steht bei Ihnen, Frau Abgeordnete.


15.07.00

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich beziehe mich auf den Antrag meiner KollegInnen aus der Opposition, der NEOS, betreffend Spendenabsetzbarkeit und Ge­meinnützigkeit.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Ausbildung eines Menschen beeinflusst ganz we­sentlich die Chancen, die die Menschen im Leben ergreifen können. Eine gute Ausbil­dung – das wissen wir alle – beginnt bei den Bildungseinrichtungen für die Kleinsten, also bei den Kinderkrippen, und das zieht sich durch das ganze Leben. Die Worte le­benslanges Lernen gewinnen immer mehr an Bedeutung.

Jetzt wissen wir aber auch, dass nicht alle Menschen den gleichen Zugang zu Bildung haben, und nicht alle Menschen und alle Eltern können ihren Kindern jene Unterstützung zukommen lassen, die sie brauchen würden – sei es finanziell, sei es durch Hilfe beim Lernen. Manche Kinder können schwerer begeistert werden, manche haben vielleicht Verständnisprobleme, benötigen besondere Förderung. Im Bildungssystem – da gebe ich Ihnen, sehr geehrte KollegInnen von den NEOS, gerne recht – gibt es durchaus Ver­besserungsbedarf. Es fehlt zum Beispiel immer noch der Rechtsanspruch auf einen Kin­derbildungs- und -betreuungsplatz. Somit hängt bereits der Einstieg in die Bildung bei manchen Kindern von Zufällen ab.

Eine verschränkte gemeinsame Ganztagsschule, in der Kinder besonders gut gefördert werden könnten, haben wir in Österreich immer noch nicht. Stattdessen werden in Öster­reich jedes Jahr Millionen für Nachhilfeunterricht ausgegeben. Das müssen sich Eltern aber auch leisten können. Bildung und Lebenschancen sollten nicht von der Geldtasche der Eltern abhängig sein.

Sie, werte KollegInnen von den NEOS, wollen mit diesen Anträgen nun einerseits steuer­liche Maßnahmen erreichen, um private Mittel für Bildung zu mobilisieren, und anderer­seits Spendenbegünstigungen für gemeinnützige Stiftungen. Alle Maßnahmen, die zu Chancengleichheit bei der Aus- und Weiterbildung führen, sind grundsätzlich zu begrü­ßen. Ob dies allerdings durch Steuerbegünstigungen für reiche Spender umgesetzt wer­den kann, ist fraglich. (Beifall bei der SPÖ.)

Für mich und für die SPÖ ist Bildung ganz eindeutig eine staatliche Aufgabe. Da braucht es Reformen, da braucht es Geld, da braucht es eine Entideologisierung. (Ruf: Ja, das braucht’s! – Zwischenrufe der Abgeordneten Loacker und Scherak.) Die Möglichkeiten hinsichtlich Bildung dürfen nicht von privaten Spendern, nicht von privaten Geldern abhängen. (Beifall bei der SPÖ.) Dadurch könnte es – und das befürchte ich – zu einem noch stärkeren Auseinanderdriften von Bildungsangeboten für alle und privat gespon­serten – wie es dann oft heißt – Eliteeinrichtungen kommen. Wir dividieren ja die Gesell­schaft so schon auseinander. (Abg. Loacker: Eliten?! Jesus Maria! – Abg. Scherak: ... Marx!)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 143

Wir als SPÖ stehen für ein gutes öffentliches Bildungsangebot in allen Bereichen, das allen gleichermaßen Chancen bietet. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Chance, durch gute Bildung ein gutes Leben führen zu können, müssen sich alle in Österreich lebenden Menschen erwarten können, daher können wir diesen Anträgen nicht nähertreten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wurm: Bravo, Selma!)

15.10


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schwarz. – Bitte. (Abg. Leichtfried: Der sieht das hoffentlich ähnlich!)


15.10.35

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Der sieht das gar nicht so unähn­lich, aber er wird sich zu etwas anderem äußern. (Abg. Scherak: Ist auch Marxist! – Heiterkeit des Redners.)

Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte kurz auf das Abgabenänderungsgesetz eingehen. Da sind aus meiner Sicht vier besonders positive Punkte drinnen, die zwar alle schon erwähnt worden sind, die ich aber trotzdem noch einmal anführen möchte: das Arbeitsplatzpauschale für Selbstständige, eine Ent­bürokratisierung und eine Unterstützung für Selbstständige, die zu Hause arbeiten; die steuerfreien Einkaufsgutscheine, die jetzt einmalig auf 365 Euro erhöht worden sind, weil die Weihnachtsfeiern ausfallen; die steuerfreien Essensgutscheine, die jetzt auch in An­spruch genommen werden können, wenn man bestellt und zu Hause isst; und viertens werden durch den Abänderungsantrag von Karlheinz Kopf und mir, den Kollegin Graf gerade eingebracht hat, Boni bis 3 000 Euro, die im Zusammenhang mit Corona ausge­zahlt werden, steuerfrei.

Ich möchte aber noch kurz auf den Abänderungsantrag des Herrn Abgeordneten Matz­netter eingehen, der gerne hätte, dass die Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie auf 5 Prozent, die ja im Jänner ausgelaufen wäre, verlängert wird. Ich habe letzte Woche mit Expertinnen und Experten darüber gesprochen. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Die einhellige Meinung war, es war eine akzeptable Lösung zu Beginn, um quasi schnell auf diese Krise zu reagieren, aber alle haben davon abgeraten, diese Senkung zu ver­längern. (Abg. Leichtfried: War das der Loacker, der Experte?)

Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, wissen Sie, wer Ihrem Antrag auch nicht zu­stimmen würde? – Das ist ein ehemaliger Staatssekretär im Finanzministerium, ein ge­wisser Herr Dr. Christoph Matznetter. Der hat nämlich bei der Einführung der Regelung im Juni 2020 gesagt: „Es wird sich herausstellen, dass von der Mehrwertsteuersenkung der Wirt ums Eck vergleichsweise wenig hat, während McDonalds oder Starbucks or­dentlich profitieren.“ (Abg. Hörl: Hört! Hört! – Abg. Matznetter: Völlig korrekte Aussage! Das glaub’ ich immer noch!)

Unsicher ist die Sache auch noch: Wenn die EU diese Senkung nicht genehmigt, dann müssen die Wirte sogar nachträglich Steuern nachzahlen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Matznetter: McDonald’s hat profitiert! – Abg. Haub­ner: Herr Matznetter, es wird nicht besser, wenn du so schreist! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Kollege Kopf hat von Krokodilstränen gesprochen. Das sage ich jetzt nicht. Ich würde nur empfehlen, dass die Antragstellerinnen und Antragsteller von der SPÖ auch einmal ein Gespräch mit diesem Herrn Dr. Matznetter führen. Vielleicht ziehen Sie den Antrag ja dann auch zurück. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

15.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Doppel­bauer. – Bitte, Frau Abgeordnete.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 144

15.13.03

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Herr Finanzminis­ter! Hohes Haus! Bevor ich mit meiner Rede beginne, in der es natürlich vor allem auch darum geht, dass hier von meiner Kollegin Martina Künsberg und mir sehr, sehr wichtige Anträge zum Thema Spendenbegünstigung, Begünstigungen für Bildungseinrichtungen sowie für Stiftungen, die wirklich Gutes tun, eingebracht wurden, möchte ich schon noch ein Wort in Richtung Kollegin Yildirim verlieren, die gebeten hat, hier unideologisch zu agieren.

Frau Kollegin, es geht darum, private Mittel zu mobilisieren, um Gutes zu tun; deswegen wollen wir das. Wenn Sie das ideologisch nennen, dann weiß ich wirklich nicht mehr, wo mir der Kopf steht. Ich meine, das ist ja Marxismus pur, was Sie hier betreiben! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Yildirim.)

Ich finde es sehr schön, Herr Finanzminister, dass Sie gesagt haben, dass Sie das jetzt sehr schnell vorantreiben wollen, denn was passiert im Augenblick? Wir haben zum Bei­spiel den Antrag zum Thema Spendenbegünstigung für gemeinnützige Stiftungen, den ich hier eingebracht habe, bereits letztes Jahr eingebracht. Warum haben wir das ge­macht? – Weil im Augenblick vorgesehen ist, dass dieses Gesetz stets nur ein Jahr lang gilt und immer wieder verlängert wird. Das ist falsch. Warum ist es falsch? – Aus dem einfachen Grund, weil Stiftungen und auch private Mäzene oder Menschen, die es sich leisten können, Geld für das Gute zu geben, und das auch tun – das ist nichts Böses, meine Damen und Herren –, betreffend dieses Geld langfristig planen und dieses anle­gen können sollen. Wir wollen ja nichts anderes, als rechtliche und steuerliche Rahmen­bedingungen zu schaffen, die uns mit Deutschland und der Schweiz gleichstellen und uns das ermöglichen, was diese Länder jeden Tag machen. (Zwischenruf des Abg. Ler­cher.) Deswegen bitten wir Sie da wirklich, sehr rasch ins Tun zu kommen, und wir werden Sie dann natürlich an Ihren Taten messen.

Worauf ich auch noch eingehen möchte, ist dieses Antrags- und Gesetzeskonglomerat, das wir von der ÖVP, von Kollegen Schwarz und von Kollegen Kopf, bekommen haben, in dem sich wieder einmal unglaublich viele Pakete befinden. Wir hatten das – Kollege Kopf nickt schon – nicht zum ersten Mal. Es werden einfach ganz, ganz viele unter­schiedliche Materien vermischt, dann kommt ein Initiativantrag in den Ausschuss, und es gibt nicht einmal eine öffentliche Begutachtung.

Ich sage jetzt nicht, dass alles darin schlecht war. Da sind sehr viele gute Dinge drinnen, etwa das Homeofficepaket – wir haben es schon von Kollegen Fuchs gehört –, die wir natürlich auch unterstützen; deswegen haben wir auch eine getrennte Abstimmung ge­fordert. Es sind aber auch einige Dinge wie zum Beispiel ein Bagatellgesetz drinnen, bei dem wir nicht mitgehen können, sodass wir dann dem gesamten Konglomerat nicht zu­stimmen werden.

Basierend auf den Erfahrungen der letzten Monate und Jahre, in denen es bei diesen Gesetzesvorlagen ja nicht nur einen Fauxpas, sondern wirklich mehrere Probleme gegeben hat, wäre es mir insgesamt schon wichtig, dass die tägliche Arbeit hier einfach wirklich professionell und hochqualitativ umgesetzt wird; deswegen sollte hier in Zukunft bitte wieder mit Begutachtungsverfahren gearbeitet werden. (Beifall bei den NEOS.)

Ein letzter Punkt noch, zu den Wirtschaftshilfen: Auch dieser Antrag wurde in letzter Mi­nute eingebracht. Das ist ehrlich gesagt nicht ganz nachvollziehbar, denn es war ja ab­sehbar, dass die Pandemie noch nicht vorbei ist. Das führt natürlich auch zu Problemen für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der täglichen Arbeit. Dennoch werden wir diesbezüglich zustimmen – zähneknirschend, sage ich auch dazu –, weil es natürlich nur fair ist, dass Unternehmen geholfen wird, die aufgrund der derzeitigen Situation von der Bundesregierung wieder einmal geschlossen werden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 145

Ich sage aber auch, warum unsere Zustimmung nur zähneknirschend erfolgt. Herr Bun­desminister, Sie haben es gesagt: Man kann die Maßnahmen mit der Zeit natürlich bes­ser machen. Wir sind jetzt seit 21 Monaten in der Krise, und was ist nicht passiert? – Sie sind eben nicht besser gemacht worden. Diese Hilfen werden wieder nicht zielführend eingesetzt. Es wird nach wie vor Geld mit der Gießkanne ausgegeben, und das ist nach zwei Jahren ehrlich gesagt einfach nicht mehr nachvollziehbar.

Der zweite Punkt, der uns nicht gefällt, betrifft die Tatsache, dass diese Regelungen immer in letzter Sekunde daherkommen. Auch jetzt sind es wieder die Steuerberater, die am geschäftigsten sind, nur damit sie für ihre Unternehmerinnen und Unternehmer wieder alle Hilfen umsetzen können.

Der dritte Punkt betrifft natürlich die Cofag. Wieder ist die Cofag mit der Auszahlung dieser Mittel betraut. Das heißt, dass das Geld wieder am Parlament vorbeigeschwindelt wird. Es ist schlicht und einfach intransparent, was mit diesen Geldern passiert. (Zwi­schenruf des Abg. Zarits.)

Jetzt kann man natürlich sagen: Das ist das Parlament, okay, aber die andere Sache ist – und das ist ganz, ganz wichtig –, dass kein Unternehmer einen Bescheid bekommt. Warum ist das so? – Ich wage zu behaupten: weil die Regierung sich vor den vielen Klagen fürchtet, die ihr sonst drohen würden. Man schützt sich vor den Klagen der Unter­nehmerinnen und Unternehmer, da diese nämlich privat klagen müssten, und das kann sich, meine Damen und Herren, nach dieser Pandemie fast keiner mehr leisten. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

15.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Obernos­terer. – Bitte sehr. (Abg. Hörl: Jetzt bin ich gespannt!)


15.18.37

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mei­ne lieben Kolleginnen und Kollegen und meine sehr verehrten Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Ganz kurz zur Rede von Frau Kollegin Doppelbauer: Ich habe mir immer gedacht, wenn schnell und unkompliziert geholfen und abgewickelt wird, dann ist das eigentlich ein Schwerpunktthema der NEOS. Anscheinend muss es aber kompliziert sein (Abg. Doppelbauer: Dann macht es doch gescheit!), sollen die Unter­nehmer lange aufs Geld warten. Die Deutschen haben gesagt: Die Österreicher haben es klüger gemacht, sie haben es schneller gemacht. Bitte, wenn ihr es mir nicht glaubt, dann glaubt es den deutschen Kollegen! Die würden es heute auch so machen, wie wir Österreicher es gemacht haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Bei den Tagesordnungspunkten, die wir jetzt behandeln, geht es eigentlich um nichts anderes als um die Verlängerung der Hilfen; zumindest haben wir die Hilfen, die ausge­laufen wären, aufgrund des Lockdowns, den wir jetzt Ende November und Dezember gehabt haben, bis Ende des Jahres verlängert. Wir alle, Unternehmer und Unterneh­merinnen, die zuschauen, wissen, wie, mit welchen Hilfen diese Regierung geholfen hat. Wir wissen nicht, was uns die Pandemie noch bringen wird. Es gibt bestehende Pakete, die nur wieder aus der Lade zu ziehen sind. Österreich hat schneller und besser geholfen als die meisten EU-Länder. Wenn man mit den Unternehmern redet, bekommt man dort auch die Bestätigung.

Ein paar Sätze zu Kollegen Matznetter, zu diesem Antrag, der gerade von dir hier einge­bracht worden ist: Wir haben ja zwölf Jahre mit der SPÖ zusammengearbeitet und ich kenne die SPÖ-Wirtschaftspolitik. Da gibt es eigentlich nur eines: Die Unternehmer ha­ben mehr Steuern zu zahlen, die Unternehmer haben eine Vermögensteuer zu zahlen, sie haben die Erbschaftssteuer zu zahlen. (Zwischenruf der Abg. Herr.) – Das wäre der


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 146

Todesstoß für die Tourismusbetriebe. Als wir vor eineinhalb Jahren die Mehrwertsteuer­senkung beschlossen haben, hat die SPÖ – genau mit den Worten, die mein Kollege Schwarz vorhin erwähnt hat – gesagt: keinen Millimeter Hilfe für die Tourismusbetriebe! Ihr habt da dagegengestimmt.

Eines könnt ihr mir aber glauben – und auch ihr, liebe Touristiker und Touristikerinnen, die ihr zuhört –: Ihr wisst, welche Hilfen es von dieser Regierung in den letzten Jahren, zumindest im letzten Jahr, in der Coronazeit, gegeben hat. Andere Länder beneiden uns zum Teil dafür. Ihr von der SPÖ habt ganz schwerpunktmäßig davon gesprochen, dass die Tourismuswirtschaft überfördert wurde – und heute kommt ihr mit einem solchen Antrag, mit einer solchen Frotzelei hier heraus. Das ist nicht ernst zu nehmen.

Eines kann ich auch ganz klar sagen: Herr Finanzminister, es ist im Tourismus immer geholfen worden. Wir wissen halt nicht, was die Pandemie uns im nächsten Jahr bringt. Wenn sie uns wirklich wieder so wehtut, wie es in der Vergangenheit schon der Fall war, wird diese Regierung mit unserem Finanzminister die Betriebe und auch den Arbeits­markt wieder ordentlich unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Fakt ist, dass wir in dieser schwierigen Zeit weniger Konkurse und weniger Privatkon­kurse gehabt haben. Wenn das nicht ein Erfolgskonzept ist, dann weiß ich es nicht. Gebt doch einmal zu, dass diese Regierung gut gearbeitet hat! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Kollege Matznetter hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. (Oje-Rufe bei der ÖVP.) Ich hoffe, es ist eine. Ich rechne es auf die Redezeit an, wenn es keine ist. – Bitte. (Abg. Matznetter – auf dem Weg zum Rednerpult –: Nein, außerhalb der Redezeit!)


15.21.58

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Ich möchte eine tat­sächliche Berichtigung machen. Kollege Obernosterer hat behauptet, die SPÖ sei stets für eine höhere Besteuerung der Unternehmerinnen und Unternehmer (Abg. Obernos­terer: Stimmt ja wohl!), und führt dabei die Vermögensteuer an.

Ich berichtige tatsächlich: Nein, im Gegenteil, wir haben für Millionäre und für Großkon­zerne mehr Steuern gefordert und für die Kleineren die Entlastung. (Abg. Kopf: Wo ist die tatsächliche Berichtigung? – Abg. Eßl: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!) Die Erhöhung beschließt ihr jetzt durch Sitzenbleiben bei der Abstimmung meines Antra­ges. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haubner: Es wird nicht richtiger! Das war keine tatsächliche Berichtigung! – Zwischenruf des Abg. Obernosterer.)

15.22


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Kein Kommentar, oder?

Nächster Redner ist Kollege Einwallner. – Bitte.


15.22.43

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Herr Finanzminister! Frau Ministerin! Ich nehme auf den Tagesordnungs­punkt 24 Bezug, in dem mittels Initiativantrag die Fortschreibung von finanziellen Unter­stützungen für Unternehmerinnen und Unternehmer sichergestellt werden soll, um ihnen bei der Krisenbewältigung zu helfen. Die aktuellen Entwicklungen zeigen ganz deutlich, dass die Pandemie noch lange nicht vorbei ist und uns noch ein ganzes Stück weit be­gleiten wird.

Natürlich geht es bei solchen Hilfen immer darum, wie sie finanziell ausgestattet und in der Abwicklung ausgestaltet sind und ob sie auch tatsächlich praktikabel sind. Da liegen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 147

unsere Kritikpunkte und da sehen wir die großen Defizite, die wir nach wie vor bemän­geln – etwa einen bürokratischen Aufwand, der die Unternehmerinnen und Unternehmer eher hemmt, als dass ihnen geholfen wird. Bei unserem allergrößten Kritikpunkt hoffen wir auch ein bisschen auf einen Paradigmenwechsel, Herr Finanzminister: dass das al­les – intransparent und ohne parlamentarische Kontrolle – über die Cofag abgewickelt wird, und da geht es um ein Paket von mittlerweile 19 Milliarden Euro. Das geht so ein­fach nicht, das halten wir für falsch. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben hier bei Ihrer Antrittsrede vor einer Woche auf Ihre Vorarlberger Tugenden verwiesen. Ich füge denen jetzt noch zwei, drei hinzu, die, glaube ich, sehr, sehr hilfreich wären.

Das eine ist möglichst wenig Bürokratie – etwas, was wir in Vorarlberg versuchen zu leben. In diesem Fall müssen wir das Bürokratiemonster Cofag herausnehmen und schauen, dass die Unternehmerinnen und Unternehmer Luft zum Atmen haben und dass die Hilfen endlich funktionieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Zweite ist Transparenz. Auf Transparenz legen wir ganz viel Wert. Diese Cofag ist nach wie vor eine Blackbox – eine Blackbox mit 19 Milliarden Euro drinnen. Das ist et­was, was sicherlich nicht zu den Vorzeigetugenden gehört, die wir ja sonst so schätzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie oder auch Herr Kollege Obernosterer mir nicht glauben, dass das nicht funktioniert: Sie finden das ganz aktuell in den Medien. Ihr Wirtschaftsbundfreund Mario Pulker hat Ihnen gestern im „Kurier“ ausgerichtet, dass die Abwicklung in der Cofag nicht funktioniert. Das größte Problem ist, dass die finanziellen Hilfen zu spät kommen. Die Unternehmerinnen und Unternehmer sind mit Konkursanträgen konfrontiert, weil die Hilfen nicht kommen, und das verunsichert natürlich.

Es ist zwar nett, wenn es Herrn Kollegen Kopf schmerzt, dass man diese Verlängerung der Halbierung der Umsatzsteuer heute nicht durchkriegt, aber davon, dass man sagt, es schmerzt uns sehr, haben die Unternehmer und Unternehmerinnen sehr wenig. Of­fenbar blockieren da die Grünen. Es schaut ja fast so aus, als ob der Schwanz mit dem Hund wackelt. Oder anders gesagt: Die Grünen wackeln ein bisschen mit der ÖVP, und Sie sitzen wie gelähmt da. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Da hoffen wir, dass es ein bisschen mehr Mut gibt. Stimmen Sie unserem Antrag zu, dann geht es den Unter­nehmen in unserem Land besser! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ)

15.25


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Aufgrund der umfangreichen Abänderungsanträge zu TOP 23 und der vereinbarten ge­blockten Abstimmungen verlege ich die Abstimmung über TOP 21 bis 24 auf nach der Abstimmung über TOP 30 und fahre somit in der Erledigung der Tagesordnung fort.

15.26.1525. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend ÖBB-Rahmenplan 2022-2027 (III-477/1193 d.B.)

26. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1144 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 148

für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie geneh­migt wird (1195 d.B.)

27. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1158 d.B.): Bundesge­setz, mit dem das Bundesfinanzierungsgesetz – BFinG geändert wird (1196 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zu den Tagesordnungspunkten 25 bis 27, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung ist verzichtet worden.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Angerer. – Bei ihm steht das Wort.


15.27.11

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Minister! Frau Minister! Geschätzte Damen und Herren! Es geht jetzt um das Thema Infrastruktur in Österreich, unter anderem auch um den ÖBB-Rahmenplan, der heute beschlossen wird. Es gibt eine Strecke im Zentralraum Kärnten, die da leider sträflich vernachlässigt wird.

Frau Minister, ich habe bei Ihrem Agieren in den letzten Wochen immer mehr das Gefühl, Sie leben immer noch bei Global 2000 und sind noch nicht im Infrastrukturministerium angekommen. Schön langsam sollten Sie darüber nachdenken, wofür Sie Ihr Geld be­kommen und wen Sie zu vertreten haben, nämlich die österreichische Wirtschaft und nicht NGOs. (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Bahnprojekt Koralmbahn und zu der Baltisch-Adriatischen Achse: Es gibt mittler­weile einen EU-Korridor, der eben im Baltikum beziehungsweise im derzeitigen Ausbau­stadium in Polen beginnt und über den Semmering und die Koralmbahn die Ostsee mit der Adria verbinden soll, im Zentralraum von Kärnten haben wir jedoch einen infra­strukturellen Herzinfarkt. Das heißt, dort verengt sich die Bahntrasse zwischen Klagen­furt und Villach auf eine Eisenbahninfrastruktur, die 100 Jahre alt ist, und es gibt 200 000 Menschen, die direkt davon betroffen sind. Es gibt eine massive Belastung auf­grund der steigenden Zahl von Zügen, die natürlich kommen wird, und wir haben bis jetzt keine Lösung dafür. Wir brauchen im Zentralraum auf jeden Fall einen Bypass. Das heißt, es braucht zumindest für den Güterbahnbereich einen eigenen Korridor, und es braucht Lärmschutz für die betroffenen Bürger, die dort leben.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Planung und Errichtung einer Güterbahntrasse sowie Ergreifen von Maßnahmen zum Schutz der Be­völkerung im Kärntner Zentralraum vor dem Bahnlärm“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie werden aufgefordert, ein Bekenntnis zum Neubau einer Güterverkehrseisenbahnstrecke zwischen Klagenfurt und Villach, durch die Aufnahme in den nächsten Rahmenplan, zur entsprechenden Sicherung der Finan­zierung der weitergehenden Planungen im Korridor Wörthersee-Nord, abzugeben. Er­gänzend sind sofortige umfassende Lärmschutzmaßnahmen auf Bestandsstrecken nach WHO-Standards umzusetzen, inklusive Planung und Umsetzung der Knoten und


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 149

Umfahrung von Klagenfurt und Villach auf Basis der bereits vorliegenden Varianten-Un­tersuchungen.“

*****

Dann gibt es ein zweites wesentliches Infrastrukturprojekt, das Sie, Frau Minister, ein­fach gestoppt haben, und das ist aus verkehrstechnischer Sicht für uns alle – und auch für den ÖAMTC – ein Wahnsinn, nämlich die Verbindung zwischen der S 36 in der Stei­ermark und der S 37 im Klagenfurter Zentralraum.

Allein vom Jahr 2015 bis heute sind dort 17 Menschen zu Tode gekommen und es gab 283 Unfälle – und Sie stoppen dieses Projekt. Sie stoppen dort den Sicherheitsausbau, Sie stoppen den Ausbau einer Strecke, die schon lange geplant war und zu der der Auftrag zur Umsetzung auch schon bei der Asfinag ist – und das auch noch per Weisung.

Wir haben schon unseren zuständigen Landesrat, Herrn ÖVP-Landesrat Gruber, aufge­fordert, gegen Sie rechtliche Schritte einzuleiten. Er hat ja eigentlich schon angekündigt, dass er das prüfen wird, und er hat eine Onlinepetition – das ist das Übliche, das die ÖVP macht; Sie machen dann immer eine Petition und lassen die Leute einmal unter­schreiben, statt dass Sie selber handeln – gestartet, dass das auszubauen ist. Übrigens hat Frau Voglauer, die Abgeordnete von den Grünen, Folgendes gesagt: „Online-Petition der ÖVP zu Sicherheitsausbau ist ein schlechter Scherz“. Sie vergleicht das, was von der Ministerin gestoppt wurde und von Landesrat Gruber gefordert wird, also mit einem Faschingsscherz.

Deshalb bringe ich auch dazu einen entsprechenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung der S 37 Klagenfurter Schnellstraße“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie werden aufgefordert

- mit der Umsetzung des Sicherheitsausbaues der S 37 sofort zu beginnen und“

- die an die ASFINAG gerichtete Weisung, keine weitere Ausschreibung für etwaige Bau­phasen oder sonstige bauliche Vorbereitungsmaßnahmen bei der S 37 Klagenfurter Schnellstraße vorzunehmen, unmittelbar zu widerrufen und dafür Sorge zu tragen, dass es zu keinen weiteren – von der Bundesregierung verursachten – Bauverzögerungen bei der Fertigstellung der S 37 Klagenfurter Schnellstraße kommt.

*****

Ich hoffe, Frau Ministerin und auch Herr Finanzminister, Sie agieren im Sinne der Bevöl­kerung und bedenken, dass Menschen auf dieser Strecke auch in Zukunft Unfälle haben werden und vielleicht sogar zu Tode kommen werden. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.32

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 150

betreffend Planung und Errichtung einer Güterbahntrasse sowie Ergreifen von Maßnah­men zum Schutz der Bevölkerung im Kärntner Zentralraum vor dem Bahnlärm

eingebracht in der 137. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 16. Dezember 2021 im Zuge der Debatte zu TOP 25, Bericht des Verkehrsausschusses über den Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technolo­gie betreffend ÖBB-Rahmenplan 2022-2027 (III-477/1193 d.B.)

Im aktuellen ÖBB-Rahmenplan 2022-2027 wird zwar die Finanzierung der Fertigstellung der Koralmbahn fixiert, jedoch fehlen begleitende Maßnahmen.

Die Hochleistungsstrecke Wörtherseebahn und die zukünftige Koralmbahn führen mitten durch die Städte Klagenfurt am Wörthersee und Villach sowie die Wörtherseeregion und den Großraum Villach. Durch die geplante Inbetriebnahme der Koralmbahn Ende 2025 wird eine Zunahme des Güterverkehrs um 136 Prozent erwartet. Dementsprechend wird sich auch der Bahnlärm erhöhen. Die Belastung für die Anrainer von Klagenfurt bis Vil­lach wird ein unerträgliches Ausmaß annehmen. Betroffen sind 200.000 Kärntnerinnen und Kärntner sowie die für Kärnten wichtige Tourismuswirtschaft. Es bedarf daher drin­gend umfassender Lärmschutzmaßnahmen und Sofortmaßnahmen für das Bahnlärm­problem.

Folgend Maßnahmen sind umzusetzen:

- Planung und Errichtung einer Güterbahntrasse im Kärntner Zentralraum und Aufnahme dieser in den ÖBB-Rahmenplan.

- Tempo 50-Beschränkung für Güterzüge im Ortsgebiet und Nachtfahrverbot für laute Güterzüge in der Schutzzone.

- Anpassung von bestehendem Lärmschutz und Errichtung neuer Hochleistungs-Lärm­schutzwände.

- Einhaltung der Lärmgrenzwerte von 44 dB in der Nacht und 54 dB am Tag in der Schutzzone entsprechend der WHO-Bahnlärm-Richtlinie 2018.

- Einhaltung eines Fahrzeug-Spitzenlärmpegels von 80 dB für alle Loks und Waggons, wie beim LKW.

- Errichtung von Lärm-Messstationen.

Laut den WHO Environmental Noise Guidelines 20181 „wird für die durch Schienenver­kehr bedingten Lärmbelastungen ein Richtwert von 54 dB Lden empfohlen, da Schienen­verkehrslärm oberhalb dieses Wertes mit schädlichen gesundheitlichen Auswirkungen verbunden ist. Für die nächtliche Lärmbelastung wird ein Lnight von 44 dB empfohlen, da nächtlicher Schienenverkehrslärm oberhalb dieses Wertes mit negativen Auswirkungen auf den Schlaf verbunden ist.“

Die Grenzwerte nach der Schienenverkehrslärm-Immissionsschutzverordung (SchIV) lie­gen derzeit bei 65 dB am Tag (06.00-22.00 Uhr) und 55 dB in der Nacht (22.00-06.00 Uhr). Eine Pegeländerung um -10 dB wird vom menschlichen Ohr als Halbierung der Laut­stärke empfunden.2

Das Ausmaß der Zunahme des Güterverkehrs und der damit verbundenen Lärmbelas­tung ist derzeit bereits konkret abschätzbar. Die Ergebnisse der Verkehrsprognose 2040 und des Zielnetzes 2040 abzuwarten, die frühestens in der 2. Jahreshälfte 2022 vorlie­gen werden, um erst dann nach einer Kosten-Nutzen-Analyse an vertiefende Planungen zu denken, ist daher aus verkehrsplanerischer Sicht weder erforderlich noch zielführend.

Jetzt zu handeln, die Lärmbelastung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger ernst zu nehmen und umgehend Maßnahmen gegen diese zu ergreifen, ist nun oberstes Gebot der Stunde.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachstehenden


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 151

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie werden aufgefordert, ein Bekenntnis zum Neubau einer Güterverkehrseisenbahnstrecke zwischen Klagenfurt und Villach, durch die Aufnahme in den nächsten Rahmenplan, zur entsprechenden Sicherung der Finan­zierung der weitergehenden Planungen im Korridor Wörthersee-Nord, abzugeben. Er­gänzend sind sofortige umfassende Lärmschutzmaßnahmen auf Bestandsstrecken nach WHO-Standards umzusetzen, inklusive Planung und Umsetzung der Knoten und Umfahrung von Klagenfurt und Villach auf Basis der bereits vorliegenden Varianten-Un­tersuchungen.“

1          vgl. WHO Envoironmental Noise Guidelines 2018, Herausgeber: Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK), Dez. 2020

2     https://infrastruktur.oebb.at/de/projekte-fuer-oesterreich/bahnstrecken/grossraum-wien/attraktivierung-verbindungsbahn/rund-um-die-planung/printproduktionen-at­traktivierung-verbindungsbahn/dokument?datei=04d+VBB+Infomappe+-+Schall
+Stand+Oktober+2020.pdf

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

betreffend Umsetzung der S 37 Klagenfurter Schnellstraße

eingebracht in der 137. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 16. Dezember 2021 im Zuge der Debatte zu TOP 25, Bericht des Verkehrsausschusses über den Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technolo­gie betreffend ÖBB-Rahmenplan 2022-2027 (III-477/1193 d.B.)

Im zur Debatte stehenden Verhandlungsgegenstand werden zwar Milliarden für den Ausbau der Bahninfrastruktur verplant, jedoch fehlen Alternativen zum geplanten Infra­strukturprojekt „S 37 Klagenfurter Schnellstraße.“

Bereits im Juni stoppte die Verkehrsministerin mit einem eigenartigen Schreiben vom 25.6.2021 des BMK an die ASFINAG jegliche weiteren baulichen Vorbereitungsmaßnah­men zur Fertigstellung der „S 37 Klagenfurter Schnellstraße“.

Der notwendige Sicherheitsausbau der St. Veiter Schnellstraße (S 37) bzw. der Friesa­cher Bundesstraße (B 317) insbesondere von St. Veit an der Glan bis hin zur steirischen Landesgrenze ist ein wichtiges Infrastrukturprojekt zur Weiterentwicklung Kärntens.

Der Ausbau war laut Internetseite des BMK unter anderem „zur Erhöhung der Verkehrs­sicherheit der S 37 Klagenfurter Schnellstraße im Bereich von St. Veit Nord bis Maria Saal geplant.“

(https://www.bmk.gv.at/themen/verkehr/strasse/infrastruktur/projekte/schnellstrassen/s37.html).

Weiters stand dort:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 152

Der Verwaltungsgerichtshof hat am 29. November 2018 den Beschluss des Bundesver­verwaltungsgerichts wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Nach neuerli­cher Prüfung hat das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 27. März 2019 die Beschwerden gegen den Feststellungsbescheid abgewiesen und festgestellt, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

Von der ASFINAG werden nun für den Abschnitt St. Veit Nord – St.. Veit Süd die weiteren Verfahrens- und Planungsschritte auf Grundlage des eingereichten Projektes fortgeführt. Der Baubeginn wird derzeit im Herbst 2022 angestrebt.

Für den Sicherheitsausbau des südlich weiterführenden Abschnittes St. Veit Süd – Maria Saal der S37 Klagenfurter Schnellstraße werden derzeit Vorprojektsplanungen durchge­führt. Die Umsetzung dieses Abschnittes soll im Anschluss des Abschnittes St. Veit Nord – St.Veit Süd erfolgen.

Für den noch in den Zuständigkeitsbereich des Landes Kärnten fallenden nördlichen Abschnitt Friesach – St. Veit Nord der B 317 Friesacher Straße werden derzeit vom Land Kärnten und der ASFINAG Untersuchungen für einen raschen Sicherheitsausbau durch­geführt.

Das gesamte Projekt „S 37 Klagenfurter Schnellstraße“ mit der Strecke von Scheifling bis Knoten Klagenfurt/Nord wurde mit einem Beschluss des Nationalrates vom 29.3.2006 in das Bundesstraßengesetz 1971 aufgenommen.

Bereits im Jahr 2005 hat das Land Kärnten mit der ASFINAG und dem Bund vertraglich vereinbart hat, dass die S 37 und die B 317 von Klagenfurt über St. Veit bis hin zur steirischen Landesgrenze zu einer leistungsfähigen und sicheren „Schnellstraße“ ausge­baut werden sollen.

Am 1.12.2021 verkündete die Verkehrsministerin das aus ihrer Sicht endgültige Aus der Fertigstellung der „S 37 Klagenfurter Schnellstraße“.

In den schriftlich vorliegenden Schlussfolgerungen der „Evaluierung des Bauprogramms“ steht als Conclusio für die Fertigstellung:

Auf Basis der – auch bereits in der Evaluierung 2010 – vorliegenden Ergebnisse hin­sichtlich Kosten, technischer Umsetzungsprobleme, Baudauer bzw. in Hinblick auf die Klima- und Ressourcenschonung ist auch weiterhin keine zweite hochrangige Straßen­achse zweckmäßig. Die Planungen wären ruhend zu stellen.

Bezüglich des Sicherheitsausbaues des bestehenden Teils der S 37, dessen Baubeginn im Herbst 2022 hätte sein sollen, steht lapidar:

Der Sicherheitsausbau der S 37 auf Kärntner Seite ist nicht Gegenstand der Projekteva­luierung.

Diese unzulässige Streichung des Ausbaues der B 317 durch die Bundesministerin be­deutet somit sowohl in Bezug auf die vertragliche Vereinbarung von 2005 als auch auf das Bundesstraßengesetz 2006 einen klaren Rechtsbruch.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie werden aufgefordert

•     mit der Umsetzung des Sicherheitsausbaues der S 37 sofort zu beginnen und


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 153

•     die „S 37 Klagenfurter Schnellstraße“ wieder in das ASFINAG-Bauprogramm aufzu­nehmen, und dafür Sorge zu tragen, dass es zu keinen weiteren - von der Bundesre­gierung verursachten - Bauverzögerungen bei der „S 37 Klagenfurter Schnellstraße“ kommt.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die beiden Entschließungsanträge sind ausrei­chend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und stehen mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Pfurtscheller. – Bitte.


15.32.28

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Sehr geehrte Frau Minis­terin! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Ja, Herr Kollege Angerer hat es schon gesagt: Wir diskutieren jetzt den ÖBB-Rahmenplan für die Jahre 2022 bis 2027, also für ganze sechs Jahre, und dieser Rahmenplan stellt ein wirklich sehr ambitioniertes Programm dar – das muss er auch, denn die Schieneninfrastruktur ist in Österreich ja auch das Rückgrat für den öffentlichen Verkehr, und deswegen nehmen wir die nächsten sechs Jahre insgesamt 18,2 Milliarden Euro in die Hand, um dieses Rückgrat noch zu ver­stärken, noch mehr wachsen zu lassen, und natürlich auch, um die Bahn insgesamt noch attraktiver für ihre Kunden werden zu lassen.

Wir Österreicherinnen und Österreicher sind ja zwischenzeitlich sehr überzeugte Bahn­fahrer und fahren im EU-Schnitt gesehen sehr viele Kilometer mehr mit der Bahn als die Menschen in den anderen EU-Ländern. Mittlerweile sind wir wirklich ein sehr gutes Vor­bild geworden, daher ist es natürlich sehr wichtig, dass wir unser gutes Bahnnetz noch besser machen.

Als Tirolerin interessiert mich klarerweise hauptsächlich, was in Tirol mit diesem Geld geschehen wird. Ein sehr großer Teil fließt natürlich in den Bau des Brennerbasis­tunnels – mein Kollege Gahr wird dann auch noch sprechen und sagt sicher etwas zu diesem großen Tunnelprojekt.

Ich schaue jetzt noch auf das Tiroler Oberland, auf meinen Heimatwahlkreis, denn auch dort werden einige Dinge verbessert. Der Bahnhof in Imst soll umgebaut und ausgebaut werden. Das ist ein Bahnhof, den auch ich sehr oft benutze, und ich freue mich natürlich sehr, Frau Ministerin, dass dort gebaut wird – ich kann das nämlich wirklich beurteilen: Das ist ein sehr kleiner Bahnhof, an dem aber sehr viele Menschen in Züge einsteigen und wieder aussteigen, vor allem gibt es dort auch eine ganz große Parkplatznot. Also ich freue mich darauf, dass es dort Verbesserungen geben wird.

In einem Ort, der von Imst gar nicht so weit weg ist, nämlich in Schönwies, wird gleichfalls der Bahnhof umgebaut und verbessert, und – was aus meiner Sicht besonders wichtig ist – es werden Planungen für die Kapazitätsoptimierung im Tiroler Oberland aufgenom­men. Wir haben ja nur eine eingleisige Strecke von Ötztal Bahnhof bis zum Arlberg, obwohl der Hauptbahnverkehr in Österreich eigentlich von Osten nach Westen verläuft und das ja auch jene Route ist, die am meisten befahren wird und sich auch finanziell rentiert. Trotzdem ist sie eben stückweise noch eingleisig, und da ist es unbedingt not­wendig, dass zumindest zweigleisige Abschnitte hergestellt werden, damit eben noch mehr Züge fahren können und die Taktung verbessert werden kann. – Insgesamt ist das für Tirol also sehr erfreulich.

Vielen herzlichen Dank für die Bereitstellung des Geldes, Herr Finanzminister! Vielen Dank für die Planungen! Wir freuen uns auf das, was noch kommen wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

15.35



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 154

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Margrei­ter. – Bitte sehr.


15.35.49

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe ZuseherInnen vor den Bildschirmen! Österreich wird zwar nicht das Land werden, in dem Milch und Honig fließen, aber wenn man sich die Pläne anschaut, könnte man fast sagen: Ja, Ös­terreich wird das Land, in dem man so quasi via Flatrate, also Klimaticket, über die Schie­nen rollt.

Dieser Ausbauplan ist natürlich sehr ambitioniert, da sind sehr schöne Projekte dabei, es ist aber auch sehr viel Geld, das dafür in die Hand genommen wird: 18,2 Milliarden Euro sind ein wahnsinnig großer Betrag – und da setzt auch meine Kritik an. Wenn wir jetzt im Zeitraum von 2022 bis 2027 für den Bahnausbau so viel Geld vorsehen, möchte ich natürlich auch wissen, ob dieses Geld zielgerichtet ankommt, und da fehlt mir in die­sem Rahmenplan doch, dass er mit Wirkungszielen verknüpft ist (Beifall bei den NEOS), dass wir überprüfen können, wie viel an Tonnage wir dank dieser Investitionen von der Straße auf die Schiene gebracht haben, wie viele Pendler wir vom fossil angetriebenen Pkw auf die Schiene gebracht haben. Ich denke, es wäre nicht allzu schwer, da solche Zielsetzungen zu formulieren.

Dazu kommen dann noch Punkte in der Umsetzung der Projekte. Wir wissen ja heute, wie schwierig solche Infrastrukturprojekte, speziell wenn sie über Bundeslandgrenzen hinweggehen, wenn sie nationale Bedeutung haben, im Hinblick auf die rechtlichen Rah­menbestimmungen umzusetzen sind, und ich denke, es wäre im Sinne eines effizienten Mitteleinsatzes, im Sinne der Kosteneinsparung höchst an der Zeit, dass man auch da die Rahmenbedingungen entsprechend anpasst – sprich: die Zuständigkeit für die na­tionalen Eisenbahnen beim Ministerium konzentriert, das UVP-Verfahren im dritten Ab­schnitt beim Bund konzentriert.

Natürlich ist mir bewusst, dass es da eine Föderalismusdiskussion geben wird, aber wenn wir andererseits einen nationalen ÖBB-Rahmenplan wirklich umsetzen wollen, dann müssen wir natürlich auch die Instrumente in die Hand bekommen und den Be­hörden in die Hand geben, dass diese nationale Umsetzung unabhängig von lokalen Befindlichkeiten möglich ist.

In diesem Sinn sind zwar die Ziele des Rahmenplans sehr zu begrüßen, aber wie gesagt fehlt es an wichtigen Parametern, um einen effizienten Mitteleinsatz auch tatsächlich zu garantieren. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

15.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Erasim. – Bitte sehr.


15.39.13

Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Bundesminis­terin! Herr Bundesminister! Meine Vorrednerin und meine beiden Vorredner haben den heute zu beschließenden Rahmenplan ja schon gewürdigt und sind auch auf regionale Aspekte eingegangen. Als SPÖ unterstützen wir natürlich jeden dafür ausgegebenen Euro als Investition in den öffentlichen Verkehr. Wie teuer und langwierig solche Projekte und dieser Ausbau sind, erkennt man auch sehr gut anhand dieses Rahmenplans.

Auch wenn jährlich rund 3 Milliarden Euro in die Hand genommen werden – eine stolze Summe (Ruf: Bravo!) –, dürfen wir eines nicht vergessen: Als Abgeordnete aus dem Weinviertel, einer ländlichen Region im flächenmäßig größten Bundesland, weiß ich, dass es nach wie vor für viele, viele Menschen nicht möglich ist, auf das Auto zu ver­zichten. Ohnehin lange Pendlerwege werden oft zu direkten Martyrien.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 155

Aber auch dort, wo es bestehende Schieneninfrastruktur gibt, herrscht noch lange nicht eitel Wonne: Verspätungen, defektes Wagenmaterial, wie zum Beispiel auf der Nord­bahn, oder Bahnstreckenschließungen, wie beim Schweinbarther Kreuz, für dessen Öff­nung ich auch schon seit vielen Jahren kämpfe, sind der Alltag für oft sehr leidgeplagte Pendlerinnen und Pendler. Diese wenden sich hilfesuchend an mich oder gründen gar Bürgerinitiativen oder starten Petitionen. Zwei dieser Petitionen, die ich vom Beginn an unterstützen konnte, sind jene betreffend den zweigleisigen Ausbau der Nordwestbahn – die Bezirke Korneuburg und Hollabrunn sind davon betroffen –, aber auch der Laaer Ostbahn im Bezirk Mistelbach; weil es dort fehlende Kreuzungsmöglichkeiten gibt, sind die Verspätungen sehr, sehr häufig.

Als erfreulich hervorheben möchte ich, dass es zumindest einmal die Planung für eines dieser beiden zweigleisigen Ausbauprojekte, nämlich für einen selektiven zweigleisigen Ausbau zwischen Stockerau und Retz, in diesen Rahmenplan geschafft hat. Ich ver­spreche Ihnen, Frau Bundesministerin, und vor allem den Menschen in meiner Region, sehr genau auf die weitere Entwicklung dieses Projektes zu achten. Ich werde hinsicht­lich der Aussage im Ausschuss, dass ab 2027 mit dem Baubeginn dieser Weinviertler Lebensader zu rechnen ist, darauf ebenso sehr achten. Ich werde Sie – oder wer auch immer dann in der Verantwortung für dieses Ministerium steht – an dieses und an alle anderen Projekte, die ich heute erwähnt habe, von denen es viele über das Weinviertel hinaus im gesamten Bundesgebiet gibt, erinnern.

Vergessen wir bitte nicht auf die Menschen am Land! Das Bundesverkehrszielegesetz wäre ein erster wichtiger Schritt, um da Rechtssicherheit zu schaffen. Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Lausch.)

15.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesminister Ge­wessler. Ich darf ihr das Wort erteilen.


15.42.41

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich freue mich, dass ich nicht nur als erste Klimaschutzmi­nisterin Österreichs heute hier stehen kann – mit dieser Tagesordnung, mit den Punkten, über die wir jetzt diskutieren –, sondern dass ich dabei ein Ministerium vertreten kann, das den Klimaschutz wirklich in all seinen Facetten umfasst – von der Energie bis zur Mobilität, von der Umwelt bis zur Infrastruktur. Das ist wichtig, denn wir werden unsere Ziele, unsere ambitionierten Ziele – Klimaneutralität bis 2040 –, nur dann erreichen, wenn wir wirklich auf allen Ebenen aktiv werden.

Und ja, das braucht mutige Entscheidungen, und ja, das braucht Investitionen. Aber Kli­maneutralität bis 2040 ist ohne Zweifel nicht nur eine große Herausforderung, sondern vor allem eine große Chance, eine enorme Chance im Verkehrsbereich, denn gerade im Verkehrsbereich gibt es unzählige Chancen, die wir auf dem Weg zu einem klimafreund­lichen Mobilitätssystem der Zukunft nutzen wollen.

Ein klimafreundliches Mobilitätssystem der Zukunft, das ist für die Menschen da und gibt auf die Umwelt acht. Damit uns das gelingt, müssen wir an die Zukunft denken, müssen wir aber vor allem tun, müssen wir heute mutige Entscheidungen treffen und müssen wir in die Zukunft investieren. Und über dieses große Investitionsprogramm darf ich heute sprechen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Gabriela Schwarz.)

Der ÖBB-Rahmenplan 2022 bis 2027, der Ihnen heute vorliegt, ist das größte Bahnaus­bauprogramm, das wir in unserer Republik je gesehen haben. Ich weiß, ich habe densel­ben Satz letztes Jahr hier an dieser Stelle gesagt, aber wir haben das größte Bahnaus­baupaket vom letzten Jahr tatsächlich noch einmal deutlich aufgestockt und stehen jetzt


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 156

vor einem Rekordinvestitionsprogramm in den öffentlichen Verkehr und das System Bahn. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Ottenschläger.)

In den nächsten Jahren werden wir sage und schreibe 18,2 Milliarden Euro in ein moder­nes Eisenbahnnetz in Österreich investieren, denn der klimafreundliche, der öffentliche Verkehr soll für uns alle zum besten Angebot werden – und ja, Kollegin Erasim, in ganz Österreich, das ist ein Programm für das ganze Land. Da haben wir natürlich einiges zu tun, wenn der öffentliche Verkehr zum Rückgrat unserer Mobilität werden soll. Das braucht viele Bausteine: Das braucht den Baustein Klimaticket, und ich darf heute mit Freude be­richten, dass wir bei weit über 130 000 Menschen stehen, die mittlerweile ein österreich­weites Klimaticket haben. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Ottenschläger.)

Das braucht ein Angebot, und auch das weiten wir massiv aus, damit die öffentlichen Verkehrsmittel, die Bahn dann unterwegs sind, wenn die Menschen in unserem Land sie brauchen, und das braucht die passende umweltfreundliche Infrastruktur, und darum geht es heute, nämlich um den Rahmenplan und das entsprechende Vorbelastungsge­setz zum Rahmenplan 2022 bis 2027. Ich darf Sie heute um den Beschluss für einen der nächsten großen Bausteine im klimafreundlichen Mobilitätssystem unseres Landes bitten.

Für den Ausbau und für die Zukunft unseres Mobilitätssystems – da darf ich kurz auf Kollegen Margreiter eingehen, der das vorhin erwähnt hat – haben wir uns mit dem Mobi­litätsmasterplan 2030 Karte und Kompass erarbeitet und werden aufbauend auf diesem Mobilitätsmasterplan auch Detailstrategien ausarbeiten, die natürlich dann wieder mit ganz konkreten Maßnahmen, Kennzahlen et cetera versehen werden. Das kann ich Kol­legen Margreiter dann auch bilateral noch einmal erzählen.

Ich möchte ein bisschen detaillierter auf den Rahmenplan eingehen: 18,2 Milliarden Euro in den nächsten sechs Jahren, das ist die Basis, mit der wir das gute österreichische Bahnnetz noch besser machen wollen. Wir stocken das Investitionsprogramm auf, wir entwickeln es aber vor allem konsequent weiter.

Das gilt auch für die vier großen Schwerpunkte, die wir uns in diesem Rahmenplan gesetzt haben: erstens der Ausbau des Nahverkehrs in den Ballungsräumen. Die Bahn ist gerade für viele Pendlerinnen und Pendler das Rückgrat ihrer Alltagsmobilität, für unzählige Menschen ist sie der Garant dafür, dass sie täglich pünktlich in die Arbeit und dann sicher wieder nach Hause kommen. Das gilt natürlich ganz besonders in den und um die Ballungszentren. Aus diesem Grund liegt gerade dort ein massiver Schwerpunkt im Rahmenplan. Wir bauen vom Rheintal in Vorarlberg bis zur S-Bahn-Stammstrecke in Wien aus, verbessern die Infrastruktur und stellen so sicher, dass wir auch in Zukunft genug Züge haben und schnell genug und pünktlich unterwegs sein können. (Beifall bei den Grünen.)

Der zweite Punkt ist die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene: Auch hierzu haben wir im Mobilitätsmasterplan Ziele definiert. Nicht nur der Personenverkehr, son­dern auch der Güterverkehr spielt eine ganz wesentliche Rolle in einem klimafreundli­chen Verkehrssystem der Zukunft. In diesem neuen Rahmenplan finden sich erstmals auch Baumaßnahmen für den Ausbau des Nordzulaufs des Brenners, und zwar wird zwischen Schaftenau und dem Knoten Radfeld eine viergleisige Hochleistungsstrecke entstehen. Damit schaffen wir die Basis für mehr Güterverkehr auf der Bahn auf dieser wichtigen Strecke; eine der wichtigsten Transportrouten Europas von Norden nach Sü­den, wo die Verlagerung auf die Bahn einfach der Schlüssel zur Lösung der Problematik vor Ort ist. Alle Abgeordneten aus Tirol hier im Raum können davon natürlich noch ganz anders berichten.

Wir haben als dritten Schwerpunkt die Elektrifizierung: Die Bahn fährt elektrisch, und das in ganz Österreich. Klimaschutz auf der Schiene bedeutet ja vor allem eines: weniger


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 157

Emissionen. Dazu gehört aber natürlich auch die Umstellung des Bahnverkehrs selbst: weg von fossilen Kraftstoffen hin zu sauberem Strom. Schon heute sind 90 Prozent der Zugleistung im Netz der ÖBB elektrisch. Bis 2035 sollen es 100 Prozent werden, deshalb legt der Rahmenplan einen umfassenden Schwerpunkt auf die Elektrifizierung von Bahn­strecken, auch das wieder in ganz Österreich.

Bis 2030 werden wir 500 Kilometer des österreichischen Schienennetzes elektrifizieren, von der Mattigtalbahn in Oberösterreich über die Traisentalbahn in Niederösterreich bis zur Steirischen Ostbahn. Überall dort werden Dieselloks durch moderne E-Züge ersetzt werden, betrieben mit grünem Strom aus Österreich. All diese Projekte sind wirklich ein wichtiger Beitrag für eine zukunftsfitte Bahn, für eine Bahn, die wirklich mit jeder Fahrt unser Klima schützt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der vierte Schwerpunkt im ÖBB-Rahmenplan: Effizienzsteigerung und Digitalisierung – ein großes Thema im System Bahn, zu dem die Europäische Union gestern auch ein spannendes und wichtiges Maßnahmenpaket vorgelegt und auf den Weg gebracht hat. Elektrifizierung ist das eine, Digitalisierung das andere. Digitalisierung sorgt im System Bahn für mehr Effizienz, macht Zugfahren aber auch bequemer. Dazu gehören moderne, digitale Infosysteme auf den Bahnhöfen genauso wie ein guter Handyempfang im Zug – ich glaube, auch damit spreche ich eine Wunschvorstellung ganz, ganz vieler in diesem Raum an –, und in der Abwicklung helfen uns elektronische Stellwerke, die Leistung des Systems Bahn zu erhöhen. Das neue Zugsicherungssystem ETCS sorgt dafür, dass wir nicht nur schnell, sondern auch sicher ans Ziel kommen. Also Digitalisierung und Effi­zienzsteigerung sind ein sehr wichtiger Teil in diesem ÖBB-Rahmenplan.

Diese großen Schwerpunkte bestimmen die Ausrichtung des ÖBB-Rahmenplans 2022 bis 2027, wir haben aber auch neue Projekte aufgenommen: Neben der Umsetzung des Brennernordzulaufs bauen wir wichtige Knotenbahnhöfe wie Innsbruck und Villach aus. Wir beginnen mit den Planungen des zweigleisigen Ausbaus zwischen Herzogenburg und Sankt Pölten in Niederösterreich und zwischen Kirchdorf an der Krems und Michel­dorf in Oberösterreich. Wir planen auch die Geschwindigkeitsanhebung auf 120 Kilome­ter pro Stunde im Arlbergtunnel.

Der ÖBB-Rahmenplan ist aber nicht nur ein Papier, den Rahmenplan sieht man an neu­en Bahnstrecken im ganzen Land. Deswegen freut es mich auch, heute hier berichten zu können, dass erste Projekte aus den letzten Rahmenplänen schon fertiggestellt sind: Den neuen Karawankenbahntunnel durfte ich im Sommer eröffnen. Wir haben die Elek­trifizierung der Strecke zwischen Gänserndorf und Marchegg bereits abgeschlossen, und mit dem jetzigen Fahrplanwechsel sind der Ausbau der Strecke rund um Steindorf in Oberösterreich und Salzburg und der zweigleisige Ausbau zwischen Hard und Lau­terach in Vorarlberg am Fertigwerden.

Das sind in Summe viele Projekte für viel mehr Klimaschutz in unserem Land, denn gerade im Verkehrsbereich brauchen wir diese, gerade im Verkehrsbereich liegen im Kampf gegen die Klimakrise enorme Chancen – diese nützen wir auch. Mit dem ÖBB-Rahmenplan bauen wir das Bahnnetz mit den größten Infrastrukturprojekten unseres Landes weiter aus. 18,2 Milliarden Euro für moderne Zugstrecken – das größte Bahn­ausbauprogramm dieser Republik, das sage ich hier nicht ohne Freude, für noch bes­seren Nahverkehr für unsere Ballungsräume, für die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene, für die Attraktivierung und Elektrifizierung von Bahnstrecken in unserem ganzen Land und für ein Bahnsystem, das effizient und digital und damit fit für die Zukunft ist.

Das sind gute Nachrichten. Das sind gute Nachrichten für die Menschen in unserem Land, das sind gute Nachrichten für Österreich und das sind vor allem gute Nachrichten auch für den Klimaschutz, und deswegen bedanke ich mich sehr, sehr herzlich für Ihre Unterstützung. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

15.52



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 158

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Brunner. – Bitte.


15.52.54

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Frau Bundesministe­rin! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte noch ganz kurz auf das Bundesfinan­zierungsgesetz eingehen, das ja auch im Rahmen dieser Diskussion besprochen wird.

Inhaltlich muss ich auch gar nicht viel dazu sagen, die Abänderung in zweiter Lesung, die noch eingebracht wird, ist leider notwendig geworden, da voraussichtlich nicht alle Staaten des Euroraumes den reformierten ESM-Vertrag rechtzeitig bis zum 1. Jänner 2022 ratifizieren können. Deswegen ist eben dieser Abänderungsantrag notwendig ge­worden.

Ergänzend noch ein paar Sätze zum ÖBB-Rahmenplan und zu dem damit zusammen­hängenden Vorbelastungsgesetz aus der Sichtweise des Finanzministers: Insgesamt steigen, wie die Frau Bundesministerin schon erwähnt hat, die Investitionen in die Schie­neninfrastruktur wirklich auf ein Rekordniveau. Das, was da auf den Tisch gelegt wird, ist eigentlich sehr beeindruckend, und wir sind mit diesem Investitionsvolumen auch europaweit ganz vorne mit dabei, liegen da im europäischen Spitzenfeld – und es ist auch, das muss man schon auch immer dazusagen, ein wesentlicher Teil des Konjunk­turpakets. Und gerade auch vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Folgen der Covid-Pandemie ist das ein sehr starker und eigentlich auch sehr zukunftsorientierter Stabi­litätsfaktor für den Wirtschaftsstandort Österreich, und das ist gut so.

Schauen wir uns ein paar Rechenbeispiele an, das ist ganz interessant: 1 Milliarde Euro an Investitionen in die Schiene bringen rund 15 000 Arbeitsplätze mit sich, viele davon natürlich gerade in regionalen Betrieben, und das ist eine gute Botschaft. Und bei diesen Investitionen ist auch wesentlich, dass die positiven Effekte für die Wirtschaft ja nicht nur kurzfristig, nicht nur einmalig und nicht nur in der Bauphase selbst wirken, sondern sie sind langfristig, sie bestehen auch langfristig, vor allem auch für jene Regionen, die in weiterer Folge verkehrsmäßig besser erschlossen sind. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Deimek. – Bitte sehr.


15.55.22

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Herr Finanzminister! Ich beginne nach diesen vielen Superlativen der Frau Ver­kehrsministerin mit dem Satz: Es kommt nicht nur darauf an, was man macht, es kommt vor allem auch darauf an, was man nicht macht! Und trotz der Superlative, die wir hören konnten, kann man, wenn man einen Zugang zur Realität hat, wenn man weiß, was draußen bei den Eisenbahnern, bei den Eisenbahnen wirklich passiert und wie dort der Zustand ist und was geplant ist, dem Ganzen schon mit ein bisschen mehr Realismus entgegensehen.

Frau Ministerin, Sie haben gesagt, die Modernisierung der Bahnhöfe ist ein Ziel – ja, das läuft, das läuft auch deswegen, weil die Länder entsprechende Vorplanungen machen, das läuft auch deswegen, weil sich die Gemeinden und Länder bei den Park-and-ride-Parkplätzen, an denen jetzt natürlich wesentlich mehr Bedarf besteht, beteiligen, und das läuft auch deswegen, weil sich die Kommunen ungeplant – und das möchte ich be­tonen: ungeplant und immer wieder überrascht – an den Fahrradständern beteiligen dür­fen und müssen; das sind ganze Fahrradständerstädte.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 159

Sie haben gesagt, die Elektrifizierung, die so notwendig ist, läuft – und die ist gut, das kann ich Ihnen bestätigen –, aber wann wird wirklich damit angefangen? – Es gibt etliche Regionalbahnen, die darauf warten, dass das sogenannte Schnürl gespannt wird – das ist nicht billig, das weiß ich –, aber das wird hinausgeschoben, denn eine – unter Anfüh­rungszeichen – „Ausrede“, ein Aufschubargument ist: Na ja, man muss ja nicht überall eine Oberleitung spannen, es kann ja auch ein elektrischer Zug mit Wasserstoff oder ähnlichen Lösungen sein. (Abg. Hörl: Zillertalbahn!) Ja bitte, die sind in der Testphase – mit Ausnahme beispielsweise der Zillertalbahn des Kollegen Hörl –, die sind in der Test­phase, die ÖBB testen und fahren nicht. Wir brauchen Züge, die fahren, wir brauchen Elektrifizierung, und zwar heute, nicht morgen, nicht übermorgen.

Dann kommen wir zur Schieneninfrastruktur – da haben Sie das Klimaticket erwähnt. Ja, in preislicher Hinsicht okay, mit Ausnahme bei den Familien, da wird es teurer, aber das, was wir vor allem brauchen und was Sie nicht liefern können, ist ein Angebot, ist mehr Angebot, ist schnelleres Angebot.

Was meine ich damit? – ETCS Level 2. Ich erinnere mich: Seit ich in diesem Haus ange­fangen habe, wird darüber gesprochen, und auf der Weststrecke gibt es das. Wann gibt es das von Wien bis zum Portal des Brenners – oder bis in die Neunkirchner Allee? Dort könnte es schon lange sein, dort ist es nicht. Das brauchen wir, das brauchen wir vor allem, weil wir eine Überlastung auf der Südstrecke haben. Wir brauchen eine Einhau­sung bei Leonding, wir brauchen im Mühlkreis die Mühlkreisbahn, wir brauchen eine Verbesserung bei der Almtalbahn und, und, und. Hinausgeschoben – das ist das Kenn­wort Ihres Programms. Und hinausgeschoben nützt auch nichts auf der Achse von Tschechien über Linz nach Graz und dann nach Triest und nach Slowenien.

Frau Bundesminister, nicht hinausschieben! Sie haben große Zahlen, aber Sie haben vor allem die alten Zahlen, hinten aufgestockt wie eine Wanderdüne. Da hat offenbar die Überwachung durch den damaligen Herrn Staatssekretär nichts genützt, ich hoffe, dass er jetzt als Finanzminister, als gleichwertiger Partner Sie motivieren kann, das wäre gut, das wäre gut für Österreich.

Frau Bundesminister, probieren Sie bei der Graz-Köflacher Bahn nicht herum, bauen Sie dort, bauen Sie im Zillertal beziehungsweise ermöglichen Sie das Fahren und ermögli­chen Sie das Fahren in den Leiser Bergen bei den Regionalbahnen. Die Regionalbahnen wären die Basis für Ihr Klimaticket – Sie schieben es hinaus. Das haben sich die Öster­reicher nicht verdient. Die Österreicher brauchen keine Sätze wie: Es braucht. – Öster­reich braucht Angebot! (Beifall bei der FPÖ.)

15.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Weratsch­nig. – Bitte sehr.


15.59.43

Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Abgeordneter, wir brauchen und wir machen. Und was machen wir? (Abg. Hafen­ecker: Probleme macht ihr!) – In sechs Jahren mit 18,2 Milliarden Euro plus 5 Prozent, gleich viel Prozent wie auch schon beim letzten Rahmenplan, das ist eine Rekordsum­me, die hier aufgestellt wurde, ein modernes Eisenbahnnetz, in das wir investieren. Das größte Bahnprogramm wird umgesetzt. Das ist das Wesentliche, das entscheiden wir heute hier und das geben wir mit den notwendigen Finanzen frei. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Hörl.)

Umgesetzt wird das mit den vier großen Schwerpunkten, die bereits erwähnt wurden: dem Ausbau des Nahverkehrs in den Ballungsräumen. Hier wurden schon viele Beispie­le genannt, ich möchte mich mit ein paar Beispielen anschließen: die Südbahn, Ausbau


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 160

zwischen Meidling und Mödling; der zweigleisige Ausbau zwischen Tullnerfeld und Her­zogenburg; der Ausbau zwischen Werndorf und Spielfeld; die Fertigstellung und auch bereits die weiteren Ausbauschritte zwischen Wien und Wels, insbesondere, schon genannt, bei Linz.

Die Knotenbahnhöfe sind ganz wichtige Bereiche, die ausgebaut werden, zusätzlich nämlich auch für längere Züge. Auch das erweitert die Kapazität auf der Bahn und ist ganz wichtig bei der Verbindung, wenn wir Villach oder Ried im Innkreis oder auch Imst im Pitztal nennen – das wurde bereits genannt –, Imst und die Haltestelle Imst-Pitztal.

Die rasche Umsetzung von barrierefreien Bahnhöfen ist ein ganz wichtiger Bereich im Rahmen des ÖBB-Etappenplans. Weiters: Qualitätsmaßnahmen an der Wiener Stamm­strecke; der Ausbau der Pyhrnachse – das sind wichtige Beispiele.

Der zweite Bereich, der für mich als Tiroler Abgeordneter ganz besonders wichtig ist, ist natürlich der Güterverkehrausbau, um Güterverkehr auf die Bahn zu verlagern, um von dem Schienenverkehrsdrittel, das wir circa haben, auf 40 Prozent Verteilung im Modal Split bis 2040 zu erweitern.

Der dritte Bereich: Die Bahn elektrifizieren, dekarbonisieren – ein ganz wichtiger Bereich. Die Mattigtalbahn wurde bereits erwähnt; die Modernisierung der Radkersburger Bahn, elektrisch unterwegs zwischen Zeltweg und Pöls.

Digitalisierung ist wichtig. Mit der Digitalisierung gibt es mehr Sicherheit, eine höhere Geschwindigkeit ist möglich und auch eine bessere Vertaktung. Es wurde bereits ge­nannt: Eine höhere Geschwindigkeit, auch im Arlbergtunnel, ermöglicht einfach eine bessere und raschere Anbindung von Vorarlberg, bessere Taktung, bessere Auslastung bei mehr Sicherheit.

Es wurden heute auch schon die Einbindung der Gemeinden und die Einbindung der Länder genannt, ich glaube, das ist ein ganz wesentlicher Bereich, vor allem dann, wenn es darum geht, Park and Ride umzusetzen, Lärmschutzmaßnahmen umzusetzen, Ter­minals auszubauen, die Mobilitätsdrehscheiben anzugreifen und für die BürgerInnen auch Mobilität aufzustellen.

Wir stärken den Bahnverkehr, wir schaffen durch Investitionen 15 000 Arbeitsplätze, wir arbeiten an der Mobilitätswende.

Am Schluss möchte ich all jenen Danke sagen, die tagtäglich draußen auf den Schienen arbeiten, die drinnen in den Zügen arbeiten, die in den Verwaltungsgebäuden arbeiten, die weiter an den Planungen arbeiten, die sich täglich für den Bahnverkehr einsetzen: Ohne euch ginge das nicht. Wir beschließen die Rahmenbedingungen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.03


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Doppelbauer. – Bitte.


16.03.49

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Frau Finanz- -, Herr Finanzminister! Verzeihung! (Heiterkeit der Rednerin.) Frau Ministerin! Hohes Haus! Ich möchte als Budget- und Finanzsprecherin auch ein paar Worte zu diesem Paket sagen, weil es uns ganz, ganz wichtig ist, zu sagen, dass hier zwar eine große Unterstützung, eine große inhaltliche Unterstützung für Ihren Plan da ist, aber dass uns eben gewisse Dinge wie zum Beispiel die so wichtigen Wirkungsziele fehlen.

Mein Kollege Hannes Margreiter hat es ja schon gesagt: Es gibt von uns wirklich volle Unterstützung für den Ausbau der Infrastruktur und den öffentlichen Verkehr. Wir würden uns auch dafür einsetzen, dass Sie im Verhältnis zu den Partikularinteressen der Bun­desländer hier noch mehr Kompetenzen in Ihrem Ministerium bündeln könnten; auch


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 161

das wäre uns in diesem Zusammenhang wichtig. Ich möchte Ihnen auch sagen, dass wir natürlich sehen – und insbesondere ich auch sehe –, dass Sie hier wirklich ehrlich versuchen, Dinge voranzutreiben; das möchte ich vorausschicken.

Als Budget- und Finanzsprecherin muss ich aber trotzdem auf das Geld schauen, und da kann ich Ihnen einfach die Kritik nicht ersparen – ich habe es ja auch im Ausschuss schon sehr deutlich ausgeschildert –, dass es unserer Meinung nach notwendig ist, dass bei jedem Gesetz auch seine Wirkungsziele sauber ausgewiesen sind. Das ist auch rechtlich verbindlich vorgeschrieben, meine Damen und Herren. Es geht da um nichts anderes als um die Verknüpfung der Ausgaben mit den Zielen, also mit dieser Zieler­reichung, und das passiert in diesem Gesetzentwurf eben nicht.

Wir hätten uns erwartet, dass die Zahl der zusätzlichen Bahnfahrgäste oder die Güter­tonnage ausgewiesen ist – das ist hier nicht passiert. Was aber passiert, ist, dass wir hier nicht nur 18 Milliarden Euro an Investitionen freigeben, sondern dass wir insgesamt von einem Paket von fast 47 Milliarden Euro sprechen, weil es ja auch um die Vorbelas­tungen geht, die mitgerechnet werden müssen.

Noch einmal: Wir teilen die inhaltlichen Ziele, aber wir können diesem Paket heute eben nicht die Zustimmung geben, weil diese finanzielle Seite wichtig ist, und wir wollen hier und jetzt auch darauf bestehen, dass das in Zukunft sauber eingearbeitet wird. Wir wünschen Ihnen aber dennoch alles Gute bei der Umsetzung. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

16.05


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Gahr. – Bitte.


16.06.03

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Der ÖBB-Rahmenplan gibt uns Planungs- und Projektsicherheit, und ich glaube, es ist ganz, ganz wichtig – das wurde heute von den Vorrednern schon einige Male betont –, zu sagen, dass wir aber auch Umsetzungssicherheit und klare Zeitpläne brauchen, die eingehalten werden müssen.

Der ÖBB-Rahmenplan bringt für Tirol 3,7 Milliarden Euro, wovon 2,7 Milliarden für den Nordzulauf des Brennerbasistunnels und für die Baulose in Tirol veranschlagt sind. Mei­ne konkrete Bitte, Frau Bundesminister: Wir brauchen, gerade was den nördlichen Zulauf betrifft, einen intensiven Austausch und Verbindlichkeit mit Deutschland. Es gibt dort ja eine neue Regierung, und ich glaube, wichtig ist jetzt, dass wir diese Trassenfindung – es hat kürzlich eine Sitzung des Projektbeirats stattgefunden – abschließen können und dass wir in die Umsetzung kommen. Es dauert sowieso schon länger, aber nichtsdesto­trotz: Wir müssen gemeinsam arbeiten, wenn drei Länder betroffen sind und die EU betroffen ist. Ich glaube, es geht für uns jetzt auch um eine Koordinierung.

Ich darf Ihnen, Frau Bundesminister, diese höfliche Bitte mitgeben. Es geht um die Tiro­ler Bevölkerung. Wir sind am Anschlag, was den Transit betrifft. Es geht einfach nicht mehr. Wir können nicht mehr Lkws aufnehmen. Ich glaube, ganz, ganz wichtig ist es auch, eine kluge Verlagerungsstrategie einzuleiten, damit wir vorbereitet sind. Die Schweiz macht oder zeigt uns das ja über viele Jahre vor, dass man, wenn man Verkehr verlagern muss, auch die Rahmenbedingungen schaffen muss. Ich glaube, das wäre eine wichtige Herausforderung.

Insgesamt möchte ich mich für die Modernisierung der Bahnhöfe und der Infrastruktur bedanken. Das ist ganz, ganz wichtig. Wir haben ja mit dem Klimaticket eine Basis, dass die Menschen den öffentlichen Verkehr nützen können. Dazu braucht es eine moderne Infrastruktur. Der Ausbau der Bahnhöfe und von Park-and-ride-Anlagen muss weiter vo­rangetrieben werden, dann ist das Angebot attraktiv, dann ist die Bahn attraktiv.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 162

In diesem Sinne, glaube ich, geht es um eine Zusammenarbeit, um eine Koordination, darum, dass wir die Dinge umsetzen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weratschnig.)

16.08


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hafen­ecker. – Bitte.


16.08.21

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Frau Verkehrsminister! Ja, der ÖBB-Rahmenplan ist sicherlich ein guter Plan, und er ist deswegen gut, weil er natürlich schon unter freiheitlicher Ägide vorbereitet worden ist und weil Sie auf einem soliden Fundament aufbauen können, denn wenn man sich Ihre Arbeitsgeschwindigkeit im Verkehrsministerium anschaut, muss man sagen, er wäre sonst heute noch nicht fertig.

Trotzdem, sehr verehrte Frau Bundesminister, löst dieser Rahmenplan nicht alle Pro­bleme, die wir im Verkehrsbereich in Österreich haben. Sie blenden ja einen ganz, ganz großen Teil der Bevölkerung im Zuge Ihrer Politik aus. Sie blenden eigentlich den länd­lichen Raum aus, in dem allerdings die Hälfte aller Österreicher zu Hause ist.

Frau Bundesminister, wenn man sich den Rahmenplan anschaut, dann sieht man schon, dass Sie ganz stark nur auf die Hauptverkehrswege setzen. Wir sind weit weg davon, dass ganz Österreich betreffend die Bahn elektrifiziert ist und so weiter. Ich frage mich schon – und ich habe es Ihnen von diesem Platz aus schon öfter gesagt –, wann Sie endlich einmal Ihren Koalitionspartner ins Gebet nehmen und ihn fragen, was er in Nie­derösterreich geplant hat. Dort sind 26 von 28 Nebenbahnen mutwillig geschlossen wur­den. Die Trassenbänder werden gerade verschachert.

Wie die ÖVP operiert, können Sie dann übrigens in diesem Buch nachlesen, das ich Ihnen zu Weihnachten schenken möchte, „So sind wir“. (Der Redner hält das genannte Buch in die Höhe.) Aber dort wird geschachert (Zwischenruf des Abg. Stögmüller), dort wird Infrastruktur unter dem Preis verkauft. Wann nehmen Sie diese Trassenbänder zurück und wann schauen Sie tatsächlich, dass wir auch dort in Sachen Eisenbahn aus der Steinzeit herauskommen, Frau Bundesminister? Das wäre ein Ansatz, den ich leider Gottes bei Ihnen noch immer sträflich vermisse.

Frau Bundesminister, das war jetzt der verhältnismäßig angenehme Teil meiner Rede (Heiterkeit bei Grünen und NEOS), aber wir müssen jetzt schon über andere Details sprechen – und ich komme jetzt auch dazu –, nämlich darüber, was Sie auf der anderen Seite eben alles nicht machen, was Sie sogar mutwillig zerstören.

Frau Bundesminister, die FPÖ fragt Sie seit einem Jahr, wie es sich mit dem Bundes­straßenausbauprogramm verhält. Sie haben alle möglichen Ausreden gefunden, warum es das bis vor Kurzem nicht gegeben hat: Man muss da und dort noch evaluieren! – Sie waren aber nicht ehrlich zum Parlament, was das betrifft, Sie haben uns eigentlich auf gut Deutsch am Schmäh gehalten.

Heute wissen wir, warum Sie das gemacht haben: weil Sie das Programm gar nicht wollten. Sie wollten erstens einmal Ihrem Hass auf alle Autofahrer in Österreich freien Lauf lassen. Sie wollten wichtige Straßenbauprojekte stoppen. Sie wollten damit Millio­nen an Steuergeldern vernichten, die bis jetzt in die Planungen dieser Projekte geflossen sind. Ja, Sie haben eigentlich mit dem, was Sie erst vor Kurzem veröffentlicht haben, einen unglaublichen Anschlag auf alle Autofahrer in Österreich verübt.

Frau Bundesminister, ich sage Ihnen eines ganz klar: Das Infrastrukturministerium ist kein ökomarxistisches Versuchslabor, sondern das ist ein Ministerium, das zum Ziel hat,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 163

die Infrastruktur in diesem Land aufrechtzuerhalten, und das nicht zum Ziel hat, Bevölke­rungsgruppen vom Verkehr auszuschließen und da marxistische, ökomarxistische An­sätze durchzusetzen. Frau Bundesministerin, das geht so nicht! (Beifall bei der FPÖ so­wie des Abg. Loacker. – Zwischenruf bei der FPÖ.)

Sie setzen einen Sabotageakt nach dem anderen. Ich darf Sie nur an die NoVA erinnern, ich darf Sie nur an die CO2-Abgabe erinnern. Frau Bundesminister, damit machen Sie einen großen Teil der Österreicherinnen und Österreicher zu Bürgern zweiter Klasse und Sie ziehen ihnen damit wirklich das Geld aus dem Sack, mit einer Schamlosigkeit, die atemberaubend ist.

Frau Bundesminister, Sie haben offenbar noch nicht verstanden, was die Funktion des Parlaments ist. Ich denke an die letzte Sitzung des Verkehrsausschusses. Da wurde Ihnen die Frage gestellt, ob die Evaluierung der Straßenbauprojekte schon durchgeführt worden ist. Sie haben gesagt: Nein, nein, die ist noch am Laufen! – Am nächsten Tag, wenige Stunden nach der Verkehrsausschusssitzung, in der Sie noch gesagt haben, Sie wissen von nichts, stellen Sie sich im Rahmen einer Pressekonferenz hin, beerdigen die S 8, die Marchfeld-Bundesstraße, stoppen die Klagenfurter Schnellstraße, die B 317, streichen die S 34 im Traisental zusammen und beerdigen den Lückenschluss der S 1 mit dem Lobautunnel.

Frau Bundesministerin, da muss ich sagen: Da haben Sie das Parlament für dumm ver­kauft. Das funktioniert so aber nicht, wir sind nicht in Weißrussland, sondern Sie haben gegenüber dem Verkehrsausschuss ehrlich zu sein (Ruf bei der ÖVP: Hallo!) und haben uns nicht hinters Licht zu führen, Frau Bundesministerin. Das geht so nicht. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir sind aber noch nicht fertig, es geht ja noch weiter: Dann spreche ich mit Kollegen Stöger und bitte ihn, dieses Versäumnis Ihrerseits – oder diese Provokation, muss man sagen – aufzuklären und eine Sondersitzung des Verkehrsausschusses einzuberufen. Was haben Sie von den Grünen und Sie als Verkehrsministerin gemacht? – Sie haben keine Zeit für den Verkehrsausschuss. Sie haben uns jetzt mit dem 30. Jänner gnaden­halber einen Termin genannt, der wenige Tage vor dem regulären Sitzungstermin des Verkehrsausschusses stattfindet. Frau Bundesminister, das geht so nicht, so kann man mit dem Parlament nicht umgehen! Wir lassen uns von Ihnen ganz sicher nicht ständig hinters Licht führen.

Noch etwas: Wir sind völlig überzeugt davon, dass Sie mit diesen Maßnahmen, mit der Streichung dieser Verkehrsprojekte, absolut gegen die Rechtsordnung handeln. Ich möchte in Erinnerung rufen, dass es zwei Nationalratsbeschlüsse gibt, die Sie mit Füßen treten, der eine ist vom 28.2.2002 und der zweite vom 6.7.2011, womit diese Projekte vom Nationalrat klar beauftragt worden sind.

Ich möchte Ihnen noch etwas sagen: Sie handeln auch dem VwGH zuwider, denn der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 10.10.1990 klar gesagt (Zwischenruf des Abg. Stögmüller), dass es untersagt ist, dass die Verwaltung nach Belieben Projekte, die im Parlament beschlossen worden sind, stoppen kann. Frau Bundesminister, das, was Sie da jetzt machen, dürfen Sie nicht. Sie begehen sehenden Auges Amtsmissbrauch. Ich möchte Ihnen jetzt auch hier vom Rednerpult aus noch einmal sagen, dass Sie da auf sehr, sehr dünnem Eis unterwegs sind und dass ich davon ausgehe, dass Sie dem­nächst auf diesem Eis einbrechen.

Frau Bundesminister, das ist auch der Grund dafür, warum wir heute eine Ministeran­klage gegen Sie eingebracht haben. Wir können nicht ertragen, dass Sie das Parlament auf derartige Art und Weise hintergehen, dass Sie versuchen, Ihren Kopf durchzusetzen, dass Sie beinhart Klientelpolitik für 7 Prozent der Einwohner des 7. Bezirks oder irgend so etwas machen und damit den Rest von Österreich im Regen stehen lassen. Frau


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 164

Minister, das geht nicht. Das Verkehrsministerium ist kein Spielplatz. (Beifall bei der FPÖ, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Loacker.)

Ich bin gespannt, was die ÖVP in diesem Zusammenhang macht. Die Kontrollfunktion des ehemaligen Staatssekretärs Brunner hat ja nicht so richtig funktioniert. Wir hoffen, dass er zumindest jetzt als Finanzminister die Ministerin unter Kontrolle bringt. Die ÖVP muss Beitragstäter sein, wenn die Frau Ministerin ihr Projekt durchbringen möchte und diese Projekte stoppen möchte. – Dazu müssen Sie als Finanzminister Ja sagen.

Im Übrigen muss auch der ÖVP-Klub dazu Ja sagen – und ich bin gespannt, wie diese Nagelprobe bei der ÖVP ausgeht, ob Sie jetzt nur demonstrativ nicht applaudiert haben oder ob Sie tatsächlich gegen das sind, was die Frau Ministerin macht.

Sehr geehrte Damen und Herren, als Entscheidungshilfe für die ÖVP und als Nagelprobe möchte ich noch einen Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Um­setzung der S 1 Wiener Außenring Schnellstraße – ‚Lobau-Tunnel‘“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie werden aufgefordert, die ‚S 1 Wiener Au­ßenring Schnellstraße‘ wieder in das ASFINAG-Bauprogramm aufzunehmen, und dafür Sorge zu tragen, dass es zu keinen weiteren – von der Bundesregierung verursachten – Bauverzögerungen bei der ‚S 1 Wiener Außenring Schnellstraße‘ kommt.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe ÖVP! Es ist angerichtet. Ich bin ge­spannt, was Sie daraus machen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Hafenecker überreicht Bundesministerin Gewessler das zuvor genannte Buch. – Ruf bei den Grünen: Ist das ein Weihnachts...? – Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)

16.15

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA

und weiterer Abgeordneter

betreffend Umsetzung der S 1 Wiener Außenring Schnellstraße – „Lobau -Tunnel“

eingebracht in der 137. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 16. Dezember 2021 im Zuge der Debatte zu TOP 25, Bericht des Verkehrsausschusses über den Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Techno­logie betreffend ÖBB-Rahmenplan 2022-2027 (III-477/1193 d.B.)

Im zur Debatte stehenden Verhandlungsgegenstand werden zwar Milliarden für den Ausbau der Bahninfrastruktur verplant, jedoch fehlen Alternativen zum geplanten Infra­strukturprojekt „S 1 Wiener Außenring Schnellstraße – „Lobau -Tunnel““

Bereits im Juni stoppte die Verkehrsministerin mit einem eigenartigen Schreiben vom 25.6.2021 des BMK an die ASFINAG jegliche weiteren baulichen Vorbereitungsmaßnah­men zur Fertigstellung der „S 1 Wiener Außenring Schnellstraße“.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 165

Laut Internetseite des BMK würde mit der Lückenschließung folgendes erreicht:

Mit dem rund 19 Kilometer langen gegenständlichen Abschnitt wird eines der wichtigsten Straßenbauprojekte in Wien und Niederösterreich, nämlich der Straßenring (Regionen­ring) um Wien geschlossen und eine Verknüpfung mit der geplanten Stadtstraße in Rich­tung A 23 Südosttangente Wien und der geplanten S 8 Marchfeld Schnellstraße ermög­licht. Die Trasse der S 1 Schwechat bis Süßenbrunn beginnt an der A 4 Ost Autobahn beim Knoten Schwechat und führt künftig als Tunnel unter der Donau, der Neuen Donau und dem Nationalpark "Donau-Auen" in Richtung Norden, wo sie im Knoten Süßenbrunn an das bestehende Straßennetz (S 1, S 2) anbindet. Durch den Lückenschluss der S 1 werden die Ortskerne von Eßling, Aspern, Groß-Enzersdorf und Raasdorf entlastet und damit die Verkehrssicherheit erhöht. Weniger Verkehr bedeutet auch weniger Lärm- und Luftschadstoffemissionen in der Region. Das Projekt soll in zwei Etappen realisiert wer­den. Mit dem Bau des rund zehn Kilometer langen Abschnittes von Groß Enzersdorf bis Knoten Süßenbrunn soll 2022 begonnen werden. Im Anschluss daran ist die Errichtung des rund neun Kilometer langen Abschnittes Schwechat bis Groß-Enzersdorf (mit dem Tunnel Donau-Lobau) geplant. (https://www.bmk.gv.at/themen/verkehr/strasse/infra­struktur/projekte/schnellstrassen/s1.html)

Dieses Projekt wurde mit einem Beschluss des Nationalrates vom 28.2.2002 in das Bun­desstraßengesetz 1971 aufgenommen:

Ein Bild, das Text enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

Mit dem Beschluss vom 6.7.2011 wurde die Beschreibung den aktuellen Gegebenheiten angepasst:

Ein Bild, das Text enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

Am 1.12.2021 verkündete die Verkehrsministerin das aus ihrer Sicht endgültige Aus der Fertigstellung der „S 1 Wiener Außenring Schnellstraße“. Jahrzehnte Vorarbeit und an die 150 Millionen Euro wurde mit einer kurzen Pressekonferenz in den Sand gesetzt. Gestoppt wurde nicht nur der Lobautunnel, sondern auch die Schnellstraße von Raas­dorf (Niederösterreich) nach Süßenbrunn. Einzig die Stadt-straße und Spange Aspern, die auf den Raasdorfer Feldern praktisch im „Nichts“ endet, dürfen errichtet werden. Für den Wiener Bürgermeister Michale Ludwig „eine Pflanzerei“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 166

Quelle: https://www.krone.at/2570173

Mit einem Federstreich und ohne jegliche Nennung von Alternativen führt die grüne Ver­kehrsministerin die Ostregion in ein künftiges Verkehrschaos.

Die Wiener Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) sagte dazu bereits im Juni in einem Inter­view:

Das wäre fatal: Stadtstraße und S1-Spange sind für die Stadtentwicklung und so-mit für Wohnungen für 60.000 Menschen behördlich vorgeschrieben. Ohne diese explodieren die Wohnungspreise. In die Entwicklung des Wiener Nordens sind Hunderte Millionen Euro an Vorbereitungskosten geflossen. Wir haben die U-Bahn hingelegt. Ich glaube, Gewessler ist nicht bewusst, welch hohe Schadenersatzklagen auf den Bund zukommen könnten.

Jedes Dorf hat seine Umfahrung. Nur in Wien muss der gesamte Schwerverkehr durch das Stadtgebiet. Das ist nicht einzusehen. Klar ist, mit dem Lobautunnel muss die Tan­gente vom Transit entlastet werden.

Wir haben von Anfang an auf Ausbau der Öffis gesetzt. Aber einen neuen Stadtteil in einer Größe von Bregenz kann man nicht ohne Straße bauen. Wir wollen Wohngebiete durch Umlenkung auf die Umfahrung entlasten und Schleichwege in der Donaustadt schließen. (https://www.krone.at/2457344)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 167

Gestern beschloss der ASFINAG-Aufsichtsrat das neue Bauprogramm, in dem die S1 mit dem Lobautunnel nicht mehr vorgesehen ist. Der ARBÖ schreibt dazu in einer Aus­sendung:

Der Aufsichtsrat beschloss das neue Bauprogramm, womit die grünen Ökoträumereien weitergehen und Millionen Euro an Steuergeld für jahrzehntelange Vor-arbeiten im Rah­men einer einzigen Sitzung vernichtet werden.

„Es ist einfach unglaublich, wie eine einzelne Person, in diesem Fall Verkehrs-ministerin Leonore Gewessler, die Lebensqualität einer gesamten Region mit mehr als 2 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern zunichtemacht“, ist KommR. Mag. Gerald Kumnig, ARBÖ-Generalsekretär, verärgert. Für den ARBÖ ist das Bauprojekt nämlich die Lösung und nicht das Problem der Verkehrsbelastung, wie Kumnig bestätigt: „Natürlich steigt in neuen Siedlungs- und Stadterweiterungsgebieten das Verkehrsaufkommen, allein schon durch den Liefer- und Anrainerverkehr. Genau deshalb braucht es aber flankierende leistungsstarke Straßeninfrastruktur, damit die Wohngebiete entlastet und Emissionen vermieden werden. Im Falle der S1 profitiert eine ganze Millionenmetropole vom Bau, weil täglich um rund 70.000 Autos weniger mitten durch die Stadt über die Südosttan­gente fahren würden.“

Die Entscheidung, den Lobautunnel aus dem ASFINAG-Bauprogramm nehmen zu las­sen, ist für den Mobilitätsklub absolut inakzeptabel. Und ein zusätzlicher Aspekt ist an­zumerken, wie KommR. Mag. Gerald Kumnig weiter ausführt: „Man muss sich schon die Frage stellen, wer diese Steuergeldvernichtung zu verantworten hat. Jahrzehntelang wurde geplant und Vorarbeiten geleistet, und jetzt, wo das Verkehrsministerium und da­mit der Eigentümer der ASFINAG unter grüner Führung steht, ist der Lobautunnel plötz­lich nicht mehr zeitgemäß und wird ersatzlos gestrichen? Das muss die Verkehrsminis­terin den Menschen in der gesamten Ostregion erklären.“

Der ARBÖ fordert jedenfalls die Einhaltung des Bundesstraßengesetzes, in dem die S1 verankert ist und eine Realisierung vom Nationalrat, also der Volksvertretung, be­schlossen wurde. „Auch wenn die S1 nicht in die ideologiegetriebene Politik der grünen Verkehrsministerin passt, hat sie sich trotzdem an Gesetze zu halten“, schließt Kumnig ab.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie werden aufgefordert, die „S 1 Wiener Au­ßenring Schnellstraße“ wieder in das ASFINAG-Bauprogramm aufzunehmen, und dafür Sorge zu tragen, dass es zu keinen weiteren - von der Bundesregierung verursachten - Bauverzögerungen bei der „S 1 Wiener Außenring Schnellstraße“ kommt.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht, ausreichend unterstützt und steht damit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lercher. – Bitte.


16.15.43

Abgeordneter Maximilian Lercher (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Frau Ministerin! Geschätzter Kollege Hafenecker, man kann den Grünen ja viel


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 168

vorwerfen, aber dass sie Marxisten sind, das glaube ich eher nicht. Da haben Sie den Marxismus falsch verstanden. (Beifall bei der SPÖ.) Da gibt es eine Fehlinterpretation, aber damit, glaube ich, sollten wir uns nicht zu lange aufhalten.

Frau Bundesministerin, bevor wir mit dem Guten beginnen vielleicht noch eine Klarstel­lung zu Beginn: Wenn schon jemand das Fundament für all das, was Sie jetzt hier um­setzen und worauf Sie aufbauen, geschaffen hat, dann waren das mutige Sozialdemo­kratinnen und Sozialdemokraten, die im Infrastrukturministerium gegen die ÖVP um je­den Cent gekämpft haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Dem Rahmenplan, der heute hier vorliegt, werden wir zustimmen, denn er enthält sehr, sehr viele wichtige und richtige Projekte. Das braucht man nicht wegzudiskutieren. Herr Bundesminister, Sie haben das auch mit den finanziellen und wirtschaftlichen Auswir­kungen argumentiert. Das ist gut und richtig so, und deswegen stehen wir nicht hintan, dass wir sagen, das ist gut – und deswegen stimmen wir zu. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es braucht aber auch Ziele – da haben die NEOS recht –, und diese Ziele kann Ihnen Herr Stöger liefern. Er hat nämlich etwas eingebracht, was ich als unglaublich gescheit empfinde, auch aus Sicht der Regionen, nämlich ein Bundesverkehrszielgesetz, das sich zum Ziel setzt, dass alle Gemeinden in ganz Österreich im Halbstundentakt an den öf­fentlichen Verkehr angebunden werden. Das wäre ein wichtiger Impuls, ich würde sogar sagen, ein unglaublicher Meilenstein für dieses Land. (Beifall bei der SPÖ.)

Setzen Sie sich diese Ziele! Nehmen Sie sie mit auf, denn es wird vor allem abseits der Hauptverkehrsadern in ländlichen Bezirken – ich komme aus einem, aus dem Bezirk Murau – immer schwieriger, Infrastrukturprojekte zu realisieren! Die Ertragsanteile fallen aufgrund der Krise weg, die Länder haben weniger Geld, die Gemeinden und Städte haben weniger Geld, umso mehr müssen dann der Bund und auch Ihr Ministerium inves­tieren, um uns dort Perspektive zu geben.

Ich sage es ganz konkret, mein Herzensanliegen ist die Murtalbahn, wofür ich Sie, Herr Bundesminister, und Sie, Frau Ministerin, brauche, sodass wir dort die dringend notwen­dige Modernisierung schaffen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist ja dann immer das sehr Spannende, dass die ÖVP-Bürgermeister vor Ort, die dort dominieren, fordern, fordern, fordern, das aber auf den restlichen Ebenen niemand von der ÖVP hört. Deswegen brauchen wir Sie, damit wir da gemeinsam etwas realisieren und Angebote für Leute schaffen können, die keine Möglichkeit auf eine andere Reali­sierung haben (Zwischenrufe der Abgeordneten Gödl, Schnabel und Stögmüller), die auch nicht die Möglichkeit haben, umzusteigen, weil sie auf das Auto angewiesen sind. Dafür brauchen wir Sie, dazu lade ich Sie ein. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. –Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Lercher – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Ihr regiert überall, meine Herren ...! – Abg. Gödl: Dein Parteiobmann ist Verkehrslandes­rat! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

16.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ottenschlä­ger. – Bitte.


16.18.50

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! (Abg. Ha­fenecker: Jetzt beendet Kollege Ottenschläger die Koalition!) Werte Frau Bundesminis­terin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! (Abg. Deimek: Es reicht! – Ruf bei der FPÖ: Jetzt kannst du berühmt wer­den!) Zunächst auch ein paar Worte zum ÖBB-Rahmenplan, es ist ja schon viel darüber gesprochen worden: Für uns ist das auch ein eindeutiges Bekenntnis zum Ausbau der Schiene und des öffentlichen Verkehrs.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 169

Über 18 Milliarden Euro werden in den nächsten Jahren investiert. Ich glaube, das ist ein Ausbauprogramm, das sich durchaus sehen lassen kann. Ich würde sogar meinen, dass es sich vielleicht noch nicht ganz mit der Schweiz, aber sonst mit allen anderen in Europa mehr als messen kann. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Meine Damen und Herren, Schwerpunkte wie Bahnhofsmodernisierungen, Ausbau des Nahverkehrs, aber auch die Elektrifizierung sind natürlich ganz wichtige Punkte betref­fend die Zukunft und auch den Klimaschutz in der Verkehrspolitik.

Frau Bundesministerin, gestatten Sie mir aber, natürlich auch aus aktuellem Anlass, hier zu einem anderen Bauprogramm Stellung zu nehmen, nämlich zum Bauprogramm der Asfinag betreffend Ausbau der Autobahnen und Schnellstraßen. Bevor sich jetzt manche Oppositionsabgeordnete hier freuen, sage ich Ihnen, in einer guten Partnerschaft ist konstruktive Kritik möglich, ich finde, sie ist geradezu notwendig, und deswegen darf ich sie hier auch formulieren. (Zwischenruf des Abg. Rauch.)

Frau Bundesministerin, in dieser Frage kann man nur sagen, we agree to disagree. Wir haben eine andere Auffassung, was die Straßenbauprojekte, insbesondere die notwen­digen Lückenschlüsse in Österreich betrifft. Wir glauben nämlich, dass in vielen Regio­nen die Menschen schon sehr lange darauf warten, dass sie vom Verkehr entsprechend entlastet werden. Ich glaube, es wird auch weiterhin so sein, dass wir in diesem Zusam­menhang viele konstruktive Gespräche mit den betroffenen Regionen, mit den Men­schen brauchen werden, und, Frau Bundesministerin, ich lade Sie auch dazu ein.

Wir werden deshalb auch sehr zeitnah eine sehr umfangreiche parlamentarische Anfra­ge einbringen, die zum Ziel hat, Transparenz in Ihre Entscheidungsgrundlagen zu brin­gen, die zum Ziel hat, nach den notwendigen Alternativen zu fragen, die aber auch zum Ziel haben wird, Klarheit und Sicherheit zu schaffen, und zwar Klarheit und Sicherheit darüber, wie es jetzt wirklich weitergeht.

Wenn es so ist – und Sie als Ministerin haben, so wie es im Moment ausschaut, die Möglichkeit dazu; da streiten natürlich die Juristen, das ist kein Geheimnis –, dass Sie die Möglichkeit haben, dieses Bauprogramm so abzuwickeln, dann ist es, glaube ich, auch dringend notwendig, dass wir mit den Menschen vor Ort entsprechende Alternati­ven diskutieren, weil sie es sich verdient haben, dass sie vom Verkehr entlastet werden. (Beifall bei ÖVP und NEOS. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

16.22


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ober­nosterer. – Bitte. (Abg. Stögmüller – in Richtung ÖVP –: Ihr schickt jetzt alle raus ...!)


16.22.32

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! ÖBB-Rahmenplan: Ich gratuliere Kärnten, denn das, was nächstes Jahr, 2022, verbaut wird, ist die höchste Summe, circa 233 Millionen Euro, und in den fünf Jahren sind es 715 Millionen Euro. Ich glaube, das kann sich sehen lassen.

Zum Antrag des Herrn Kollegen Angerer kann ich nicht viel mehr sagen als vorhin zum Antrag des Herrn Kollegen Matznetter: Zu glauben, dass man, wenn man etwas ver­säumt hat, zum Schluss mit Anträgen kommen kann, um das wiedergutzumachen, das funktioniert in der Praxis nicht. Seit dem Jahr 2009 wird die Koralmbahn gebaut. Wer damals, bis zum Jahr 2013, Landeshauptmann und zuständiger Verkehrslandesrat war, wissen wir. Vonseiten der SPÖ, das wissen wir auch, kam der Minister, das war immer ein sozialistischer Minister. Zur Information – wenn man es vielleicht nicht mehr weiß –: 2017 bis 2019 hat es einen freiheitlichen Infrastrukturminister gegeben. Warum hat man damals (Zwischenrufe bei der SPÖ) in dieser Zuständigkeit der Freiheitlichen über


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 170

15 Jahre alles verschlafen? (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Nun herauszugehen und zu sagen: Jetzt werden wir Anträge stellen, damit endlich ein­mal etwas passiert!, das ist Showprogramm pur. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Jetzt sage ich Herrn Angerer noch etwas: Dass das gemacht werden muss, wissen wir. Warum ihr Freiheitlichen das verschlafen habt, wissen wir nicht, aber eines wissen wir, nämlich dass wir nicht zustimmen, und zwar aus folgendem Grund (Zwischenruf des Abg. Angerer): weil der für Straßenbau zuständige Landesrat von Kärnten, Herr Schu­schnig, und die Frau Bundesministerin schon lange verhandeln – verstehst du mich? –, um dort eine Lösung zwischen Klagenfurt und Villach in den Griff zu bekommen. – Das für das Verständnis, um ein bissl die Geschichte zu kennen. Man kann nicht glauben, dass man etwas umsetzen kann, wenn man nur mit einem Zettel mit ein paar Unter­schriften darauf herumläuft! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich bringe noch einen Abänderungsantrag ein (Zwischenruf bei der SPÖ):

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage 1158 der Beilagen, Bundesfinanzierungsgesetz

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Bundesfinanzierungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

1. In Z 1 (§ 2c Abs. 1) entfällt die Wortfolge „am oder nach dem 1. Jänner 2022“.

2. In Z 1 (§ 2c Abs. 3) entfällt die Wortfolge „, deren ursprüngliche Tranche ab dem 1. Jänner 2022 begeben wird“.

3. In Z 2 (§ 11 Abs. 13) wird die Wortfolge „mit 1. Jänner 2022“ durch die Wortfolge „gleichzeitig mit dem Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM-Vertrag), in der Fassung der Kundmachung BGBl. III Nr. XX/20XX“ ersetzt.

4. Nach Z 2 wird folgende Z 3 angefügt:

„3. Dem § 11 wird folgender Abs. 14 angefügt:

„(14) Abweichend von § 2c Abs. 2 können Emissionsbedingungen gemäß § 2c Abs. 1 bis zum Ende des auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrages zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM-Vertrag), in der Fassung der Kundma­chung BGBl. III Nr. XX/20XX, folgenden Monats, Umschuldungsklauseln enthalten, die dem Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM-Vertrag), in der Fassung der Kundmachung BGBl. III Nr. 138/2012 entsprechen.“

*****

Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.26

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz,

Kolleginnen und Kollegen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 171

zum Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1158 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzierungsgesetz geändert wird (1196 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Bundesfinanzierungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

1. In Z 1 (§ 2c Abs. 1) entfällt die Wortfolge „am oder nach dem 1. Jänner 2022“.

2. In Z 1 (§ 2c Abs. 3) entfällt die Wortfolge „, deren ursprüngliche Tranche ab dem 1. Jänner 2022 begeben wird“.

3. In Z 2 (§ 11 Abs. 13) wird die Wortfolge „mit 1. Jänner 2022“ durch die Wortfolge „gleichzeitig mit dem Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM-Vertrag), in der Fassung der Kundmachung BGBl. III Nr. XX/20XX“ ersetzt.

4. Nach Z 2 wird folgende Z 3 angefügt:

„3. Dem § 11 wird folgender Abs. 14 angefügt:

„(14) Abweichend von § 2c Abs. 2 können Emissionsbedingungen gemäß § 2c Abs. 1 bis zum Ende des auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrages zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM-Vertrag), in der Fassung der Kundma­chung BGBl. III Nr. XX/20XX, folgenden Monats, Umschuldungsklauseln enthalten, die dem Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM-Vertrag), in der Fassung der Kundmachung BGBl. III Nr. 138/2012 entsprechen.“

Begründung

Zu Art 1 (Änderung des Bundesfinanzierungsgesetzes):

Im Zuge der 2020 beschlossenen Reform des ESM-Vertrages wurde vereinbart, dass alle Staaten des Euro-Währungsgebietes ab 1. Jänner 2022 ihre neuen Schuldtitel, ins­besondere auch Staatsanleihen, mit Umschuldungsklauseln mit einstufigem Mehrheits­erfordernis (Single Limb Collective Action Clauses) ausstatten. Dies soll es den Staaten künftig erleichtern, sich mit ihren Gläubigern zu einigen.

Der österreichische Nationalrat hat das damit verbundene Übereinkommen zur Ände­rung des ESM-Vertrages im Mai 2021 beschlossen. Verzögerungen bei der Ratifikation dieses Übereinkommens in anderen Staaten des Euro-Währungsgebietes führen dazu, dass nicht alle Mitgliedsstaaten die vereinbarten einstufigen Umschuldungsklauseln mit 1. Jänner 2022 umsetzen können.

Der ESM-Vertrag enthält jedoch die Vorgabe, dass die Umschuldungsklauseln so auszu­gestalten sind, dass ihre rechtliche Wirkung in allen Rechtsordnungen des Euro-Wäh­rungsgebietes gleich ist. Die Arbeitsgruppe der Europäischen Staatsschulden-Agen­turen (ESDM) hat sich nunmehr auf die einheitliche technische Lösung geeinigt, dass die Single Limb Collective Action Clauses in allen Vertragsstaaten ab dem Monatsersten des auf das Inkrafttreten des Änderungsvertrags zweitfolgenden Monats anzuwenden sind. Der EU-Wirtschafts- und Finanzausschuss hat dieser technischen Lösung des ESDM zugestimmt. Der Juristische Dienst des Rates der EU hat zudem bestätigt, dass der ESM-Vertrag nicht dahingehend geändert werden muss, dass die technische Lösung des ESDM für die Anwendung der Single Limb Collective Action Clauses ein anderes Datum als den 1. Jänner 2022 vorsieht.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 172

Mit dem vorliegenden Antrag soll sichergestellt werden, dass Österreich in Entsprechung der genannten Vorgabe des ESM-Vertrages bei der Einführung der einstufigen Umschul­dungsklauseln ein einheitliches Vorgehen mit den anderen Mitgliedsstaaten des Euro-Währungsgebietes auf gesetzlicher Grundlage ermöglicht wird.

*****


16.26.24

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unter­stützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Berichterstattung ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Bevor wir zur Abstimmung kommen, darf ich fragen: Sind SPÖ, Grüne, NEOS, FPÖ, ÖVP bereit? – Gut.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 25: Antrag des Verkehrsaus­schusses, den Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend ÖBB-Rahmenplan 2022-2027 in III-477 der Bei­lagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten An­gerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Planung und Errichtung einer Güterbahn­trasse sowie Ergreifen von Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung im Kärntner Zen­tralraum vor dem Bahnlärm“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt. (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten An­gerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung der S 37 Klagenfurter Schnell­straße“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Hafenecker, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Umsetzung der S 1 Wiener Außenring Schnellstraße – ‚Lo­bau-Tunnel‘“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 26: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie genehmigt wird, samt Titel und Eingang in 1144 der Beilagen.

Wer dafür ist, den darf ich um ein Zeichen der Zustimmung ersuchen. – Das ist die Mehr­heit.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer das auch in dritter Lesung tut, ist um ein Zeichen der Zustimmung gebeten. – Das ist das gleiche Stimmverhalten. Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Tagesordnungspunkt 27: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes­finanzierungsgesetz geändert wird, in 1158 der Beilagen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 173

Dazu haben die Abgeordneten Obernosterer, Schwarz, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse zuerst über den Zusatz- und Abänderungsantrag abstimmen und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes.

Die Abgeordneten Obernosterer, Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zu­satz- und Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilt, den darf ich um ein entsprechendes Zeichen bitten. – Auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

16.29.4028. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1161 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz geändert wird (1192 d.B.)

29. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1168 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Unfalluntersuchungsgesetz geändert werden (1194 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunk­ten 28 und 29, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Weratschnig. – Bei Ihnen steht das Wort, Herr Abge­ordneter. Bitte sehr.


16.30.17

Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Werte Abgeordnete! Noch zwei Sätze zur vorhergegangenen Verkehrsdebatte. Der erste Satz: Die Aufgabe der Klimaministerin, der Klimaschutzministerin, ist, alles zu tun, damit wir die Klimaschutzziele erreichen, damit wir ein wesentliches Stück des We­ges weiterkommen. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Zweiter Satz: Wir haben die Aufgabe, die Leute aus dem Stau herauszubekommen, statt neue Straßen zu bauen und die Leute in den nächsten Stau hineinzuschicken. (Beifall bei den Grünen.) Und das schaffen wir mit einer gut strukturierten Politik des Bahnaus­baus, der Förderung des Fußgängerverkehrs und auch der Förderung des Radfahrver­kehrs. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Schifffahrtsgesetz: Das vorliegende Schifffahrtsgesetz ist das Ergebnis zahlreicher Anpassungen und Änderungen gemäß der Umsetzung der EU-Richtlinie. Es geht um Mindestqualifikationen, Tauglichkeitsstandards, zusätzliche Berechtigungen für Schiff­führungsaufgaben, Aufwertung des Bordbuches, Aufwertung des Schifferdienstbuches und auch die Neustrukturierung des Befähigungsnachweises und -ausweises.

Die Novelle nutzt aber auch die Gelegenheit für eine Ökologisierung: Umfassender Um­weltschutz ist im Schifffahrtsgesetz implementiert, die Berücksichtigung des Artenschut­zes, insbesondere auch bei den Schiffsanlegestellen, Treibstoff sparendes Fahren auch


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 174

bei den Schiffen, die Umsetzung der Seveso-III-Richtlinie und natürlich auch weitere ökologische Schwerpunkte. – Das zum Schifffahrtsgesetz; ich glaube, ein wichtiger Punkt, wenn es um Ökologisierung geht.

Zum zweiten Verhandlungspunkt, dem Eisenbahngesetz, möchte ich folgenden Abände­rungsantrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Andreas Ottenschläger, Hermann Weratschnig, MBA MSc, Kollegin­nen und Kollegen zur Regierungsvorlage (1168 d.B): Bundesgesetz, mit dem das Eisen­bahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Unfalluntersuchungsgesetz geän­dert werden in der Fassung des Ausschussberichts in 1194 d.B. (TOP 29)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Nach Artikel 1 Z 14 wird folgende Z 14a eingefügt:

„14a. § 58a Abs. 2 lautet:

„(2) Der Betrieb einer im § 58b Abs. 1 angeführten Serviceeinrichtung, die mindestens zwei aufeinanderfolgende Jahre lang nicht genutzt wurde und für die die Eisenbahn­verkehrsunternehmen gegenüber der Betreiberin/dem Betreiber der Serviceeinrichtung ihr Interesse am Zugang zur Serviceeinrichtung auf der Grundlage eines nachgewiese­nen Bedarfs bekundet haben, ist von ihrer Eigentümerin/ihrem Eigentümer ganz oder teilweise als Schienenverkehrs-Serviceeinrichtung zum Leasing oder zur Vermietung auszuschreiben, es sei denn, die Betreiberin/der Betreiber der Serviceeinrichtung weist nach, dass die Serviceeinrichtung infolge eines Umstellungsprozesses von keinem Eisenbahnverkehrsunternehmen genutzt werden kann.“

*****

Ich muss das so wörtlich vorlesen.

In diesem Abänderungsantrag, der vorliegt, geht es um weitere Konkretisierungen und Anpassungen laut der europäischen Richtlinie, die wichtig sind.

Ich danke auch hier für die breite Zustimmung. Es geht, wie gesagt, um wesentliche Änderungen im Schifffahrtsgesetz, um wesentliche Änderungen im Eisenbahngesetz. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

16.34

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Andreas Ottenschläger, Hermann Weratschnig, MBA MSc, Kollegin­nen und Kollegen

zur Regierungsvorlage (1168 d.B): Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Unfalluntersuchungsgesetz geändert werden in der Fassung des Ausschussberichts in 1194 d.B. (TOP 29)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Nach Artikel 1 Z 14 wird folgende Z 14a eingefügt:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 175

„14a. § 58a Abs. 2 lautet:

„(2) Der Betrieb einer in § 58b Abs. 1 angeführten Serviceeinrichtung, die mindestens zwei aufeinanderfolgende Jahre lang nicht genutzt wurde und für die die Eisenbahn­verkehrsunternehmen gegenüber der Betreiberin/dem Betreiber der Serviceeinrichtung ihr Interesse am Zugang zur Serviceeinrichtung auf der Grundlage eines nachgewiese­nen Bedarfs bekundet haben, ist von ihrer Eigentümerin/ihrem Eigentümer ganz oder teilweise als Schienenverkehrs-Serviceeinrichtung zum Leasing oder zur Vermietung auszuschreiben, es sei denn, die Betreiberin/der Betreiber der Serviceeinrichtung weist nach, dass die Serviceeinrichtung infolge eines Umstellungsprozesses von keinem Eisenbahnverkehrsunternehmen genutzt werden kann.“

Begründung

Der Artikel 13 Abs. 6 der Richtlinie 2012/34/EU wurde innerstaatlich im Zuge der Novelle BGBl. I Nr. 137/2015 des Eisenbahngesetzes 1957 durch § 58a Abs. 2 innerstaatlich umgesetzt. Diese Bestimmung sieht vor, dass eine Serviceeinrichtung durch deren Be­treiber:innen zur Vermietung oder zur Verleasung auszuschreiben ist, wenn sie unge­nutzt ist und wenn für deren Betrieb ein Bedarf besteht. Diese Bestimmung blieb bisher in der Praxis ohne Bedeutung.

Im Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2020/2305 der Europäischen Kommission gegen die Republik Österreich hat die Europäische Kommission unter anderem bemängelt, dass aus dem bisherigen Gesetzestext nicht klar hervorgeht, dass – auch eine Service­einrichtung nicht betreibende – Eigentümer:innen einer Serviceeinrichtung, die unge­nutzt ist und für deren Betrieb eine Bedarf besteht, verpflichtet sei, diese zur Vermietung oder Verleasung auszuschreiben.

In der Stellungnahme der Republik Österreich in der ersten Stufe dieses Vertragsverlet­zungsverfahrens wurde ausgeführt, dass eine Auslegung des bisherigen § 58a Abs. 2 Eisenbahngesetz 1957 zu dem von der Europäischen Kommission letztlich gewünschten Ergebnis führen würde.

In ihrer in der nunmehrigen zweiten Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens erstatteten begründeten Stellungnahme vom 2. Dezember 2021 teilt die Europäische Kommission mit, dass sie den Ausführungen in der Stellungnahme der Republik Österreich zur Um­setzung der Artikel 13 Abs. 6 der Richtlinie 2012/34/EU nicht folgen könne. Sie führt weiters aus, dass ansonsten alle von ihr im Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2020/2305 bemängelten Umsetzungsdefizite im Falle der Annahme der vorliegenden Regierungs­vorlage durch den Bundesgesetzgeber ausgeräumt wären.

Um eine Einstellung des Vertragsverletzungsverfahrens Nr. 2020/2305 durch die Euro­päische Kommission zu erreichen, wird eine Änderung des bisherigen § 58a Abs. 2 Ei­senbahngesetz 1957 in der Weise vorgeschlagen, dass sich dessen Wortlaut eng an den Wortlaut des Artikel 13 Abs. 6 der Richtlinie 2012/34/EU anlehnt und somit den Vorstellungen der Europäischen Kommission entsprochen wird

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stöger. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


16.34.10

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu meinem Vorredner – anstelle


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 176

einer tatsächlichen Berichtigung –: Die Aufgabe der Bundesministerin ist, die Verfassung einzuhalten, und die Aufgabe der Bundesministerin ist, die Gesetze der Republik einzu­halten, die hier im Nationalrat beschlossen werden. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist die Aufgabe der Verwaltung und sie steht der Verwaltung vor.

Ich kann all das, was zum Schifffahrtsgesetz gesagt worden ist, was mein Vorredner gesagt hat, bestätigen. Wir sind mit dem Schifffahrtsgesetz in der Europäischen Union angekommen und wir werden dem auch die Zustimmung geben.

Es ist jetzt so, dass wir die Themen aus dem Verkehrsausschuss vorliegen haben – und da fehlt mir die zentrale Vorlage! Mir fehlt die Vorlage einer gemeinsamen Erklärung oder eine Regierungsvorlage, von der gesamten Bundesregierung, das Bundesstraßen­gesetz zu ändern. Die Bundesministerin erklärt in der Öffentlichkeit, dass sie mit dem Gesetz nicht einverstanden ist. – Das kann sein, es ist möglich, man muss mit dem Ge­setz, so wie es ist, nicht zufrieden sein. Das kann man ändern. Wenn man im Parlament eine Mehrheit hat, dann kann man es ändern. Als Minister, als Ministerin kann man aber nicht entscheiden, ob einem das Gesetz passt oder nicht und dass man es nicht einhält, wenn es einem nicht passt, sondern eine Ministerin hat die durch dieses Hauses be­schlossenen Gesetze auf Punkt und Beistrich einzuhalten. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Ich möchte das noch einmal ganz, ganz deutlich anmerken und als Vorsitzender des Verkehrsausschusses sage ich es noch einmal ganz bewusst: Eigentümer der Asfinag ist nicht die Frau Ministerin, sondern Eigentümerin oder Eigentümer sind die Österrei­cherinnen und Österreicher, alle zusammen. Die Frau Ministerin ist die Eigentümerver­treterin, und die Meinung, die sie in der Hauptversammlung auch zu äußern hat, ist die­jenige, die der Nationalrat in einem formalen Beschluss hier im Parlament festgelegt hat. Das kann sie nicht beliebig entscheiden, sondern daran ist die Ministerin gebunden. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Frau Bundesministerin, ich kenne den kleinen Unterschied zwischen der Rolle der Le­gislative und der Exekutive. Ich halte es in einer Demokratie für ganz entscheidend, dass wir diese Differenzierung kennen, und das müssen auch grüne Politiker und vor allem grüne MinisterInnen zur Kenntnis nehmen, wenn Sie langfristiges Vertrauen aufbauen wollen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.) Wenn wir Transformationsprozesse, die wir dringend brauchen – da bin ich immer einer, der das mitträgt –, zu CO2-freier Produktion wollen, dann müssen wir das Vertrauen der Bevölke­rung haben, und das haben wir nur, wenn wir demokratisch sind. Das müssen Sie tun. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ. – Abg. Deimek: Dann darf man das Parlament nicht anlügen!)

16.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Brandwei­ner. – Bitte.


16.37.48

Abgeordneter Lukas Brandweiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuse­her zu Hause vor den Bildschirmen! Mit der geplanten Änderung des Schifffahrtsgeset­zes erfolgt heute eine Harmonisierung der europäischen Bestimmungen zu Berufsquali­fikationen in der Binnenschifffahrt. Dadurch schaffen wir einheitliche Mindestqualifika­tions- und Tauglichkeitsstandards für die gesamte nautische Besatzung, was die Mobili­tät in Europa erleichtert und die Sicherheit erhöhen wird.

Konkret geht es zum Beispiel um die körperliche Tauglichkeit, den Nachweis und Um­fang der Fahrzeit sowie die Standards für Prüfungen für SchiffsführerInnen und Matro­sInnen. Die erworbenen Patente sind europaweit gültig, wodurch eben die Mobilität der


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 177

Besatzungsmitglieder erleichtert wird. Durch einheitliche und hohe Qualifikationsstan­dards wird die Sicherheit der Schifffahrt erhöht und menschliches Leben wird geschützt.

Für die Erhöhung des Umweltschutzes – das hat mein Kollege Weratschnig schon aus­geführt – sorgen zudem Qualifikationsstandards in den Bereichen treibstoffsparendes Fahren, Abfallwirtschaft und Gewässerschutz. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Es wird auch die Digitalisierung vorangetrieben. Konkret wird eine Datenbank für Befä­higungszeugnisse, für Schifferdienstbücher und Bordbücher erstellt, welche die Aus­stellung und Kontrolle von Befähigungen vereinfacht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

In diesem Sinne darf ich allen Seemännern und -frauen abschließend eine Handbreit Wasser unter dem Kiel wünschen – das habe ich selbst nicht gewusst, aber das ist der Glückwunschspruch – und natürlich gute und sichere Fahrt.

Ich möchte die letzte Minute meiner Redezeit schon auch nützen, um nach der vorher­gegangenen Diskussion unserer Frau Bundesministerin noch eine Bitte mitzugeben: Sie haben, gerade was das Klimaticket betrifft oder auch den Rahmenplan, den wir heute schon diskutiert haben, immer das Gespräch, die Zusammenarbeit nicht nur mit uns als Koalitionspartner, sondern auch mit den Oppositionsparteien und den Bundesländern gesucht. Frau Bundesministerin, das erwarte ich mir schon auch beim Straßenbau.

Ich war ehrlicherweise selbst überrascht – einige Kollegen haben es ja schon angespro­chen –, dass wir, als wir im Verkehrsausschuss Fragen zur Evaluierung gestellt haben, keine Antworten bekommen haben und am nächsten Tag alles fixfertig präsentiert wurde. Da bitte ich Sie wirklich, dass Sie wieder das Gespräch mit uns suchen und dass wir da gemeinsam Lösungen für die Menschen finden, weil es letztendlich nur darum geht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.


16.41.02

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Die Novellierung des Eisenbahn-, des Bundesbahn- und des Unfalluntersuchungsgesetzes –1168 der Beilagen – wurde am 30. November 2021 im Verkehrsausschuss vorgelegt und auch einstimmig angenommen.

Es wurden ja seitens der Europäischen Kommission vier Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, zwei aufgrund von unvollständiger Umsetzung, eines wegen Schlechtumset­zung und eines wegen Nichtumsetzung von EU-Richtlinien. Aufgrund der unvollständi­gen Umsetzung der Richtlinie 2016/2370 droht uns mittlerweile bereits eine Klageerhe­bung beim Gerichtshof der Europäischen Union.

Mit dieser Novelle sollen nun folgende Punkte umgesetzt werden: die Möglichkeit des Eisenbahninfrastrukturunternehmens, seine Funktionen an andere geeignete Unterneh­men oder Stellen auszulagern und Überwachung der Gesetzeskonformität durch die Schienen-Control-Kommission; die Möglichkeit des Eisenbahninfrastrukturunterneh­mens, die Durchführung von Arbeiten und damit verbundenen Aufgaben an andere Ei­senbahnverkehrsunternehmen oder Unternehmen, die Eisenbahnverkehrsunternehmen kontrollieren, auszulagern, und Überwachung der Gesetzeskonformität durch die Schie­nen-Control-Kommission.

Es gibt noch viele, viele weitere Punkte, wie zum Beispiel: die Möglichkeit der Behörde, eine Verkehrsgenehmigung bei nicht mehr Vorliegen der Voraussetzungen hierfür auch nur auszusetzen; weiters die Erweiterung der Mitteilungspflicht der Behörde an die Euro­päische Kommission beziehungsweise die Eisenbahnagentur der Europäischen Union.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 178

Ich möchte aber insbesondere auf die sogenannte Seveso-III-Richtlinie zu sprechen kommen. Diese Richtlinie dient zur Vermeidung von schweren Industrieunfällen in Be­trieben, die mit gefährlichen Stoffen hantieren, und soll aufgrund besonderer Anforde­rungen an die Anlagensicherheit auf europäischer Ebene ein hohes Schutzniveau ge­währleisten. Es soll nun Artikel 13 der Richtlinie, welcher ebenfalls Gegenstand eines Vertragsverletzungsverfahrens ist, umgesetzt werden. Dieser Artikel befasst sich mit der Überwachung der Ansiedlung.

In der Novelle sind diesbezüglich noch folgende Änderungen enthalten: Ausweisung des Gefährdungsbereiches eines Seveso-Betriebes im Bauentwurf für ein in diesem Gefähr­dungsbereich liegendes Eisenbahnbauvorhaben; Verpflichtung der Eisenbahnunterneh­men zur Anführung von Vorkehrungen zur Vermeidung schwerer Unfälle bei einem Se­veso-Betrieb infolge des Baues und Betriebes eines Eisenbahnbauvorhabens, das sich im Gefährdungsbereich des Seveso-Betriebes befindet.

Ich danke dem Verkehrsausschuss für die Behandlung der Novelle und hoffe, dass wir damit nun endlich auch eine korrekte Umsetzung der betroffenen EU-Richtlinien zustan­de bringen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.43


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Stark. – Bitte.


16.43.48

Abgeordneter Christoph Stark (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Viele Menschen werden sich vielleicht bei dieser Debatte ein wenig wundern, dass wir als nicht gerade große Seemacht der globalisierten Welt im österreichischen Nationalrat das Schifffahrtsgesetz behandeln. Wir tun das aber. Warum tun wir das? – Wenn wir heute mit einem Fahrzeug, mit einem Kfz quer durch Europa fahren, ist es normal, dass wir das mit unseren Berechtigungen machen können, ohne eine neue Berechtigung in einem Zielland erwerben zu müssen. Sprich: Mit dem Führer­schein kann man quer durch die Welt fahren. Nicht so ist es aber in der Schifffahrt. Da gab es bislang Unterschiede, wenn Schiffe von A nach B unterwegs waren und vor allem den österreichischen Teil der Donau befahren haben.

Von welcher Quantität sprechen wir da? – Im Jahr 2020 wurden auf der Donau 8,2 Mil­lionen Tonnen Frachtgüter befördert. Das sind ungefähr 300 000 Lkw-Züge, die nicht auf Österreichs Straßen gefahren sind. Das ist also Grund genug, diesem Teil der öster­reichischen Wirtschaft auch Augenmerk zu schenken und die europäischen Richtlinien so anzupassen, dass die Schifffahrt nach Möglichkeit ohne große bürokratische Hemm­nisse vonstattengehen kann.

In diesem Sinne ersuche ich Sie um Zustimmung zu dieser Materie, über die im Ver­kehrsausschuss ja Einstimmigkeit herrschte. Ich freue mich auf Ihre Zustimmung und wünsche allseits ein frohes Weihnachtsfest, zumal dies meine letzte Rede im heurigen Jahr ist. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

16.45


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Köchl. – Bitte.


16.45.39

Abgeordneter Klaus Köchl (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minis­ter! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Vorredner haben jetzt schon einiges zu die­sen zwei Tagesordnungspunkten gesagt. Ich möchte zum Eisenbahngesetz sprechen und hoffe, dass diese Novelle so umgesetzt wird, dass es der EU-Kommission passt und dass wir nicht vor dem Europäischen Gerichtshof landen. Ich glaube, das wäre ganz, ganz wichtig, denn es ist höchst an der Zeit.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 179

Wenn ich nachdenke und mir das so überlege, sehne ich mich ein bisschen nach der guten alten Zeit, nämlich der Zeit, als es noch eine richtige ÖBB gegeben hat, als es einen ÖBB-Bus gegeben hat (Zwischenruf des Abg. Loacker), als die Leute dort gutes Geld verdient haben und keine Privatisierung stattgefunden hat. Dieses ÖVP-Zerschla­gungsschiff hat ja bei öffentlichen, gut gehenden, gesunden Betrieben im Staatseigen­tum ganze Arbeit geleistet, muss man sagen (Zwischenruf des Abg. Hanger) – nicht nur bei den ÖBB, das war bei der Post das Gleiche, da gab es noch die Post und Telekom. Was haben die ÖVP und die Konservativen gemacht? – Sie haben alles in kleine Be­reiche zergliedert, und überall dort, wo Gewinn zu machen war, haben sie privatisiert. Das ist dann ganz super gewesen, dort wurde dann verdient.

Der Postbus ist zum Beispiel in der öffentlichen Hand geblieben, heute können sich die Länder und die Gemeinden damit herumschlagen, weil das in ihrem Zuständigkeitsbe­reich ist und sie das zahlen müssen. Früher hat das eine das andere abgedeckt. Die anderen machen die Gewinne und die öffentliche Hand kann jetzt den Scherbenhaufen aufräumen, den die konservative Politik in Österreich, aber auch in Europa angerichtet hat. Das ist eine der Hauptaussagen, die ich da herauslese. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Gleiche habt ihr ja mit Traditionsunternehmen wie den Austria Tabakwerken ge­macht, auch die sind privatisiert worden. Die hat noch der Kaiser gegründet. Euch war das egal, sie haben Gewinn gemacht, ihr habt sie privatisiert. (Zwischenruf des Abg. Prinz.) Alles andere können die öffentlichen Institutionen übernehmen. Am meisten trifft es nämlich Gemeinden und Länder, die jetzt zahlen müssen, was der Bund letztendlich aufgrund der konservativen Politik der ÖVP verbockt hat. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Ich sehne mich wirklich nach einem Europa, das sozial ist, das genau das fördert, was man braucht, nämlich den ländlichen Raum und die öffentlichen Verkehrsmittel dorthin. Ich sehne mich danach, dass faire Löhne gezahlt werden und dass man mit dieser kon­servativen Politik aufhört. Gott sei Dank gibt es das jetzt schon in Deutschland und in anderen Ländern, und es wird nicht mehr lange dauern, dann wird es auch in Österreich eine sozialdemokratische Bundeskanzlerin geben. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Das glaubst du selber nicht!)

16.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schna­bel. – Bitte.


16.48.28

Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren vor den Monitoren! Kurz noch eine Replik zur vorhergegangenen Abstimmung zum ÖBB-Rahmenplan: Am vergangenen Dienstag hatten wir eine Sitzung des Bautenausschusses, und Herr Kollege Bernhard von den NEOS hat dort sinngemäß erklärt, dass das Stadtleben viel umweltschonender sei und die Stadtbevölkerung einen geringeren CO2-Abdruck produziere – mag stimmen! – und dass die ländliche Bevölkerung selbst daran schuld sei, dass es dort keine öffentliche Infrastruktur gebe und Versäumnisse vorlägen.

Jetzt beheben wir diesen Missstand – danke, Frau Ministerin! – über den ÖBB-Rahmen­plan. Und siehe da, wer stimmt nicht zu? – Die NEOS-Fraktion! Das ist eigentlich schon sehr seltsam. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Ganz kurz zu Kollegen Köchl: Also Marktwirtschaft ist per se nichts Schlechtes. Zur Än­derung des Gesetzes betreffend Eisenbahninfrastruktur muss man schon sagen, dass die Europäische Union seit 30 Jahren das Ziel verfolgt, den europäischen Schienenraum zu vereinheitlichen und gleichzeitig wettbewerbsfähiger zu machen, um mehr Leistungs­fähigkeit zu erzielen. Wir kommen mit dieser Gesetzesänderung dieser Zielsetzung nach und führen mehr Wettbewerb ein.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 180

Wettbewerb ist ja per se nichts Schlechtes, sondern etwas Gutes, weil wir damit ganz einfach auch Vergleichbarkeit erzeugen und auch anstoßen, dass es zu mehr Innova­tionen kommt.

Ein Beispiel, das zeigt, wie gut Wettbewerb sein kann, gibt es auch unter den staatlichen Betrieben. Ich nenne da jetzt die GKB, ein Unternehmen aus der Südweststeiermark. Die GKB hat sehr, sehr früh, nämlich schon vor 20 Jahren, auf den Logistikmarkt gesetzt, hat dort sehr viel investiert, hat sich dort Partner gesucht, und mit ihren beiden Toch­terunternehmen ist sie ja sehr erfolgreich. Sie hat sogar von der Wirtschaftskammer, was die Logistik betrifft, eine Auszeichnung bekommen, den Exportpreis 2019, weil sie eine Exportquote von 70 Prozent erzielt. Da kann man sehen, dass Wettbewerb auch einiges auslöst und dass wir da Vergleichbarkeit haben.

Was die Elektrifizierung betrifft, so erreichen wir mit der Elektrifizierung der Graz-Köfla­cher-Bahn eine Reduzierung von 16 000 Tonnen CO2 pro Jahr. Im Rahmen der Elektri­fizierung gilt es aber auch quasi die Eigenständigkeit der GKB aufrechtzuerhalten. Das ist uns in der Region wichtig, weil die GKB nicht nur ein schienengebundener Infrastruk­turdienstleister, sondern ein Gesamtmobilitätsdienstleister ist und wir mit der GKB vor Ort einen wichtigen Ansprechpartner haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.51


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Bernhard. – Bitte.


16.51.33

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Da Kollege Schnabel mich so falsch zitiert hat, erlaube ich mir, mich noch zu Wort zu melden. Er hat sich auf eine Rede meinerseits in der letzten Ausschusssitzung bezogen, und da ging es um den Klimabonus. Herr Kollege Schnabel, für einen Abgeordneten ist ja nicht nur das sinnerfassende Lesen wichtig, sondern auch das sinnerfassende Zuhören, und das ist Ihnen bei meiner Rede anscheinend zuletzt nicht sehr gut gelungen.

Gegangen ist es um den Klimabonus und um die Diskussion, die von der Sozialdemo­kratie ausgegangen ist, die zu Recht kritisiert hat, dass der Klimabonus regional sehr unterschiedlich ausfällt – und je höher der CO2-Preis in Zukunft sein wird, desto unter­schiedlicher wird es in den einzelnen Regionen sein. Es gibt ein sehr bekanntes Beispiel, das Niederösterreich und Wien betrifft und in dem es darum geht, dass auf der einen Seite der Straße, in Niederösterreich, ein höherer Betrag ausbezahlt wird als auf der anderen Straßenseite, die noch zu Wien gehört. Darum ging es in unserer Diskussion.

Was habe ich daraufhin gesagt? – Ich habe gesagt, dass der Klimabonus aus unserer Sicht nur dann ein gerecht ausgestalteter Bonus ist, wenn tatsächlich jeder Einwohner, jede Einwohnerin in Österreich den gleichen Bonus erhält, weil man ganz grundsätzlich ein freier Mensch ist und sich auch frei entscheiden kann und viele Menschen in Bal­lungszentren ziehen. Das war aber keine Kritik an jenen, die gerne weiterhin am Land leben wollen, und es war nicht einmal die Forderung nach einer Reduktion des Klimabo­nus für die Menschen, die am Land leben, sondern es war einfach nur die Feststellung, dass es nicht allein deswegen, weil jemand einen geringeren CO2-Fußabdruck hat, einen geringeren Klimabonus geben soll, weil Sie damit nämlich ein klimafreundliches Verhal­ten bestrafen.

Für uns NEOS ist es einerlei: Wenn jemand gerne im ländlichen Raum lebt – fein; wenn jemand im städtischen Raum lebt – auch fein. Das sollen die Menschen für sich ent­scheiden. Der Staat soll nur eines nicht tun: Er soll nicht so wertend sein, dass er ein positives Verhalten negativ beurteilt. Und das machen Sie mit Ihrer Politik leider jeden Tag aufs Neue! (Beifall bei den NEOS.)

16.53


16.53.39


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 181

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es scheint niemand mehr zu Wort gemeldet zu sein. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Können wir abstimmen? SPÖ? Grüne? NEOS? FPÖ? ÖVP? – Ja.

Tagesordnungspunkt 28: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schiff­fahrtsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1192 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig, auch wenn noch nicht alle am Platz sind.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dem Entwurf zustimmt, den bitte ich, das zu tun. – Wir haben auch in der dritten Lesung ein einstimmiges Stimmverhalten.

Tagesordnungspunkt 29: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisen­bahngesetz, das Bundesbahngesetz und das Unfalluntersuchungsgesetz geändert wer­den, in 1168 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Ottenschläger, Weratschnig, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht.

Ich lasse daher über den Zusatzantrag der Abgeordneten Ottenschläger, Weratschnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfügung einer neuen Ziffer 14a in Artikel 1 ab­stimmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, wird ebenfalls gebeten, ein entsprechendes Zeichen zu geben. – Das ist einstimmig.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer stimmt auch in dritter Lesung dafür? – Das ist ebenfalls das gleiche Stimmverhalten. Somit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

16.55.2430. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 2084/A(E) der Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Johannes Schmuckenschlager, Julia Elisabeth Herr, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend ve­hementes Eintreten gegen Mini-AKWs (SMRs) und Generation IV Nukleartechnolo­gien auf EU-Ebene und über den Antrag 1577/A(E) der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auftreten gegen Mini-Atomkraftwer­ke als Klimaschutzmaßnahme (1266 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 30.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Litschauer. – Bitte.


16.56.08

Abgeordneter Ing. Martin Litschauer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Mi­nisterin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wir durften im Umweltaus­schuss sozusagen das Thema der SMR – das sind Small Modular Reactors – aufgreifen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 182

Ich habe mich darum bemüht, dass wir hier wieder einen Allparteienantrag einbringen und auch beschließen können, und in der Vorbereitung ist uns das gelungen. Ich möchte mich auch noch einmal ganz herzlich bei allen bedanken, die mitgeholfen haben, das gemeinsam auf die Reise zu bringen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben uns ja auch schon gestern intensiv mit dem Thema Atomenergie auseinan­dergesetzt, die Taxonomie ganz ausführlich diskutiert, und ich freue mich, dass unsere Ministerin in Österreich mit der neuen Außenministerin von Deutschland, Annalena Baerbock, die sich bei diesen Themen, glaube ich, genauso in unserem Sinne einsetzt, jetzt Verstärkung bekommen hat. Daher hoffe ich, dass wir in diesem Bereich jetzt auch ein bissel mehr weiterbekommen können.

Vielleicht ist auch der Charme der Frauen notwendig, um den französischen Präsidenten Macron sozusagen ein bissel umzustimmen. Der führt ja aktuell Wahlkampf, und ich denke, das ist auch ein bissel ein Problem. Die französische Atomindustrie steckt in Wirklichkeit ein bisschen in der Krise. Man schaue sich nur an, was aktuell passiert: Fast ein Drittel der atomaren Kraftwerksleistung in Frankreich ist aktuell wegen Störungen im Prinzip nicht verfügbar, und es gibt ein großes Problem mit der Versorgungssicherheit. Auch beim EPR-Reaktor, ich habe es gestern ausgeführt, gibt es ein großes Problem in der Umsetzung und im Bau. Jetzt hat der französische Präsident angekündigt, dass man auf SMR setzen soll. Das erklärt auch, warum sie an der Taxonomie so sehr interessiert sind.

Was mich in dieser Diskussion sozusagen ein bissel aufrüttelt und dazu bewogen hat, mich da auch noch einmal speziell einzubringen, war die Aussage des französischen Präsidenten, dass eine militärische Atomkraftnutzung nicht ohne die zivile geht und die zivile nicht ohne die militärische. Damit hat er eigentlich klargemacht: Diese kleinen Mi­nikraftwerke sind vor allem auch für das Militär notwendig – für die U-Boote, für die Flugzeugträger und so weiter. Das ist natürlich ein extrem hohes Risiko, und es besteht dort auch das Risiko, dass die Gelder, die da fließen sollen, indirekt auch dem Militär zugutekommen sollen.

Das aber ist, glaube ich, nicht in unserem Sinne, denn auch bei diesen neuen Reak­torkonzepten wird Technologie dann in andere Länder verfrachtet werden, und wir ha­ben – am Beispiel Iran – gesehen, was damit passiert, wenn man Technologie, wenn man Know-how in Länder bringt, die unstabil sind und dann plötzlich eine Atombombe anstreben. Bei diesen Entwicklungen können wir nicht zuschauen und die können wir nicht zulassen. Die einzige Möglichkeit, das zu unterbinden, ist und bleibt der globale Ausstieg aus der Atomindustrie. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dieser Antrag zielt darauf ab, dass wir uns auch in diesem Bereich wieder ganz aktiv einbringen, nicht nur im zivilen Bereich, sondern auch im militärischen Bereich. Das war mir ein großes Anliegen, und ich möchte mich noch einmal bei allen dafür bedanken, dass wir in Österreich bei dieser klaren Linie bleiben und da unsere Kräfte bündeln. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Smolle.)

16.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Laimer. – Bitte sehr.


16.59.44

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Kollege Litschau­er, der Charme der Frauen, um Macron zu überzeugen – ich halte das für ein sehr altes, antiquiertes Politikverständnis. (Beifall bei der SPÖ.) Ich denke, es werden die Argu­mente der jeweiligen Ministerinnen sein.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 183

Die kapitalintensive Atomlobby versucht mit einem neuen Geschäftsmodell, den soge­nannten Small Nuclear Reactors, also kleinen Kernspaltungsreaktoren, ein sauberes sowie unproblematisches Bild zu zeichnen und so ihren ohnehin mächtigen Einfluss auf die EU-Kommission noch weiter zu verstärken. In Aussicht stellen die Konzerne Se­rienfertigungen sogenannter Mini-AKWs sowie die Erweiterung der Standorte. Damit soll eine Expansion von Atomstrom zu monetären Gunsten der Kernkraftbetreiber noch wei­ter vorangetrieben werden.

Ein weiterer lukrativer Geschäftszweig: Mini-AKWs können auch für militärische Nutzung verwendet werden. Das ist aus meiner Sicht entschieden abzulehnen und in Zeiten von künstlicher Intelligenz besonders gefährlich. Diese Form der Verniedlichung von Atom­waffen ist nicht nur perfide, sondern zieht im Ernstfall auch dramatische Konsequenzen nach sich. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Sollte der Plan der Atomlobby aufgehen und Kernenergie zur nachhaltigen Energie er­klärt werden, steht die Energiewende in Bezug auf erneuerbare Energie durchaus auf der Kippe. Österreich spielt in diesem Kontext in Europa eine wichtige Rolle. Wir sind ein Land ohne Atomkraftwerk, und es gibt einen eindeutigen Anti-AKW-Konsens aller Parteien hier im Parlament. Das ist ein Mandat, dass wir in der Diskussion einsetzen müssen. Um dieses atomfreie Vorbild auch leben zu können, müssen wir weiterhin intensiv und konsequent daran arbeiten, keinen Atomstrom zu importieren, zumal immer noch mehr als 10 Prozent Atomstrom für den österreichischen Energiemarkt benötigt werden.

Ein Bereich, der in der Tagespolitik aus meiner Sicht zu kurz kommt, ist das Thema Lichtverschmutzung inklusive der damit verbundenen Energieverschwendung. Wenn wir aus der Vogelperspektive auf unsere Erde blicken, erkennen wir deutlich den Bereich der Energieverwender und den anderen Teil der Energieverschwender. West-, Mittel­europa, USA und Teile Asiens gehören sicher nicht zu den sorgsamen Verwendern, sondern vielmehr zu gedankenlosen Verschwendern von Strom. Die städtische Licht­verschmutzung ist immer noch kein öffentliches Thema, es sollte jedoch im Sinne der Klima- und Energiewende sehr ernsthaft aufgegriffen werden. Nächtelange Festbeleuch­tungen insbesondere der glitzernden Geschäftswelt bringen aus meiner Sicht keine zusätzlichen Kunden, sie treiben jedoch den Energieverbrauch unnötig exorbitant in die Höhe.

Neben dem sukzessiven Ausstieg aus fossiler Energie im Zeitalter der Dekarbonisierung ist auch der Ausstieg aus Atomkraft ein essenzieller Teil der Klima- und Energiewende, meine Damen und Herren, vor allem vor dem Hintergrund, dass der strahlende Atommüll nach wie vor de facto unabbaubar und gefährlich ist. Dieses Problem wird uns noch sehr, sehr lange verfolgen.

Strom ohne Atom ist ein hartes Stück Überzeugungsarbeit. Wir Österreicherinnen und Österreicher müssen das Thema in Europa konsequent vorantreiben, um schlussendlich dem Anspruch auf eine bessere und sichere Energiezukunft gerecht zu werden. Ich wünsche bei der Diskussion um die EU-Taxonomieverordnung jedenfalls ein herzliches Glück auf, Frau Minister! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.03


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Walter Rauch zu Wort. – Bitte.


17.03.33

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Ja, es ist eine einstimmige Materie betreffend die Atom­kraft, für das Auftreten gegen Atomenergie hier in Österreich – wir sind ja gerne der


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 184

Motor in diesem Bereich. Es war ein Anstoß von uns, dass wir diesen Antrag im Um­weltausschuss eingebracht haben. Ich freue mich immer, wenn andere Parteien auf­springen und mit uns diesen Weg gehen. Das ist sehr lobenswert, denn diese einhellige Meinung verbindet uns ja in dem Bereich.

Den Worten aber, Frau Bundesminister, müssen auch Taten folgen! Diese Taten sind entscheidend dafür, dass es dementsprechend auch zu einer Lösung kommt. Wir haben ja gestern schon in der Aktuellen Stunde über dieses Thema debattiert, und ich bringe diesbezüglich jetzt einen Antrag ein, und zwar:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „dringende Not­wehrmaßnahmen gegen EU-Atomstrom-Verordnung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, mittels Nichtigkeitsklage gem. Art. 263 AEUV die Einstufung der Kernenergie als nachhaltige und umweltfreundliche Energiequelle zu verhindern und gem. Art. 278 iVm Art. 279 AEUV die Aussetzung der Durchführung der angefochtenen Handlung zu beantragen. Über den Verlauf des Verfahrens und der dafür notwendigen Vorbereitungshandlungen soll dem Nationalrat quartalsmäßig Bericht er­stattet werden.“

*****

Das heißt im Endeffekt, Frau Bundesminister, wir brauchen in diesem Sinne einen Be­richt, wie die Europäische Kommission mit dieser Form der Energie, der Atomenergie, umgeht, und auch, wie wir dementsprechend handeln. Wenn Kommissionspräsidentin von der Leyen eine Stellungnahme abgibt und sagt, wir brauchen für den Übergang Nuklearenergie, weil wir eine Stabilität hinsichtlich Energiequellen brauchen, dann frage ich mich, Frau Bundesminister: Wie werden Sie diesbezüglich handeln, und auch, wie werden Sie in der EU-Kommission auftreten? Wir fordern Sie explizit auf, einen Rechts­akt zu unterfertigen, dass wir da dementsprechend vorgehen und diese Energieform ab­lehnen.

Ein Punkt, den ich noch erwähnen möchte: Wir haben Ihnen ja auch im EU-Haupt­ausschuss schon die Chance gegeben, Maßnahmen zu setzen und eine einheitliche Linie zu verfolgen. Beide Regierungsparteien haben unseren Antrag abgelehnt; wir haben der Bundesregierung explizit einen Auftrag gegeben, sich gegen diese Form der Energiegewinnung zu wenden – deswegen dieser Antrag. Ich bitte alle Parteien, zu­zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

17.07

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Walter Rauch

und weiterer Abgeordneter

betreffend dringende Notwehrmaßnahmen gegen EU-Atomstrom-Verordnung

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 30, Bericht des Um­weltausschusses über den Antrag 2084/A(E) der Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Johannes Schmuckenschlager, Julia Elisabeth Herr, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Michael


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 185

Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend vehementes Eintreten gegen Mini-AKWs (SMRs) und Generation IV Nukleartechnologien auf EU-Ebene und über den An­trag 1577/A(E) der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auftreten gegen Mini-Atomkraftwerke als Klimaschutzmaßnahme (1266 d.B.), in der 137. Sit­zung des Nationalrates, XXVII. GP, am 16. Dezember 2021

Die Zukunft der EU soll klimafreundlich und nachhaltig sein. Bis 2030 will man die Treib­hausgas-Emissionen um mindestens 55 Prozent gegenüber den Werten von 1990 senken. 2050 soll der Staatenverbund dann klimaneutral sein. Der "Green Deal", das Leuchtturmprojekt von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, soll die EU dorthin führen. Windkraft, Solaranlagen und Wasserkraft sollen ausgebaut werden, um die 450 Millionen Menschen in der Union mit grünem Strom zu versorgen.

Nach der politischen Einigung zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union über die Taxonomie-Verordnung – einem umfassenden Klassifizie­rungssystem, um sämtliche wirtschaftlichen Aktivitäten in Richtung mehr Nachhaltigkeit zu transformieren und grüne Investments anzustoßen – leitete die Kommission im Jahr 2020 eingehende Arbeiten ein, um zu prüfen, ob die Kernenergie in die Kategorie der ökologisch nachhaltigen Tätigkeiten aufgenommen werden soll.1 In einem ersten Schritt hat die Gemeinsame Forschungsstelle (JRC), der kommissionsinterne Wissen­schafts- und Wissensdienst, einen technischen Bericht über die "Do no significant harm"-Aspekte2 der Kernenergie verfasst. Dieser Bericht wurde in Folge von zwei Sachverstän­digengruppen geprüft, der Sachverständigengruppe für Strahlenschutz und Abfallentsor­gung gemäß Artikel 31 des Euratom-Vertrags3 sowie dem Wissenschaftlichen Aus­schuss "Gesundheit, Umwelt und neu auftretende Risiken"4 für Umweltauswirkungen. Alle drei Beiträge werden in die Entscheidungsfindung der Kommission einfließen, schließen jedoch Kernenergie nicht kategorisch aus.

Bis Ende des Jahres 2021 will die EU-Kommission nunmehr in einem delegierten Rechtsakt, der sogenannten Taxonomie,5 definieren, ob Atomkraft als nachhaltige und umweltfreundliche Energiequelle zu gelten hat. Der Akt soll in Folge am 1. Jänner 2023 offiziell in Kraft treten. Kommissionspräsidentin von der Leyen, die sich sonst gerne als grüne Politikerin inszeniert, lässt bereits aufhorchen: „Wir brauchen für den Übergang auch Nuklearenergie und Gas als stabile Energiequelle“6.

Aus einem Gutachten7 der Kanzlei „Redeker Sellner Dahs“ zu den rechtlichen Aspekten des Vorgehens der Europäischen Kommission und einer allfälligen Einstufung der Kern­energie als nachhaltig im Sinne der Taxonomie-Verordnung, geht jedoch klar hervor, dass die Kernenergie auch aus rechtlicher Sicht nicht den Anforderungen der Taxono­mie-Verordnung entspricht. Konkret führt das Gutachten folgende Kritikpunkte an:

•     In der Taxonomie-Verordnung ist Kernenergie in der Liste jener Tätigkeiten, die ei­nen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten, gar nicht enthalten.

•     Kernenergie kann im Sinne der Taxonomie-Verordnung weder als „ökologisch nach­haltige Wirtschaftstätigkeit“ noch als „Übergangstätigkeit“ angesehen werden. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wurde der ursprünglich neben Erneuerbaren Energien angeführte Punkt „klimaneutrale Energie (inklusive CO-neutrale Energie) ersatzlos gestrichen.

•     Mangelnde Widerstandsfähigkeit der Kernenergie gegenüber Auswirkungen des Kli­mawandels.

•     Massive Umweltrisiken der Atomkraft, die den Nachhaltigkeitskriterien der Taxono­mie-Verordnung entgegenstehen, sowohl durch den Uranabbau, als auch während des Betriebs durch die Gefahr schwerer Unfälle und auch in der Endlagerung von hochradioaktivem Atommüll.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 186

•     Jeder Rechtsakt, der auf der Grundlage der Taxonomie-Verordnung erlassen wird und die Kernenergie irgendwie in die europäische Taxonomie einbezieht, wäre vor den EU-Gerichten anfechtbar.

Es stimmt: Atomstrom verursacht keine unmittelbaren Emissionen. Es gibt aber zahlrei­che Argumente, die gegen die Kernenergie sprechen: Die Errichtung von Kernkraftwer­ken ist enorm kostenintensiv, ohne staatliche Subventionen sind sie nicht rentabel. Kern­energie ist zudem im Vergleich zu erneuerbaren Energiequellen teuer, der Bau neuer Kraftwerke dauert Jahre. Experten halten Atomkraft deshalb für nicht wirtschaftlich. Die Frage, wo strahlender Atommüll gelagert werden soll, bleibt nach wie vor ungeklärt.

Die Weichen für große Finanzströme Richtung Atomenergie zu stellen, ist daher nicht nur vor dem Hintergrund der immanenten Gefahr eines Reaktorunglücks unverantwort­lich gegenüber nachkommenden Generationen. Mehr Klimaschutz, darf nicht mehr Atomstrom bedeuten. Ein „grünes Mascherl“ für Atomenergie ist entschieden abzuleh­nen. Die österreichische Bevölkerung hat die Stromgewinnung mittels Kernkraftwerken zudem schon vor Jahrzehnten entschieden abgelehnt. Seit der Katastrophe von Tscher­nobyl 1986 ist die Anti-Atom-Politik gesellschaftlicher und auch parteipolitisch einhelliger Konsens. Einen Antrag auf Stellungnahme zur Festigung dieser Anti-Atom-Haltung, in dem gefordert wurde, dass Österreich dem nationalen Anti-Atom-Konsens treu bleibt und EU-Standards, die Atomenergie als nachhaltig einstufen, konsequent ablehnt, wur­den im EU-Hauptausschuss des Nationalrats dennoch nur von den Oppositionsfrak­tionen SPÖ, FPÖ und NEOS unterstützt. Er blieb in der Minderheit, da ihn die Regie­rungsparteien ÖVP und Grüne ablehnten.8

Gegen technische Regulierungsstandards bzw. technische Durchführungsstandards, die Rechtsakte auf zweiter Ebene sind, wohingegen EU-Verordnungen und EU-Richt­linien Rechtsakte auf Ebene 1 darstellen, können zuständige Behörden mit der Nichtig­keitsklage gemäß Art. 263 AEUV vorgehen. Die in diesem Artikel vorgesehenen Klagen sind binnen zwei Monaten zu erheben, weshalb es gilt sich entsprechend vorzubereiten. Zudem besteht die Möglichkeit des einstweiligen Rechtsschutzes nach Art. 278 und 279 AEUV.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, mittels Nichtigkeitsklage gem. Art. 263 AEUV die Einstufung der Kernenergie als nachhaltige und umweltfreundliche Energiequelle zu verhindern und gem. Art. 278 iVm Art. 279 AEUV die Aussetzung der Durchführung der angefochtenen Handlung zu beantragen. Über den Verlauf des Verfahrens und der dafür notwendigen Vorbereitungshandlungen soll dem Nationalrat quartalsmäßig Bericht er­stattet werden.“

1     https://ec.europa.eu/info/business-economy-euro/banking-and-finance/sustainable-finance/eu-taxonomy-sustainable-activities_de

2     https://ec.europa.eu/info/file/210329-jrc-report-nuclear-energy-assessment_de

3     https://ec.europa.eu/energy/topics/nuclear-energy/radiation-protection/scientific-seminars-and-publications/group-experts_en

4     https://ec.europa.eu/health/scientific_committees/scheer_en

5     https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/LSU/?uri=CELEX:32020R0852

6     https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/wirtschaft/international/2129430-Strahlend-gruene-Zukunft.html


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 187

7     https://www.bmk.gv.at/dam/jcr:3da651b9-0085-4aaa-bb2f-a5308956efba/Redeker-Sellner-Dahs_Zsf-Kernenergie-Taxonomie-Verordnung.pdf

8     www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2021/PK1451/

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager. – Bitte.


17.07.16

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Es ist schon span­nend: Wir haben heute einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen, denn, ich glaube, die Antiatomkoalition geht in Österreich über alle Parteigrenzen hinweg – Gott sei Dank.

Was aber nun dieser Entschließungsantrag soll, das verstehe ich nicht ganz. Wenn Sie es wirklich ernst meinen würden, wären Sie vorher damit zu uns gekommen. Noch dazu, glaube ich, werden wir in der gesamten Europäischen Union kaum eine bessere Ver­fechterin von Antiatompolitik finden als unsere Bundesministerin, von daher brauchen wir sie also nicht extra dazu aufzufordern. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grü­nen.)

Geschätzte Damen und Herren, das große Problem aber, diese Umstellung unseres Energiesektors – raus aus den kalorischen Technologien hin zu erneuerbaren – stellt uns natürlich europaweit vor große Herausforderungen, unser Energiesystem umzubau­en. Nur: Atom kann nicht die Antwort sein.

Es kann doch nicht das Ziel sein, wenn Freitag für Freitag europaweit die Jugendlichen für eine Energiewende demonstrieren, dass am Ende Atomstrom rauskommt. Es kann doch nicht das Ziel gewesen sein, wenn wir in Österreich ein Volksbegehren für den Klimaschutz haben, das fast 500 000 Leute unterschrieben haben, dass am Ende des Tages Atomstrom rauskommt.

Das heißt, dagegen müssen wir auftreten, wir müssen aber auch schauen: Wie können wir unsere Energienetze entsprechend stabilisieren? Wie können wir mit den erneuer­baren Energien die richtige Antwort geben? (Abg. Deimek: ... die Lösung ...!) Das heißt, wir müssen noch stärker mit den regenerativen Energien arbeiten, den Ausbau voran­bringen. Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz ist jetzt in der Ratifizierung in Brüssel. Wir sollten relativ bald auch Verordnungen bekommen, wir müssen da Tempo bekommen. Wir müssen dann bei der Umsetzung der Projekte – und da betrifft es dann die einzelnen Bundesländer, die einzelnen Gemeinden – wirklich auch die Probe bestehen, dass wir Projekte umsetzen, entsprechend arbeiten, sodass erneuerbare Energie auch produziert wird und wir das entsprechend voranbringen.

Ich glaube aber, der Konsens, gegen Atompolitik in Europa aufzustehen, ist ganz, ganz wichtig – auch zu zeigen: Wie geht es anders? Wie können wir auch Wertschöpfung halten? Atomstrom ist eine der teuersten Energieformen. Da braucht noch gar nichts zu passieren, ist das schon teuer genug. Auch da können wir also mit erneuerbarer Energie in Österreich viel erreichen. Wir sind Vorreiter in Europa, wir müssen diesen Weg weiter beschreiten und bestens darstellen.

Das Einzige, was wir in den nächsten Tagen wollen, sind strahlende Kinderaugen wegen des Christkinds und beim Christbaum, aber sonst brauchen wir keine strahlende Zukunft. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

17.10



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 188

Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Gewessler zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.


17.10.16

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Österreich tritt gegen jede Form von Atomreaktoren zur Stromerzeugung auf. Wir machen dabei keinen Unterschied, ob die groß, klein, alt, neu oder wie auch immer angefärbt sind. In diesem Sinne begrüße ich es wirklich sehr, dass heute dieser von allen Parteien getragene Entschließungsantrag zustande gekommen ist. Das ist wirklich eine wertvolle Unterstützung für die Arbeit, die wir in den unterschied­lichen europäischen Räten gerade machen – in diesen Stunden der Herr Bundeskanzler im Europäischen Rat, ich am Montag wieder im Umweltrat. Das ist ein beständiges The­ma unserer europäischen Politik, und es gibt eine Konstante dabei, das ist die Anti­atompolitik, und diese vertreten wir in allen Formationen mit großer Energie und mit gro­ßer Überzeugung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben es auch gestern intensiv diskutiert, deshalb nur kurz noch einmal zum Kern dieses Antrages: Ich glaube, wir alle hier sind uns darüber einig, dass Kernkraft keine Antwort auf die Klimakrise, kein Beitrag zum Klimaschutz ist. Im Ministerium verfolgen wir die Entwicklungen auf dem Gebiet der Kernenergie dennoch sehr genau, auch um uns immer in die Lage zu versetzen, wissenschaftsbasiert und schnell adäquat auf die neuesten Ideen der Atomlobby reagieren zu können.

Die SMRs, also die Small Modular Reactors, sind zwar gerade wieder sehr modern, en vogue, wie auch Kollege Litschauer ausgeführt hat, aber beileibe keine neue Idee. Das sind lediglich kleinere Ausführungen von bestehenden Reaktorkonzepten, also nicht et­was, was gänzlich neue Konzepte zur Grundlage hätte. Nach wie vor lösen sie nicht die bestehenden Probleme, und besonders amüsant daran ist, dass diese Konzepte nach wie vor nur auf dem Papier bestehen. Diese Konzepte bestehen seit mehr als 40 Jahren nur auf dem Papier. Es gibt Versuchsreaktoren, die zum Teil nach sehr, sehr kurzer Zeit stillgelegt werden. Kein einziges der Konzepte dieser kleinen modularen Reaktoren hat es zur Marktreife geschafft, und auch wenn uns die Atomlobby jetzt etwas anderes er­zählen will, ist das schlicht und ergreifend für die Zukunft nicht absehbar.

Österreich lehnt diese Entwicklung, Atomkraft als Klimaschutztechnologie grünwaschen zu wollen, aber auch deswegen ab, weil sie deutlich zu spät käme, um einen Beitrag gegen die Klimakrise zu leisten. Selbst die ehrgeizigsten Entwickler, die aus irgendwel­chen Gründen noch daran glauben mögen, sprechen davon, dass es Prototypen dieser kleinen modularen Reaktoren frühestens in zehn Jahren geben könnte. Klimaschutz brauchen wir aber nicht frühestens in zehn Jahren, Klimaschutz brauchen wir jetzt und sofort, hier und heute, und auch aus diesem Grund ist die Atomenergie keine Lösung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir setzen uns auf europäischer wie auf internationaler Ebene dafür ein, dass Gelder nur noch für die Sicherheit, für die Nichtweiterverbreitung im Sinne des Terrorschutzes verwendet werden können. Aktuell – das war gestern auch Anlass zur Aktuellen Stunde, aber gerade auch Diskussionsthema in der EU – geht es natürlich auch massiv um die Taxonomie, also um die Frage, ob eine Einstufung der Kernkraft als nachhaltige grüne Investition stattfinden kann.

Ich beziehe mich jetzt auf den Antrag: Wir haben – das habe ich gestern hier erwähnt – ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, das uns die rechtliche Argumentation und Basis für eine mögliche Klage genau darlegt. Das ist begründet in der juristischen Natur der Taxonomieverordnung selbst, die ausschließt, dass die Nuklearenergie unter diese Taxonomieverordnung subsumiert wird. Ich habe es hier schon gesagt und ich habe es


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 189

auch schon öffentlich gesagt: dass wir dann, wenn die Kommission sich dazu entschlie­ßen sollte, die Kernkraft tatsächlich aufzunehmen, rechtliche Schritte auf Basis dieser Analyse, auf Basis dieses fundierten Gutachtens einleiten werden.

Ich kann Ihnen versichern, der österreichische Kampf gegen die Atomkraft in einer star­ken europäischen Allianz geht weiter. Danke für Ihre Unterstützung heute mit diesem gemeinsam getragenen Antrag! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.15


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter An­dreas Kollross. – Bitte.


17.15.16

Abgeordneter Andreas Kollross (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Zu diesem Thema ist schon sehr viel gesagt worden. Ich glaube, was wir unumwunden feststellen können, ist, dass die Atom­lobby hinsichtlich des Klimawandels beziehungsweise des Klimaschutzes und der Ener­giewende ein Stück weit Morgenluft wittert und glaubt, die Atomkraft in dieser Debatte eben wieder in den Mittelpunkt rücken zu können.

Deshalb glaube ich, dass es umso wichtiger ist, dass es von diesem Hohen Haus mit diesem Antrag und auch mit der gestrigen Aktuellen Stunde ein klares Signal dafür gibt, dass Österreich wirklich eine klare und über alle Parteigrenzen hinweg negative Haltung zur Atomkraft hat. Ich glaube aber, dass es genauso wichtig ist – Frau Ministerin, Sie haben es angesprochen –, dass man sich die Entwicklung auf europäischer Ebene an­sieht.

Wir alle wissen, dass die EU-Kommission in den nächsten Tagen eine Entscheidung darüber treffen wird, ob Atomenergie in einer nachhaltigen Kategorie bewertet wird und ob Atomenergie deshalb in Zukunft in diesem Bereich Fördermittel bekommt oder nicht. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir als österreichisches Parlament dem vor allen Dingen in Europa und international klar entgegentreten und dass Atomenergie auf kei­nen Fall als nachhaltige Form der Energiegewinnung betrachtet werden kann. Wir alle wissen, dass viele Fragen in diesem Bereich nach wie vor nicht gelöst sind. Die gesamte Debatte der Sicherheit ist nicht gelöst, und vor allen Dingen ist die Frage der Endlage­rung nicht gelöst; man kann sie auch nicht lösen – ich glaube, auch darüber sind wir uns alle einig. Das ist und bleibt eine tickende Zeitbombe, und deshalb muss man sich klar und deutlich gegen die Atomenergie aussprechen. (Beifall bei der SPÖ.)

Des Weiteren geht es aber zum Beispiel auch um die Miniatomkraftwerke. Wenn man sich die momentane Situation anschaut, dann sieht man, es gibt ein bisschen mehr als 400 Atomkraftwerke auf der Welt, die circa 10 Prozent zur Stromproduktion beitragen. Ist man jetzt der Meinung, dass man das ein Stück weit mit kleineren Atomreaktoren bewerkstelligen will, dann muss man sich nur vergegenwärtigen, was das bedeutet. Das bedeutet, dass Mini-AKWs in Wirklichkeit und im wahrsten Sinne des Wortes hinkünftig wie die Schwammerl aus dem Boden wachsen würden, weil man natürlich Tausende Mini-AKWs braucht, um da gegensteuern zu können. Das bedeutet natürlich auch, dass man in dieser Debatte in Wirklichkeit die Frage der Endlagerung noch ein weiteres Mal verstärkt.

Ich glaube auch, dass es wichtig ist – Kollege Litschauer hat es auch gesagt –, dass wir uns Folgendes immer wieder vergegenwärtigen: Die sogenannte zivile Nutzung der Kernkraft steht unmittelbar in Verbindung mit der militärischen Nutzung der Kernkraft. Überall dort, wo Atomreaktoren stehen – das wissen wir doch auch –, sind in Wirklichkeit die Atombomben beheimatet. Und wenn wir nicht nur eine atomkraftwerkfreie Welt ha­ben wollen, sondern auch die Vision haben, dass wir eigentlich auch gerne in einer atom­waffenfreien Welt leben würden, dann, glaube ich, ist es umso wichtiger, dass für uns


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 190

klar ist, dass die Anzahl der 13 000 Atombomben, die es gibt, reduziert gehört und diese beseitigt werden sollen und dass es eine atomwaffenfreie Welt nur in einer atomenergie­freien Welt geben kann. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.19


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Nikolaus Berlakovich zu Wort. – Bitte.


17.19.44

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Wir haben die Atomkraft gestern diskutiert, wir diskutieren sie auch heute. Das ist auch gut und richtig so, denn die dynamischen Entscheidungspro­zesse auf europäischer Ebene machen es notwendig, dass wir diesen Schulterschluss hier einmal mehr unterstreichen. Es ist gut, dass wir hier im Parlament einer Meinung sind und gegen Atomkraft auftreten. Es ist wichtig, dass es die Unterstützung der Bun­desministerin gibt, und auch unser Bundeskanzler Karl Nehammer ist gerade aktiv dabei, sich gegen Atomkraft zu positionieren. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Er hat sich aktuell am Gipfel der Staats- und Regierungschefs aus österreichischer Sicht klar gegen die Nut­zung der Atomkraft ausgesprochen, dass nämlich Atomkraft kein grünes Pickerl bekom­men soll. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Bundeskanzler Karl Nehammer sagt im Zusammenhang damit, es kann kein Green­washing geben, also kein ökologisches Darstellen der Atomkraft als etwas Nachhaltiges. Das dokumentiert den Schulterschluss zwischen Bundeskanzler, Umweltministerin und Hohem Haus. Dieser Kampf ist aber noch nicht gewonnen, wichtig ist die Positionierung.

Ich möchte zwei Aspekte erwähnen, die bisher noch nicht erwähnt wurden, und zwar die Schäden, die entstehen, und die Haftung. Es gibt Schätzungen, dass Tschernobyl einen Schaden von ungefähr 200 Milliarden Dollar verursacht hat, Fukushima, der Super-GAU, 260 Milliarden Dollar. Es stellt sich die Frage: Wer bezahlt das? Die internationalen Atomhaftungsregeln kennen Obergrenzen, und es haften nur der Betreiber und keine anderen Verursacher. Das österreichische Atomhaftungsrecht ist viel schärfer, weil es sagt, es haften der Betreiber und andere Verursacher viel mehr.

Daher tritt Österreich auch dafür ein, dass jemand, der ein Atomkraftwerk betreibt, dann, wenn etwas passiert, auch für die Schäden haften muss – und nicht die Allgemeinheit oder der Staat. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt, denn Sie sehen anhand dieser Sum­men – 260 Milliarden Dollar –, dass das aberwitzig ist. Es kann nicht sein, dass der Staat dann dafür aufkommt, wenn etwas passiert. Und dann erklären dieselben Leute, Atom­kraft ist nicht gefährlich und verursacht keine großen Kosten.

Wenn jetzt die Idee von Miniatomkraftwerken auftaucht, ist das ein bisschen der Ver­such, das etwas drollig darzustellen: Das ist klein und nett und nicht gefährlich. Aber auch ein kleines Atomkraftwerk braucht Sicherheit und Kontrollen. Gerade wenn ich viele kleine Atomkraftwerke verteilt habe, stellt sich die Frage: Wie garantiere ich dort die Sicherheit, auch die militärische Sicherheit, und wie sammle ich den hochradioaktiven Müll? Wie sammle ich ihn zusammen und wo deponiere ich ihn? Dabei sind also viele, viele Fragen ungeklärt. Und auch wenn es vielleicht nett klingt: Es ist nicht nett und es ist vielleicht sogar noch eine Spur gefährlicher, als ein Atomkraftwerk ohnedies schon ist.

Damit komme ich zum zweiten Punkt, der Frage der Endlagerung des Atommülls. Es gibt eine lange Liste von Lagern in Europa und in der Welt, die aber alle nur schwach- und mittelaktiven Atommüll lagern, der zum Beispiel aus der medizinischen Betreuung kommt. Ein Endlager für hochradioaktiven Müll gibt es nirgendwo auf der Welt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 191

Das zeigt schon, wie unsicher diese Technologie ist, weil wesentliche Dinge ungeklärt sind: hochradioaktiver Müll, kein Endlager – wird der irgendwo zwischengelagert? – Das kann keine Lösung sein. In diesem Sinne treten wir gegen Atomkraft auf.

Ich darf abschließend sagen, dass wir ja das Potenzial haben: In Österreich heizen mehr als die Hälfte der Haushalte mit Holz. Wenn man die Holzgewinnung, die Wärme- und Stromgewinnung aus dem in Österreich verheizten Holz zusammenzählt, macht das den Wert von 39 Atomkraftwerken aus. Das Holz, das in Österreich für Wärme- und Strom­gewinnung verheizt wird, ersetzt 39 Atomkraftwerke! Na, wenn das kein Aspekt ist, auf erneuerbare Energien, Holz, Wind, Fotovoltaik, zu setzen? Diese Dynamik wollen wir vorantreiben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.24


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Rudolf Silvan zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.


17.24.18

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Es ist ein Allparteienantrag, ein Tagesordnungspunkt, bei dem sich alle Parteien einig sind. Es gibt eine eindeutige Absage aus diesem Haus an die Kernkraft – egal in welcher Form, ob der Betrieb von alten Kernkraftwerken ver­längert werden soll oder ob für Mini-AKWs lobbyiert werden soll.

Das deutsche Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung hat in einem Gut­achten Folgendes zu Mini-AKWs festgehalten: „Gegenüber Atomkraftwerken mit großer Leistung könnten“ zwar einzelne Mini-AKWs „potenziell sicherheitstechnische Vorteile erzielen, da sie ein [...] geringeres radioaktives Inventar pro Reaktor aufweisen. Die hohe Anzahl“ – wie mein Kollege Kollross schon ausgeführt hat – „an Reaktoren, die für die gleiche Produktionsmenge an elektrischer Leistung notwendig ist, erhöht das Risiko je­doch wiederum um ein Vielfaches.“ – Ich glaube, dem ist nichts hinzuzufügen.

Wir haben gestern auch schon darüber diskutiert, dass die Atomlobby mit allen Tricks versucht, Kernkraft als nachhaltig zu deklarieren, weil sie doch angeblich klimaneutral sei. Sie haben aber schon ausgeführt, Frau Bundesministerin: Atomstrom ist keine Lö­sung im Kampf gegen den Klimawandel.

Wir müssen allerdings, glaube ich, unsere Ziele international auch mehr bewerben, denn der belgische Parteivorsitzende der Liberalen – immerhin eine Regierungspartei – hat zum Beispiel Österreich für seine Haltung kritisiert, da wir einerseits europaweit gegen Atomstrom auftreten und auf der anderen Seite jedoch Atomstrom aus Tschechien be­ziehen. Natürlich wissen wir hier in diesem Haus, dass wir bis 2030 den völligen Ausstieg aus der fossilen Energie anstreben. Ich glaube, das sollte man auch international mehr bewerben und mehr kommunizieren, denn sonst würde unsere Glaubwürdigkeit ge­schwächt.

Ein Problem haben wir noch in Österreich, nämlich das Problem mit dem Atommüll. Man muss ehrlich sagen, es ist gegenüber anderen Ländern ein kleineres: Im niederöster­reichischen Seibersdorf lagern rund 12 000 Fässer mit je 200 Liter Fassungsvermögen mit Abfällen aus Industrie, Forschung und Medizin. Auch dafür sollte man eine dauer­hafte Lösung finden.

Sehr geehrte Frau Bundesminister, wir unterstützen Sie im Kampf gegen die Atomlobby. Wir müssen aber auch unsere Hausaufgaben machen, um nicht die Glaubwürdigkeit zu verlieren. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.26


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Joachim Schnabel zu Wort. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 192

17.26.51

Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministe­rin! Geschätzte Frau Ministerin für Justiz! Die Mini-AKWs sind mehr oder weniger nur eine Verniedlichung der Form der Energiegewinnung aus Atomkraft, und diese gilt es ganz klar abzulehnen. Dieser Allparteienantrag unterstreicht die österreichische Position ganz klar.

Die Atomkraft macht im Energiesektor nur mehr 3 Prozent der globalen Energiegewin­nung aus, und es ist eigentlich verwunderlich, dass wir uns mit diesem geringen Anteil dieses Sektors so intensiv beschäftigen müssen. Die Investitionskosten für den Atom­strom und für die Atomkraftwerke sind immens, die von der Atomlobby genannten Kos­tenrahmen werden nie eingehalten und dieser Bereich muss massiv staatlich subven­tioniert werden. Das Gleiche kann man sinngemäß auch für diese neuen Mini-AKWs sagen.

Die Atomkraft ist eben keine Technologie für die Gegenwart und auch keine für die Zu­kunft, denn alle offenen Punkte, die es jetzt schon gibt, bleiben: kein Endlager, die Ge­fahr von Austritt von radioaktiven Strahlungen bis hin zu Terroranschlägen – all das sind Probleme, die wir nicht haben wollen.

Die Lösung ist, auf erneuerbare Energien zu setzen, die wesentlich günstiger bei der Investition sind, die wesentlich schneller eingesetzt werden können und die wesentlich besser zum Klimaschutz beitragen.

Wir brauchen aber auch eine Alternative im hochenergetischen Bereich und diese bietet der Wasserstoff. Deswegen ist es wichtig, auch in diesen Bereich zu investieren und die Wasserstoffstrategie auf den Weg zu schicken, um Ausgleichsmaßnahmen für Strom­schwankungen und auch die Technologie zu haben, um Strom speichern zu können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.28


17.28.45

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Bevor ich nun zu den Abstimmungen komme, frage ich die Fraktionen, ob wir gleich fortfahren können? – Es wird mir Zustimmung signalisiert; dann gehe ich auch so vor.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1266 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „vehementes Eintreten gegen Mini-AKWs (SMRs) und Generation IV Nukleartechnologien auf EU-Ebene“.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig ange­nommen. (232/E)

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Walter Rauch, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „dringende Notwehrmaßnahmen gegen EU-Atomstrom-Verordnung“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

17.30.02Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 19 bis 24


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Finanzausschusses, die ich über jeden Tagesordnungspunkt getrennt vor­nehme.

Ich denke, ich brauche nicht zu fragen, ob wir die Sitzung unterbrechen sollen, das ist nicht erforderlich.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 193

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 19: Entwurf betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Schwarmfinanzierung-Vollzugsgesetz erlassen und das Kapitalmarktgesetz 2019, das Alternativfinanzierungsgesetz, das Finanzmarktauf­sichtsbehördengesetz und das Konsumentenschutzgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 1165 der Beilagen.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer spricht sich dafür aus? – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit ange­nommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 20: Entwurf betreffend Fiskalrat- und Produkti­vitätsratgesetz 2021 samt Titel und Eingang in 1166 der Beilagen.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer spricht sich dafür aus? – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit ange­nommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 21:

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1183 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungsantrages 2029/A(E) zur Kennt­nis zu nehmen.

Wer ist für diese Kenntnisnahme? – Das ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1183 der Beila­gen angeschlossene Entschließung betreffend „Erweiterung der Spendenabsetzbar­keit“.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen. (231/E)

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 22: Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1184 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für die Kenntnisnahme? – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 23: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuerge­setz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994 sowie weitere Gesetze geändert werden, in 1185 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Matz­netter, Kolleginnen und Kollegen, ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Kopf, Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen und ein Zusatz- bezie­hungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Fuchs, Kolleginnen und Kollegen vor.

Weiters liegen ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Doppelbauer und ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Krainer vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abän­derungsanträgen sowie von den Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Tei­le – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 194

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Art. 1 Z 1 in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Wer sich hierfür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so ange­nommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Art. 1 Z 2 in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig so ange­nommen.

Die Abgeordneten Kopf, Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz­antrag betreffend Einfügung einer Ziffer 2a in Artikel 1 eingebracht.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig so ange­nommen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über Art. 1 Z 4 lit. a in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist auch einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Fuchs, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungs­weise Abänderungsantrag betreffend Einfügung einer neuen Litera b in Ziffer 4 des Arti­kels 1 sowie die daraus resultierende Änderung der Buchstabenbezeichnung einge­bracht.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Die Abgeordneten Kopf, Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Einfügung einer neuen Litera b in Zif­fer 4 des Artikels 1 sowie die daraus resultierende Änderung der Buchstabenbezeich­nung eingebracht.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ein­stimmig angenommen.

Die Abgeordneten Kopf, Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungsantrag betreffend Änderung der Novellierungsanordnung der Ziffer 4 Litera c in Artikel 1 eingebracht.

Wer dem seine Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über Art. 1 Z 4 lit. c Z 377 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so an­genommen.

Die Abgeordneten Kopf, Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungsantrag betreffend Änderung der Ziffer 378 in Ziffer 4 Litera c Artikel 1 einge­bracht.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig ange­nommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Art. 1 Z 4 lit. c Z 380 und 381 in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 195

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über Art. 1 Z 4 lit. c Z 382 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist ein­stimmig angenommen.

Die Abgeordneten Matznetter, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- bezie­hungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 3 eingebracht.

Wer sich hiefür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung über die Artikel 14 und 15 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dem seine Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer die Zustimmung in dritter Lesung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetz­entwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 24: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz, das Garantiegesetz 1977, das ABBAG-Gesetz und die Bundesabgabenordnung geändert werden, in 1186 der Bei­lagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Kopf, Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Fuchs vor.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsantrag sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Kopf, Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungsantrag betreffend Artikel 1 und 2 eingebracht.

Wer diesem zustimmt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehr­heit angenommen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über Art. 3 Z 1 und 2 in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Kopf, Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Einfügung neuer Ziffern 3 und 4 in Artikel 3 und die daraus resultierende Umnummerierung eingebracht.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 196

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über die ursprüngliche Ziffer 3 in Artikel 3 in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung der soeben beschlosse­nen Umnummerierung.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Wer stimmt diesen zu? – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung des Gesetzentwurfes.

Wer ist dafür? – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenom­men.

17.40.0531. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1177 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem ein Sterbeverfügungsgesetz erlassen wird sowie das Suchtmittel­gesetz und das Strafgesetzbuch geändert werden (1255 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 31. Punkt der Tagesordnung, zu dem ich Frau Bundesministerin Alma Zadić recht herzlich im Hohen Haus begrüße. Es ist nämlich ein Bericht des Justizausschusses.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erster Redner gelangt Herr Abgeordneter Harald Stefan zu Wort. – Bitte, Herr Abge­ordneter.


17.40.50

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sprechen heute über das sogenannte Sterbeverfügungsgesetz. Wir müssen im Parlament reagieren, weil der Ver­fassungsgerichtshof das Verbot der Beihilfe zum Selbstmord aufgehoben hat und eine Frist bis zum Ende dieses Jahres gesetzt hat. Ich schicke voraus, dass ich persönlich nicht die Meinung des Verfassungsgerichtshofes teile, aber selbstverständlich die Ent­scheidung anerkenne.

Unangenehm ist, dass wir diesen Gesetzentwurf sehr kurzfristig vorgelegt bekommen haben. Ich gehe davon aus – und so wurde es uns auch gesagt –, dass dem eine längere Diskussion vorausgegangen ist, allerdings eben nicht wirklich in der Öffentlichkeit, son­dern wir haben nur eine Begutachtungsfrist von gerade einmal drei Wochen für ein der­artig heikles Thema gehabt. Es sind in diesen drei Wochen immerhin 139 Stellungnah­men eingegangen, die aber so gut wie gar nicht berücksichtigt wurden. Dieser Zeitdruck ist natürlich in Anbetracht der gesellschaftspolitischen Tragweite dieser Entscheidung jedenfalls nachteilig.

Ich anerkenne als positiv, dass es vonseiten des Justizministeriums Bemühungen gab, möglichst ausgleichend eine Entscheidung zu treffen, denn es gibt da ganz widerstrei­tende Interessen. Das anerkenne ich.

Weiters als positiv zu bewerten ist, dass dieser Gesetzentwurf mit einer Einschränkung auf volljährige und entscheidungsfähige Personen und auf kranke Personen vorgelegt


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 197

wird. Unklar ist allerdings, was der Begriff unheilbar krank bedeutet. Das lässt den ent­scheidenden Ärzten doch einen weiten Interpretationsspielraum, und das ist, wie wir wis­sen, auch immer eine Bürde. Außerdem ist es halt auch ein Unsicherheitsfaktor.

Positiv ist weiters, dass es eine verpflichtende Aufklärung durch zwei Ärzte gibt, bevor dann der eigentliche Vorgang eintreten kann. Da wären wir allerdings dafür, dass einer dieser Ärzte aus dem Fachbereich der Psychiatrie kommt. Auch die Frist von zwölf Wo­chen zwischen der Aufklärung und der eigentlichen Selbsttötung erscheint uns als zu kurz. Wir wären auch dafür, dass es eine weitere Aufklärung gibt.

Jetzt komme ich aber zu den eigentlichen Kritikpunkten. Es beginnt damit, dass ich der Meinung bin, dass der Begriff Sterbeverfügung missverständlich ist und es richtiger Sui­ziderklärung heißen sollte.

Zweiter Kritikpunkt, daran anknüpfend: Die „sterbewillige Person“, wie es im Gesetz heißt, müsste eigentlich suizidwillige Person heißen, denn nicht alle Sterbewilligen – und das wissen vor allem die Palliativmediziner – oder sogar die wenigsten Sterbewilligen sind suizidwillig. Also das ist missverständlich.

Es wird ja jetzt der § 78 Strafgesetzbuch – der wurde nämlich vom Verfassungsgerichts­hof aufgehoben – neu geregelt. Darin ist jetzt nur festgehalten, dass man nur strafbar ist, wenn man diese Beihilfe aus verwerflichen Gründen leistet, wenn es sich um einen Minderjährigen handelt, wenn die sterbewillige Person nicht an einer entsprechenden Krankheit litt oder nicht entsprechend aufgeklärt war. Die Sterbeverfügung oder, wie ich sagen würde, Suiziderklärung ist ausdrücklich nicht im Gesetzentwurf vorgesehen, und das erscheint mir doch etwas eigenartig, weil es ja der Sinn des Gesetzentwurfes war, dass man das implementiert. Also das ist auch ein Kritikpunkt.

Besonders problematisch ist aus unserer Sicht, dass der eigentliche Vorgang der Selbst­tötung nicht detailliert geregelt ist. Das ist ein ganz extrem heikler Punkt. Man muss sich vorstellen, es ist ja keine geschulte Person, die dem Sterbewilligen, dem Suizidwilligen beisteht, sondern das ist irgendjemand, der darum gebeten wurde, der halt Ja gesagt hat. Was passiert aber beim Auftreten von unerwarteten Nebenwirkungen? Was pas­siert, wenn das Präparat nicht ausreichend wirkt, um letal zu sein? Wie ist das dann mit der Ersten Hilfe? Die Person darf ja dann keine Erste Hilfe leisten, weil sie ja eigentlich an einer Selbsttötung teilnehmen sollte. Was ist, wenn derjenige vielleicht verbal etwas äußert, bei dem man glaubt, man müsse ihm jetzt vielleicht helfen, weil er diesen Ein­druck vermittelt? Also es müsste klar geregelt sein, dass Erste-Hilfe-Maßnahmen dann einfach nicht gesetzt werden dürfen. Dieser psychische Druck muss aber entsetzlich sein.

Es gibt auch keine klaren Vorgaben, welche Meldepflichten die Personen, die mitwirken, haben, um klarzulegen, dass dieser Straftatbestand dann nicht erfüllt wird.

Die Dokumentation der Motive für den assistierten Suizid und die Meldepflicht der Durch­führung wären auch für die wissenschaftliche Aufarbeitung wichtig. Auch das ist nicht geregelt.

Ein weiterer Punkt, den wir sehr heikel finden: Was passiert mit dem tödlichen Präparat, das ausgegeben wird, wenn es nicht vollständig verwendet wird oder wenn vielleicht dieser Vorgang nicht durchgeführt wird? Das ist im Gesetzentwurf nicht geregelt. Die Apothekerkammer hat das übrigens auch in einer Stellungnahme kritisiert. Es ist ja im­merhin ein tödliches Präparat, das dann im Umlauf ist. Also da fehlt eine Regelung.

Letztendlich ist überhaupt nicht vorgesehen, dass jene Personen, die mitwirken, die also diese Beihilfe leisten, die ja, wie ich schon gesagt habe, unter einem ungeheuren psychi­schen Druck stehen – vor dem Vorgang, während des Vorgangs und auch danach –, betreut werden. An wen können sie sich wenden? Wem müssen sie berichten? Wer hilft


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 198

ihnen im Zweifelsfall – Polizei, Amtsarzt, wer auch immer? Sie werden in der Situation, in der sie diesem psychischen Druck ausgesetzt sind, vollkommen alleingelassen.

Ich möchte noch zusammenfassend sagen: Für uns ist entscheidend, dass auch in Zu­kunft – und das war ja ein wesentlicher Punkt, der aber auch bedacht wurde; ich aner­kenne das natürlich – leidende und beeinträchtigte Personen nicht unter Druck geraten, einen assistierten Suizid zu begehen, um nicht zur Last zu fallen – das ist ein ganz heik­ler Punkt –, und dass die Beihilfe zur Selbsttötung kein Geschäftsmodell wird. Das ist uns ganz wichtig.

Was noch dazukommt und was in Wahrheit entscheidend wäre, ist, dass die Palliativme­dizin entscheidend ausgebaut wird. Das ist zwar vorgesehen, aber leider noch nicht wirk­lich passiert.

Zusammenfassend: Dieser Gesetzentwurf lässt in einem so heiklen Bereich so viele Fra­gen offen, dass wir nicht zustimmen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

17.48


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer zu Wort. – Bitte.


17.48.09

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuse­her! Vor ungefähr einem Jahr hat der Verfassungsgerichtshof eine Entscheidung verkün­det, mit der er das ausnahmslose Verbot der Hilfeleistung zum Suizid aufgehoben hat. Er hat ausgesprochen, dass dieses ausnahmslose Verbot gegen das Recht auf freie Selbstbestimmung verstößt, und er hat entschieden, dass diese Bestimmung mit 31.12.
2021 außer Kraft treten wird. Gleichzeitig hat er auch gesagt, dass sichergestellt werden muss, dass es nicht zu einer missbräuchlichen Inanspruchnahme dieser Hilfeleistung kommen kann.

Um eine gute Lösung für dieses gesellschaftlich komplexe und bedeutende Thema zu finden, hat Justizministerin Alma Zadić einen einzigartigen Prozess gestartet, indem sie ein Dialogforum ins Leben gerufen hat. Dort haben zahlreiche ExpertInnen und Vertrete­rInnen unterschiedlicher Organisationen in einer geschützten Atmosphäre sehr kontro­versielle Positionen austauschen können. Aufbauend auf diesen Prozess ist dann etwas entstanden, das wirklich einzigartig in ganz Europa ist: Wir schaffen für sterbenskranke Menschen und für unheilbar kranke Menschen die Möglichkeit, auf eine würdevolle Wei­se ihr Leben selbst beenden zu können.

Bei der Erarbeitung dieses Gesetzes und auch davor habe ich viele, viele Gespräche mit unterschiedlichsten Menschen aus unterschiedlichsten Institutionen geführt. Fast in je­dem dieser Gespräche sind wieder neue Aspekte hervorgetreten, und all diese Aspekte, diese unterschiedlichen Standpunkte, Zugänge, Forderungen und Vorschläge haben wir sehr ernst genommen und mit in die Ausarbeitung dieses Gesetzes einbezogen.

Mit dem Sterbeverfügungsgesetz schaffen wir für schwer kranke und unheilbar kranke Menschen die Möglichkeit, ein Präparat zu beziehen, das sicher tödlich wirkt und das sie in einem Umfeld, das sie selbst wählen, einnehmen können, so wie es für sie am geeig­netsten erscheint; zum Beispiel auch zu Hause, wo die Menschen sind, die sie lieben und bei denen sie sich aufgehoben fühlen.

Gleichzeitig stellen wir auch sicher, dass die Gewissensfreiheit gewahrt wird, denn es ist vorgesehen, dass niemand zur Hilfeleistung gezwungen werden kann und, umgekehrt, dass auch niemandem ein Nachteil aus der von ihm getroffenen Entscheidung – ob er die Hilfe leisten möchte oder nicht – erwachsen kann.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 199

Wichtig dabei ist, dass es eine informierte und eine selbstbestimmte Entscheidung gibt, die die Grundlage für diesen Entschluss ist. Dafür haben wir vorgesehen, dass es zwei Aufklärungsgespräche mit unterschiedlichen Ärztinnen und Ärzten geben muss. Darin muss genau geklärt werden, woher dieser Suizidwunsch kommt und welche alternativen Möglichkeiten diesen Personen angeboten werden können. Erst danach kann man die Sterbeverfügung bei einer Notarin oder einem Notar oder bei der Patientenanwaltschaft abschließen.

Eine solche Regelung – und das zu betonen ist mir sehr wichtig – gibt es sonst nirgends. Ebenso wichtig ist mir gleichzeitig, dass erwähnt wird, dass wir auch die Mittel für die Suizidprävention ganz massiv aufstocken werden. Natürlich ist es gut, jetzt diese Mög­lichkeit zu haben, aber noch besser ist es, wenn man diesen Menschen einen Schritt davor helfen kann. Dafür ist die Suizidprävention ein ganz wesentliches Instrument. Des­halb wird es eine massive Aufstockung der Mittel dafür geben.

Genauso wichtig ist es uns aber, dass die Entscheidung frei getroffen werden kann, und frei kann ich eine Entscheidung nur dann treffen, wenn ich Alternativen habe. Deshalb braucht es auch den massiven flächendeckenden Ausbau der Palliativ- und Hospizver­sorgung. Diese wird kommen und beginnt ab dem nächsten Jahr. Es wird eine massive Aufstockung der Mittel geben, damit tatsächlich eine Entscheidung zwischen zwei Alter­nativen getroffen werden kann, die beide zur Verfügung stehen.

Ich möchte die Gelegenheit noch gerne nutzen, um mich bei allen zu bedanken, die bei der Gesetzwerdung mitgeholfen haben, allen voran bei der Frau Justizministerin, auch beim Gesundheitsminister und bei allen MitarbeiterInnen, die daran mitgewirkt haben. Genauso danke ich den MitarbeiterInnen bei uns im Klub und allen Menschen, die in diesem Prozess ihre wertvollen Beiträge in Gesprächen, in ganz langen und zahlreichen Gesprächen geliefert haben.

Nicht zuletzt möchte ich mich auch beim Koalitionspartner bedanken, denn ich denke, dass dieses Gesetz zeigt, dass man auch dann zusammen etwas Gutes schaffen kann, wenn man eigentlich doch Unterschiedliches will. Was uns zu diesem gemeinsamen Er­gebnis geführt hat, war, dass wir von Anfang an das gleiche Ziel hatten: eine gute Rege­lung im Sinne der Menschen, die sie brauchen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.53


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Selma Yildirim. – Bitte.


17.53.26

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema Sterbehilfe ist ein Thema, über das extrem kontrover­siell diskutiert wurde. Beinahe jedes Argument, egal ob für oder wider, hat etwas für sich und ist grundsätzlich nachvollziehbar. Ich kann Ihnen versichern, auch wir haben es uns bei der Entscheidungsfindung nicht einfach gemacht.

Über lange Zeit wurden Menschen, die schwer krank waren und gelitten haben, vom Gesetzgeber alleingelassen, und nicht nur diese selbst, sondern auch engste Angehöri­ge und Bezugspersonen, die ob des Leidens ihrer geliebten Menschen hin- und hergeris­sen waren und schier verzweifelt sind. Nun hat der Verfassungsgerichtshof eine weitrei­chende Entscheidung getroffen, das Verbot der Beihilfe zum Selbstmord wurde als ver­fassungswidrig erklärt.

Es bestand Handlungsbedarf. Wichtig ist, dass die Anstiftung zum Selbstmord sowie die Tötung auf Verlangen weiterhin strafbar bleiben. Auch Minderjährige und psychisch Kranke sind weiterhin geschützt.

In den letzten eineinhalb Jahren durfte ich Dutzende Gespräche führen und mich intensiv mit dem Thema auseinandersetzen. An dieser Stelle möchte ich mich ausdrücklich und


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 200

ganz herzlich bei meinen Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern bedanken, die sich die Zeit genommen haben, ihre Sorgen, ihre Bedenken zum Ausdruck zu bringen. Auch all jenen, die uns ihre Meinung schriftlich haben zukommen lassen, möchte ich an dieser Stelle danken. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Dabei hat sich eines gezeigt: Die Meinungen in Österreich zum sogenannten Sterbever­fügungsgesetz gehen sehr weit auseinander. Für uns Sozialdemokratinnen und Sozial­demokraten steht eines im Mittelpunkt: Jeder Mensch soll ein selbstbestimmtes Leben in Würde führen können. Am Ende des Lebens steht das Sterben. Auch das Sterben soll in Würde und selbstbestimmt erfolgen können. Beides sind für uns ganz zentrale Ansprü­che eines jeden Menschen.

Wenn es um ein Sterben in Würde geht, steht für uns der Ausbau von Hospiz- und Pallia­tivwesen an oberster Stelle. Es gibt viele hervorragende Einrichtungen, und dort passiert tagtäglich viel Gutes. Leider steht dieses Angebot aktuell nicht allen Menschen im Land zur Verfügung, daher ist ein flächendeckender Ausbau, Frau Ministerin, ganz dringend notwendig. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)

Der Bund hat den Ländern jedenfalls als ersten Schritt 150 Millionen Euro für den Aus­bau der Hospiz- und Palliativversorgung zur Verfügung zu stellen.

Letztlich gibt es aber auch Fälle, in welchen sich Menschen dafür entscheiden – auch das musste ich bei den vielen Gesprächen zur Kenntnis nehmen –, dem eigenen Leben ein Ende setzen zu wollen. Das ist von uns allen zu akzeptieren.

Es gab zahlreiche Bedenken, was den möglichen Missbrauch des Gesetzes angeht, Angst, dass Druck auf ältere oder beeinträchtigte Menschen ausgeübt werden könnte. Wir nehmen diese Bedenken sehr ernst. Missbrauch, muss man an dieser Stelle auch deutlich sagen, ist leider nie hundertprozentig auszuschließen. Daher werden wir ganz genau darauf achten müssen, wie sich die Umsetzung dieses Gesetzes entwickelt. Dafür haben Sie, verehrte Justizministerin, uns über die Fallzahlen und auch über die Schwie­rigkeiten zu informieren. Uns ist bewusst: Wir beschließen einen Paradigmenwechsel in Österreich. Das verpflichtet uns dazu, ganz genau zu beobachten, was die Konsequen­zen daraus sind.

In diesem Zusammenhang kann ich mir die Kritik an der ÖVP und an den Grünen nicht verkneifen. Diese richtet sich in erster Linie gegen den Prozess, wie dieses Gesetz zu­stande gekommen ist. Nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes war uns allen seit vielen Monaten klar, dass es eine Neuregelung braucht. Der Gesetzesvor­schlag wurde viel zu spät auf den Tisch gelegt, zu spät für eine ausführliche Begutach­tung, zu spät für eine breite, intensive gesellschaftliche Debatte zu einem so wichtigen und sensiblen Thema. (Beifall bei der SPÖ.)

Die schlussendliche Vorlage der Regierung orientiert sich jedoch am Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, und daher werden wir dieser Vorlage unsere Zustimmung er­teilen – für ein selbstbestimmtes Leben und Sterben in Würde! (Beifall bei der SPÖ.)

17.58


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Michaela Steinacker. – Bitte.


17.58.58

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Ja, wir muss­ten aufgrund der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes, die Beihilfe zum Suizid straffrei zu stellen, rechtliche Rahmenbedingungen schaffen – rechtliche Rahmenbedin­gungen, um den freien und selbstbestimmten Willensentschluss der Betroffenen recht­lich abzusichern und vor Missbrauch zu schützen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 201

Unser Ziel als Volkspartei war es, einen möglichst engen Rahmen zu setzen, weil uns der Schutz des Lebens unglaublich wichtig ist. Deswegen werden wir demnächst hier im Hohen Haus das Hospiz- und Palliativfondsgesetz beschließen, mit welchem wir helfen, zu ermöglichen, dass Menschen am Lebensende an der Hand begleitet werden. Mit einer Drittelfinanzierung zwischen Bund, Ländern und den Sozialversicherungsträgern werden wir in den nächsten Jahren 108 Millionen Euro aufstellen, damit ein würdevolles Sterben, begleitet von den liebsten Menschen, möglich wird.

Darüber hinaus muss man das Übel Suizid an der Wurzel packen. 2,5 Millionen Euro wird es jährlich zusätzlich für Suizidprävention und psychosoziale Gesundheit von Men­schen geben. Der diesbezügliche Ministerratsvortrag wurde gestern verabschiedet. Ganz wichtig ist: Er nimmt auch Bezug auf das Gesetz, das wir heute beschließen wer­den, denn es soll helfen, sicherzustellen, dass Menschen gar nicht in die Lage kommen, Suizid begehen zu wollen.

Zum Inhalt: Wir als ÖVP haben uns nicht mit all unseren Forderungen gegenüber oder in den Diskussionen mit unserem Koalitionspartner durchgesetzt. Es sind Punkte offen­geblieben, die wir lieber anders geregelt gehabt hätten.

Ich möchte an dieser Stelle aber ganz besonders all jenen Menschen und Organisa­tionen Dank sagen, die an dieser Gesetzwerdung mitgewirkt haben, nämlich im Rahmen des Dialogforums im Justizministerium, bei uns in den ÖVP-Themenklubs, die wir ab­gehalten haben, all jenen, die bei der Begutachtung mitgewirkt haben, und durch unzählige persönliche Gespräche, die auch ich führen durfte, durch Schreiben, die an mich herangetragen wurden, und auch in dieser kurzen Begutachtungszeit durch diese wertvollen Stellungnahmen, die wir erhalten haben.

Es ist uns als Mitgliedern des Justizausschusses und allen, die wir heute im Hohen Haus diese Regelungen verabschieden werden, das hohe Maß an Verantwortung, das wir tragen, bewusst. Straffreie Beihilfe zum Suizid können nur Personen erhalten, die unheil­bar oder schwerst krank und volljährig sind. Aus meiner Sicht sollte das die Ultima Ratio sein.

Den Prozess dafür haben wir sorgsam festgelegt. Zwei unabhängige Ärzte und ein Notar oder Patientenanwalt müssen den freien Sterbewillen und die Entscheidungsfähigkeit bestätigen und vor allem auch über Alternativen aufklären. – Das ist doch wichtig! Selbstmord kann doch nicht das Ziel eines Menschenlebens sein! Alternativen müssen aufgezeigt werden. Vor dem Selbstmord ist eine Bedenkzeit einzuhalten, je nach Zu­stand zwei oder zwölf Wochen.

Vor allem darf niemand gezwungen werden, diesen Weg zu gehen oder jemanden auf diesem Weg zu begleiten. Das werden wir jetzt mit einem Abänderungsantrag, den ich einbringen darf, insbesondere auch noch für die Apotheken sicherstellen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Magª. Agnes Sirkka Prammer, Kollegin­nen und Kollegen zur Regierungsvorlage 1177 der Beilagen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem ein Sterbeverfügungsgesetz erlassen wird sowie das Suchtmittelgesetz und das Strafgesetzbuch geändert werden, in der Fassung des Ausschussberich­tes 1255 der Beilagen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

„Die Regierungsvorlage wird in Artikel 1 wie folgt geändert:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 202

1. In § 2 Abs. 1 wird nach der Wendung „Hilfeleistung (§ 3 Z 4)“ die Wendung „ , wie etwa die Abgabe des Präparats (§ 3 Z 9) durch eine Apothekerin bzw. einen Apotheker,“ eingefügt.

2. In § 2 Abs. 2 wird die Wendung „Hilfeleistung (§ 3 Z 4)“ durch die Wortfolge „solchen Hilfeleistung“ ersetzt.

3. In § 3 wird in Z 1 und in Z 2 jeweils nach der Wortfolge „ihr Leben“ das Wort „selbst“ eingefügt.“ 

Das ist extrem wichtig: Da soll das Wort „selbst“ eingefügt werden, denn es geht um die Selbsttötung!

„4. In § 5 wird in Abs. 1 nach der Wortfolge „ihr Leben“ das Wort „selbst“ eingefügt.

5. In § 8 Abs. 3 Z 3 wird der Verweis „§ 7 Abs. 3“ durch „§ 7 Abs. 2“ ersetzt.

6. In § 11 Abs. 3 wird der erste Satz durch folgenden Satz ersetzt:

„Wurde für eine Sterbeverfügung der sterbewilligen Person bereits ein Präparat abge­ben, so ist die Abgabe eines weiteren Präparats nur zulässig, wenn das zuerst abgege­bene Präparat gleichzeitig zurückgegeben wird oder die Sterbeverfügung einen Vermerk nach § 8 Abs. 4 enthält.“

7. § 11 Abs. 7 lautet:

„(7) Die Österreichische Apothekerkammer hat auf Anfrage den dokumentierenden Per­sonen diejenigen Apotheken in der Nähe der sterbewilligen Person bekannt zu geben, bei denen diese das Präparat beziehen kann. Zusätzlich hat die Österreichische Apothe­kerkammer dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister zum 30. Juni des jeweiligen Jahres die zur Abgabe bereiten Apotheken zu nennen.““

*****

Meine Damen und Herren, es ist dies ein Gesetz, das schwerwiegend ist und große Reichweite und Bedeutung hat. Meine Hoffnung als Gesetzgeber ist, dass wir heute ein Gesetz beschließen, das von Anfang an kaum Anwendung findet, weil wir mit Suizidprä­vention und guten Hospiz- und Palliativmöglichkeiten die Menschen besser begleiten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.04

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Magª. Agnes Sirkka Prammer

Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage (1177 d. B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Sterbever­fügungsgesetz erlassen wird sowie das Suchtmittelgesetz und das Strafgesetzbuch ge­ändert werden in der Fassung des Ausschussberichts (1255 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage wird in Artikel 1 wie folgt geändert:

1. In § 2 Abs. 1 wird nach der Wendung „Hilfeleistung (§ 3 Z 4)“ die Wendung „ , wie etwa die Abgabe des Präparats (§ 3 Z 9) durch eine Apothekerin bzw. einen Apotheker,“ eingefügt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 203

2. In § 2 Abs. 2 wird die Wendung „Hilfeleistung (§ 3 Z 4)“ durch die Wortfolge „solchen Hilfeleistung“ ersetzt.

3. In § 3 wird in Z 1 und in Z 2 jeweils nach der Wortfolge „ihr Leben“ das Wort „selbst“ eingefügt.

4. In § 5 wird in Abs. 1 nach der Wortfolge „ihr Leben“ das Wort „selbst“ eingefügt.

5. In § 8 Abs. 3 Z 3 wird der Verweis „§ 7 Abs. 3“ durch „§ 7 Abs. 2“ ersetzt.

6. In § 11 Abs. 3 wird der erste Satz durch folgenden Satz ersetzt:

„Wurde für eine Sterbeverfügung der sterbewilligen Person bereits ein Präparat abge­ben, so ist die Abgabe eines weiteren Präparats nur zulässig, wenn das zuerst abgege­bene Präparat gleichzeitig zurückgegeben wird oder die Sterbeverfügung einen Vermerk nach § 8 Abs. 4 enthält.“

7. § 11 Abs. 7 lautet:

„(7) Die Österreichische Apothekerkammer hat auf Anfrage den dokumentierenden Per­sonen diejenigen Apotheken in der Nähe der sterbewilligen Person bekannt zu geben, bei denen diese das Präparat beziehen kann. Zusätzlich hat die Österreichische Apothe­kerkammer dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister zum 30. Juni des jeweiligen Jahres die zur Abgabe bereiten Apotheken zu nennen.“

Begründung

Zu Z 1 und 2 (§ 2 StVfG):

Die Österreichische Apothekerkammer hat den Wunsch geäußert, zur Klarstellung der Reichweite des Grundsatzes der Freiwilligkeit der Mitwirkung und des Benachteiligungs­verbots auch den Vorgang der Abgabe eines Präparats als eine mögliche Form der Hil­feleistung (§ 3 Z 4 StVfG) ausdrücklich in § 2 zu verankern.

Zu Z 3 und Z 4 (§§ 3 und 5 StVfG):

Mit der Einfügung des Wortes „selbst“ soll nochmals verdeutlicht werden, dass es sich eindeutig um einen Selbsttötungswillen handelt.

Zu Z 5 (§ 8 StVfG):

Der Verweis auf den notwendigen Inhalt der ärztlichen Aufklärung müsste auf § 7 Abs. 2 (statt auf § 7 Abs. 3) lauten.

Zu Z 6 (§ 11 Abs. 3 StVfG):

Der erste Satz in § 11 Abs. 3 normiert zwei alternative Fälle, in denen die Abgabe eines Präparats unzulässig ist. Der erste Fall ist jener, dass ein bereits ausgefolgtes Präparat nicht gleichzeitig zurückgegeben wird. Der zweite Fall ist jener, dass die Sterbeverfü­gung „einen Vermerk nach § 8 Abs. 4 enthält“. Dieser Vermerk wird allerdings im Fall des Verlusts oder Diebstahls des Präparats erteilt, soll also kein Ausschlussgrund für den neuerlichen Bezug eines Präparats sein, sondern im Gegenteil eine Bedingung, wenn das bereits bezogene Präparat wegen Verlusts oder Diebstahls nicht zurückgege­ben werden kann. Es wird daher eine positive Formulierung der Fälle vorgeschlagen, in denen die neuerliche Abgabe eines Präparats zulässig ist: entweder Zurückgabe des bereits bezogenen Präparats oder Vermerk des Verlusts oder Diebstahls.

Zu Z 7 (§ 11 Abs. 7 StVfG):

Um zu verhindern, dass Informationen über die zur Abgabe bereiten Apotheken ohne deren Willen an die Öffentlichkeit gelangen, soll die Österreichische Apothekerkammer


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 204

über Nachfrage nur der dokumentierenden Person die entsprechenden Informationen erteilen. Zusätzlich hat der für Gesundheitswesen zuständige Bundesminister die not­wendigen Informationen über die zur Abgabe bereiten Apotheken zu statistischen Zwe­cken zu erhalten.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Herr Abgeordneter Margreiter, Sie haben das Wort.


18.05.10

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, einige von Ihnen werden vielleicht schon einem nahestehenden Menschen in der terminalen Phase, wie es das Gesetz ausdrückt, beigestanden sein, sei es zu Hause, sei es in einem Kranken­haus oder in einem Hospiz.

Wir leisten dabei Hilfe zum Leben. Wir schauen, dass der Mensch, den wir da betreuen, bequem liegt, wir geben ihm Wasser, wir benetzen seinen Mund, damit der vom Atmen trockene Mund nicht schmerzt.

Wir leisten dadurch Hilfe zum Leben, aber es muss uns bewusst sein: Wir leisten in dieser Phase auch Hilfe zum Sterben, indem wir schauen, dass die Schmerztherapie anschlägt, dass der Mensch nicht leidet, und auch dadurch, dass wir einfach da sind, dass wir den Menschen berühren und so einem einsamen Tod vorbeugen.

Der Unterschied zu dem Thema dieses Sterbeverfügungsgesetzes ist eigentlich nicht so ein großer. Im einen Fall hat das Schicksal entschieden, im anderen Fall entscheidet in schicksalhafter Weise der oder die Betroffene selber.

Ich bin dem Verfassungsgerichtshof sehr dankbar dafür, dass er vor einem Jahr dieses Erkenntnis getroffen hat, das die freie, selbstbestimmte Entscheidung aus der Tabuzone herausholt und zu etwas macht, das wir einfach akzeptieren müssen und wo es richtig ist, Hilfe zu leisten.

Das wichtige Thema für uns dabei ist, Missbrauch zu verhindern. Wenn ich jetzt den vorliegenden Gesetzentwurf an diesem Maßstab messe, so anerkenne ich, dass der Versuch der Regelung diesem Anspruch gerecht wird.

Ansonsten ist das Gesetz, sowohl was das formale Zustandekommen betrifft – das haben die Vorredner schon entsprechend ausgeführt – als auch inhaltlich, bei Weitem nicht perfekt, und es würde mich nicht wundern, wenn es neuerlich Gegenstand der Be­ratungen im Verfassungsgerichtshof werden würde. Andererseits haben wir es mit einem sehr sensiblen gesellschaftsethischen Thema zu tun. Vor diesem Hintergrund anerken­nen wir diesen ersten Regelungsschritt und werden diesen mittragen. Wir sind aber über­zeugt, dass es dann noch weiter gehender Regelungen bedürfen wird.

Ich verweise zuletzt darauf, dass jene Staaten, die diesbezüglich liberale Regelungen haben, niedrigere Suizidraten haben als wir in Österreich. Das sollte uns zu denken ge­ben. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.08


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Alma Zadić zu Wort ge­meldet. – Bitte, Frau Ministerin.


18.09.04

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 205

es schon gehört: Mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Dezember 2020 wurde die bisherige Regelung, mit der die Hilfe zur Selbsttötung ausnahmslos ver­boten war, für verfassungswidrig erklärt.

Somit standen wir als Bundesregierung vor einer immensen Herausforderung: Binnen eines Jahres mussten wir eine Regelung für dieses hochsensible und auch sehr emotio­nale Thema finden; und ja, das war für uns alle keine einfache Sache, denn es handelt sich um ein emotionales Thema und es musste eine sehr schwere Entscheidung getrof­fen werden.

Umso wichtiger war es für uns, eine umsichtige Lösung zu finden, um schwer kranken Menschen in einer sehr schwierigen Phase eine Möglichkeit zu geben, ihr Leben selbst und in Würde zu beenden, und gleichzeitig auch Missbrauch zu verhindern, aber auch das Leben zu schützen.

Das Ihnen vorliegende Sterbeverfügungsgesetz ist das Ergebnis eines umfassenden Prozesses. Wir haben im Rahmen dieses Dialogforums im Justizministerium versucht, möglichst alle von der Regelung Betroffenen auch einzubinden und ihre Stimme im Ge­setzwerdungsprozess zu hören, ihnen auch eine Stimme in dieser Diskussion zu geben. Dieses Dialogforum war geprägt von gegenseitigem Zuhören und auch vom einander Verstehen. Vertreten waren ReligionsvertreterInnen, EthikerInnen, JuristInnen, die alle genauso gehört wurden wie MedizinerInnen, VertreterInnen von Betroffenen und auch viele andere betroffene Organisationen. Davon haben wir uns auch leiten lassen, um eine entsprechende Regelung zu treffen.

Unser oberstes Ziel war es, das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes verantwor­tungsvoll umzusetzen und damit einerseits die verschiedensten Wünsche zu berücksich­tigen und andererseits Befürchtungen ernst zu nehmen. Mit dieser Regierungsvorlage zeichnen wir einen klaren Weg – einen klaren Weg, der Rechtssicherheit gibt, der den freien Willen schützt und auch den notwendigen Schutz vor Missbrauch sicherstellt.

Ich würde jetzt gerne das neue Sterbeverfügungsgesetz in aller Kürze skizzieren: Künftig sollen schwer kranke und unheilbar kranke Menschen, die volljährig und entscheidungs­fähig sind, die Möglichkeit zum assistierten Suizid haben. Voraussetzung ist selbstver­ständlich, dass die Person von zwei ÄrztInnen aufgeklärt und die Krankheit festgestellt wird. Zudem muss auch von den ÄrztInnen die Entscheidungsfähigkeit bestätigt werden. Nach einer Frist von zwölf Wochen – bei Menschen, die sich aufgrund der Krankheit in einer terminalen Phase ihres Lebens befinden, kann diese Frist auch auf zwei Wochen verkürzt werden – kann bei Notarinnen und Notaren oder PatientenanwältInnen eine so­genannte Sterbeverfügung errichtet werden. Diese Sterbeverfügung ermöglicht dann den Zugang zu einem letalen Präparat in der Apotheke.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, wir sprechen über ein sehr sensibles Thema, das uns alle berührt, weil es um die grundlegende Frage des Menschseins geht. Wir alle möchten, dass es unseren Lieben, unseren Familienangehörigen am Ende ihres Lebens gut geht, dass sie ihren Lebensabend und auch ihr Lebensende in Würde ver­bringen, dass sie aber auch die notwendige Unterstützung bekommen, die sie brauchen. Denn gleichzeitig soll niemand den Weg des Sterbens wählen, wenn es andere Möglich­keiten gibt. Es soll sich niemand für diesen Weg aufgrund einer persönlichen Lage, auf­grund einer finanziellen Lage oder aufgrund von familiären Angelegenheiten entscheiden.

Deswegen bringen wir auch gleichzeitig einen massiven Ausbau der Hospiz- und der Palliativversorgung auf den Weg. Das Gesetz wurde bereits begutachtet, und somit stellt der Bund gemeinsam – natürlich auch im Rahmen dieser Drittelfinanzierung Bund, Län­der und Träger der Sozialversicherung – 108 Millionen Euro zur Verfügung. Gleichzeitig wurden jetzt auch im Ministerrat 2,5 Millionen Euro zur Suizidprävention und auch zur psychosozialen Unterstützung beschlossen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 206

Bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfes waren wir von drei wichtigen Kriterien geleitet: der Achtung der Menschenwürde, dem Respekt vor dem Leben und dem Respekt vor der selbstbestimmten und höchstpersönlichen Entscheidung schwer kranker Menschen.

Ich möchte diese Gelegenheit aber auch nutzen, um mich bei allen zu bedanken, die bei dieser Regelung mitgewirkt haben – insbesondere bei allen Teilnehmerinnen und Teil­nehmern am Dialogforum und bei allen, die auch persönlich auf mich zugekommen sind und mit mir ihre Sorgen und ihre Befürchtungen besprochen haben. Allen voran möchte ich mich natürlich auch beim Koalitionspartner und bei Frau Ausschussvorsitzender Steinacker sowie auch bei Justizsprecherin Agnes Sirkka Prammer bedanken, weil ich weiß, wie schwierig es war, da eine gemeinsame Regelung zu finden, und ich weiß, dass sie beide auch rund um die Uhr im Einsatz waren, um eine bestmögliche Lösung zu finden.

Ich möchte mich auch beim Justizsprecher und bei der Justizsprecherin der anderen, der Oppositionsparteien – bei Justizsprecherin Yildirim sowie auch bei Justizsprecher Margreiter – nicht nur für die Vorgespräche zu dieser Regelung, sondern auch dafür, dass sie und ihre Fraktionen diese Regelung im Ausschuss unterstützt haben, bedan­ken. Ich möchte mich auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meines Hauses bedanken, weil auch sie rund um die Uhr im Einsatz waren, damit wir diese Lösung und dieses Sterbeverfügungsgesetz rechtzeitig vor Jahresende noch beschließen können. – Da danke ich auch Ihnen allen, dass das möglich war, dass wir das rechtzeitig auch hier im Plenum behandeln können, damit keine Rechtsunsicherheit und keine Rechtslücke entsteht.

Ich hoffe wirklich, dass diese Regierungsvorlage breite Zustimmung findet, und möchte mich ganz herzlich bedanken. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

18.16


Präsidentin Doris Bures: Danke, Frau Ministerin.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Harald Troch. – Bitte.


18.16.22

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Nationalrat beschäftigt sich heute mit dem Thema Sterben, und es gibt wohl kein endgültigeres und kein ernsthafteres Thema als Sterben. Es geht da um dauerhaf­tes, schweres Leiden. Es geht um unheilbare Krankheiten. Es geht um todgeweihte Men­schen.

Ärzte, Angehörige, Familien, Juristen haben sich da natürlich intensivst damit beschäf­tigt – vor allem aber auch todgeweihte Menschen selbst. Faktum ist, dass todgeweihte Menschen über viele, viele Jahrhunderte in ihrer Verzweiflung, in ihrem Leiden alleinge­lassen wurden, und ich möchte dieser Verzweiflung durchaus auch ein Gesicht geben: Der österreichische Liedermacher Ludwig Hirsch hat sich im Laufe einer unheilbaren und schweren Lungenerkrankung aus dem zweiten Stock seines Spitals gestürzt. Ich sage: Das darf doch nicht sein, dass so etwas – die Zerstörung seines Körpers – der einzige Ausweg für einen Menschen ist!

Hier in Österreich aber wurden – um es geschichtlich zu sehen – todgeweihte Menschen über Jahrhunderte in ihrer Verzweiflung, in ihrem Leiden alleingelassen, geächtet, selbst Menschen nach ihrem Tod noch geächtet. Auf christlichen Friedhöfen wurde die Bestat­tung verweigert. Die Familien wurden eigentlich mit Schande und nach dem Tod noch bestraft, wenn der Familienangehörige nicht in der geweihten Erde eines Friedhofs be­stattet werden durfte.

Für die SPÖ ist ein Grund, da zuzustimmen, weil wir ein klares Ja zu einem humanen Leben, einem Leben möglichst ohne existenzielle Angst, einem Leben möglichst ohne


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 207

existenzielle Leiden sagen. Was für das Leben gilt, muss nach Ansicht der SPÖ auch für den Tod gelten. Auch im Tod sollen Leiden und Angst nach Möglichkeit minimiert oder verhindert werden.

Daher dieser Raum, diese Matrix von vier Aspekten: nämlich die Lebenserhaltung – da bin ich ganz bei Ihnen, Kollegin Steinacker: Ja zur Lebenserhaltung –, aber auch Ja zur Menschenwürde, ein klares Ja zur Selbstbestimmung auch in der Frage des Todes – das sind ja Menschenrechtsaspekte –, aber auch dazu, dass der Beistand zum Sterben dieser Menschen, worum es da eben auch geht, entkriminalisiert wird. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Diese Grauzone des Sterbens, die Kriminalisierung von Ärzten und Angehörigen, war ja ein Zustand, von dem eben auch der Verfassungsgerichtshof gesagt hat: Da muss ge­handelt werden! De facto hat es sich Österreich nicht leicht gemacht, denn die drei Staatsgewalten, die ja getrennt sind – das ist die Regierung in Form des Justizministe­riums, der Verfassungsgerichtshof, aber auch das Parlament –, sind da einen gemeinsa­men Weg gegangen.

Ich möchte mich auch bei unserer Justizsprecherin Selma Yildirim, die sich in dieses Thema sehr, sehr massiv eingearbeitet und eingebracht hat, sehr herzlich bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)

Um die Wahrheit anzusprechen: Es gibt auch ein Menschenrecht auf einen unversehrten Körper im Tod. Das heißt, es muss verhindert werden, dass Menschen über die Selbst­opferung und völlige Zerstörung ihrer Körper Erlösung suchen und in den Tod gehen. Das sollten wir auch den Angehörigen und Familien ersparen.

In einem Land, wo Töten aus politischen Gründen erfolgte – das 20. Jahrhundert ist ja auch ein Jahrhundert der Gewalt gewesen –, gibt es natürlich auch Bedenken. Das Ge­setz ist jetzt ein erster Weg. Ich begrüße sehr den Ausbau der Palliativmedizin, der Hospiz. Das hat natürlich Vorrang, aber es geht ja darum, nicht das Leben zu verkürzen, sondern es geht darum, das Sterben zu verkürzen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Loacker und Brandstätter.)

18.20


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Gudrun Kugler. – Bitte.


18.21.06

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Minister! Hohes Haus! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer zu Hause! Jedes Menschenleben ist unendlich wertvoll, egal in welcher Lebenslage. Die Selbsttötung ist nie privat, sie hat immer Aus­wirkungen auf das Umfeld, auf nahe Angehörige, aber sie hat auch immer Auswirkungen auf Menschen, die in ähnlichen Situationen sind. Deshalb geht es nicht um die Assistenz bei der Selbsttötung, sondern immer um die Assistenz zum Leben. Das sage ich auch Ihnen, Herr Troch, nach Ihrer Rede. (Beifall bei der ÖVP.)

Deswegen ist es so wichtig, dass die Regierung gestern Unterstützung auf den Weg gebracht hat, und zwar einerseits psychologische Unterstützung für die Angehörigen und andererseits auch den Ausbau der und die Regelfinanzierung für Palliativmedizin und Hospize. Das hat man viele Jahre lang gefordert und versucht – jetzt ist es da.

Wir haben jedoch die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes im Dezember 2020 nicht gut gefunden. Wir haben sie kritisiert und sehen sie als höchst problematisch. Wir anerkennen sie – das ist Demokratie. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Heute stimmen wir über Rahmenbedingungen ab. Diese Rahmenbedingungen sollen restriktiv und präventiv sein. Wir haben verhandelt, wir haben einen Kompromiss erzielt – auch das ist Demokratie.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 208

Wir hätten einiges anders gemacht. Wir von der Volkspartei haben dafür gekämpft, dass das Sterbeverfügungsgesetz die einzige Ausnahme im StGB ist, dass wir den neuen Status quo in den Verfassungsrang heben, auch die Bezeichnungen, wie heute schon erwähnt wurde. Wir haben dafür gekämpft. Wir haben uns nicht in allen Punkten durch­gesetzt – auch das ist Demokratie. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Ich möchte aber heute sagen, warum wir gegenüber dem Erkenntnis des Verfassungs­gerichtshofes, das uns da hingebracht hat, wo wir jetzt sind, so kritisch sind. Viele haben zu Recht von einem Dammbruch oder einem Kulturbruch gesprochen. Unser Leitmotiv war: Leben ist ein absolutes Gut; beim Leben helfen, aber nicht beim Töten oder beim Selbsttöten. Das Wort Würde bekommt plötzlich eine neue Bedeutung. Auch das Wort Hilfe bekommt jetzt eine neue Bedeutung. Fast ist man versucht zu sagen: Wir sprechen hier von einem bewaffneten Mitleid. (Abg. Loacker: Bewaffnetes Mitleid?! Das ist un­fassbar! – Zwischenruf der Abg. Yildirim.) Die Befürworter sagen dann: Selbstbestim­mung und Freiheit. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Herr Troch, die sogenannte Selbstbestimmung wird ganz schnell zu einer Fremdbestim­mung, und die beschworene Freiheit wird ganz schnell zu einer Unfreiheit. Ein Mitglied der belgischen Euthanasiekontrollbehörde, der selber 4 000 Fälle geprüft hat, hat ge­sagt – ich zitiere –: „Ich habe tatsächlich viele Fälle gesehen, wo ein gewichtiger Teil des Leidens war, dass der Patient gedacht hat: Ich bin eine Last für meine Angehörigen.“ Niemand will für seine Angehörigen eine Last sein. Da wird dann ein Recht ganz schnell zur Pflicht, darum wollten wir diese Tür keinen Spalt breit öffnen.

Bildlich, literarisch könnte man fast sagen: Diese beschworene Freiheit ist die Freiheit eines Waisenkindes, und unsere Gesellschaft wird einsamer und unsolidarischer. (Zwi­schenruf bei den NEOS: ... Predigt!) Wir werden weiterhin dafür kämpfen, dass wir den Menschen nicht alleinlassen, denn jeder Mensch, egal in welcher Lebenslage, ist unend­lich wertvoll. (Beifall bei der ÖVP.)

18.24


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Helmut Brandstät­ter. – Bitte, Herr Abgeordneter.


18.25.03

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist fast 38 Jahre her: Im Frühjahr 1984 – ich war Korrespondent in Bonn – gab es die Geschichte Hackethal. Professor Hackethal hat einer 69-jährigen Frau einen Giftbecher zur Verfügung gestellt, die diesen getrunken hat und dann ge­storben ist. Selbstverständlich gab es riesige Aufregung in den deutschen Medien, und ich muss sagen: Als ich das zunächst gelesen hatte, war auch ich schockiert. Die Mi­schung aus einer christlichen Erziehung einerseits und dem Bewusstsein, was in Deutschland und Österreich in der Nazizeit passiert ist, andererseits hat auch mich et­was aufgebracht, denn das, was man Euthanasie genannt hat, war ja das organisierte Umbringen von Menschen unter dem Titel des sogenannten unwürdigen Lebens, das nicht mehr lebenswert sei. Euthanasie – übersetzt: schöner Tod – war eben das Gegen­teil davon.

Im Bewusstsein dieser Geschichte bin ich zu Herrn Hackethal an den Chiemsee gefah­ren und habe ihn mir angehört. Er hat mir die Geschichte dieser 69-jährigen Frau erzählt und mir dann auch die Fotos und einen kurzen Film gezeigt. Alles da (auf die untere Gesichtshälfte deutend), nicht nur Mund und Wangen, hatte der Krebs weggefressen. Der Rest ist durch Operationen zerstört worden. Es war kein Kiefer mehr da, es war gar nichts da. Diese Frau hatte unendliche Schmerzen und auch unendliche Schwierigkei­ten, dann auch noch diesen Becher allein auszutrinken.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 209

Das hat mich wirklich beeindruckt, und ich habe ich weiß nicht wie viele Hundert Repor­tagen gemacht. Ich habe noch immer das Bild und die Geschichte vor mir und habe später immer wieder darüber gelesen. Nicht zuletzt, Frau Kollegin Kugler, habe ich auch gelesen, was Kirchen dazu sagen, aber auch, was Hans Küng darüber geschrieben hat.

Ich weiß, Hans Küng, der Schweizer Theologe, hatte seine Schwierigkeiten mit seiner Kirche und die Kirche mit ihm, aber er hat sehr ernsthaft zu dem Thema geschrieben und auch darüber, dass Christen anderen Menschen helfen müssen, egal in welcher Situation sie sind. Hans Küng hat sich wiederum intensiv mit Walter Jens auseinander­gesetzt, dem großen Tübinger Wissenschaftler und Rhetor der Schule der Rhetorik in Tübingen, der selbst immer gesagt hat, dass der Mensch auch ein Recht auf ein selbst­bestimmtes Sterben hat, und später dement wurde.

Danach hat dessen Sohn ein Buch über ihn und die Demenz geschrieben. Das ist ein sehr heikler Punkt, denn der Sohn hat beschrieben, dass der Vater, der immer gesagt hat, er möchte selbst entscheiden, wann er stirbt, und der gemeint hat, wenn er dement wird, will er sicher sterben, dann – soweit er das als dementer Mensch noch beurteilen konnte – nicht mehr sterben wollte. Dann wollte er so lange wie möglich leben.

Es ist – das kann ich wirklich sagen – sehr ergreifend, dieses Buch, das sein Sohn Til­man Jens geschrieben hat, zu lesen: „Die Freiheit zu leben und zu sterben“. (Der Redner hält das genannte Buch in die Höhe.) Dann kam das nächste tragische Schicksal, denn dieser Tilman Jens, der in dem Buch die vielen Fehler, die er in seinem Leben gemacht hat, aber auch die Intensität, die er erlebt hat, beschreibt, ist zuckerkrank geworden. Er hat aber so weitergelebt, wie man mit Diabetes nicht leben darf, nicht leben soll, ist sehr, sehr krank geworden und hat schließlich in einer Phase, in der er das, schwerkrank, eben noch konnte, selbst den Freitod gewählt.

Er schreibt aber auch über die Gespräche mit seinem Vater. Also das alles anzusehen ist, glaube ich, für uns so wichtig. Jedes Schicksal ist ein einzelnes. Es ist eben kein Zufall, dass im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland im Artikel 1 steht: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Es steht aber auch noch etwas dabei: dass der Staat darauf zu achten hat, dass diese Würde unantastbar ist. Diese Würde des Men­schen gibt es im Leben, und es muss sie auch im Sterben geben.

Wir alle sind uns, glaube ich, bewusst, dass mit diesem Gesetz natürlich auch Miss­brauch nicht ausgeschlossen werden kann, und umso wichtiger ist diese Palliativhilfe.

Das möchte ich schon zum Schluss auch noch sagen. Ich weiß, dass die Religions­gemeinschaften eingebunden waren. Wie gesagt: Wenn ich Hans Küng und andere lese, dann muss ich im Christentum nicht unbedingt einen Widerspruch sehen, weil es ja auch heißen kann zu helfen. Ich würde mich freuen, wenn dieser Dialog, dieses Gespräch weitergeht und man sehr wohl auch mit den Religionsgemeinschaften darüber spricht, weil natürlich auch sie, wie ich weiß, viele Organisationen haben, in denen sie Menschen in dieser schwierigsten Situation helfen.

Mir wäre wichtig, dass wir diesen Dialog auch noch weiterbringen, weil ich glaube, dass es für unser Land und unsere Gesellschaft so wichtig ist, dass wir diesen Satz nie ver­gessen: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – im Leben und eben auch im Ster­ben. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.29


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Wolfgang Gerstl zu Wort. – Bitte.


18.30.20

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): „Wenn wir es legalisieren würden, einen Sui­zidwilligen beim Wort zu nehmen, öffnen wir nicht nur den verschiedensten Möglichkeiten


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 210

des Missbrauchs Tür und Tor, nein, wir beginnen auch damit, das Leben als absoluten Wert zu relativieren.“

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minister! Das habe ich 2014 im Vorwort zu der Broschüre „An der Hand... ...nicht durch die Hand“ gemeinsam mit dem langjährigen Mitglied dieses Hauses Franz-Joseph Huainigg, von Kopf bis Fuß gelähmt, geschrieben.

Dann hat vor kurzer Zeit der neoliberale Wolfram Proksch, Rechtsanwalt, Mitglied der NEOS und ehemaliger Spitzenkandidat für den Posten des Rechnungshofpräsidenten, mit Unterstützung des gewerblichen Sterbehilfevereins Dignitas beim Verfassungsge­richtshof einen Antrag eingebracht (Abg. Shetty: Was für ein Verbrechen!), um den § 78 Strafgesetzbuch, Mitwirkung am Selbstmord, zu legalisieren. (Abg. Brandstätter: Ich finde es traurig, dass Sie hier Parteipolitik machen! In diesem Zusammenhang Partei­politik zu machen, ist unwürdig, Herr Kollege! Das ist unwürdig ... !) Meine Damen und Herren, im Verfassungsgerichtshof - - (Abg. Brandstätter: Das ist unwürdig! Das ist traurig!) – Herr Kollege, Sie müssen den Tatsachen ins Auge sehen. (Abg. Bernhard: Das ist wirklich eine Schande!)

Sie wissen es ganz genau. (Abg. Brandstätter: Hier Parteipolitik zu machen ist traurig!) Ich erzähle Ihnen, wer diesen Antrag gestellt hat und wer dann entschieden hat, denn auch das ist vielen nicht bewusst. Es ist nicht eine anonyme Institution, die entscheidet, sondern hinter dieser Institution Verfassungsgerichtshof stehen Menschen. (Zwischen­rufe bei der SPÖ.) Dort sitzen 13 Personen, und diese 13 Personen entscheiden mit einfacher Mehrheit, ob man nun das Leben schützt oder das Sterben ermöglicht. Wir wissen nicht, wie das Abstimmungsergebnis war, vielleicht war es auch nur sechs zu sieben. (Abg. Shetty: Ja, das macht doch keinen Unterschied!) Diese sieben Personen haben aber danach entschieden, dass Töten – nach der Abschaffung der Todesstrafe 1968 – erstmals wieder legal möglich sein wird. (Abg. Disoski: Unglaublich! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ, Grünen und NEOS.)

Meine Damen und Herren, mit dieser Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes er­folgte ein Dammbruch in der österreichischen Rechtsentscheidung. Natürlich respektie­ren Sie von den NEOS immer den Rechtsstaat. Natürlich respektiere auch ich den Rechtsstaat. Ich anerkenne diese Entscheidung, aber ich habe keinen Grund, diese Ent­scheidung als gut zu empfinden, und darf dazu auch eine Meinung haben.

Meine Damen und Herren, hinter jedem Menschen, der sein Leben beenden möchte, stehen eine Verzweiflung, eine vermeintliche Ausweglosigkeit, ein Hilferuf. (Zwischen­rufe bei der SPÖ.) Das wird Ihnen jeder Psychiater bestätigen. Einen solchen Hilferuf gilt es zu hören, und es ist unsere Aufgabe, dass wir den Menschen die Hilfe geben. Dafür gibt es viele Einrichtungen. Ich sage nur: Meine Damen und Herren, wenn Sie zusehen und in einer schwierigen Situation sind: Es gibt die Telefonnummer 142, es gibt ganz viele psychosoziale Dienste in ganz Österreich, in allen Bundesländern, bei denen Sie Hilfe bekommen können. Es ist niemand verpflichtet, sich selbst zu töten.

Weil hier Beispiele gebracht worden sind, möchte ich dazu auch ein Beispiel aus meiner Geschichte bringen: Ich war circa zwölf Jahre alt, mit einem Freund immer zusammen. Wir haben immer miteinander gespielt, wir sind gemeinsam Rad gefahren, wir sind zum Bach gegangen, wir haben viele Spiele gespielt, bis eines Tages seine Mutter nicht mehr nach Hause kam, weil sie sich vor den Zug geworfen hat.

Sie hat Suizid begangen, was mein Freund nie, nie überwunden hat. (Abg. Blimlinger: Was ist das für eine Rede?! Das ist ein Wahnsinn!) Mit 18 Jahren hatte er schneeweiße Haare – schneeweiße Haare! –, und er ist in der Zwischenzeit schon verstorben, weil er mit diesem Trauma nicht umgehen konnte.

Mit dieser Lösung, die wir da schaffen, dass wir ein letales Mittel zur Verfügung stellen, hätten wir das Leid dieser Frau wahrscheinlich nicht verhindern können. – Nein, denn


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 211

Suizid betrifft nicht nur den Einzelnen, sondern bringt auch alle Angehörigen in eine ganz, ganz schwierige Situation.

Daher, meine Damen und Herren: Nehmen Sie den psychosozialen Dienst in Anspruch, der in Ihrem Bundesland für Sie zur Verfügung steht! Rufen Sie 142! Es gibt viele Mög­lichkeiten, dass Ihnen geholfen wird.

Diesen Dammbruch hat der Verfassungsgerichtshof zu vertreten und zu verantworten. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Stögmüller: Geh bitte!)

18.36


Präsidentin Doris Bures: Ich erteile nun Herrn Abgeordneten Gerald Loacker das Wort. – Bitte.


18.36.33

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Das Gesetz, über das wir heute diskutieren, hat seine Wurzel in dieser Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes, und es ist nicht das erste Mal, dass sich gesellschaftspolitische Entwicklungen im österreichischen Recht erst dann abbilden, wenn der Verfassungsgerichtshof gesprochen hat. Es könnte einem auch zu denken geben, Kollege Gerstl, dass das Haus hier sehr reaktiv ist.

Neben diesem Gesetz, um das es heute geht, hat aber die Entscheidung des VfGH einen weiteren positiven Effekt. Es wurde nämlich bereits in den Jahren 2013, 2014 in der En­quete-Kommission „Würde am Ende des Lebens“ – Vorsitzende war damals Gertrude Aubauer – über die Finanzierung der Hospiz- und Palliativmedizin gesprochen, und Sie haben es nie geschafft, diese Finanzierung in die Regelfinanzierung zu übernehmen. Erst jetzt kommt Bewegung in die Finanzierung der Hospiz- und Palliativmedizin. – Da sollten Sie sich auch überlegen, warum das nicht früher passieren konnte.

Wenn diese Regelung jetzt in Kraft tritt, besteht die Gefahr, dass materiell trotzdem wei­ter ein Verbot des assistierten Suizids gelebt wird. Warum? – Weil sehr viele Landesspi­täler sagen werden: Wir machen das nicht!, weil die Caritas bereits gesagt hat: In unse­ren Häusern wird es das nicht geben!, und die Diakonie hat auch gesagt: In unseren Häusern wird es das nicht geben! – Damit ist der Zugang zum assistierten Suizid jenen Menschen vorbehalten, die noch zu Hause sein können, weil sie das in keiner betreuten Einrichtung werden haben können – und das ist auch eine Form des Alleinlassens. Das muss man sich überlegen.

Es geht nämlich um einen ganz wichtigen Punkt: Die Wünsche am Ende des Lebens sind so unterschiedlich wie das Leben selbst. Ich glaube, dass ganz viele von uns nicht mit Sicherheit sagen können, was wir selbst denken werden, wenn die letzten Tage ge­kommen sind, und wie wir uns das wünschen und vorstellen. Diese Unterschiedlichkeit der Wünsche sollte man jedem Bürger und jeder Bürgerin zugestehen. Was ich für mich als richtig erachte, mag ein anderer für sich als völlig unmöglich erachten. Diese Möglich­keiten aber offenzuhalten und jedem seinen Abschied nach Wunsch zu ermöglichen, das wäre eigentlich die Aufgabe des Gesetzgebers hier.

Im Begutachtungsverfahren gibt es beispielsweise eine Stellungnahme der völlig unver­dächtigen Apothekerkammer, die darauf hinweist, dass eine professionelle Begleitung für die Sterbewilligen durch dieses Gesetz ausgeschaltet ist. Es dürfen nämlich die Ärzte, die die Aufklärungsgespräche machen, ein Honorar abrechnen. Der Notar, bei dem die Verfügung errichtet wird, darf ein Honorar abrechnen. Wenn dann aber der Sterbewillige sein Präparat aus der Apotheke hat und er gerne professionelle Begleitung am Schluss hätte, bei der auch medizinisches Personal in der Nähe ist – Kollege Stefan hat das ausgeführt –, damit Profis da sind, wenn etwas nicht so läuft, wie es laufen sollte, darf dafür kein Entgelt verlangt werden. Man lässt die sterbewilligen Menschen am Ende des Lebens im Stich.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 212

Ich nehme an, dass diesbezüglich der Verfassungsgerichtshof wieder wird sprechen müssen, weil auch der Verfassungsgerichtshof – natürlich mit viel juristischeren Worten, als ich das hier formuliere – im Grunde sagt: Die Wünsche am Ende des Lebens sind so unterschiedlich wie das Leben selbst. – Und wir haben die Aufgabe, den Menschen die­se Wünsche nach einem Abschied, wie sie ihn sich vorstellen, zu ermöglichen. (Beifall bei NEOS und Grünen.)

18.40


Präsidentin Doris Bures: Es ist dazu nun niemand mehr zu Wort gemeldet, und damit schließe ich diese Debatte.

Wird seitens der Berichterstatterin ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart werde ich die Abstimmung über diesen Tagesordnungspunkt ans Ende der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Justiz verlegen.

18.41.2132. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1175 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975 geändert wird (1256 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 32. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erster Redner ist Herr Abgeordneter Johannes Margreiter zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.41.47

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Justizministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte ZuseherInnen vor den Bildschirmen! Die Kronzeugenregelung gibt es seit einigen Jahren. Was die Kronzeu­genregelung bedeutet, dürfte klar sein, weil sie aber für die österreichische Strafprozess­ordnung komplettes Neuland war, wurde diese Regelung befristet eingeführt. Jetzt, mit Jahresende, mit 31.12.2021, würde diese Regelung auslaufen, und nun geht es darum, sie zu verlängern.

Rückschauend lässt sich sagen, dass die Regelung in der Praxis zu keiner besonderen Bedeutung geführt hat, was daran liegt, dass sie eigentlich nicht praxisgerecht geregelt ist. Das wurde bereits 2015 vom Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie aufgezeigt, und es wurden auch Verbesserungsvorschläge gemacht. Das Einzige, was sich jetzt im Zuge dieser Verlängerungsgesetzgebung ändert, ist, dass es künftig möglich ist, dass die Kronzeugin oder der Kronzeuge ihre/seine Aussage nicht nur vor Gericht machen kann, sondern auch vor der Kriminalpolizei.

Wesentliche Punkte und wesentliche Vorschläge, die möglicherweise dazu führen wür­den, dass die Kronzeugenregelung praxisgerechter wird und wirklich dazu führt und dazu beiträgt, schwere Verbrechen aufzuklären, sind im Gesetz aber leider nicht berücksich­tigt. Insbesondere sind die Kronzeugen nach wie vor nicht freigestellt von allfälligen zi­vilrechtlichen Schadenersatzansprüchen, was natürlich Menschen, die etwas über Mal­versationen wissen und dieses Wissen der Strafjustiz gerne zur Verfügung stellen wür­den, eher davon abhalten wird, sich massiven Schadenersatzforderungen auszusetzen.

Wir sind also der Auffassung, dass diese Verlängerungsregelung zu wenig ist und kön­nen sie daher nicht mittragen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 213

18.44


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer zu Wort. – Bitte.


18.44.15

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Die Kronzeugenregelung ist in unserem Strafrecht eigentlich ein Fremdkörper, weil unser Strafrecht so funktioniert, dass die Staatsanwaltschaften angezeigte Straftaten zu untersuchen haben. Dann müs­sen sie entscheiden, wie es damit weitergeht: Wird angeklagt, wird eingestellt? – Grund­sätzlich gilt aber das Prinzip, wenn man es salopp ausdrücken möchte: Was’ wiegt, das hat’s. Es gibt im österreichischen Strafrecht nicht so etwas wie Deals, die man als Ge­genleistung dafür, dass man den Strafverfolgungsbehörden hilft, machen kann.

Ein Zwischending – und deshalb, wie gesagt, ein Fremdkörper – ist diese Kronzeugenre­gelung. Es ist deshalb so wichtig, sie jetzt noch einmal zu verlängern, weil es wichtig ist, dass man sie auf ordentliche Beine stellt, denn mit dieser Verlängerung ist auch eine Evaluierung verbunden. Da gebe ich meinem Vorredner vollkommen recht: Natürlich ist zu evaluieren, wie man diese Regelung besser machen kann, nämlich besser in dem Sinn, dass mehr Menschen davon Gebrauch machen.

Wir sehen ja im alltäglichen Leben, wie wichtig es ist, dass wir solche Regelungen ha­ben, denn natürlich ist es wichtig, dass das Wissen von Mitwissern auch dann zur Auf­klärung großer Straftaten beiträgt, wenn auch diese sich strafbar gemacht haben. Nur wenn man es schafft, ihnen die Mitwirkung dadurch schmackhaft zu machen, dass ihre eigene Strafbarkeit oder dass ihre eigene Strafe herabgesetzt wird oder dass ihr eigenes Fehlverhalten nicht zu einer Verurteilung führt, nur dann kommt man zu diesem Wissen.

Deshalb bin ich wie gesagt froh, dass wir die Regelung jetzt noch einmal verlängern, ich bin aber auch froh, dass eine Evaluierung erfolgt. Ich wünsche mir – und ich werde daran mitarbeiten –, dass wir am Ende dieses Prozesses eine gute Kronzeugenregelung ha­ben werden, die sich auch wirklich gut in das österreichische Strafrecht eingliedern kann. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

18.46


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Christian Drobits zu Wort. – Bitte.


18.46.28

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministe­rin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion gibt ein klares Bekenntnis zum Kampf gegen Korruption und für Transparenz ab. Das ist auch das Anliegen der Öster­reicherinnen und Österreicher, dem gerade in den nächsten Monaten und Jahren groß Rechnung getragen wird, deshalb sind wir natürlich auch für die Verlängerung dieser Kronzeugenregelung.

Wir wissen auch, dass Sie, Frau Bundesministerin, das als wichtiges Instrument für die Bekämpfung der Korruption und auch der Wirtschaftskriminalität sehen – das sehen wir genauso.

Ich möchte in aller Kürze sagen, dass diese Kronzeugenregelung Rechtssicherheit schafft und im Endeffekt dazu führt, dass zukünftig die Kriminalpolizei als Behörde he­rangezogen werden kann, sodass sich die Kronzeugen auch an die Kriminalpolizei wen­den können.

Verbesserungswürdig ist unserer Meinung nach – so wie es auch die NEOS gesagt haben –, dass es in der Evaluierung zu wenig Transparenz gegeben hat und auch die Einbindung von Stakeholdern gefehlt hat. Wir sehen die Verlängerung der Regelung um sieben Jahre bis Ende 2028 als kleinen Schritt – wir werden ihm zustimmen –, aber wir wollen eine Dauerrechtslösung, und deshalb bringe ich seitens meiner Fraktion folgen­den Abänderungsantrag ein:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 214

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage 1175 d.B. betreffend ein Bundesge­setz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975 geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

In Z 4 betreffend Abs. 50 entfällt folgender Satz:

„§ 209 a und § 209 b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2021 treten mit Ablauf des 31. Dezember 2028 außer Kraft.“

*****

Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

18.48

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Yildirim, Mag. Drobits

Kolleginnen und Kollegen

betreffend den Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage 1175 dB be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975 geändert wird (1256 d.B.)

TOP 32

Der Nationalrat wolle beschließen:

In Z 4 betreffend Abs. 50 entfällt folgender Satz:

„§ 209a und § 209b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2021 treten mit Ablauf des 31. Dezember 2028 außer Kraft.“

Begründung

Die „großen Kronzeugenregelungen“ der § 209a und § 209b StPO traten erstmals mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 108/2010 („Strafrechtliches Kompetenzpaket“) vorläufig für einen Zeitraum von sechs Jahren ab 1.1.2011. Anschließend wurden die Normen wieder befristet in Kraft gesetzt. Diese neue Frist läuft mit Jahresende aus. Eine neuerli­che Befristung mit sieben Jahren erscheint aber verzichtbar, da sich die Regelungen in der Praxis bewährt haben.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Ragger. – Bitte.


18.48.26

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Frau Präsidentin! – Entschuldigung, ich habe erst mein I-Pad geraderichten müssen. Geschätzte Frau Ministerin! Ich darf natür­lich gleichfalls die Kronzeugenregelung unterstützen, muss aber auch historisch bedingt


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 215

auf unseren Altbundeskanzler Kreisky verweisen. Der hat einmal einen Satz geprägt, der so gelautet hat: C’est les professeurs qui endurent.

Wir gehen ins elfte Jahr dieser Kronzeugenregelung, und deswegen habe ich jetzt auch mein I-Pad zurechtgerückt: Es hat auch bereits im Jahr 2016 ein Handbuch zur Kronzeu­genregelung, zu den Bestimmungen § 209a und § 209b StPO, gegeben, wo wir eigent­lich diesen gesamten Evaluierungsprozess schon einmal haben ablaufen lassen. Daher finde ich es eigentlich schade, jetzt diese Chance vertan zu haben, hier eine endgültige klare Regelung zu einer Kronzeugenregelung zu finden – nämlich aus mehreren Punk­ten.

Erstens – wie es heute auch Kollege Margreiter klar formuliert hat –: Wenn man einen Kronzeugen in dieses Programm übernommen hat, weiß man nicht, was am Ende des Tages zivilrechtlich an schadenersatzrechtlichen Punkten auf einen zukommt – siehe jetzt nur das große Baukartell in Österreich.

Der zweite Punkt ist, dass ich als Kronzeuge an die Staatsanwaltschaft herantreten muss. Ich muss also sozusagen in einem Bittbrief an sie herantreten und muss mich als Kronzeuge verdienstlich machen, und dann, am Ende des Tages, habe ich nicht einmal die Möglichkeit – auch wenn die Staatsanwaltschaft mir das dann wirklich abgenommen hat, dass ich zusätzliche Informationen für die Aufklärung einer Straftat unterlegen kann –, dass ich letztendlich, wenn es zu neuen Tatsachen kommt, die nicht in meinem Verantwortungsbereich als Kronzeuge sind, noch immer davon zurücktreten kann, mich als Kronzeuge auszuwählen.

Das sind letztendlich rechtsunsichere Verbindungen, die zu einer Kronzeugenregelung führen, die eine typisch österreichische Lösung war, und daher auch nicht wirklich, wie es heute auch Kollegin Prammer gesagt hat, in dieses Gesetz implementiert worden sind. Das heißt, es ist ein Fremdkörper in der Strafprozessordnung, der dazu geführt hat, dass es zahnlos geblieben ist.

Wenn man wirklich ernsthaft darüber nachdenkt, vor allem im Hinblick auf kriminelle Or­ganisationen und vor allem Organisationen, die weit über den österreichischen Teller­rand hinausgehen, dann wird man sich darüber Gedanken machen müssen – und das ist der letzte Bereich –, wie man auch solche Personen schützt. Man denke im Grunde genommen nur an mafiöse Verbindungen, die einem als Kronzeugen letztendlich sogar nach dem Leben trachten werden.

Diese Regelungen sind alle unklar, und ich würde wirklich empfehlen, auch im Justizaus­schuss, dass wir am Ende des Tages hier eine klare gesetzliche Regelung ausführen und nicht noch einmal ein Handbuch evaluieren, das wir 2016 bereits abgeschlossen haben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.51


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Stocker. – Bitte.


18.51.32

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Meine Vorredner haben es ja schon ausgeführt: Diese Regelung gibt es mittlerweile seit über zehn Jahren, und wir alle hier sind uns wahrscheinlich einig, dass es nicht unbedingt eine Erfolgsgeschichte ist, was diese Regelung in der Vergangenheit ausgemacht hat.

Da lohnt es sich vielleicht, ein wenig zu reflektieren, warum es so ist, dass das keine Erfolgsgeschichte geworden ist. Ich empfehle jedem, dass er sich die Bestimmungen der §§ 209a und 209b StPO einmal ansieht, denn dann wird er sehen, an wie vielen Kriterien und an wie vielen Bedingungen das hängt. Es ist nicht unkompliziert geregelt,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 216

und ich sage ganz offen: Auch als Strafverteidiger wird man es sich wahrscheinlich mehrfach überlegen, ob man einem Mandanten anrät, diese Regelung in Anspruch zu nehmen, denn sie bietet relativ wenig Sicherheit für den, der sie in Anspruch nehmen will.

Das heißt, wenn ich mir diese Regelung vor Augen führe, dann komme ich auch zum zweiten Grund, warum ich glaube, dass es vielleicht nicht das geworden ist, was man von Beginn an erwartet hat: Es scheint ein bisschen so, als wäre das ein ungeliebtes Kind der Justiz, das man zwar geboren hat, aber nicht unbedingt so versorgt hat, dass es heranwachsen kann, und nicht so begleitet hat, dass es sich auch entwickeln kann. Das zeigt ja auch, dass es 2016 eine Novellierung gegeben hat, die im Wesentlichen auch keine Veränderung dieser Situation gebracht hat. Ich bin sicher, dass wir das, was heute beschlossen wird, auch nochmals besprechen, diskutieren und überlegen werden. Das zeigt ja auch, dass es eine Verlängerung dieser Regelung auf sieben Jahre gibt, wissend, dass da wahrscheinlich – meiner Meinung nach sogar mit Sicherheit – noch Regelungsbedarf vorhanden ist, damit es vielleicht doch ein geliebteres Kind der Justiz wird und dann im Ergebnis auch für die Strafrechtsverteidiger und für die Rechtsanwen­der und die -unterworfenen eine praktikablere Regelung ergibt.

In diesem Sinne: Es ist zu begrüßen, dass da jetzt die Kriminalpolizei als Anlaufstelle einbezogen wird, dass da auch über die Verbandsverantwortlichkeit eine Regelung ge­troffen wird, wie auch der Beitrag des Unternehmens, auch des Mitarbeiters, auch mit der Überlegung, ob das nicht besser im Verbandsverantwortlichkeitsgesetz geregelt wä­re. Das sind begrüßenswerte Änderungen, aber sicher nicht das Ende der Geschichte. – In diesem Sinne: ein Zwischenschritt. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Prammer.)

18.54


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Alma Zadić zu einer Stel­lungnahme zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.54.19

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Frau Präsidentin! Geschätzte Ab­geordnete! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Die Kronzeugenregelung ist und bleibt ein wichtiges Instrument im Kampf gegen die Korruption und die Wirtschaftskrimi­nalität. Sie trat – wie Sie bereits mehrfach gehört haben – 2011 in Kraft und kam insbe­sondere im Verfahren zur sogenannten Telekom-Affäre zur Anwendung.

Ja, sie wäre mit Ende des Jahres ausgelaufen, und es war uns ein großes Anliegen, diese Kronzeugenregelung zu verlängern, denn sie ist wichtig und sie wird auch ange­wendet. Wir haben im Justizministerium eine Befragung, eine sogenannte Evaluierung, durchgeführt bei den Behörden, die diese Regelung in der Praxis am häufigsten anwen­den, eben bei der WKStA, bei der Bundeswettbewerbsbehörde und auch beim Bundes­kartellanwalt. Es war wichtig, da aus der Praxis zu lernen und diese Regelung auch zu verbessern.

Insofern haben wir diese Regelung jetzt nicht nur verlängert – damit sie mit Ende des Jahres nicht ausläuft, sondern nahtlos weitergehen kann –, sondern wir haben sie auch in manchen Punkten verbessert. Es war nämlich immer ein Kritikpunkt, dass die Kron­zeugenregelung bisher nur für dieses Herantreten an die Staatsanwaltschaft offen war – wir erweitern das jetzt explizit auch auf die Kriminalpolizei. Und auch im Zusammenhang mit kartellrechtlichen Themen im Sonderfall der Kronzeugen haben wir Nachschärfun­gen vorgenommen.

Nichtsdestotrotz, und da gebe ich meinen Vorrednern und Vorrednerinnen vollkommen recht: Ja, diese Kronzeugenregelung braucht eine wesentliche Veränderung und Nach­besserung, damit sie in der Praxis auch häufiger angewendet wird. Da gibt es auch zahl­reiche Beispiele, an denen wir uns orientieren können, wie wir diese Regelung verbes­sern können, in unseren Nachbarstaaten. Deswegen wird auch begleitend mit der Ver­längerung eine Evaluierung vorgenommen werden, um auch die verschiedenen und


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 217

grundlegenden Änderungen zu diskutieren, um hier dann hoffentlich auch eine verbes­serte Lösung vorzuschlagen.

Nichtsdestotrotz ist diese Regelung eine wesentliche Erleichterung für die Ermittlungs­arbeit der Staatsanwaltschaften, sie ist ein wichtiges Instrument im Kampf gegen die Korruption, und ich hoffe sehr, dass sie auch eine breite Zustimmung hier im Parlament findet. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.57


Präsidentin Doris Bures: Danke.

Nun ist zu dieser Debatte niemand mehr zu Wort gemeldet, und daher ist sie auch ge­schlossen.

Ich frage die Frau Berichterstatterin, ob sie ein Schlusswort möchte. – Das ist nicht der Fall.

Auch hier verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Justizausschusses.

18.57.2533. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1178 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz, das Verwertungsgesellschaftenge­setz 2016 und das KommAustria-Gesetz geändert werden (Urheberrechts-Novel­le 2021 – Urh-Nov 2021) (1257 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zum 33. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Rednerin: Frau Abgeordnete Katharina Kucharowits. – Bitte.


18.57.48

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Frau Bundesmi­nisterin! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Stel­len Sie sich vor, Sie kreieren ein Produkt, das im Netz, im Internet, Anklang findet, Sie verkaufen es und bekommen aber bei einem mehrmaligen Verkauf nichts mehr, einfach nichts mehr! Das ist ungerecht, das ist ausbeuterisch und – ganz offen gesprochen – nicht hinzunehmen.

Genau so geht es aber UrheberInnen, so geht es KünstlerInnen. Auf Plattformen von Internetriesen werden zum Beispiel Filme gestreamt, und die FilmemacherInnen erhal­ten von den Internetriesen keinen einzigen Cent und schauen für ihr Produkt, das sie kreiert haben, für ihren Film, obwohl der tausendfach gestreamt ist, ganz klar durch die Finger, sie bekommen nichts.

Wollen wir das? Wollen Sie das, dass Internetplattformen den KünstlerInnen und Urhe­berInnen nichts zahlen? – Wir wollen das nicht, definitiv nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wollen, dass Facebook, Google, Youtube und Co einen gerechten Beitrag an die UrheberInnen leisten und nicht nur von dem Angebot auf ihren Plattformen, das die KünstlerInnen erschaffen haben, profitieren, ohne eine direkte Vergütung an die Künst­lerInnen zu richten. Wir wollen ganz klar, dass die Internetplattformen – nicht wir Konsu­mentInnen, sondern eben die Internetriesen! – endlich zur Kasse gebeten werden und jenen, die den Content liefern, den KünstlerInnen, auch etwas zahlen, nämlich direkt und ohne Diskussion. (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Kollegen und Kolleginnen, dem ist aber nicht so und dem wird leider auch heute nicht gerecht werden, denn diese Ungerechtigkeit wird nicht ausgeräumt. Wir hät­ten das schaffen können, aber die ÖVP und die Grünen verhindern das erneut. Mit der


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 218

heutigen Debatte zur EU-UrheberInnenrechtsrichtlinie hier im Parlament – Sie wissen das – geht eine ganz, ganz lange Diskussion zu Ende, die in Europa geführt worden ist – erinnern wir uns! –: ganz klar gegen die Uploadfilter, wir als Fraktion waren da auch immer dagegen, wie viele junge Leute, die dagegen auf die Straße gegangen sind.

Wir haben heute die Debatte auch hier in Österreich, ganz verspätet, das muss man auch dazusagen, und jetzt gibt es ein Ende mit Schrecken, nämlich: Es gibt keine Direkt­vergütung durch Onlinekonzerne an KünstlerInnen. Das ist – noch einmal! – traurig und ungerecht. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.) KünstlerInnen schauen durch die Finger und die Riesen feiern das Ganze ab. Die heutige Form der Umsetzung dieser Richtlinie, diese Novelle, ist ganz klar abzulehnen. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Kulturschaffende sind dagegen Sturm gelaufen, sie sind nur leider nicht gehört worden. Sie sind von der Bundesregierung ignoriert worden (Zwischenruf der Abg. Steinacker), und damit gehen Sie, werte ÖVP und Grüne – ganz ehrlich –, vor den Onlineriesen ganz klar in die Knie, die werden das nämlich abfeiern, und verschlafen eindeutig auch das Digitalisierungszeitalter, und sie befördern Armut von KünstlerInnen. Werte Grüne, Ihnen ist eigentlich Fair Pay sehr wichtig, aber mit heute passiert auch hier das Gegenteil. (Beifall bei der SPÖ.)

Darüber hinaus sorgen Sie auch noch für Ungerechtigkeiten gegenüber den deutschen Künstlerinnen und Künstlern, denn in Deutschland gibt es diese Direktvergütung im Gesetz. Denken Sie nur an Koproduktionen! Das heißt, deutsche FilmemacherInnen, KünstlerInnen bekommen bei Koproduktionen die Direktvergütung, ÖsterreicherInnen nicht. Das ist ungerecht und unfair, aber anscheinend haben die Grünen die Anliegen der KünstlerInnen, ihre Ansprüche auf faire und angemessene Vergütung für den Koali­tionsfrieden an die ÖVP verkauft – das ist wirklich traurig –, nämlich auch entgegen dem, was als Versprechen in Ihrem Regierungsprogramm steht.

Ich appelliere aber abschließend erneut an Sie: Ziehen Sie Ihre heutige Zustimmung zurück – Frau Kollegin Blimlinger, ziehen Sie sie zurück! – und gewährleisten Sie den KünstlerInnen diese ihnen zustehende Direktvergütung von und durch Onlinekonzerne, weil sie ihnen ganz einfach zusteht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.01


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Mag.a Eva Blimlinger. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.01.43

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Es wäre halt schön, wenn Frau Kucharowits ein bisschen die Perspektive hätte, was tatsächlich in dem Gesetz steht.

Lassen Sie mich am Anfang so viel sagen: Es nimmt schon Wunder, dass die Gewerk­schaft für die Abschaffung des Kollektivvertrags im Bereich der Kunst und Kultur ist. (Zwischenruf der Abg. Kucharowits.) – Österreich ist das einzige Land, das diesen Kol­lektivvertrag hat. Sie wissen, dass es dieses Begehr gegeben hat: Wir wollen die Direkt­vergütung und dafür geben wir den KV auf! Ich meine, das muss man sich einmal vor­stellen, dass eine Gewerkschaft das ernsthaft verlangt. Ich wüsste kein anderes Land auf der Welt, wo das so ist. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Sie wissen aus dem Hearing, dass das in Deutschland mit der Direktvergütung über­haupt nicht funktioniert. Und es ist natürlich überhaupt nicht so, dass die Künstler nichts kriegen, ganz im Gegenteil, durch den Kollektivvertrag und gerade im Filmbereich ist abgesichert, dass sie etwas kriegen.

Ja, es wäre schön, wenn wir den Direktvergüter hätten, aber das haben wir nicht. Immer zu sagen, die Künstler und Künstlerinnen sind die Einzigen, die nichts kriegen, und


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 219

gleichzeitig zu sagen, es wird ungerecht verteilt, das geht sich nicht aus. Entweder man kriegt nichts, und wenn man nichts kriegt, kann man auch nichts verteilen, oder man kriegt doch etwas und es wird ungerecht verteilt.

Frau Kucharowits, es wäre also gut, wenn Sie sich Ihre Argumentation wirklich überlegen würden und genau lesen würden, was in dem Gesetz steht. Diese Umsetzung ist natür­lich höchst schwierig, weil es derart viele Interessen gibt, die sich auch in den unter­schiedlichen Parteien widerspiegeln, auch von den Generationen her. Bei uns ist klar, dass Süleyman Zorba die Netzgeneration vertritt und ich in einem hohen Maße, wenn man so will, die alte KünstlerInnengeneration vertrete. Das ist bei der ÖVP nicht anders: Da gibt es die Seite der Produzentinnen und Produzenten, aber mit Maria Großbauer auch jemanden, der die Künstler und Künstlerinnen vertritt.

Es ist also ein Gesetz und eine Umsetzung, wo wir versucht haben, einen möglichst großen Interessenausgleich zwischen den unterschiedlichen Parteien oder Gruppen zu finden, und das reicht eben von Netzleuten bis zu Produktionsfirmen.

Es ist auch nicht richtig, dass die Onlineplattformen nichts zahlen werden, ganz im Ge­genteil, sie werden in die Pflicht genommen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Da könnte man noch mehr machen, aber natürlich werden sie zahlen. Ich verstehe nicht, woher diese Ansicht kommt.

Ich denke, am besten zeigt sich an der Einführung der Bagatellgrenze, wie kompliziert die Geschichte ist. Welcher Bagatellgrenze? – Mit wie viel Sekunden ist etwas gratis, gratis sozusagen einerseits für mich als Userin, aber andererseits auch für die Person, die es hineinstellt? In der Diskussion in der EU gab es keine, da bedeutete der Begriff Bagatellgrenze eigentlich schon eine Niederlage. Es ging dann um ein ganzes Reper­toire, von 80 Sekunden bis 0 Sekunden. Produzenten, Verleger und KünstlerInnen wa­ren sich darin einig: 0 Sekunden; die Netzleute: 80 Sekunden, 60 Sekunden, 40 Sekun­den. Wir haben jetzt 15 Sekunden. Jetzt kann man natürlich sagen: Damit ist niemandem gedient!, ich würde jedoch sagen: Damit ist doch gedient, weil es sozusagen die unter­schiedlichen Interessen gibt.

Die Bagatellgrenze wird immer an der Entscheidung über das Zeigen eines Fußball-WM-Tors aufgehängt, und das ist kürzer als 15 Sekunden. Dagegen gab es, weil das gratis gezeigt wurde, einen Protest, weil es genau nicht geregelt ist. Das würde jetzt noch im­mer so sein, außer man würde es dann in Zeitlupe zeigen.

Lassen Sie mich noch ein paar Punkte sagen, die hier zusammenkommen! Es gibt den Zweckübertragungsgrundsatz. Es gibt die Verwertungsarten, die jetzt aufgezählt wer­den. Durch das Urhebervertragsrecht haben wir jetzt endlich einmal normiert, auch gesi­chert, dass es für Künstlerinnen und Künstler keine Knebelverträge mehr geben darf. Die Künstlerinnen und Künstler werden massiv gestärkt, auch wenn das Frau Abgeord­nete Kucharowits anders sieht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Unsere Interessen gelten den Künstlern und Künstlerinnen, und das haben wir auch ge­zeigt.

Das heißt, im Urhebervertragsrecht sind eine Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit und eine Auskunftspflicht normiert, die die Künstler und Künstlerinnen stärken. – Zum Netzbereich wird mein Kollege Zorba noch sprechen.

Lassen Sie mich abschließend sagen: Ich glaube, wir haben einen guten Weg gewählt, möglichst die Interessen abgeglichen, haben geschaut, dass möglichst alle gehört wer­den – denn auch das stimmt nicht, es hat nämlich unzählige Runden mit Künstlerinnen und Künstlern im Justizministerium gegeben.

Ich möchte mich auch ausdrücklich bei den Kollegen und Kolleginnen im Justizressort bedanken, die wirklich mit einer ausnehmend – wie soll ich sagen? – hervorragenden Expertise diesen Gesetzwerdungsprozess begleitet haben.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 220

Wenn Sie so wollen, bin ich deswegen zufrieden, weil alle unzufrieden sind, und wenn alle unzufrieden sind, heißt das, es wurde niemand bevorzugt, aber andererseits auf alle Rücksicht genommen. (Beifall des Abg. Stögmüller.)

In diesem Sinne bin ich im Übrigen nach wie vor der Meinung, dass die Windisch-Ka­serne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt werden soll. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

19.07


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Katharina Kucharowits zu Wort gemeldet. – Frau Kollegin, Sie kennen die Bestimmungen der Ge­schäftsordnung. Bitte schön.


19.07.43

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Frau Abgeordnete Blim­linger hat behauptet, dass die Gewerkschaften für die Abschaffung der Kollektivverträge sind.

Ich berichtige tatsächlich: Richtig ist vielmehr, dass die Gewerkschaften für Kollektiv­verträge sind. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Blimlinger – die Hand he­bend –: ... tatsächliche Berichtigung!)

19.08


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Harald Stefan. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.08.10

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wir haben gerade gehört, es sind alle unzufrieden mit dem Gesetz, und deswegen stimmt man dann zu – das ist eine Logik, die nicht unsere ist.

Es geht insbesondere um ein Thema, das ist der Umgang zwischen Künstlern, aber auch zwischen den Benützern und den großen Internetkonzernen, die ja eine unglaubliche Macht, eine geradezu monopolistische Macht haben. Es ist daher schon sehr problema­tisch, wenn diese Kunstwerke oder Werke an sich auf ihre Seiten stellen, das letztendlich gratis machen, aber über die Werbeeinnahmen das Geld kassieren. Da war natürlich eine Regelung notwendig.

Man hat hier jetzt einen Kompromiss gefunden, das wurde schon angesprochen, nämlich die sogenannte Bagatellgrenze, also 15 Sekunden kann man jetzt hochladen, ohne dass das etwa Kosten auslöst. Aber auch das ist natürlich schon sehr problematisch, weil in 15 Sekunden manche Dinge in Wirklichkeit schon erledigt sind, man denke an Tiktok oder ganz kurze Videos oder eine Torszene oder Ähnliches, da braucht man nicht länger als 15 Sekunden. Es ist die Frage, ob man damit in Wirklichkeit die Internetkonzerne nicht wieder aus ihrer Verpflichtung herauslässt und ihnen hier eine Hintertür offen lässt.

Ähnlich problematisch ist das sogenannte Pre-Flagging, das heißt, dass man im Vorhi­nein bereits erklärt, dass man hier einen Ausnahmetatbestand vom Urheberrecht hat, weil man da in Wirklichkeit eine Karikatur oder Parodie hineinstellt. Auch damit begibt man sich bereits der Verpflichtung, da dann die Urheberrechte einzuhalten, also das ist schon sehr problematisch.

Aber auf der anderen Seite müssen wir natürlich anerkennen, dass es sehr wichtig ist, dass es nicht zu den Uploadfiltern und dem damit zusammenhängenden möglichen Overblocking kommt, das heißt, dass die Internetkonzerne dann erst recht alles Mögliche aus Angst vor weiteren Konsequenzen aus dem Internet entfernen. Aber wir sind sehr skeptisch, dass diese Regelungen sinnvoll sind.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 221

Sehr problematisch ist zum Beispiel auch, dass jetzt ein Recht etabliert wurde, dass man aufgrund gewandelter Überzeugung sein Werknutzungsrecht im Nachhinein zurückrufen kann, das aber zum Beispiel nur bei Filmproduktionen nicht gilt, ohne sachliche Rechtfer­tigung. Also auch das ist sehr problematisch. Es ist auch zum Teil zu einem Gold Plating gekommen, weil man einfach im Gesetz angenommen hat, dass der Künstler immer der Schwächere ist, und das ist in der heutigen Zeit nicht mehr die Realität.

Insgesamt erscheint uns die Umsetzung der Richtlinie daher als missglückt, wir werden nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

19.11


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Johanna Jachs. – Bitte schön, Frau Kollegin.


19.11.21

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundes­minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Liebe Frau Bundesminister, du hast es im Vorfeld schon ein paar Mal angesprochen: Die Novelle des Urheberrechtes ist anscheinend die umfangreichste seit 1936, seit es dieses Gesetz gibt. Jetzt bin ich einfach einmal so frech und unterstelle dem Gesetzgeber, den damali­gen Gesetzgebern, also unseren Vorgängern, dass sie sich vielleicht nicht vorstellen konnten, dass jetzt, 85 Jahre später, Menschen zu Hause in ihren Wohnzimmern Musik produzieren, eigene Radiosendungen, also Podcasts, zu Hause produzieren oder auch Videofilmer werden und die eigenen Filme dann auf Youtube, Tiktok, Instagram und Co hochladen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, von Ihnen hat bestimmt auch schon jeder einmal ein Meme, also ein lustiges Bild, weitergeschickt oder selbst ein Video mit Hintergrundmusik produziert. Sie sehen also, es ist kaum mehr möglich, sich in den sozialen Netzwerken zu bewegen, ohne mit dem geistigen Eigentum anderer in Berührung zu kommen.

Wenn wir jetzt noch MusikerInnen, SchriftstellerInnen, Maler, Künstlerinnen und Künst­ler, Fotografen hinzunehmen, dann sehen Sie, in welchem Spannungsfeld wir uns hier bewegen, und das nur auf der Seite der Urheberinnen und Urheber. Es kommen dann auch noch die dazu, die das geistige Eigentum verwerten wollen, und zusätzlich auch noch die, die es nutzen wollen – und am besten so günstig wie möglich.

Ich denke, das zeigt ganz eindeutig, dass es da drei Ebenen gibt, drei Interessenlagen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, die aber alle mit dieser Novelle bedient werden müssen. Deswegen auch wirklich meine Hochachtung und mein Respekt an alle, die in diese Verhandlungen eingebunden waren. Diese waren sicher nicht einfach, das haben wir auch jetzt in der Debatte gehört, und darum Danke, dass das geglückt ist, dass dieses Gesetz nun zustande kommt, denn es ist ein guter Kompromiss.

Vielleicht kann ich auch noch kurz erläutern, warum es wirklich ein guter Kompromiss ist: weil eben drei Seiten eingebunden wurden. Liebe Kollegin Kucharowits, vielleicht sollten wir das Gesetz eventuell auch in UrheberInnenwerknützungsgesetz umbenen­nen. Vielleicht wird es dann auch für dich klar, dass eben mehrere Seiten in dieser Novelle berücksichtigt werden mussten. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Ruf bei der SPÖ: ... Konzerne ...!) Ich möchte es nur kurz hervorheben.

Wir verankern den Grundsatz der fairen und gerechten Entlohnung für die Künstlerinnen und Künstler im Gesetz. (Abg. Kucharowits: Nein!) Es kommt auch der Bestsellerpara­graf hinein. Wir verankern die Plattformenhaftung für Plattformen wie Youtube und Co, und wir ermöglichen es trotzdem, dass Nutzerinnen und Nutzer weiterhin unbürokratisch damit arbeiten können, es nutzen können, damit wir auch da das kreative Potenzial nicht einengen und nicht beschneiden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 222

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Verhandlungen zur Urheberrechts-Novelle laufen auf europäischer Ebene schon seit 2015. Wir sind jetzt leider schon ein paar Mo­nate mit der Umsetzung in Verzug, deswegen ist es auch gut, dass wir das Gesetz heute in dieser Form beschließen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

19.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Dr. Johannes Margreiter. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.14.56

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ja, das Urheberrecht ist bei uns Juristen im Vergleich, wenn das Mietrecht „Mensch ärgere Dich nicht“ ist, Schach. Also es ist schon eine komplexe Rechtsmaterie und eine spannende Rechtsmaterie, die nicht jedem – oft auch jungen Juristen in Ausbildung noch nicht – ganz begreiflich ist.

Worum geht es? – Für uns ist es selbstverständlich, dass ich, wenn ich ein fremdes Gut nutze, beispielsweise eine Wohnung, dafür etwas zu zahlen habe. Jetzt gibt es aber eben nicht nur materielle Güter wie eine Wohnung, sondern es gibt auch immaterielle Güter. Das sind die Werke der Kunst, sei es filmschaffend, sei es Musik, sei es bildende Kunst, und auch da ist es so, dass derjenige oder diejenige, die das Werk schafft, dessen Eigentümer ist. Das gehört ihm und ausschließlich ihm, und jede Nutzung dieser Werke geht grundsätzlich nur mit Genehmigung.

Jetzt wissen wir aber, wenn wir Radio hören, hören wir Musik von irgendwelchen Künst­lern; da zahlen wir ja nichts dafür, da fragen wir auch nicht, ob wir diese hören dürfen. Das funktioniert über die Verwertungsgesellschaften, die da die Rechte der Urheber wahrnehmen. In der Zwischenzeit gibt es auf dem Gebiet des Urheberrechts noch einen dritten großen Player außer den Verwertungsgesellschaften, den Labels und den Verla­gen, nämlich noch die großen Onlineplattformen, die uns Musik oder Fotos, was immer zur Verfügung stellen.

Es war höchst an der Zeit: Die EU hat da eine Richtlinie erlassen, die diesen neuen Verhältnissen gerecht wird. Sind die Tonträger oder die Datenträger jetzt eigentlich ent­materialisiert, so haben wir früher zumindest noch eine CD oder einen USB-Stick in der Hand gehabt, jetzt wird nur mehr gestreamt. Trotzdem darf uns das nicht darüber hin­wegtäuschen, dass dies rechtlich geschützte Rechtsgüter sind, die wir nicht so ohne Weiteres verwenden dürfen.

Hier bekennen wir uns einmal ganz klar dazu – und deswegen heißt das Gesetz so –, dass die Urheber natürlich diejenigen sind, die am Anfang stehen und die Anspruch da­rauf haben, dass sie für die Nutzung ihrer Werke, für die Nutzung der Produkte ihrer Arbeit auch anständig entlohnt werden. Wir bekennen uns daher auch zum Direktvergü­tungsanspruch. Ohne den geht es nicht.

Wir haben ja jetzt schon mehrere Debatten geführt, wir haben Podiumsdiskussionen ge­führt. Wenn hier in der Debatte immer wieder der Hinweis auf die Kollektivverträge kommt, so muss ich dazu schon bemerken, das sind ja zwei gänzlich verschiedene Paar Schuhe.

Im Kollektivvertrag für Künstler, für Filmschaffende wird etwas geregelt, wenn sie in einem Arbeitsverhältnis tätig sind; beispielsweise § 20 des Kollektivvertrages für Musi­ker – nur zur Erläuterung – verweist sogar, was die Radio- und Schallplattenaufnahmen betrifft, genau auf das Urheberrecht, auf das Urheberrechtsgesetz.

In § 18 des Kollektivvertrages für Filmschaffende ist genau geregelt, wenn das geistige Eigentum zur Verfügung gestellt wird, dass der Arbeitnehmer dann verpflichtet ist, den


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 223

Arbeitgeber zu informieren, aber das regelt nicht seine Vergütung. Er kriegt für seine Arbeitsleistung bezahlt, Kollektivvertrag ist also Arbeitsvertragsrecht. (Zwischenruf der Abg. Blimlinger.) Das hat aber nichts damit zu tun, dass er, wenn er selber noch Ur­heber ist, dann noch einen gesonderten Vergütungsanspruch hat. Das ist so ähnlich wie, wenn ich in einem Lokal arbeite, das mir gehört, das ich an meinen Chef vermietet habe, einen Anspruch darauf habe, dass ich einen Arbeitslohn bekomme; aber eben dafür, dass ich mein Lokal zur Verfügung stelle, bekomme ich auch eine Vergütung, sprich Miete. Das heißt also, da soll man die Dinge nicht durcheinanderbringen.

Die VorrednerInnen, Kollegin Kucharowits insbesondere, auch Kollege Stefan, haben aufgezeigt, welche Probleme, welche Mängel in der Umsetzung – auch unseres Erach­tens – da zum Tragen kommen.

Ein kleines Detail noch: Was meines Erachtens auch überfällig wäre, aus dem Gesetz gestrichen zu werden, ist das ORF-Privileg, das in Zeiten eingeführt worden ist, in denen man mit Kabelfernsehen angefangen hat und den kleinen Gemeinden ermöglichen woll­te, im Wege des Kabelfernsehens die Investition zu tätigen. Deswegen gab es da das ORF-Privileg, aber das ist in der Zwischenzeit überholt.

Wir sehen uns nicht in der Lage, dem vorliegenden Gesetzentwurf zuzustimmen, weil eben doch insbesondere die Rechte der Urheber nicht ausreichend berücksichtigt und abgesichert sind. – Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

19.19


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Süleyman Zor­ba. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.19.52

Abgeordneter Süleyman Zorba (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Mit der vorliegenden Novelle passen wir das österreichische Urhebergesetz an das sich dyna­misch entwickelnde digitale und grenzüberschreitende Umfeld an. InteressenvertreterIn­nen der NutzerInnen, der Urheber und andere relevante Stakeholder sowie NGOs haben schon im zugrundeliegenden unionsrechtlichen Prozess hitzige Debatten zu den not­wendigen Änderungen geführt.

Auch in Österreich haben wir einen langen Prozess dazu durchlebt. Wie auch meine Kollegin Eva Blimlinger ausgeführt hat, war es uns ein sehr großes Anliegen, eine ausge­wogene Novelle vorzulegen. Bei der Regulierung der urheberrechtlichen Verantwortung großer Onlineplattformen (Abg. Kucharowits: Nur dann, wenn sie in Österreich ihren Firmensitz haben! Das ist der zentrale Punkt!) und der damit verbundenen Haftungsfra­gen war es uns wichtig, Safeguards gegen Overblocking zu implementieren, damit auch die Meinungsäußerungsfreiheit geschützt bleibt.

Als konkrete Maßnahme gibt es das sogenannte Pre-Flagging: NutzerInnen können be­reits beim Hochladen von Inhalten erklären, dass es sich im konkreten Fall um eine er­laubte Nutzung handelt, weil der Inhalt in Form eines Zitates, zur Kritik oder zur Satire geteilt wird.

Warum sind diese Safeguards gegen Overblocking wichtig? – Beispielsweise kam es in den USA zu Fällen, in denen PolizistInnen urheberrechtlich geschützte Musik während Demonstrationen abgespielt haben. Das Ziel dahinter war offenbar, es den Demonstrie­renden zu erschweren, Aufnahmen der Demos in sozialen Netzwerken zu verbreiten, da diese aufgrund der urheberrechtlich geschützten Musik im Hintergrund durch automati­sierte Systeme blockiert wurden. Deshalb ist es wichtig, Safeguards gegen die miss­bräuchliche Verwendung des Urheberrechts einzubauen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 224

Weiters sollen auch kleine Teile von Werken, also kurze Ausschnitte von Filmen oder Musik, nicht automatisch blockiert werden. Somit wird auch das Teilen und Erstellen von Memes oder Kurzvideos nicht verboten.

Für den Fall, dass Plattformen systematisch überbordende Blockingmaßnahmen setzen, die erlaubte Nutzung unterbinden, hat die zuständige Aufsichtsbehörde auch die Mög­lichkeit, ein Verfahren einzuleiten.

Zu guter Letzt möchte ich mich bei allen Stakeholdern und NGOs bedanken, die diesen Prozess maßgeblich unterstützt und begleitet haben. Wir konnten bei diesem durchaus heiklen Thema aus meiner Sicht eine sehr gelungene und ausgewogene Novelle vorle­gen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.22


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich nun Frau Bundesmi­nisterin Dr.in Alma Zadić zu Wort gemeldet. – Bitte schön.


19.22.29

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Herr Präsident! Geschätzte Da­men und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Seit vielen Jah­ren wird eine Modernisierung des Urheberrechts in Österreich gefordert. Die EU hat mit der Urheberrechtsrichtlinie Vorgaben gesetzt, die in nationales Recht umzusetzen sind. Auch im Regierungsprogramm finden sich einige Vereinbarungen in Richtung modernes Urheberrecht, dass unter anderem unfaire Knebelverträge verhindert werden sollen und die Position der Künstlerinnen und Künstler gegenüber den Produktions- und Vertriebs­gesellschaften gestärkt werden soll.

Über die vorliegende Regierungsvorlage kann man sehr wohl sagen, dass es sich um die größte Reform seit der Einführung des Urheberrechts 1936 handelt. Wir haben einen Gesetzentwurf für ein zukunftsweisendes Urheberrecht erarbeitet. Diese umfassende Reform berücksichtigt neue Entwicklungen rund um die Digitalisierung und schafft end­lich auch mehr Fairness für Kreative.

Im Vorfeld gab es einen breiten Erarbeitungs- und Verhandlungsprozess, in den ganz viele Expertinnen, Experten und Stakeholderinnen und Stakeholder eingebunden wur­den – von KünstlerInnen über InternetnutzerInnen bis hin zu Verlagshäusern und Film­produzentInnen. Wir haben versucht, alle mitzunehmen, um eine gute Balance zu finden, denn es ist gerade in diesem Bereich klar, wenn man auf der einen Seite etwas gibt, muss man automatisch auf der anderen Seite etwas wegnehmen. Daher war es einfach so wichtig, dass wir eine gut austarierte Balance finden. Ich glaube, wir haben es tatsäch­lich auch geschafft. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das ist auch der Grund, warum die Umsetzung etwas länger auf sich warten ließ. Wir waren verpflichtet, bis zum 7. Juni eine Umsetzung vorzulegen, aber es ist uns erst jetzt gelungen. Das ist auch gut so, denn wir haben uns die Zeit genommen, diese Regelung gut auszugestalten und eine wirklich gute Balance zu finden.

Diese Reform nimmt bei Urheberrechtsverletzungen vor allem die großen Onlineplattfor­men stärker in die Pflicht. Gleichzeitig wird auch ein starker innovativer Schutz für Nut­zerInnen eingeführt, damit insbesondere die Meinungsäußerungsfreiheit gewährleistet bleibt.

Zuletzt setzt der Entwurf eine jahrelange Forderung der Kreativen um – und das darf man nicht vergessen –, denn wir haben endlich ein Urhebervertragsrecht eingeführt. Da­mit wird die Position der Kreativen gegenüber den Produktions- und Vertriebsgesell­schaften wesentlich gestärkt und kann die kritisierte Praxis der sogenannten Knebelver­träge künftig verhindert werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 225

Die Urheberinnen und Urheber sollen auch künftig stärker finanziell von ihren Werken profitieren können und sich auch leichter aus langfristigen Verträgen lösen können. Ver­einigungen von Kreativen können in Zukunft branchenweite Richtlinien für eine gerech­tere Bezahlung ausverhandeln.

Ein paar Details, die veranschaulichen, warum dieser Entwurf die Urheberinnen und Ur­heber weitgehend stärkt, möchte ich schon noch nennen. Ich nenne den Grundsatz der angemessenen und verhältnismäßigen Vergütung, welchen wir in dieses Reformvor­haben reingeschrieben haben. Ein Vertragsanpassungsmechanismus bei unerwartetem Erfolg – das wurde schon erwähnt – ist eben dieser sogenannte Bestsellergrundsatz. Es gibt Auskunftsansprüche über die Verwertung von Werken und auch das Recht zur an­derweitigen Verwertung bei langer Verfahrensdauer. Damit geben wir den UrheberIn­nen, den Künstlerinnen und Künstlern und ihren Vertragspartnern aus der Kreativwirt­schaft endlich die Werkzeuge in die Hand, die sie brauchen, um faire Standards weiter­entwickeln zu können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, wie Sie sehen, handelt es sich bei diesem Gesetz um ein wirklich umfangreiches, komplexes und modernes Gesetzeswerk, mit dem das Urheber­recht ins digitale Zeitalter überführt wird.

Ich möchte diese Zeit auch nutzen, um mich wirklich bei allen zu bedanken, die an dieser Novelle mitgewirkt haben, denn es waren sehr, sehr viele Stakeholderinnen und Stake­holder eingebunden. Allen voran möchte ich mich bei Sektionschef Kathrein und Abtei­lungsleiter Auinger bedanken, die über Monate hinweg in stundenlangen Verhandlungen gesessen sind, um eine gute Lösung und eine gute Regelung zu finden. Besonders be­danken möchte ich mich auch bei Abgeordneter Blimlinger, die mir bei sehr vielen Ge­sprächen intensiv und konstruktiv zur Seite gestanden ist. – Vielen Dank und ich hoffe auf breite Zustimmung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.27


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Justizausschusses und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

19.28.0634. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1170 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz 1994, das Ei­senbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz, das Gaswirtschaftsgesetz 2011, das Reichshaftpflichtgesetz und das Rohrleitungsgesetz geändert werden (Mindest­versicherungssummen-Valorisierungsgesetz 2021 – MinVersValG 2021) (1258 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zum 34. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Kollegin Petra Bayr. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.28.26

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): „Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ec. verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolg­ter Zustimmung des Bundesrathes und des Reichstages, was folgt“ – geh bitte, geh bitte impfen! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Jakob Schwarz.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 226

Ich habe im Justizausschuss schon angekündigt, dass ich zu dieser Präambel und noch einigen anderen Kleinigkeiten im Reichshaftpflichtgesetz von 1871 einen Abänderungs­antrag einbringen werde.

Seit 1871 sind unter anderem die Erste und die Zweite Republik ausgerufen worden, und ich denke bei allem Verständnis für Rechtskontinuität, dass es unser republikani­sches Selbstverständnis gebieten sollte, dass wir nach der staatspolitischen Transfor­mation jetzt auch die semantische Transformation ins Heute schaffen.

Ich bringe daher folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Art. 4 lautet:

Das Gesetz betreffend die Verbindlichkeit zum Schadenersatz für die bei dem Betriebe von Eisenbahnen, Bergwerken etc. herbeigeführten Tödtungen und Körperverletzungen vom 7. Juni 1871, dRGBl. S. 207/1871, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 19/2017, wird wie folgt geändert:

1. „Der bisherige Kurztitel entfällt und nach dem Langtitel wird folgende Klammer ange­fügt: (ehemals Reichshaftpflichtgesetz).“

2. Die Präambel entfällt.

3. In § 7a wird der Betrag von „130 000 Euro“ durch den Betrag von „140 000 Euro“ er­setzt.

4. In § 7b Abs. 1 und 2 werden die Beträge von „1 300 000 Euro“ jeweils durch die Be­träge von „1 340 000 Euro“ ersetzt.

5. Nach dem § 9f wird folgender §9g angefügt: „§ 9g. § 7a und § 7b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. ##/2021 treten mit 1. April 2022 in Kraft. Die geänderte Bestimmung ist nur auf Schadensereignisse anzuwenden, die sich nach dem 31. März 2022 ereignet haben.“

6. In Art. 3 entfällt die Wortfolge:

„Für die Alpen- und Donau-Reichsgaue und für den Reichsgau Sudetenland gilt folgen­des:“

*****

Republikanisches Selbstverständnis habe ich gesagt. Ich weiß, dass die Regierungspar­teien diesem Abänderungsantrag nicht zustimmen werden (Zwischenruf bei der SPÖ), und ich bin schon ausgesprochen gespannt darauf, wie meine nachfolgende Rednerin von der ÖVP begründen wird, warum sie das nicht tun. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Steinacker.)

19.31

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Bayr MA MLS

Kolleginnen und Kollegen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 227

betreffend den Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage 1170 dB betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz 1994, das Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz, das Gaswirtschaftsgesetz 2011, das Reichshaftpflichtgesetz und das Rohrleitungsgesetz geändert werden (Mindestversiche­rungssummen-Valorisierungsgesetz 2021 – MinVersValG 2021) (1258 d.B.)

TOP 34

Der Nationalrat wolle beschließen:

Art. 4 lautet:

Das Gesetz betreffend die Verbindlichkeit zum Schadenersatz für die bei dem Betriebe von Eisenbahnen, Bergwerken etc. herbeigeführten Tödtungen und Körperverletzungen vom 7. Juni 1871, dRGBl. S. 207/1871, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 19/2017, wird wie folgt geändert:

1.    „Der bisherige Kurztitel entfällt und nach dem Langtitel wird folgende Klammer ange­fügt: (ehemals Reichshaftpflichtgesetz).“

2.    Die Präambel entfällt.

3.    In § 7a wird der Betrag von „130 000 Euro“ durch den Betrag von „140 000 Euro“ ersetzt.

4.    In § 7b Abs. 1 und 2 werden die Beträge von „1 300 000 Euro“ jeweils durch die Beträge von „1 340 000 Euro“ ersetzt.

5.    Nach dem § 9f wird folgender § 9g angefügt: „§ 9g. § 7a und § 7b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. ##/2021 treten mit 1. April 2022 in Kraft. Die ge­änderte Bestimmung ist nur auf Schadensereignisse anzuwenden, die sich nach dem 31. März 2022 ereignet haben.“

6.    In Art. 3 entfällt die Wortfolge:

„Für die Alpen- und Donau-Reichsgaue und für den Reichsgau Sudetenland gilt folgen­des:“

Begründung

Mit diesen Änderungen soll das bestehende Gesetz den Selbstverständlichkeiten einer demokratischen Republik angepasst werden.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht, er steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Mag.a Corinna Scharzenberger. – Bitte schön, Frau Abgeordnete. (Zwischenrufe der Abgeordneten Matznetter und Deimek.)


19.31.49

Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Justizministerin! Hohes Haus! Meine Vorrednerin, Kollegin Bayr, hat es eh schon ausge­führt: Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es um eine EU-Richtlinie, die vorsieht, dass alle fünf Jahre die Mindestdeckungssummen im sogenannten Mindestversicherungs­summen-Valorisierungsgesetz 2021 angepasst werden.

Ganz konkret erhöhen sich die Mindestdeckungssummen durch die vorgeschriebene In­dexanpassung um 2,4 Prozent. Das heißt, die Mindestdeckungssummen betragen künf­tig 1,3 Millionen Euro pro Unfallopfer beziehungsweise gesamt 6,45 Millionen Euro je


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 228

Schadensfall und 1,3 Millionen Euro für Sachschäden. Es soll also durch diese Index­anpassung, und zwar ohne dass die Prämien für Versicherungsnehmer erhöht werden, ein unionsrechtskonformer Zustand hergestellt werden, damit wir dieser EU-Richtlinie auch entsprechen. Der Maßstab dafür ist der harmonisierte Verbraucherpreisindex. Das ist die Grundlage für eine vergleichbare Messung der Inflation in Europa und somit der Geldwertstabilität in der Eurozone. Das ist ein wichtiger Parameter, weil bei einem Sach­schaden ja der Zeitwert relevant wird, und durch die Inflation wird der Zeitwert größer. Dementsprechend müssen Versicherungssummen angepasst werden, damit man noch ausreichend versichert ist.

Zum Abänderungsantrag der SPÖ: Frau Kollegin Bayr, Sie haben im Justizausschuss schon angekündigt, dass Sie besagte Änderung einbringen wollen. Sie haben es damals schon gewusst, Sie haben es aber zu kurzfristig eingebracht, nämlich erst gestern am Abend. Aus diesem Grund stimmen wir heute nicht zu. Ich möchte aber ausdrücklich festhalten, dass wir gesprächsbereit sind. (Zwischenruf des Abg. Keck. – Abg. Bayr: Gesprächsbereit? ... der Reichsgauen? Cool!)

Neben der inhaltlichen und, ich gebe zu, sehr technischen Erläuterung dieser Richtlinie ist es mir wichtig, noch einmal zu betonen, dass mit dieser Umsetzung der Richtlinie keine Prämienerhöhung für die Versicherungsnehmer zu erwarten ist, weil unsere Versi­cherungen in der Praxis bei ihren Verträgen sowieso von höheren Deckungssummen ausgehen. Ich wiederhole es, weil wir wollen, dass den Bürgerinnen und Bürgern in Ös­terreich mehr im Geldtascherl übrig bleibt.

Corona hat ohnehin schon viele in eine finanziell prekäre Lage gebracht, und als Volks­partei wirken wir dem gemeinsam mit unserem Koalitionspartner entgegen. Deswegen haben wir auch umfassende Hilfsmaßnahmen in dieser Zeit beschlossen. Die Kurzarbeit zum Beispiel hat sich als eine der erfolgreichsten Krisenmaßnahmen bewährt, wir ver­längern diese bis Ende März 2022. Mit der Saisonstarthilfe für Tourismusbetriebe halten wir die Saisonarbeitskräfte in den Betrieben. Auch Ausfallsbonus, Verlustersatz und Här­tefallfonds wurden verlängert.

Abseits der Pandemie ist es unser Anspruch, dass die arbeitenden Menschen in unse­rem Land von ihrem Lohn leben können müssen. Alle, die einen Beitrag leisten, werden entlastet, und zwar durch die ökosoziale Steuerreform. Wir lassen uns also nicht aufhal­ten, unsere Arbeit für Österreich fortzusetzen. Wir werden weiterhin alles für die Men­schen in unserem Land tun, und das aus Verantwortung für Österreich. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.35


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist offenbar nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Justizausschusses und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

19.35.4535. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 2094/A der Abgeordneten Mag. Mi­chaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz, die Rechtsanwaltsordnung, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechts­anwaltsanwärter, das Zivilrechts-Mediations-Gesetz und das Zweite Bundes­rechtsbereinigungsgesetz geändert werden (1259 d.B.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 229

36. Punkt

Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundesgeset­zes, mit dem das Parteiengesetz 2012, das Presseförderungsgesetz 2004, das Pub­lizistikförderungsgesetz 1984 und das ORF-Gesetz geändert werden (1260 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 35 und 36 der Tages­ordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde wieder einmal verzichtet.

Zu Wort gelangt Mag. Christian Ragger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.36.41

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minis­terin! In aller Kürze – ich möchte jetzt nicht noch zusätzlich verlängern –: Natürlich gibt es eine breite Mehrheit zur Verlängerung dieser Coronaregelungen, weil – ich sehe es auch selbst an der Bilanzerstellung der Steuerberater – es notwendig ist, dass man das Gesetz erstreckt und aufgrund der Viren, der Coronazeit in verschiedenen einzelnen Gesetzesmaterien mehrere Novellierungen und Verlängerungen vornimmt, wie zum Bei­spiel bei den Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern eine Verlängerung bis 30. Juni 2022, Änderungen des Zivil- und Mediengesetzes und vor allem – wo es sehr problematisch, unseres Erachtens auch im Gesellschaftsrecht sehr problematisch erscheint – im Be­reich der GmbH, Kapitalgesellschaften und Genossenschaften, da vor allem, dass man in diesem Bereich unter anderem Videoeinschaltungen heranziehen kann, die nicht un­problematisch sind, vor allem bei Hauptversammlungen. Daher haben wir auch unsere Bedenken.

Ich möchte trotzdem auch diesen Tagesordnungspunkt nutzen, um darauf hinzuweisen, dass es einfach unbegreiflich ist, was sich gerade in Österreich abspielt, und noch einmal darauf hinweisen, dass es einen offenen Brief an den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer gegeben hat, mit über 150 Unterschriften von Ärztinnen und Ärzten, die jetzt mit derartig massiven Repressalien zu rechnen haben, und dass heute sogar der erste Arzt, Dr. Andreas Sönnichsen – ich nenne ihn beim Namen –, einfach suspendiert worden ist, weil er sich erlaubt hat, seine Meinungsfreiheit auszuüben. (Rufe bei SPÖ und Grünen: Nein! – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Nicht nur er ist suspendiert worden, sondern darüber hinaus auch noch zwei weitere Ärzte. Wenn das der Fall ist, dass es in Österreich an der Tagesordnung ist, dass wir nicht mehr unsere eigene Meinung sagen dürfen, dann sind wir in einem totalitären Staat angekommen. (Beifall bei der FPÖ.)

19.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Petra Bayr. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.38.50

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu meinem Vorredner: Wenn wir in einem totalitären Staat wären, dann wären viele Leute jetzt ganz woanders und nicht bei irgendwelchen Demonstrationen (Zwi­schenruf des Abg. Amesberger) oder sonst irgendwo und hätten nicht die Meinungsfrei­heit, die sie haben (Zwischenruf des Abg. Kassegger) – so viel nur dazu gesagt.

Eltern – in weit überwiegendem Maße sind es Frauen –, die um Unterhalt streiten müs­sen, sind sehr oft von Unterhaltsvorschüssen abhängig. Mit der in Verhandlung stehen­den Gesetzesmaterie sollen unter anderem die Gerichtsgebühren für die Beantragung von Unterhaltsvorschuss fallen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 230

Ich weiß, dass im Ministerium eine Arbeitsgruppe zum Thema Kindschaftsrecht werkt und versucht, da neue Vorschläge zu machen, aber ganz egal, was bei dieser Arbeits­gruppe herauskommt, und ganz egal und unabhängig davon, was wir dann hier be­schließen werden, denke ich mir, es wäre wichtig und würde den Betroffenen die Sache sehr erleichtern, wenn wir diese Regelung des Entfalls der Gerichtsgebühren dabei ins Dauerrecht übernehmen würden und das nicht mit 30.6.2022 wieder außer Kraft tritt.

Ich bringe daher folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

In Art. 2 entfällt in der Z 1 betreffend § 17 Abs. 8 der letzte Satz.

*****

Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

19.40

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Bayr MA MLS

Kolleginnen und Kollegen

betreffend den Bericht des Justizausschusses über den Antrag der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz, die Rechtsan­waltsordnung, das Diziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das Zivilrechts-Mediations-Gesetz und das Zweite Bundesrechtsbereinigungsgesetz geän­dert werden (1259 d.B.)

TOP 35

Der Nationalrat wolle beschließen:

In Art. 2 entfällt in der Z 1 betreffend § 17 Abs. 8 der letzte Satz.

Begründung

Mit dieser Änderung soll die betreffende Bestimmung in das Dauerrecht übernommen werden.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht, er steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Dr. Christian Stocker. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.40.27

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren, die Sie diese Sitzung verfolgen! Ja, wir alle hätten uns ge­wünscht, dass wir heute nicht hier stehen müssen und eine Verlängerung einer Frist


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 231

beschließen müssen, die der Pandemie geschuldet ist. Das ist die bittere Wahrheit. Wir verlängern in Wahrheit jene Fristen, die wir in vielen Bereichen eingeführt haben – bei der Justiz, im Gesellschaftsrecht bis zu den Vereinen, aber auch bis zu den Kammern ‑, um ein halbes Jahr, damit die Funktionsfähigkeit dieser Organisationen sichergestellt ist, damit – und wir alle haben damit ja wahrscheinlich in den letzten Jahren unsere Erfah­rungen gemacht – mittels Videokonferenzen und anderer technischer Möglichkeiten der Betrieb aufrechterhalten werden kann. So gesehen scheint das ein Routineantrag zu sein.

Mich verwundert aber ein wenig, dass Sie, Herr Kollege Ragger, jetzt meinen, es sei ganz verwerflich, dass eine Suspendierung ausgesprochen wurde. Ich verstehe das so, dass Suspendierungen ja der Disziplinargewalt der Selbstverwaltung der Kammern ob­liegen und es gerade nicht die Aufgabe dieses Hauses ist, über derartige Suspendie­rungen zu entscheiden. Im Übrigen, Frau Bundesminister, muss ich sagen, wenn wir unseren Verantwortungsbereich ansehen, fallen mir andere Suspendierungen ein, mit denen ich größere Probleme habe als mit jenen, die Kollege Ragger hier angesprochen hat. Das heißt, für mich ist schon bemerkenswert, dass hier von einem Freiheitlichen die Selbstverwaltung ein wenig infrage gestellt wird, denn im Rahmen derer wird entschie­den, wer beruflich tätig ist und ob ein Disziplinarverfahren ins Laufen kommt. (Abg. Hau­ser: Das kann man doch nicht so stehen lassen bitte!) – Ob Sie es stehen lassen können oder nicht, Sie müssen sich dafür entscheiden: Wollen Sie eine Selbstverwaltung haben oder wollen Sie sie nicht haben? Wenn Sie als Freiheitlicher sagen, die Selbstverwaltung ist Ihnen das wert, dass Sie das aufgeben, und Sie wollen eine staatliche Regelung der freien Berufe (Abg. Hauser: ...! Das ist ja unfassbar!), dann sage ich Ihnen, da werden Sie mit mir keinen Freund haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Hauser: ... eine Schande! Was ist jetzt los mit euch?)

Das heißt, das, was wir jetzt machen, ist etwas, das wir hoffentlich nicht wiederholen müssen – dass wir nämlich diese Fristverlängerung nach einem halben Jahr auslaufen lassen können, damit wir auch in diesen Bereichen unser altes Leben wieder zurücker­halten. (Beifall bei der ÖVP.)

19.42


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wie vereinbart verlege ich auch diese Abstimmungen an den Schluss der Verhand­lungen über die Vorlagen des Justizausschusses und fahre in der Erledigung der Ta­gesordnung fort.

19.43.1137. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 302/A(E) der Abgeordneten Chris­tian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umbenennung der „Justizwa­che“ in „Justizpolizei“ (1261 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zum 37. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Christian Lausch. – Sie sind am Wort. Bitte schön.


19.43.43

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Wir dis­kutieren jetzt meinen Antrag 302/A(E) betreffend Umbenennung der Justizwache. Ich erkläre kurz, wie es zu diesem Antrag gekommen ist und warum dieser Antrag sehr wohl


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 232

seine Berechtigung hätte. Ich kann nur wieder einmal, wie schon im Ausschuss, in dem dieser Antrag leider Gottes keine Mehrheit gefunden hat, um das einmal so zu sagen, kurz erklären, worum es geht.

2013 wurde die sogenannte Kiab – keiner hat wirklich gewusst, was das ist; das war die Kontrolle illegaler Ausländerbeschäftigung – in Finanzpolizei umbenannt. 2019 erfolgte die Umbenennung der Militärstreife in Militärpolizei. Sie können mir auch glauben, dass dies nicht aus Jux und Tollerei erfolgt ist, sondern dass das natürlich einen tiefergrün­digen Sinn hat: Das Wort Polizei in der Namensbezeichnung sichert auf Ewigkeiten den Exekutivstatus für diesen Wachkörper. Darum wäre es auch endlich angebracht, mit der Zeit zu gehen und das nicht ins Lächerliche zu ziehen.

Im Ausschuss gab es Bedenken, unsere Personalvertretung von Rot und Schwarz habe Angst, dass dieser Wachkörper dann zum Innenministerium ressortieren würde. Das ist natürlich ein Unsinn in sich, denn die Kiab gehört auch als Finanzpolizei nach wie vor zum Finanzministerium und die Militärpolizei zum Bundesministerium für Landesverteidi­gung. Also das sind nur Ausflüchte, und das kommt von Leuten, die eben nicht über den Tellerrand hinausschauen.

Frau Bundesministerin, Sie haben schon des Öfteren geäußert, es ist so schwer, Per­sonal für die Justizwache zu finden. – Das wäre ein Ansatz! Ob die Justizwache jetzt Justizpolizei oder Vollzugspolizei heißt, ist egal, eine derartige Bezeichnung sichert un­widerlegbar den Exekutivstatus.

Frau Bundesministerin, ich kenne Sie noch aus der Zeit, als Sie Abgeordnete waren, und ich glaube Ihnen auch, dass Sie auf Ihren Wachkörper oder – sagen wir es besser so – Exekutivkörper in Ihrem Hause stolz sind, aber Sie müssen jetzt auch irgendwann einmal beginnen, Maßnahmen zu setzen, um das nicht wie Ihre Vorgängerinnen und Vorgänger in leere Worthülsen zu verpacken, und zu sagen: Ja, ich habe im Haus einen Exekutivkörper, ich will ihn wie die Finanz, wie das Bundesheer langfristig sichern, und ich denke so eine Umbenennung, die wenig kostet, an: nicht mehr Wache, sondern ein­fach Vollzugspolizei, Justizpolizei, wie immer man will, da ist man offen, darüber kann man diskutieren. – Es wäre wichtig, diesen Schritt in die richtige Richtung zu gehen und so auch einmal etwas für den Exekutivkörper, den man im Ministerium hat, zu tun. Das würde nicht viel kosten.

Abschließend noch zu diesen beiden Berufsbildern (mit jeder Hand eine Klarsichthülle mit ein paar Zetteln in die Höhe haltend), auch an die Fraktionen Rot und Schwarz ge­richtet, zu den sogenannten Berufsbildern der Polizei und der Justizwache: Wenn Sie sich das anschauen, werden Sie merken, dass zu über 90 Prozent, komplett beschrie­ben, beide Berufsbilder identisch sind. Dann können Sie auch nicht erklären, warum Sie bei der Polizei das Wort Polizei zulassen und bei der Justiz die Bezeichnung Justizwache bleiben muss. Mit diesem Wort kann man den Exekutivstatus immer infrage stellen. Das wollen viele Justizwachebeamte nicht, sie würden sich eine Umbenennung wünschen.

Man könnte dieses Thema einmal breiter diskutieren, und ich denke, das wäre ein Wink in die richtige Richtung, Frau Bundesminister, dass Sie das endlich einmal angehen soll­ten. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

19.47


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag.a Agnes Sirkka Prammer. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.48.07

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich glaube, es ist kein Geheimnis – ich habe es hier von dieser Stelle aus auch schon


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 233

sehr oft gesagt –, dass ich die Justizwache an sich und auch die einzelnen Mitarbeite­rinnen und Mitarbeiter, die dort Dienst tun, sehr, sehr schätze. (Zwischenruf des Abg. Lausch.) In ihrer Funktion als Justizwache machen sie wirklich einen großartigen Job. (Abg. Lausch nickt.)

Es ist keine Frage, dass man mehr tun muss, um dort gutes Personal zu rekrutieren, um das bestehende Personal in der ständigen Überlastung einfach auch zu unterstützen, um ausreichend Menschen dorthin zu bekommen, um diese wirklich schwierige und auch extrem wichtige Arbeit zu machen. (Abg. Lausch: Das macht sie auch nicht!) Darin sind wir uns vollkommen einig, und das habe ich auch schon bei mehreren Gelegenhei­ten gesagt, das ist auch mir ein sehr großes Anliegen. Aber auf diese Art und Weise? – Das hat einfach weder Hand noch Fuß. Man kann nicht durch Vorgaukelung falscher Tatsachen Menschen in einen Beruf bringen, den sie sich dann nicht erwarten.

Sie wollen eine Justizwache, einen Wachkörper, in Polizei umbenennen, obwohl es keine Polizei ist. Wozu? Wozu? (Abg. Lausch: Exekutive ist Exekutive!) Sie machen den Leuten ein X für ein U vor – und glauben, dass die dann erfüllt ihren Job machen? – Nein, ganz im Gegenteil! Es ist wichtig, darüber aufzuklären, was die Justizwache macht, was sie für wichtige Arbeit macht, was es dort für großartige Betätigungsmöglichkeiten gibt. Es ist wichtig, dass man dafür sorgt, dass dort auch interne Aufstiegsmöglichkeiten gegeben sind. All das hat die Frau Bundesministerin auch bereits auf den Weg gebracht. Das sind die richtigen Maßnahmen und die richtigen Zugänge, aber nicht eine Umbenen­nung, die in Wirklichkeit eine Irreführung ist. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

19.50


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bettina Zopf. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.50.15

Abgeordnete Bettina Zopf (ÖVP): Sprache bedeutet Wirklichkeit. Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zu­seherinnen und Zuseher, auch auf der Galerie! Es geht hier um einen Antrag von Kolle­gen Lausch, der die Justizwache gerne in Justizpolizei umbenennen möchte. Wir lehnen diesen Antrag ab. Insbesondere möchte ich jedoch darauf hinweisen, dass wir alle Be­diensteten, die in der Justizwache tätig sind, sehr schätzen. (Abg. Lausch: Da haben sie nichts davon!) Eine Namensänderung bringt den Bediensteten wohl nicht wirklich etwas. (Abg. Lausch: Doch, sicher!) Diese Meinung teilt mit uns auch die Personalver­tretung bis auf die FPÖ-nahe Fraktion AUF. Wir haben also auch den sozialen Dialog berücksichtigt und uns nach der Mehrheit der Dienstnehmervertretung gerichtet. (Abg. Lausch: Das macht es aber jetzt nicht besser! Rot und Schwarz ...!)

Lieber investieren wir das Geld in die Sicherheit unserer Bediensteten, als dass wir alles neu anschaffen müssen, weil wir einen neuen Namen draufschreiben. Aus unserer Sicht, Herr Kollege Lausch, decken sich die aktuellen Bezeichnungen mit den Wahrnehmun­gen in der Bevölkerung. Die Polizei rufen wir zu einem Verbrechen, oder sie hilft bei einem Unfall. Der Justizwachebeamte bewacht unsere Gerichte und Justizanstalten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Lausch: Militärpolizei! Finanzpolizei!)

Herr Kollege Lausch, Sprache bedeutet Wirklichkeit. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Daher halten wir es nach wie vor für richtig, diesen Wachkörper auch weiterhin so zu benennen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

19.52


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Nein, das wünscht sie nicht.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 234

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Justizausschusses und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

19.52.2538. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1941/A der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe be­drohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, und das Bun­desgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Drogenausgangsstoffe (Sucht­mittelgesetz – SMG), BGBl. I Nr. 112/1997, geändert werden (1262 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 38. Punkt der Tagesordnung. (Abg. Kirchbaumer: Ha!) – Ist etwas passiert? (Abg. Kirchbaumer schüttelt den Kopf.) – Es ist nichts passiert.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Mag. Harald Stefan. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.53.05

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! In unserem Antrag geht es da­rum, dass es uns ein Anliegen ist, den Suchtgiftmissbrauch und vor allem den Suchtgift­handel konsequent bekämpfen zu können. In den letzten Jahren wurden hier leider zwei Gesetzesänderungen gegen die Stimmen der FPÖ beschlossen, die die Verfolgung ins­besondere der Dealer sehr erschwert haben.

Es geht darum, dass einerseits die Gewerbsmäßigkeit so stark verändert wurde, dass sie fast nicht mehr anwendbar ist, und andererseits eine Regelung getroffen wurde, dass bei Besitz von Kleinstmengen an Drogen der Eigenverbrauch angenommen wurde und man daher keine Verfolgungshandlung mehr gesetzt, sondern nur noch eine Koopera­tion mit den Gesundheitsbehörden angestrebt hat.

Ich darf vielleicht kurz erläutern, was der Unterschied ist. Die ursprüngliche Gewerbsmä­ßigkeit, wie sie bis zu dieser Gesetzesänderung formuliert war, hat geheißen: „Gewerbs­mäßig begeht eine strafbare Handlung, wer sie in der Absicht vornimmt, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.“ – Das war völlig klar und schlicht.

Die derzeitige gesetzliche Regelung heißt aber: „Gewerbsmäßig begeht eine Tat, wer sie in der Absicht ausführt, sich durch ihre wiederkehrende Begehung längere Zeit hin­durch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen“ – das muss jetzt also 400 Euro pro Monat umgerechnet auf das ganze Jahr sein – „unter Einsatz besonderer Fähigkeiten oder Mittel [...], die eine wiederkehrende Begehung nahelegen, oder [...] zwei weitere solche Taten schon im Einzelnen geplant hat oder [...] bereits zwei solche Taten begangen hat“. – Dann wird noch darauf hingewiesen, dass die Taten in­nerhalb von einem Jahr wieder verfallen.

Das ist also völlig unanwendbar und hat dazu geführt, dass in Wirklichkeit die Verfolgung von Dealern eben nicht mehr möglich war. Früher konnte dann wenigstens Untersu­chungshaft verhängt werden. Das ist nicht mehr möglich. Es haben dann vor allem etli­che Polizisten, unter anderem auch der Wiener Polizeipräsident Pürstl, darauf hingewie­sen, dass das ein Sicherheitsfiasko ausgelöst hat, dass die Dealer die Polizisten aus­lachen, weil sie genau wissen, dass die Polizisten da nichts mehr tun können. Sie über­legen dann schon, ob sie überhaupt eine Anzeige machen sollen, weil sie gar nicht wis­sen, ob das überhaupt zu einer Verfolgungshandlung führt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 235

Daher sind wir der Meinung, man kann durchaus einmal zugeben, dass man einen Feh­ler gemacht hat, dass die Realität gezeigt hat, dass die Gesetzesänderung, die man vorgenommen hat, zu einer negativen Entwicklung geführt hat. Man zeigt dadurch Größe und anerkennt, welch wichtiger gesellschaftspolitischer und gesellschaftlicher Beitrag es ist, wenn man den Drogenmissbrauch stark einschränkt.

Es sind davon im Wesentlichen junge und sogar oft sehr junge Menschen betroffen. Wenn wir hier einen sinnvollen Beitrag leisten und den Behörden die Möglichkeit geben, das wirklich sinnvoll und auch konsequent zu verfolgen, ist es nur positiv. Ich hoffe also, dass Sie diese Größe zeigen und hier mit uns mitgehen. (Beifall bei der FPÖ.)

19.56


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Carina Reiter. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.56.41

Abgeordnete Carina Reiter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer! Basierend auf der Straf­rechtsreform 2016 schaut die aktuell geltende Rechtslage so aus, dass der Besitz von Kleinstmengen an Drogen für den Eigenverbrauch nicht automatisch zu einer Anzeige führt, wenn die Täter mit den Gesundheitsbehörden kooperieren. Das österreichische Recht sieht bei drogenkonsumierenden Rechtsbrechern verschiedene Alternativen zur Bestrafung vor. Die reine Bestrafung bringt bei Suchtkranken oft keine Einsicht oder Än­derung des Verhaltens. Darum gilt da der Grundsatz Therapie vor Strafe.

Die Ursachen für die Entwicklung von Suchtproblemen liegen nicht nur an der Verfüg­barkeit von psychoaktiven Stoffen oder sonstigen Angeboten. Es hat komplexe Ursa­chen und Zusammenhänge, warum Suchtverhalten entsteht. Sozial- und gesundheits­politische Maßnahmen können da unter Umständen bereits eine Besserung herbei­führen.

Es geht immer um den Menschen, und deshalb wird auch im Strafrecht differenziert. Die Ultima Ratio bezeichnet allgemein immer das letzte Mittel oder den letzten Ausweg. Das heißt, die jeweilige Maßnahme kommt entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismä­ßigkeit zum Einsatz.

Bei diesem Antrag handelt sich um eine direkte Rücknahme der Strafrechtsreform von 2016, die eben unter dem Grundsatz Therapie vor Strafe durchgeführt wurde. Daher lehnen wir diesen Antrag zur Änderung des Strafgesetzbuches und des Suchtmittelge­setzes auch ab. (Beifall bei der ÖVP.)

19.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Philipp Schrangl. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.58.38

Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Justiz­ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Schon bei der Änderung des § 70 StGB zur gewerbsmäßigen Begehung – oder auch umgangssprachlich Gewerbsmäßigkeit – hat sich die FPÖ dagegen ausgesprochen. Wir bleiben auch konsequent in unseren Anträ­gen. Wir finden, dass sich dieses Gesetz nicht bewährt hat – so wie Kollege Stefan schon ausgeführt hat – und der Polizei oder den Exekutivorganen kein gutes Mittel in die Hand gegeben wurde, um die Sicherheit in Österreich hochzuhalten und die Österrei­cherinnen und Österreicher zu beschützen.

Auch bei der damaligen Änderung der Gewerbsmäßigkeit haben sich sämtliche Staats­anwaltschaften dagegen ausgesprochen, auch wenn wir natürlich wissen, dass sich die


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 236

Lehre sehr über dieses Gesetz gefreut hat. Nur weil ein paar damit vielleicht überbor­dend bestraft worden sind, kann man damit nicht rechtfertigen, dass alle Straftatbestän­de über einen Kamm geschoren werden.

Wir finden, die alte Gewerbsmäßigkeit sollte wiedereingeführt werden, um die Österrei­cherinnen und Österreicher wirksam schützen zu können. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

20.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin, Kollegin Prammer, ein Schlusswort? – Das ist offen­bar nicht der Fall.

Ich verlege wie vereinbart die Abstimmungen an den Schluss der Abstimmungen über die Vorlagen des Justizausschusses.

20.00.20Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 31 bis 38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun bereits zu diesen verlegten Abstim­mungen, die ich über jeden Tagesordnungspunkt getrennt vornehme.

Bevor wir abstimmen, frage ich die Klubs: Ist eine Unterbrechung gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 31: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Sterbeverfügungsgesetz erlassen wird sowie das Suchtmit­telgesetz und das Strafgesetzbuch geändert werden, in 1177 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag.a Steinacker, Mag.a Prammer, Kolleginnen und Kol­legen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag.a Steinacker, Mag.a Prammer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 eingebracht.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 32: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung geändert wird, in 1256 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 237

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungsantrag betreffend Ziffer 4 eingebracht.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist ab­gelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 33: Entwurf betreffend Ur­heberrechts-Novelle 2021 samt Titel und Eingang in 1257 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 34: Entwurf betreffend Min­destversicherungssummen-Valorisierungsgesetz 2021 in 1170 der Beilagen.

Hierzu haben die Abgeordneten Bayr, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsan­trag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Bayr, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag be­treffend Artikel 4 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fas­sung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, um ein zustimmendes Zei­chen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ich komme schließlich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 238

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstim­mig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 35: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz sowie weitere Gesetze geändert werden, in 1259 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag betreffend Artikel 2 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hierfür sind, um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 36: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz, das Presseförderungsgesetz, das Publizis­tikförderungsgesetz und das ORF-Gesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 1260 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 37: Antrag des Justiz­ausschusses, seinen Bericht 1261 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 239

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 38: Antrag des Justiz­ausschusses, seinen Bericht 1262 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

20.07.2639. Punkt

Bericht des Ausschusses für Bauten und Wohnen über die Regierungsvorlage (1174 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz 2002 geän­dert wird (WEG-Novelle 2022 – WEG-Nov 2022) (1286 d.B.)

40. Punkt

Bericht des Ausschusses für Bauten und Wohnen über den Antrag 1185/A(E) der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Ausschließung von Wohnungseigentümern gem. § 36 Abs. 1 WEG wegen rechts­kräftiger Verurteilung aufgrund terroristischer Straftaten (1287 d.B.)

41. Punkt

Bericht des Ausschusses für Bauten und Wohnen über den Antrag 1188/A(E) der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen betreffend rechts­kräftige terroristische Straftaten als wohnrechtlicher Kündigungsgrund gem. § 30 MRG und präventiver Ausschluss von Terroristen aus gefördertem Wohn­raum (1288 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 39 bis 41 der Tages­ordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt nun Mag. Ruth Becher. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


20.08.32

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Änderung des WEG, des Wohnungseigentumsgeset­zes, reiht sich in eine Serie von Reformen ein, die Wohnen teurer machen.

Um nur einige Highlights daraus zu nennen: Es war die WGG-Reform, also die Reform des Gesetzes über die Genossenschaften, die de facto die Auslaufannuitäten wiederein­geführt hat, das heißt, dass für ausbezahlte Wohnungen weiterhin hohe Mieten verlangt werden dürfen. Die Rückabwicklung der Buwog wird trotz eines Urteils verschlafen, und das Heizkostenabrechnungsgesetz ist ein Wunschkonzert der Heizkostenablesekon­zerne geworden. Auch die Abschaffung der Maklergebühren – sie ist 2019 versprochen worden, und ich habe diese Woche im Bautenausschuss dazu auch einen Antrag ein­gebracht – ist gegen unsere Stimmen verhindert worden. Seit dem Versprechen der ÖVP im Jahr 2019 ist so viel Zeit vergangen, dass 200 Millionen Euro zu viel an Mak­lergebühren von den Wohnungssuchenden bezahlt wurden.

Die letzten Gesetze, die das Wohnen strukturell günstiger gemacht haben, wie die Ab­schaffung der Mietvertragsgebühren oder die Neuregelung der Thermenreparaturkos­ten – diejenigen, die länger hier im Hause sind, werden sich erinnern –, waren noch Ge­setze unter einer SPÖ-geführten Regierung.

Das heute zur Diskussion stehende WEG ist eindeutig ein türkis-grünes Gesetz, also ein Gesetz, das Wohnen teurer macht. Es sieht die Festsetzung der Rücklagenbeiträge mit


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 240

mindestens 90 Cent pro Quadratmeter vor. Warum die ÖVP immer sagt, dass Eigen­tumswohnungen ein guter Schutz vor Altersarmut seien, kann ich vor diesem Hinter­grund eigentlich nicht verstehen.

Auch für E-Autos ändert sich de facto nichts. Sie können eine Langsamladestation be­treiben, aber das können Sie nach der bestehenden Rechtslage schon bisher. Neu ist nur, dass Sie diese nach fünf Jahren wieder abreißen müssen, falls die übrigen Woh­nungseigentümer eine Gemeinschaftsanlage haben wollen.

Aus diesen Gründen hätten wir als SPÖ uns gewünscht, dass Wohnen im Eigentum billiger wird. Anstatt höherer Kosten hätten wir lieber mehr Kontrollrechte der Wohnungs­eigentümer gegenüber der Hausverwaltung gehabt.

Wir als SPÖ lehnen diesen Entwurf ab, und ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „weitere No­vellierung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG)“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, dem Nationalrat baldigst eine Regierungsvorlage zum WEG vorzulegen, die insbeson­dere folgende Maßnahmen vorsieht:

- Die Rücklage ist in Analogie zum WGG nur mit dem Alter des Bauwerks ansteigend festzusetzen, abzüglich des im EVB enthaltenen Anteils für Instandsetzungen des Woh­nungsinneren.

- Die Transparenz der Arbeit der Hausverwaltungen ist zu erhöhen. Die Kontrollrechte der Wohnungseigentümer*innen gegenüber den Hausverwaltungen sind erheblich zu stärken. Wohnungseigentümer*innen sollen nicht mit Kosten belastet werden dürfen, die den Grundsätzen einer vernünftigen Wirtschaftsführung widersprechen.

- Vor der Vorlage eines Gesetzestextes ist durch Folgenabschätzung sicherzustellen, dass es im Zuge der Reform jedenfalls zu einer Verringerung der Wohnkosten kommt.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

20.12

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abg. Mag. Ruth Becher,

Genossinnen und Genossen

betreffend weitere Novellierung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG)

eingebracht am 16. Dezember 2021 im Zuge der Debatte zu TOP 39, Bericht des Ausschusses für Bauten und Wohnen über die Regierungsvorlage (1174/A) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Wohnungseigentumsgesetz 2020 geändert wird (WEG-No­velle 2022; 1286 d. B.)

Die vorliegende Novelle zum Wohnungseigentumsgesetz (WEG) beinhaltet zwar einen Paradigmenwechsel hinsichtlich der Willensbildung bei den gesetzlich festgelegten öko­logischen Maßnahmen. Aus der Sicht der Antragstellerin geht die Novelle allerdings zu


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 241

wenig weit, weil die legistischen Probleme der letzten Jahrzehnte nicht angegangen wur­den.

So sollten etwa die Kontroll- und Einsichtsrechte der Wohnungseigentümer*innen in Be­zug auf die Hausverwaltungen gestärkt und verbessert werden.

Die im Gesetz enthaltene Einführung einer Mindestrücklage ist in dieser starren Form nicht zielführend und schafft bei den sogenannten Mischanlagen (WEG/WGG) zusätzli­che Probleme. Die Rücklage im WEG sollte daher nicht starr, mit Blick auf abstrakte Klimaschutzmaßnahmen, eingehoben werden und in einem Umfeld derzeit rasant stei­gender Inflationsraten auf zinsfreien (bestenfalls) oder mit Minuszinsen (schlechtestens­falls) belegten Girokonto verwahrt werden. Sinnvoller wäre es, einen modernen Ansatz des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) in Bezug auf die Festsetzung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages (EVB) zu wählen, der bei niedrigem Ausgangs­niveau einen Anstieg in Relation und damit im Verhältnis zum tatsächlichen Erhaltungs­aufwand vorsieht.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, dem Nationalrat baldigst eine Regierungsvorlage zum WEG vorzulegen, die insbeson­dere folgende Maßnahmen vorsieht:

·     Die Rücklage ist in Analogie zum WGG nur mit dem Alter des Bauwerks ansteigend festzusetzen, abzüglich des im EVB enthaltenen Anteils für Instandsetzungen des Wohnungsinneren.

·     Die Transparenz der Arbeit der Hausverwaltungen ist zu erhöhen. Die Kontrollrechte der Wohnungseigentümer*innen gegenüber den Hausverwaltungen sind erheblich zu stärken. Wohnungseigentümer*innen sollen nicht mit Kosten belastet werden dürfen, die den Grundsätzen einer vernünftigen Wirtschaftsführung widersprechen.

·     Vor der Vorlage eines Gesetzestextes ist durch Folgenabschätzung sicherzustellen, dass es im Zuge der Reform jedenfalls zu einer Verringerung der Wohnkosten kommt.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Mag.Nina Tomaselli. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


20.12.50

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kol­legen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Nach fast 20 Jahren haben wir mit der vorliegenden Gesetzesänderung die erste große Novellierung des Wohnungseigen­tumsgesetzes zustande gebracht. Unser Fokus bei dieser Novelle liegt ganz klar darauf: Unsere Häuser müssen klimafit werden. Mithilfe dieses neuen Regelwerkes werden wir einen weiteren großen Schritt in diese Richtung schaffen. (Beifall bei den Grünen.)

Die einzelnen Maßnahmen im Detail: Erstens – ganz wichtig – gibt es jetzt ein Right to plug anstatt eines komplizierten Zettelwerks. Ab sofort wird nämlich der Einbau von E-Ladestationen oder auch der Bau von Fotovoltaikanlagen deutlich einfacher. Musste


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 242

man bisher für den Einbau einer Steckdose, zum Beispiel in der Tiefgarage, die Zustim­mung aller Miteigentümerinnen oder Miteigentümer einholen, gilt ab sofort das Right to plug. Right to plug heißt in diesem Sinne: Man muss die Miteigentümer über die beab­sichtigte bauliche Maßnahme verständigen; schweigen diese, gilt das als Zustimmung. Diese einfache Art der Zustimmung gilt nicht nur für E-Ladestationen – Fotovoltaikan­lagen habe ich schon erwähnt –, sondern, auch ganz wichtig, für Umbaumaßnahmen zur Barrierefreiheit, aber auch für Beschattungsvorrichtungen im Hitzesommer.

Das Zweite, und das freut mich besonders: Wir führen eine moderate Mindestrücklage ein, die in wenigen Jahren – das traue ich mich schon zu sagen – für einen Sanierungs­schub sorgen wird. Wir konnten nämlich in der Vergangenheit beobachten, dass in vielen Mehrparteienhäusern die Sanierung daran scheiterte, dass die Rücklagenkonten nicht genügend gefüllt waren. Diese schlecht gefüllten Rücklagenkonten führen bei der Ab­stimmung über Sanierungen dann ganz oft dazu, dass einzelne Bewohnerinnen und Be­wohner sagen: Das ist mir diese Ausgabe einfach nicht wert. Und ja, auch im Eigentum gibt es viele Personen, die sich mehrere Tausend Euro nicht einfach so leisten können.

Was heißt das? – Ganz sicher nicht, dass das Wohnen teurer wird, ganz im Gegenteil. Die Ansparung erfolgt mit einer moderaten Rücklage – 90 Cent – viel gleichbleibender über mehrere Jahre. Das jetzige System, wie es halt ganz oft ist, dass man mit niedrigen oder gar keinen Rücklagen anfängt und diese dann nach 20 Jahren extrem ansteigen, hat sich nämlich nicht bewährt. Was wollen wir? – Wir wolle böse Kostenüberraschungen in der Zukunft vermeiden. Ich traue mich auch zu versprechen: Unsere Häuser werden mit der verpflichtenden Mindestrücklage ein gutes Stück klimafitter werden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Der dritte größere Teil dieser Novelle betrifft die Abstimmungen in der Eigentümerge­meinschaft. Diese werden deutlich erleichtert: Die Beschlussfassungen in Eigentümer­gemeinschaften fokussieren sich in Zukunft mehr auf diejenigen Miteigentümerinnen und Miteigentümer, die sich aktiv an der Willensbildung beteiligen. Zusätzlich gibt es noch Verbesserungen bei der Zustellung, und Eigentümerversammlungen können auch on­line abgehalten werden.

Insgesamt, denke ich, ist uns da ein sehr, sehr gutes Paket gelungen. Ich möchte mich auch recht herzlich bei der Justizministerin sowie insbesondere bei Kollegen Hans Sin­ger für die konstruktive Zusammenarbeit bedanken.

Zum Schluss noch: Wo gehobelt wird, fallen auch Späne, deshalb muss ich noch einen Abänderungsantrag einbringen, nämlich der Abgeordneten Johann Singer, Nina To­maselli, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Bauten und Woh­nen über die Regierungsvorlage (1174 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsei­gentumsgesetz 2002 geändert wird (WEG-Novelle 2022 – WEG-Nov 2022) (1286 d.B.) (TOP 39).

Der Antrag ist bereits vor mehreren Stunden verteilt worden. Im Grunde genommen geht es darum, dass die Neufestsetzung der Nutzwerte so erfolgt, wie wir das immer schon vorgehabt haben. In der Fassung der Regierungsvorlage fehlen nämlich Vorgaben be­ziehungsweise Kriterien, wie die neue Festsetzung erfolgen soll. Das holen wir mit die­sem Abänderungsantrag nach, und wir freuen uns selbstverständlich über Ihre Zustim­mung.

*****

Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

20.17

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 243

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Johann Singer, Nina Tomaselli,

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Bauten und Wohnen über die Regierungsvorlage (1174 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz 2002 geändert wird (WEG-Novelle 2022 – WEG-Nov 2022) (1286 d.B.) (TOP 39)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag in der Fassung des Ausschussberich­tes 1286 d. B. wird wie folgt geändert:

1. In der Z 16 wird in § 58g Abs. 1 die Wortfolge „§ 34 Abs. 1 und § 52 Abs. 1 Z 2 und 6“ durch die Wortfolge „§ 34 Abs. 1, § 52 Abs. 1 Z 2 und 6 und § 58g Abs. 5 und 6“ ersetzt.

2. In der Z 16 lautet § 58g Abs. 5 wie folgt:

„(5) Wenn bei einer Festsetzung der Nutzwerte nach dem Wohnungseigentumsge­setz 1975 für selbständige Geschäftsräume der Nutzwert höher als mit dem Dreifachen der Nutzfläche festgesetzt wurde oder dabei für selbständige Geschäftsräume ein Re­gelnutzwert zugrunde gelegt wurde, der mehr als das Dreifache des für Wohnungen zu­grunde gelegten Regelnutzwerts betrug, oder wenn bei einer Festsetzung der Jahres­mietwerte nach dem Wohnungseigentumsgesetz, BGBl. Nr. 149/1948, für selbständige Geschäftsräume ein Jahresmietwert pro Quadratmeter Gesamtfläche festgesetzt wurde, der den Durchschnitt des für Wohnungen festgesetzten Jahresmietwerts pro Quadrat­meter Gesamtfläche um mehr als das Dreifache übersteigt, kann jeder Wohnungseigen­tümer eines solchen selbständigen Geschäftsraums bis zum Ablauf des Jahres 2024 eine Neufestsetzung des Nutzwerts oder Jahresmietwerts seines Wohnungseigentums­objekts dahingehend beantragen, dass der dafür jeweils maßgebliche Schwellenwert nicht mehr überschritten wird. Durch Neufestsetzungen nach dieser Bestimmung darf aber der Anteil des Nutzwerts oder Jahresmietwerts einer Wohnung an der Summe der Nutzwerte oder Jahresmietwerte um nicht mehr als 20 vH von ihrem früheren Anteil abweichen. Im Verfahren zur Neufestsetzung sind allfällige weitere Wohnungseigentü­mer von im Sinn des ersten Satzes zu hoch bewerteten selbständigen Geschäftsräumen auf die Möglichkeit einer Antragstellung nach dieser Bestimmung hinzuweisen. Die Än­derung der Miteigentumsanteile aufgrund einer Neufestsetzung ist auf Antrag auch nur eines der von der Änderung betroffenen Miteigentümer nach § 10 Abs. 3 vorzunehmen; unabhängig vom Ausmaß der Änderung bedarf es dazu einer Zustimmung der übrigen Miteigentümer oder Buchberechtigten nicht.“

Begründung

Zu Z 1 (§ 58g Abs. 1):

In den § 58g Abs. 1, der ein Inkrafttreten mit 1. Jänner 2022 anordnet, sind auch die Übergangsregelungen in § 58g Abs. 5 und 6 aufzunehmen, für die eine Bestimmung über das Inkrafttreten in der Regierungsvorlage fehlt.

Zu Z 2 (§ 58g Abs. 5):

In § 58g Abs. 5 in der Fassung der Regierungsvorlage fehlt hinsichtlich der Jahres­mietwerte eine (neue) Vorgabe, nach welchen Kriterien die Neufestsetzung erfolgen soll. Mangels einer solchen Vorgabe müsste bei einer Neufestsetzung weiterhin § 2 WEG 1948 angewendet werden, der für diese Fälle aber kein Abweichen von den fest­gesetzten Jahresmietwerten ermöglicht. Deshalb soll angeordnet werden, dass eine Neufestsetzung auf jenen Wert zu erfolgen hat, der in der bisherigen Fassung des § 58g Abs. 5 bloß als Schwellenwert für die Antragsberechtigung festgelegt war (nämlich ein


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 244

Jahresmietwert pro Quadratmeter Gesamtfläche, der den Durchschnitt des für Woh­nungen festgesetzten Jahresmietwerts pro Quadratmeter Gesamtfläche um das Dreifa­che übersteigt). Es ist dies ein Sondertatbestand für eine Neuparifizierung der Jahres­mietwerte.

Hinsichtlich der Nutzwerte nach dem Wohnungseigentumsgesetz 1975 wäre eine Neu­festsetzung im Sinn eines gänzlichen Aufrollens aller Nutzwerte („Reset“) zwar möglich, aber auch hier soll lediglich die Neufestsetzung des betreffenden Geschäftsraum-Nutz­werts auf jenen Wert erfolgen, der in der Regierungsvorlage nur als Schwellenwert für die Antragsberechtigung festgelegt war (nämlich das Dreifache der Nutzfläche oder das Dreifache des für Wohnungen zugrunde gelegten Regelnutzwerts). Zum einen wird durch diese Festlegung das Verfahren deutlich vereinfacht, und zum anderen wird da­durch dem Anspruch Rechnung getragen, dass nur massive Ungleichgewichte etwas ausgeglichen werden sollen. Eine gänzliche Neufestsetzung der Nutzwerte könnte zum Nachteil der anderen Wohnungseigentümer über dieses Ziel hinausschießen. Dazu kommt, dass Bruchstellen zu jenen Wohnungseigentümern von selbständigen Ge­schäftsräumen vermieden werden müssen, die die Schwellenwerte (gerade) nicht errei­chen.

Zusätzlich begrenzt wird die Herabsetzungsmöglichkeit durch die Anforderung, dass der Anteil des Nutzwerts oder Jahresmietwerts einer Wohnung an der Summe der Nutzwerte oder Jahresmietwerte nicht um mehr als 20 vH von ihrem früheren Anteil abweichen darf (diese 20%-ige Grenze für Wohnungen darf keinesfalls überschritten werden). Diese Be­grenzung kann dazu führen, dass die Herabsetzung den Schwellenwert nicht ganz er­reicht. Sie ist aber zum Schutz der Interessen der anderen Wohnungseigentümer erfor­derlich. Wenn mehrere Wohnungseigentümer von Geschäftsräumlichkeiten eine Neu­festsetzung hinsichtlich ihres Objekts begehren, ist diese Begrenzung für die Summe aller Herabsetzungen maßgeblich. Um zu verhindern, dass ein einzelner Antragsteller diese Begrenzung bereits voll „ausschöpft“, sodass spätere Antragsteller hinsichtlich ihrer Objekte keine Reduktion mehr erreichen können, müssen im Neufestsetzungsver­fahren andere für eine Antragstellung in Frage kommende Wohnungseigentümer recht­zeitig auf die Möglichkeit einer Antragstellung hingewiesen werden.

§ 58g Abs. 5 soll weiters ergänzt werden, um klar zu regeln, wie eine erfolgte Neufestset­zung der Nutzwerte oder Jahresmietwerte nach dieser Bestimmung im Grundbuch um­gesetzt werden kann. Dabei soll an die bestehende Regelung in § 10 Abs. 3 angeknüpft werden, die für Fälle der gerichtlichen Nutzwertfestsetzung eine Berichtigung in sinnge­mäßer Anwendung des § 136 Abs. 1 GBG 1955 ermöglicht. Anders als in § 10 Abs. 3 soll aber generell – also unabhängig vom Ausmaß der Änderung – eine Zustimmung der übrigen Miteigentümer oder der Buchberechtigten nicht erforderlich sein und der Antrag nur eines Miteigentümers für die Berichtigung ausreichen. Die in § 10 Abs. 3 für den Fall einer mehr als zehnprozentigen Änderung eines Miteigentumsanteils geforderte Zustim­mung der Buchberechtigten an einem sich verkleinernden Miteigentumsanteil wäre für den hier geregelten Sonderfall der „Sanierung“ überhöhter Werte für Geschäftsräumlich­keiten nicht passend, weil bei dieser Neufestsetzung durch die Verkleinerung des Mitei­gentumsteils keine Verringerung von dessen Wert zu befürchten ist, sondern im Gegen­teil die Verkleinerung gerade dazu dient, die Anteile bei der Tragung der Aufwendungen für die Liegenschaft zu entlasten. Und auch das in § 10 Abs. 3 für diesen Fall statuierte Erfordernis der Zustimmung aller übrigen Miteigentümer soll hier nicht übernommen wer­den, weil durch die „Sanierungsregelung“ des § 58g Abs. 5 ja eine bislang problemati­sche Anteilsfestsetzung in eine ausgeglichenere und damit gerechtere Aufteilung über­geführt wird und die Herstellung dieser verbesserten Verteilungsgerechtigkeit nicht von der Zustimmung der bisher Begünstigten abhängig sein soll.

*****



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 245

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Mag. Philipp Schrangl. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.17.49

Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Bundesminister! Sehr verehrte Damen und Herren im Haus und zu Hause! Zu dieser WEG-Reform fällt mir vor allem eines ein: Man hätte mutiger sein können.

Positiv finde ich die Änderung der Zustimmung bei Fotovoltaikanlagen und Elektrotank­stellen. Was ist aber zum Beispiel mit Klimaanlagen, die die hitzegeplagten Großstädter einbauen wollen, oder anderen Verbesserungen in der Hausgemeinschaft, die von Ein­zelnen, möglicherweise Querulanten, verhindert werden wollen? – Man hätte also ruhig ein bisschen mutiger sein können.

Was für uns aber nicht geht, ist eine unsachgemäße, undifferenzierte Erhöhung der Wohnkosten um 90 Cent pro Monat und pro Quadratmeter. Bei einer 100-Quadratmeter-Wohnung wären das über 1 000 Euro im Jahr. Dabei wird nicht darauf abgestellt: Wie gut ist das Haus schon thermisch saniert beziehungsweise wie gut ist das Haus beiein­ander?, sondern das wird über alle Häuser darübergestülpt.

Es wird daher zu diesem Punkt von uns keine Zustimmung geben. Eine Zustimmung gibt es aber zum Abänderungsantrag und zum Rest der Reform.

Nun möchte ich noch auf meine zwei Anträge zu sprechen kommen. Ganz Österreich war vor einem Jahr schockiert über den Terroranschlag in Österreich. Ganz Österreich war aber auch schockiert darüber, dass diesem Terroristen innerhalb weniger Wochen nach seiner Entlassung aus dem Strafvollzug eine Gemeindewohnung besorgt wurde, obwohl so viele andere Österreicherinnen und Österreicher auf eine geförderte Woh­nung, auf eine Gemeindewohnung, auf eine Wohnung im sozialen Wohnbau lange war­ten müssen. Auch die Bewohner, die mit diesem Terroristen unter einem Dach wohnen mussten, waren ganz schockiert, dass ein verurteilter Terrorist mit ihnen unter einem Dach wohnte und seine Wohnung zu einer Festung umgebaut hat, in der er sich eine Schlacht mit der Polizei liefern wollte.

Die FPÖ ist eine Partei, die Österreich sicher machen möchte, die den Österreicherinnen und Österreichern ein Mittel in die Hand geben möchte, um nicht mit verurteilten Ter­roristen unter einem Dach leben zu müssen. Wenn Sie fragen: Wo soll er sonst leben?, dann sage ich ganz klar: nicht mehr in Österreich! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

20.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Kollege Johann Singer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.20.46

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminis­terin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben mit unserem Koalitionspartner, den Grünen, im Regierungsübereinkommen eine Novel­lierung und Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes vereinbart. Mit dieser No­velle werden sehr wichtige Punkte umgesetzt, manches wird in einer weiteren Novelle zu regeln sein.

Zum Inhalt: Vielfach gefordert war die erleichterte Möglichkeit der Installation von Lade­vorrichtungen für Elektrofahrzeuge. Uns war wichtig, die Fotovoltaikanlagen, die bar­rierefreie Ausgestaltung oder das Anbringen von Beschattungsvorrichtungen miteinzu­beziehen. War bisher für die Umsetzung der angesprochenen Punkte die Zustimmung aller Wohnungseigentümer notwendig, ist künftig nicht mehr die aktive Zustimmung aller


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 246

nötig, sondern es ist erforderlich, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft von der geplanten Änderung mit der Möglichkeit des Widerspruchs verständigt wird. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass zusätzliche Kosten, sollte es durch die angesprochene Maßnahme für die Wohnungseigentümergemeinschaft zu solchen kommen, natürlich vom Errichter selbst zu tragen sind.

Wichtig ist auch die Erleichterung der Willensbildung – bereits von Kollegin Tomaselli angesprochen –: Neben der Mehrheit der Miteigentumsanteile, also der bisherigen Re­gelung, besteht künftig die Möglichkeit, auf eine qualifizierte Mehrheit der abgegebenen Stimmen abzustellen. Wir sehen diese neue Regelung auch im Hinblick auf Verbesse­rungsmaßnahmen als wichtig an.

Ein weiterer Schwerpunkt war die Festsetzung der Mindestdotierung der Rücklagen. Ziel ist es, künftig Investitionen in die Erhaltung und Verbesserung der Liegenschaft finanziell zu erleichtern. Warum? – Weil solche Investitionen mit angesparten Mitteln leichter zu realisieren sind, als wenn es zu akuten Zusatzbelastungen kommt. Die Mindestgrenze wird übrigens – das ist auch schon angesprochen worden – mit 90 Cent pro Quadratme­ter Nutzfläche festgelegt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das Eigentum ist uns wichtig. Wichtig ist mir daher auch die Feststellung, dass bei allen Novellierungspunkten die Wahrung berechtigter Minderheitsinteressen eine wichtige Rolle spielt. Und natürlich tragen diese Maßnahmen zum Klimaschutz bei; diesen, sehr geehrte Frau Kollegin Becher, wollen doch wir alle in diesem Haus. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich freue mich über das Zustandekommen dieser Novelle, bedanke mich bei allen, die daran beteiligt waren, insbesondere bei Frau Kollegin Tomaselli, und bitte Sie, sehr ge­ehrte Kolleginnen und Kollegen, um Ihre Zustimmung. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Dr. Johannes Margreiter. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.24.17

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Das Wohnungseigentumsrecht ist eine Rechtsmaterie, die viele, viele Menschen betrifft. Es gibt mehrere Hunderttausend Eigentumswohnungen in Österreich, teilweise werden sie selbst bewohnt, teilweise als Mietwohnungen genutzt, und wenn wir da Änderungen vor­nehmen, muss uns bewusst sein, dass wir in das Recht einer ganz großen davon be­troffenen Bevölkerungsgruppe eingreifen. In diesem Zusammenhang will ich auch die Rechtsanwendung nicht unerwähnt lassen, nämlich einerseits die Gerichte, die das Wohnungseigentumsgesetz judizieren müssen, und andererseits all die rechtsberaten­den Berufe.

Da kommt schon mein erster Einwand: Wir verstehen die Intention der Regierungsvor­lage, es ist unbestritten und wichtig, dass wir die wohnungseigentumsrechtlichen Mög­lichkeiten im Sinne des Klimaschutzes erweitern. Andererseits ist aber auch unbestritten, dass das Wohnungseigentumsgesetz, das zuletzt als Neukodifikation im Jahr 2002 er­lassen worden ist, jetzt schon eine ziemlich große Baustelle ist und eigentlich einer großen Reform bedarf. Jede dieser Reformen zieht natürlich viele Konsequenzen nach sich: Die Rechtsprechung muss sich darauf einstellen, es müssen neue Kommentare verfasst werden, es müssen neue Gesetzbücher gedruckt werden – das alles ist ein Riesenaufwand.

Da möchte ich schon die Frage in den Raum stellen, warum man es nicht doch gewagt hat, eine größere Reform anzugehen, die eigentlich überfällig ist. Das, was jetzt in dieser


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 247

Regierungsvorlage geregelt wird, ist wie gesagt zum Teil zu begrüßen, nämlich betref­fend die Klimaschutzmaßnahmen. Allerdings gäbe es auch da einige Regelungen, von denen wir glauben – vor allem diese Sache mit den Ladestationen –, dass sie nicht ganz praxisgerecht sind – etwa auf Langsamladen abzustellen –, weil man ja weiß, dass die technische Entwicklung da sehr schnell vonstattengeht. Diesbezüglich wäre es schon zweckmäßig, eine dynamischere Regelung vorzusehen, um mit dem Fortschritt mithal­ten zu können.

Was wir auch kritisch sehen, ist die jetzt im Gesetz festgeschriebene Mindestrücklage von 90 Cent. Das wird unseres Erachtens der Verschiedenheit der Wohnungseigen­tumsobjekte nicht gerecht. Wie schon erwähnt geht es um den unterschiedlichen Erhal­tungszustand, insbesondere auch um den unterschiedlichen Klimaschutzzustand, es geht aber auch um die technische Ausstattung. Der Erhaltungsaufwand ist größer, wenn ein Aufzug drinnen ist, wenn andere technische Einrichtungen oder Gemeinschaftsein­richtungen drinnen sind. Da mit einem Wert von 90 Cent drüberzufahren, halten wir für nicht sachgerecht, und das wird auch in der Praxis Probleme bringen.

Wir wünschen uns also, dass es in weiterer Folge doch zu einer großen Reform des Wohnungseigentumsrechtes kommt. Wir sind gerne bereit, an dieser mitzuwirken, und wir werden dieser dann auch zustimmen. Diesem Stückwerk stimmen wir jetzt nicht zu. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

20.27


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich nun Frau Bundesminis­terin Dr.in Alma Zadić zu Wort gemeldet. – Bitte schön.


20.28.00

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Herr Präsident! Sehr geehrte Da­men und Herren Abgeordnete! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Der Klimawandel muss mit allen Mitteln und auf allen Ebenen bekämpft werden und wir müssen hier dringend gegensteuern. Und ja, ein wesentlicher Faktor ist natürlich der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen. Da ist der Verkehr ein ganz wichtiger Faktor und somit ist auch der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen hin zu Elektromobilität eine wichtige Säule.

Der Umstieg auf Elektrofahrzeuge setzt aber voraus, dass es eine ausreichende Infra­struktur gibt. Die Möglichkeit und die Erleichterung, diese Infrastruktur zu schaffen, set­zen wir jetzt mit dieser Novelle um, das sogenannte Right to plug wird mit dieser Novelle endlich verwirklicht. Wir wollen nämlich eine zukunftsfitte Ladeinfrastruktur haben, damit auch die letzten Hürden genommen sind, wenn es um den Umstieg auf Elektromobilität geht.

Zum einen geht es um die Errichtung von Ladevorrichtungen für Elektrofahrzeuge in Wohnungseigentumsgebäuden – ja, das wird erleichtert –, und zum anderen geht es darum, dass ganz allgemein die wohnungseigentumsrechtlichen Voraussetzungen für klimarelevante Verbesserungen von Gebäuden optimiert werden sollen, denn ja, wir brauchen auch klimafitte Gebäude. Außerdem setzt diese Novelle auch die langjährige Forderung um, dass wir im Eigentumsrecht endlich die Willensbildung in der Eigentümer­gemeinschaft erleichtern.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Nach bisherigem Recht kann ein Wohnungsei­gentümer mit Zustimmung anderer Wohnungseigentümer Änderungen an seiner Woh­nung oder an seinem Abstellplatz vornehmen, eben zum Beispiel diese Ladestationen installieren. In der Praxis ist es aber äußerst schwierig, diese Zustimmung zu bekom­men, weil etwa die Adressen nicht ausfindig gemacht werden können oder gar nicht bekannt sind oder die Wohnungseigentümer schlicht und ergreifend nicht reagieren. Und diese Hürden haben wir beseitigt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 248

Es wird jetzt klar geregelt, dass der Verwalter oder die Verwalterin die Kontaktdaten der anderen Wohnungseigentümer für diesen Zweck herausgeben muss. Wenn ein Woh­nungseigentümer um Zustimmung zur Installation einer Ladestation bittet, dann gilt es in Zukunft als Zustimmung, wenn dieser Maßnahme nicht innerhalb von zwei Monaten schriftlich widersprochen wird. Wir haben hier eine sogenannte Zustimmungsfiktion ge­regelt. (Beifall des Abg. Hörl.) Das betrifft aber nicht nur Ladestationen, sondern das betrifft auch viele andere Maßnahmen, wie eben Solaranlagen, Beschattungsanlagen, aber auch Barrierefreiheit. Ich glaube, dass wir mit dieser Zustimmungsfiktion im Woh­nungseigentumsrecht einen Schritt in die richtige Richtung gehen. (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Darüber hinaus sollen Beschlussfassungen der Eigentümergemeinschaft generell er­leichtert werden. Wie machen wir das? – Bisher war es so, dass bei jedem Beschluss immer die Hälfte aller Wohnungseigentümer Voraussetzung war. Das ändern wir jetzt. Jetzt kommt es nämlich auf eine qualifizierte Mehrheit der abgegebenen Stimmen an. Es gibt da flankierende Maßnahmen. In der Begutachtung hat es immer wieder gehei­ßen, es kann zu Missbrauch von einer ganz kleinen aktiven Miteigentumsanteilsgruppe kommen. – Nein, das kann es eben nicht, denn wir haben flankierende Maßnahmen. Es ist zum einen eine Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich, und zum anderen muss ein Drittel aller Miteigentumsanteile Beschlüsse mittragen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass wir mit dieser Neuerung einen ganz wich­tigen Schritt in Richtung eines emissionsfreien Verkehrs gehen und gemeinsam ein kli­mafittes Wohnen umsetzen. Ich möchte mich auch ganz herzlich bei der Klimaschutzmi­nisterin bedanken, mit der ich in diesem Zusammenhang diese Schritte erarbeitet habe, und natürlich auch beim Koalitionspartner. Ich hoffe auf Ihre Zustimmung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.32


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag.a Michaela Steinacker. – Bitte, Frau Abgeordnete.


20.32.53

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher vor den Bildschirmen! Ja, es ist eine Novelle, die wir lange vorbereitet haben, auf die wir gewartet haben, die wich­tig ist.

Sie ist für uns als ÖVP wichtig, weil wir der Meinung sind und dafür kämpfen, dass wir das Eigentum stärken und dass Menschen im Eigentum leben können – und dazu gehört ein klares, modernes und verständliches Wohnungseigentumsgesetz. Modern wird es durch viele Maßnahmen, die wir diesmal regeln, nämlich einerseits durch die erleichter­ten Beschlusserfordernisse und die Möglichkeit, dass blockierende Wohnungseigentü­mer Erhaltungs- und Erneuerungsmaßnahmen zur Verbesserung im Haus eben nicht mehr aufhalten können. Es wird besser, weil sie durch Desinteresse oder Nichtbeach­tung einfach nicht Entscheidungen blockieren können.

Kollegin Becher, ich sage es bei fast jeder Rede zum Wohnrecht oder zum Wohnungsei­gentumsgesetz: Ich schätze Ihr Know-how, Ihr Wissen. Ich verstehe aber Ihre heutige Rede überhaupt nicht. Sie ist meiner Meinung nach schlichtweg eine Themenverfehlung, denn über das Wohnungseigentumsgesetz und auch über die guten Regelungen, die wir treffen, hast du leider überhaupt nicht gesprochen. Ich verstehe auch nicht, dass die SPÖ und die NEOS bei diesen Maßnahmen nicht mitgehen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte es dir aber auch erklären: Zum Beispiel hast du betreffend die Erleichte­rungen für den Einbau der Ladestationen gesagt: Was soll das? – Na, es ist absolut


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 249

wichtig! Es sind mittlerweile 50 000 reine Elektroautos auf der Straße, es gibt über 100 000 Hybridautos, und auch deine Klientel, deine Mieter sind zum Teil Mieter in Woh­nungseigentumsanlagen. Nicht alle Wohnungseigentümer gehören der ÖVP an. Das sind auch Personen, die du vertrittst, deine Bürgerinnen und Bürger, und sie wollen diese Ladestationen. Sie wollen laden können und sind dankbar dafür, dass sie jetzt durch diese Zustimmungsfiktion eben dazu kommen und nicht mehr aufgehalten werden können.

Zum Thema Mindestrücklage möchte ich dir sagen – du weißt das ganz genau –: Es macht das Wohnen nicht teurer, dass wir eine Mindestrücklage festlegen. Eine Mindest­rücklage ist notwendig, um eben vorzusorgen – für Baumaßnahmen, die einzuleiten sind, für Sanierungsmaßnahmen, für das Klimafit-Machen. Wohnen wird nicht teurer, es wird vorhersehbarer. – Kollegin (in Richtung Abg. Becher), hörst du mir noch zu? (Abg. Becher: Ja!) – Wenn diese Maßnahmen umgesetzt sind, werden aufgrund der Maßnah­men, um klimafit zu werden, natürlich auch die Betriebskosten entsprechend niedriger.

Und der Schutz vor Altersarmut, den ich im Zusammenhang mit Wohnungseigentum auch gerne erwähne, ist wohl gegeben, denn wenn die Kredite zurückgezahlt sind, wenn man einmal alt ist und nur mehr von einer Pension lebt, dann hat man nur mehr die laufenden Kosten zu bedienen.

Insofern bin ich für ein Wohnungseigentumsgesetz, für Wohnungseigentum in Öster­reich, für Maßnahmen, die uns klimafitter machen, und für ein gutes Leben in Öster­reich. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.35


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Dr. Harald Troch ist der nächste Redner. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.35.57

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Her­ren! Die Regierung will das Gesetz über Eigentumswohnungen ändern, das sogenannte Wohnungseigentumsgesetz. An und für sich haben wir uns viel erwartet – beim Wohnen geht es natürlich einmal primär um die Kosten –, die Wahrheit ist allerdings, es geht um relativ wenig. Die Änderungen im Wohnungseigentumsgesetz sind meines Erachtens minimal. Das Konkreteste daran sind ein paar Änderungen betreffend den Einbau von Ladestationen für Elektroautos oder Fotovoltaikanlagen. Es ist nicht der große Wurf, Kol­legin Tomaselli, als den Sie uns das zu verkaufen versuchen.

Hand aufs Herz: Fotovoltaikanlagen und Ladestationen sind natürlich ein Kostenfaktor. Sie können mir nicht erklären, dass durch den Einbau und diese Maßnahmen etwas billiger wird. Die zentrale Frage für die SPÖ ist: Können wir die Wohnkosten senken? (Beifall bei der SPÖ.)

Dieses Gesetz wird die Wohnkosten, wie auch Kollege Schrangl schon ausgeführt hat, weiter erhöhen und nicht senken. Unsere Wohn- und Bautensprecherin Kollegin Becher steht für soziales Wohnen und dafür, dass Wohnkosten gesenkt werden. (Zwischenruf der Abg. Tomaselli.) Dieses Gesetz wird die Wohnkosten aber weiter erhöhen. (Beifall bei der SPÖ.)

Was ich mir erwartet hätte, ist, dass zum Beispiel Abrechnungen, die falsch oder feh­lerhaft sind, auch von einzelnen Wohnungseigentümern leichter kontrolliert werden kön­nen. (Zwischenruf der Abg. Tomaselli.) Es geht darum, die Individualrechte von Eigen­tumswohnungsbesitzern zu erhöhen. Das passiert nicht, daher lehnt die SPÖ diese Mi­niminiminireform des Wohnungseigentumsgesetzes ab. (Beifall bei der SPÖ.)

20.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Maximilian Köllner. – Bitte, Herr Ab­geordneter. (Abg. Tomaselli: Jetzt kommt der Nächste!)



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 250

20.38.08

Abgeordneter Maximilian Köllner, MA (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin! Gleich vorweg: Die kleine Ökologisierung beim Wohnungseigentum ist natürlich zu begrüßen. Es wird sich aber erst weisen, ob die Maßnahmen auch wirklich praxistauglich und sinnvoll sind (Abg. Steinacker: Na sicher!) oder ob das einfach reine Prestigeprojekte der Grünen sind, um dem Bereich Bauten und Wohnen auch einen grünen Touch zu geben.

Das Beispiel ist von Ihnen selbst angesprochen worden: Jeder Wohnungseigentümer soll seine eigene Ladestation für E-Fahrzeuge in Garagen oder auf Abstellflächen haben können. Da stellt sich aber schon die Frage, ob es nicht gescheiter wäre, Gemeinschafts­anlagen mit mehreren Anschlüssen zu machen. (Abg. Tomaselli: Das ist ja auch dabei!) Kollegin Steinacker, Sie reden von Ladestationen – Sie haben aber auch keine Schnell­ladestationen für E-Autos vorgesehen.

Okay, verlieren wir uns nicht in Details, der wesentliche Punkt ist – und den hat Kollege Troch sehr treffend angesprochen –, dass Sie nach wie vor keine Lösungsansätze für die brutale Situation am Wohnungsmarkt liefern. (Beifall bei der SPÖ.)

Nur 10 Prozent der Hauptwohnsitze in Österreich sind in Eigentumswohnungen, das heißt, gerade die exorbitant höhere Anzahl an Mieterinnen und Mietern braucht dringend Lösungen für das Problem der steigenden Wohnpreise. Wohnen ist nicht nur teurer, Wohnen ist damit auch zu einer finanziellen Herausforderung für viele Menschen in Ös­terreich geworden. Das wissen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Volkspartei, Sie wissen das, denn Sie versprechen von Wahl zu Wahl wieder, Politik für die Miete­rinnen und Mieter zu machen – aber Reden ist das eine und Tun das andere!

Man sieht das zum Beispiel bei der Abschaffung der Maklergebühren (Zwischenruf der Abg. Steinacker): Man kriegt das Gefühl, Sie wollen das gar nicht umsetzen! Sie ma­chen lediglich Politik für Ihre Klientel, Sie machen Politik für Immobilienspekulantinnen und -spekulanten, aber mit Sicherheit nicht für diejenigen, die dringend leistbaren Wohn­raum brauchen würden. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist auch längst kein städtisches Problem mehr: In vielen Regionen ist es mittlerweile so – ich komme selbst vom Land –, dass sich junge Paare keinen Baugrund leisten kön­nen – das ist der nächste Punkt, an dem wir ansetzen müssen, da reden wir auch noch lange nicht von einem Haus –, und sich daher eine Wohnung nehmen müssen. Das ist eine Entwicklung, bei der Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam gegensteuern müs­sen.

Es ist daher umso wichtiger – das war auch im Ausschuss Thema –, dass wir hier im Hohen Haus die Flächenwidmung sozialer Wohnbau in der Verfassung verankern, die gibt es ja in einigen Bundesländern bereits. Wir haben im Ausschuss darüber gespro­chen, Frau Kollegin Tomaselli, das ist ja nicht nur eine Forderung von uns als SPÖ, sondern das war auch immer eine Forderung von Ihnen als Grüne. Sorgen wir daher gemeinsam dafür, dass Wohnen wieder leistbarer wird! (Beifall bei der SPÖ.)

20.41


20.41.33

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Bevor wir abstimmen, frage ich die Klubobleute: Ist eine Unterbrechung gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 39: Entwurf betreffend WEG-Novelle 2022 in 1174 der Beilagen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 251

Hiezu haben die Abgeordneten Singer, Mag. Tomaselli, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen des Abgeordneten Mag. Schrangl auf getrennte Abstimmung vor.

Ich werde daher zunächst über die vom Abänderungsantrag sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über Ziffer 12 in der Fassung der Regierungs­vorlage.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich an­genommen.

Die Abgeordneten Singer, Mag. Tomaselli, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungsantrag betreffend Ziffer 16 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mehrheit­lich angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Mag.a Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „weitere Novellierung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG)“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 40: Antrag des Ausschusses für Bauten und Wohnen, seinen Bericht 1287 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 41: Antrag des Ausschusses für Bauten und Wohnen, seinen Bericht 1288 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte auch da jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch da liegt wieder eine mehrheitliche Zustimmung vor. Der Antrag ist damit angenommen.

20.44.1542. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 2122/A der Abgeordneten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz – K-SVFG, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzie­rung für selbständige Künstlerinnen und Künstler, das Kunst-, Kultur- und Sport­sicherungsgesetz – KuKuSpoSiG und das Bundesgesetz über die Errichtung ei­nes Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds geändert werden, sowie


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 252

über den Antrag 2010/A der Abgeordneten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz geändert wird (1241 d.B.)

43. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 1898/A(E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kultur und Corona im Herbst/Winter 2021 (1242 d.B.)

44. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 2095/A(E) der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend finanzielle Absicherung für Bundesmuseen, Österreichische Nationalbibliothek und Bundes­theater zur Abfederung der Auswirkungen der jüngsten COVID-19 Restriktionen (1243 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 42 bis 44 der Tages­ordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Ich darf Frau Bundesministerin Zadić verabschieden und alles Gute und frohe Weih­nachten wünschen.

Ich begrüße Frau Staatsekretärin Mayer in unserer Mitte.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist nun Gabriele Heinisch-Hosek. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


20.46.00

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Jetzt ist die Kultur dran: Es ist ganz wichtig, dass Hilfsinstrumente während dieser Pandemie verlängert werden.

Als hätten wir es vorhergesehen – der Antrag wurde gerade vom Herrn Präsidenten er­wähnt –: Wir haben schon im Herbst unsere Vorschläge betreffend die Kunst in der Pan­demie gemacht: Wie wird es mit Kunst und Kultur im Herbst und Winter 2021 aussehen?

Jetzt ist reagiert worden: Es ist notwendig und es ist wichtig, dass zum Beispiel der Covid-19-Fonds im Künstler-Sozialversicherungsfonds, die Überbrückungsfinanzierung für selbstständige Künstlerinnen und Künstler sowie der NPO-Fonds höher dotiert und verlängert werden.

Ja, auch das Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz wird verlängert. Da wollen wir eine getrennte Abstimmung, weil wir der Auffassung sind, dass die Gutscheinlösung bei der Absage von Veranstaltungen nicht die optimale ist, sondern eine Direktvergütung besser gewesen wäre. Ansonsten sagen wir aber: Alles in allem ist es wichtig und richtig, dass unserem Ansinnen stattgegeben wird und wir gemeinsam einheitlich vorgehen, diese Verlängerungen vornehmen, weil sie höchst notwendig sind – nicht nur für die Künstlerinnen und Künstler sowie für unsere Kulturbetriebe, sondern auch für unter­schiedliche Branchen in diesem Bereich, die bisher wenig bis gar nicht beachtet wurden.

Ich darf drei dieser Bereiche hervorheben: Erstens ist das der österreichische Buch­handel, zweitens sind es die Musikverlage und drittens sind es auch die Bühnenverlage. Dazu werde ich dann gleich einen Antrag einbringen, bei dem ich hoffe und glaube, dass Sie sich diesem Anliegen auch nicht werden entziehen können. Es hat nämlich für den


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 253

Buchhandel, der sich ja gegen die großen Onlineriesen zur Wehr setzen musste, große Belastungen gegeben. Die Betriebe haben dazu den Versand voll angekurbelt, aber der Personaleinsatz ist natürlich gleich geblieben.

Auch wenn sich der Buchhandel bemüht hat, mussten vielfach Einbußen hingenommen werden, und man kann sagen, wenn es Einbußen von 30, 40 Prozent gibt, kann das oft das Ende einer Buchhandlung bedeuten. Wir bräuchten also auf die Bedingungen des Buchhandels abgestimmte Umsatzersätze; wir bräuchten den Ausfallsbonus oder einen Fixkostenzuschuss mit einem geringeren Umsatzminus als Voraussetzung; und es wäre für das Überleben einiger Betriebe auch notwendig, den reduzierten Mehrwertsteuersatz einzuführen beziehungsweise anzupassen. (Beifall bei der SPÖ.)

Gleichermaßen ist es wichtig, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Hilferufe der Bühnenverlage und der Musikverlage deutlich zu vernehmen und zu hören. Aufgrund der direkten Beteiligungen an Kartenverkäufen der Autorinnen und Autoren, aber auch wegen dieser insgesamt vorhandenen Zurückhaltung des Publikums, die wir ja alle ge­spürt haben und auch immer noch spüren, sind da Hilfen und Umsatzverlustersätze not­wendig. Es sind fast 28 Millionen Euro, die den Betrieben bereits entgangen sind: Ich meine, auch da sollten wir die läutenden Alarmglocken hören und reagieren!

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Un­terstützung des Buchhandels und von Musikverlagen in der Pandemie“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat geeignete und umfassende steuerliche und förderrechtliche Maßnahmen vorzulegen, um sowohl den Buchhandel als auch Bühnen- und Musikverlage in der Pandemie zu unterstützen, damit diese wei­terhin ihre wichtigen Aufgaben für den Erhalt des Kulturlandes Österreich wahrnehmen können.“

*****

Ich bitte Sie, in sich zu gehen und sich das zu überlegen.

Im Wesentlichen möchte ich zum Schluss noch mein Entsetzen darüber kundtun, dass die Vorsitzende des Kulturausschusses, Bereichssprecherin einer Regierungsfraktion, sich heute in einem Interview vorstellen konnte, dass Theater geschlossen werden könn­ten. – Das kann ich mir nicht vorstellen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.50

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek,

Genossinnen und Genossen

betreffend Unterstützung des Buchhandels und von Musikverlagen in der Pandemie

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Kulturausschusses über den An­trag 2122/A der Abgeordneten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 254

Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Künstler-Sozialversicherungsfonds­gesetz – K-SVFG, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrü­ckungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler, das Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz – KuKuSpoSiG und das Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds geändert werden sowie über den An­trag 2010/A der Abgeordneten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Künstler-Sozialversicherungsfonds­gesetz geändert wird (1241 d.B.) (TOP 42)

Kunst und Kultur leiden besonders unter der Pandemie. Der im November 2021 aus­gerufene Lockdown brachte einmal mehr große Belastungen mit sich. Besonders betrof­fen war auch der Buchhandel, der einen wesentlichen Anteil seines Umsatzes um die Weihnachtszeit erwirtschaftet. Leider greifen jedoch in dieser für die Vermittlung von Literatur so wichtigen Branche viele allgemeine Hilfen nicht. Buchhändler*innen befinden sich in einer besonderen Zwickmühle: Einerseits kämpfen sie mit voller Energie und Ein­satz gegen Online-Branchenriesen und konnten damit erreichen, dass die Umsatzent­wicklung im Buchhandel von ca. minus 15% (1-10/21) gegenüber 1-10/19 vielleicht we­niger schlimm ausgefallen ist als in anderen Bereichen. Andererseits erfordert der Ver­sandhandel einen höheren Personaleinsatz. Das bedeutet: Weniger Umsatz, aber glei­cher Personalaufwand. Erschwerend kommt die spürbare finanzielle Belastung durch die vom Online-Marktführer vorgegeben versandkostenfreie Lieferung dazu.

Im letzten Jahr konnte die schwierige Situation durch Hilfsmaßnahmen und hier vor allem durch den Umsatzersatz und die reduzierte Mehrwertsteuer abgefedert werden. Im Lock­down November/Dezember 2021 fehlten diese Maßnahmen zum Teil. Andere Hilfsmaß­nahmen wiederum haben sich für den Buchhandel als wenig wirksam erwiesen. Kurzar­beit kann aufgrund der personalintensiven Versandtätigkeit nicht genutzt werden, wo­durch auch der notwendige Umsatzverlust nicht vorliegt. Buchhändler*innen müssen so knapp kalkulieren, dass ein Umsatzrückgang von 30 oder 40 Prozent oftmals das Ende der Buchhandlung bedeutet.

Was es daher bräuchte, wäre ein auf die Bedingungen des Buchhandels abgestimmter Umsatzersatz, Ausfallbonus oder Fixkostenzuschuss mit geringerem Umsatzminus als Voraussetzung. Auch ein Verzicht auf gestundete Abgaben müsste zur Sicherung dieser wichtigen kulturellen Infrastruktur angedacht werden. Eine Verlängerung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes wäre lebensnotwendig. Ohne angepasste Hilfsmaßnahmen wird der neuerliche Lockdown viele Buchhandlungen in eine schwere wirtschaftliche Schiefla­ge bringen.

Eine weitere Branche, die bisher noch nicht in geeigneter Weise unterstützt wurde, sind Bühnen- und Musikverlage. Durch spezifische Eigenheiten der Branche braucht es auch hier speziell zugeschnittene Maßnahmen. Bühnen- und Musikverlage verlieren durch Lockdown und Schließungen von Kulturinstitutionen wichtige Einnahmen. Hinzu kommt, dass die an den Kartenverkäufen beteiligten Verlage sowie Autor*innen unter der zuletzt geübten Zurückhaltung des Publikums angesichts der Pandemie leiden. So haben Mu­sikverlage seit Beginn der Spielzeit einen Umsatzverlust von rund 50 Prozent erlitten, und von 2020 bis 2022 beträgt der Umsatzrückgang ohne Urheberanteile für die österrei­chischen Bühnen- und Musikverlage 28 Millionen Euro. Dennoch können viele der staat­lichen Hilfsmaßnahmen nicht in Anspruch genommen werden, weil Einnahmen aus dem Ausland oder durch Verwertungsgesellschaften erst mit deutlicher Verzögerung bei den Verlagen eintreffen. Deshalb sind die Umsatzverluste formal noch nicht sichtbar gewor­den, sondern werden erst 2022 und 2023 schlagend.

Die Arbeit von Bühnen- und Musikverlagen ist wichtig für den Fortbestand des Kulturlan­des Österreich. Es muss daher für die Musik- und Bühnenverlage ebenfalls eigene För­derungsmöglichkeiten geben.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 255

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat geeignete und umfassende steuerliche und förderrechtliche Maßnahmen vorzulegen, um sowohl den Buchhandel als auch Bühnen- und Musikverlage in der Pandemie zu unterstützen, damit diese wei­terhin ihre wichtigen Aufgaben für den Erhalt des Kulturlandes Österreich wahrnehmen können.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht, er steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Mag.a Eva Blimlinger. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


20.50.48

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­te Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, ich kann mir vorstellen, dass Theater geschlossen werden – und als Kunst- und Kulturstätten erhalten bleiben; wenn Sie schon zitieren, dann machen Sie das richtig! –, weil ich natürlich nicht dafür bin, dass Kunst- und Kulturorte geschlossen werden. Man muss halt überlegen, was dort gemacht wird.

Ich bin wirklich glücklich, dass all die Fonds ins Jahr 2022 hinein verlängert und höher dotiert werden, der Künstler-Sozialversicherungsfonds bis auf 50 Millionen Euro für das ganze Jahr 2022, die Überbrückungsfinanzierung auch für 2022, bis auf 175 Millionen Euro, der NPO-Fonds – das betrifft nicht nur die Kunst- und Kultur, sondern auch den Sport und andere Vereine und Institutionen, die gemeinnützig sind – insgesamt auf 375 Millionen Euro für 2022.

Zur Gutscheinlösung: Das war nie eine Lösung, mit der wir hundertprozentig zufrieden waren, aber da geht es ähnlich wie beim Urheberrecht darum, immer auf beide Seiten zu schauen, und darum, dass die Betriebe, die Veranstalter, die die Gutscheine herge­ben, nicht in Konkurs gehen.

Ja, es ist eine besondere Situation für Buchhandlungen. Das Problem liegt nur darin, dass es natürlich den großen Versandbuchhandlungen genauso zugutekommt, wenn wir zum Beispiel eine Mehrwertsteuersenkung, wie es sie ja gegeben hat, oder auch andere steuerliche Maßnahmen fortführen. Das wollen wir natürlich nicht. Wir wollen nicht, dass mit solchen Maßnahmen die Versandriesen gestützt werden. Man muss eine Lösung überlegen, die auf die Buchhandlungen in Österreich abgestellt ist, und das ist nicht sehr einfach, weil das natürlich immer eine EU-rechtliche Frage ist.

Ein zweiter Punkt: Ich bringe einen Abänderungsantrag ein, und zwar vor allen Dingen, weil es, wie Sie wissen, das Urteil betreffend die Mieten gegeben hat, dass Mieten wäh­rend des Lockdowns nicht zu zahlen sind. Das heißt, wir müssen Vorkehrungen dafür treffen.

Ich bringe daher einen Abänderungsantrag ein, zum Antrag der Abgeordneten Groß­bauer, Mag. Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen (2122/A) betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerin­nen und Künstler, das Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz und das Bundesgesetz


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 256

über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds geändert wer­den, in der Fassung des Ausschussberichtes in 1241 der Beilagen (TOP 42).

Da geht es darum, dass jetzt nicht wieder Unsummen an Mieten zurückgezahlt werden müssen, sondern Bagatellgrenzen eingeführt werden, Höchstbeträge eingeführt werden, um ein sehr gutes Programm weiterzuführen.

*****

An dieser Stelle noch: Auch die Bundesmuseen und Bundestheater – dazu gab es ja auch einen Antrag der FPÖ – werden weiterfinanziert – die Frau Staatssekretärin hat das vorige Woche schon bekannt gegeben –, auch das Leopold Museum, selbstver­ständlich, mit 1 Million Euro. Es ist also alles auf einem guten Weg.

In diesem Sinne darf ich anregen, dass man während der Weihnachtsfeiertage – und ich wünsche Ihnen allen schöne Weihnachten und einen guten Rutsch – die ruhigen und stillen Tage dazu nützt, ins Museum, in eine Galerie, in ein Theater, in eine Oper – wohin auch immer, wo Kunst und Kultur passieren – zu gehen. Ich glaube, es ist das Wichtigste für die Künstler und Künstlerinnen – natürlich auch, dass sie Geld haben –, dass man hingeht, ihre Kunst anschaut und schaut, dass man die Zeit, als Lockdown war, wieder ausgleicht.

In diesem Sinne bin ich nach wie vor der Meinung, dass die Windisch-Kaserne in Ri­chard-Wadani-Kaserne umbenannt werden soll. – Frohe Weihnachten! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.55

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Maria Großbauer, Eva Blimlinger,

Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag der Abgeordneten Maria Großbauer, Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kolle­gen (2122/A XXVII. GP) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Künstler-Sozialversi­cherungsfondsgesetz – K-SVFG, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler, das Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz – KuKuSpoSiG und das Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds geändert werden in der Fassung des Ausschussberichts in 1241 der Beilagen (TOP 42)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

a. In Artikel 4 wird nach der Z 1 folgende Z 1a eingefügt:

„1a. § 3 wird folgender Absatz 4 angefügt:

(4) Die mit der Abwicklung beauftragte Stelle ist ermächtigt, abweichend von § 74 Abs. 1 und Abs. 2 BHG in folgenden Fällen von der Rückforderung von Förderungen abzuse­hen:

        1.  Sofern eine Rückforderung einen in den Richtlinien gemäß § 3 Abs.1 bestimmten Betrag, höchstens jedoch 20 Euro, unterschreitet, oder

        2.  Sofern sich eine Rückforderung aus einem vom Fördernehmer gegenüber einem Bestandgeber geltend zu machenden Anspruch gemäß §§ 1104; 1105 ABGB ergibt, bis zu einem in den Richtlinien gemäß § 3 Abs.1 bestimmten Betrag, höchstens jedoch 12.500 Euro monatlich.“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 257

b. In Artikel 4 lautet Z 4 wie folgt:

„4. § 6 samt Überschrift lautet:

„Vollziehung und Inkrafttreten

§ 6. (1) Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, hinsichtlich § 1 Abs. 3 und § 5a Abs. 3 der Bundes­minister für Finanzen und hinsichtlich § 3 Abs. 1 und § 5 Abs. 2 der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betraut.

(2) Dieses Bundesgesetz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/202X tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft und mit Ablauf des 31.12.2023 außer Kraft.

(3) § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 und 1a, § 3 Abs. 2, § 4 Abs. 1, § 5a samt Überschrift und § 6 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2020 treten mit 1. Jänner 2021 in Kraft.

(4) § 1 Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 4/2021 tritt mit 1. Jänner 2021 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2023 außer Kraft.

(5) § 3 Abs. 1 und Abs. 4, § 4 Abs. 2, § 5b samt Überschrift in der Fassung des Bundes­gesetzes BGBl. I Nr. XX/2021 treten mit 1. Jänner 2022 in Kraft.“"

Begründung

Die aktuelle Judikatur des OGH zu § 1104 und § 1105 ABGB macht es erforderlich, eine praktikable Regelung zum Umgang mit Rückforderungen zu treffen, die sich mittelbar aus (nachträglich) nicht förderbaren Kosten für Bestandverhältnisse ergeben. Eine ge­naue Regelung ist den Förderungsrichtlinien vorbehalten. Zugleich wird eine Regelung geschaffen, dass eine Rückforderung von Bagatellbeträgen unterbleiben kann, um ein unwirtschaftliches Betreiben von Kleinstforderungen unterlassen zu können.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Ing. Mag. Volker Reifenberger, der mit Gepäck zum Rednerpult schrei­tet. – Bitte schön. (Der Redner stellt zwei weinrote Tragetaschen mit Henkeln aufs Red­nerpult.)


20.55.28

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Hohes Haus! Die Verlängerung der Coronahilfen für Künstler und gemeinnützige Rechtsträger ist aufgrund der katastro­phalen Coronapolitik unserer Bundesregierung unausweichlich und erhält auch bis auf eine einzige Ausnahme unsere Zustimmung. Nicht zustimmen können wir der Verlänge­rung der völlig verunglückten Gutscheinlösung, welche wir von Anfang an kritisiert haben.

In einem eigenen Antrag fordern wir die finanzielle Absicherung der Bundesmuseen und Bundestheater zur Abfederung der jüngsten Coronarestriktionen, die wir erlebt haben. Hiezu zitiere ich Katrin Vohland, ihres Zeichens Generaldirektorin des Naturhistorischen Museums und gleichzeitig Vorsitzende der Bundesmuseen-Direktorenkonferenz. Sie hat bereits im September gesagt: Die Bundesmuseen brauchen ein viertes staatliches Hilfs­paket, „Auf alle Fälle - und für alle“. Ein zweites Zitat von ihr: Angesichts des anhaltenden Besucherrückgangs reichten die bisherigen Hilfspakete nicht aus, sagte sie.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 258

Meine Damen und Herren, bitte beachten sie: Diese zitierten Aussagen stammen von Anfang September, also aus einer Zeit, als uns die Regierung noch weisgemacht hat, es würde keine weiteren Lockdowns mehr geben. Jetzt ist die Lage ja viel dramatischer, als man damals aufgrund der Regierungsaussagen glauben musste. Speziell jene Kul­turbetriebe, die in normalen Zeiten gut wirtschaften und einen hohen Eigendeckungs­grad haben, sind die großen Verlierer dieser staatlichen Zusperrpolitik.

Die von der Regierung vorgeschlagenen Maßnahmen reichen nicht aus, um die Auswir­kungen des letzten Lockdowns und auch der leider noch zu erwartenden Lockdowns auszugleichen. Auch die endlich beschlossene Erhöhung der Basisabgeltung ist weder dafür vorgesehen, einen Schaden infolge eines Lockdowns auszugleichen, noch würde diese Erhöhung auch nur annähernd dafür ausreichen. Ich erinnere noch einmal daran, was Kulturminister Werner Kogler letztes Jahr in einer Anfragebeantwortung gesagt hat, nämlich dass eine Bestandsgefährdung der Wiener Staatsoper ausdrücklich für möglich gehalten wird.

Gestatten Sie mir nun noch einen kulturpolitischen Exkurs, weg von der Bundeshaupt­stadt in Richtung Westen! Bei meiner letzten Kulturrede habe ich mit der Frau Staatsse­kretärin eine Wette abgeschlossen, dass die neue Präsidentin der Salzburger Festspiele die schwarze Landtagspräsidentin Brigitta Pallauf werden würde. Ich habe diese Wette zu meiner großen Überraschung verloren, aber das freut mich sehr. Es dürfte sich dabei nämlich um einen schwarzen Betriebsunfall gehandelt haben. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Landeshauptmann Haslauer, der selbst im Festspielkuratorium sitzt, war kurz vor dieser Präsidentenwahl massiv unter Druck geraten. Es wurde erstmals in der Geschichte des Salzburger Landtags ein Misstrauensantrag gegen einen Landeshauptmann einge­bracht, und auch seine Aussagen zur Coronapolitik haben ihm viel Kritik eingebracht. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Da konnte oder wollte er sich nicht zusätzlich einen auf­gelegten Postenschacherskandal leisten, indem er seine schwarze Parteikollegin durch­drückt.

Ich freue mich über die positive Entscheidung des Festspielkuratoriums, dass Frau Dr. Kris­tina Hammer, eine unabhängige Kandidatin, zur Festspielpräsidentin gekürt wurde. (Bei­fall bei der FPÖ sowie des Abg. Weratschnig.)

Frau Staatssekretärin, ich habe mit Ihnen um eine Flasche guten österreichischen Rot­weins gewettet. Ich dachte mir, für eine ehemalige Rote passt Rotwein besser als Weiß­wein, und das, obwohl ÖVP-Abgeordneter Haubner, der leider jetzt gerade nicht im Saal ist, auch Hobbywinzer ist und einen sehr interessanten schwarzen Veltliner produziert.

Ich habe aber einen passenden Rotwein aus dem roten Burgenland gefunden. (Der Red­ner hält eine Flasche Wein in die Höhe.) Frei nach dem Motto: Mit Schwarz geht es halt doch besser als mit Türkis!, darf ich Ihnen eine Flasche Namens Tiefschwarz zur Be­gleichung meiner Wettschuld überreichen.

Eine zweite Flasche darf ich Ihnen auch noch mitgeben. Diese ist für den Herrn Sektions­chef, der nämlich in dieser Kuratoriumssitzung der Festspiele seine Standhaftigkeit als einziger Nichtschwarzer gegen eine tiefschwarze Übermacht bewiesen hat.

In diesem Sinne wünsche ich: Zum Wohl und Frohe Weihnachten! (Beifall bei der FPÖ. – Der Redner überreicht Staatssekretärin Mayer zwei Flaschen Wein.)

21.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich darf Frau Minister Dr. Raab in unserer Mitte sehr herzlich begrüßen und nun Frau Kollegin Maria Großbauer das Wort erteilen. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


21.00.18

Abgeordnete Maria Großbauer (ÖVP): „Herzlich Willkommen im schönsten Theater­saal der Welt [...] ‚Ein erstes Friedensprojekt‘ eine ‚Weltkunstzentrale auf österreichischem


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 259

Boden‘ und gar ‚eine Triumphpforte österreichischer Kunst mit Mozart als Krönung‘ – das träumten sich die Gründer der Salzburger Festspiele“ – 1920 – „herbei.“ – Zitaten­de. – Das waren die Eröffnungsworte von Präsidentin Helga Rabl-Stadler bei den heu­rigen Salzburger Festspielen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Kunst und Kultur in Zeiten der Krise waren und sind enorm wichtig. Wir beschließen im Nationalrat zum wiederholten Mal die Erhöhung und Verlängerung mehrerer Wirtschaftshilfen für Menschen in Kunst und Kultur. Diese Regie­rung, dieses Parlament, die Republik Österreich zeigen, beweisen zum wiederholten Mal, wie wichtig Kultur ist: mit einem großen, großen Kulturbudget, mit nachhaltigen In­vestitionen in Institutionen und mit wirklich Hunderten Millionen Euro für selbstständige Künstlerinnen und Künstler bis hin zu Kulturvereinen.

Ich finde ja, dass diese Unterstützungen für Kunst und Kultur zu den wichtigsten Hilfen überhaupt gehören, denn was bedeuten Kunst und Kultur? – Kunst und Kultur sind im­mer Friedensstifter, Hoffnungsfunken, Versöhner, Verbinder und Brückenbauer, auch Dialog- und Diskussionsförderer. Helga Rabl-Stadler zitierte in ihrer heurigen Rede Hugo von Hofmannsthal: Kultur ist „von eminenter politischer, wirtschaftlicher und sozialer Be­deutung“, und auch Max Reinhardt: „Die Kunst ist kein Luxusmittel für die Reichen und Saturierten, sie ist Lebensmittel“. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Wir alle erleben gerade nicht nur die wirtschaftlichen und gesundheitlichen Auswirkun­gen der Pandemie, wir spüren auch die sozialen und psychischen Auswirkungen. Des­halb brauchen wir gerade jetzt Kunst und Kultur ganz dringend. Wir brauchen Kunst und Kultur nach der Pandemie ganz dringend als Tröster, dann wieder als Verbinder, auch wieder als Brückenbauer, auch als Reibebaum und Kritiker, aber auch als Ablenker und als Beitrag zur seelischen Genesung von uns und vor allem unseren Kindern und Ju­gendlichen. Deshalb betone ich an dieser Stelle auch zum wiederholten Mal die Wichtig­keit kultureller Bildung und meinen Einsatz für kulturelle Bildung junger Menschen.

Weil ich heute schon so viel von Helga Rabl-Stadler gesprochen habe: Den Applaus am Ende meiner Rede möchte ich gerne ihr widmen, verbunden mit einem inbrünstigen Danke für 26 Jahre außergewöhnlicher Verdienste um Kunst und Kultur nicht nur in Salzburg, sondern für Österreich in der ganzen Welt. – Danke Helga Rabl-Stadler, der Präsidentin, Visionärin, Kämpferin, Ermöglicherin, Kulturdiplomatin, Kulturanwältin! Sie war ja auch über sieben Jahre lang, bevor sie in Salzburg tätig war, Abgeordnete im Nationalrat, im Hohen Haus.

Helga, du hast in Zeiten der Krise, als Bayreuth abgesagt wurde und die Met in New York das gesamte Orchester entlassen hat, für Festspiele gekämpft, du hast sie in die­sem Jahr und im letzten Jahr durchgeführt und damit auch ein enorm wichtiges Zeichen für Kunst und Kultur in der Pandemie gesetzt – dafür mein großer Respekt und Dank heute aus diesem Parlament!

Bitte applaudieren Sie mit mir für Helga Rabl-Stadler! – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

21.04


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Brand­stötter. – Bitte.


21.04.07

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde ja schon öfter thematisiert, dass es im Kulturausschuss eine sehr unangenehme Usance gibt, nämlich, dass es Vertagungs­orgien gibt, dass die Anträge der Opposition sehr konsequent vertagt werden. Das war


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 260

auch im letzten Kulturausschuss wieder der Fall: Zwei Anträge von NEOS, zwei Anträge der SPÖ wurden vertagt.

Einer dieser Anträge von uns war zur Kunst- und Kulturstrategie des Bundes. Das ist eine jahrelange Forderung von NEOS, sie wird auch umgesetzt – vielen Dank auch an dieser Stelle an die Staatssekretärin!

Worum geht es bei dieser Kunst- und Kulturstrategie? – Es sollen strategische Schwer­punkte für das Kulturland Österreich geschaffen und auch eine bessere Abstimmung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden herbeigeführt werden. Dieser Prozess ist im Laufen, da passiert auch das eine oder andere.

Das Problem ist aber, dass es keinerlei Informationen dazu gibt – also es gibt sie schon, auf einer Unterseite der Ministeriumsseite, der BMKÖS-Seite, findet man diese Informa­tionen. Wir NEOS halten das aber für einen wirklich wichtigen Prozess. Wir wollen, dass Kulturarbeiterinnen und Kulturarbeiter, Künstlerinnen und Künstler, aber auch interes­sierte Bürgerinnen und Bürger an diesem Prozess partizipieren können und sehen kön­nen: Wo steht man? Wo will man denn eigentlich hin? Was sind die Ziele? – Wir zeigen das übrigens in Wien bei der Fortschrittskoalition. Da gibt es den Regierungsmonitor, in dem Projekte aufgelistet werden, mit dem wir gemeinsam transparent machen: Wo sind wir schon weiter? Wo hakt es noch? Wo können wir die ersten Erfolge vermelden? – Jeder Bürger, jede Bürgerin kann so Einsicht in den aktuellen Stand der Dinge haben.

Das wäre unser Ansinnen gewesen. Wir haben gesagt: Wir wollen eine echte Website haben, eine echte Möglichkeit, dass die Menschen partizipieren können. Leider wurde dem eine Absage erteilt. Die Begründung fand ich aber sehr kurios; man hat gemeint: Das kostet wahnsinnig viel Geld, eine Website zu machen! – Das ist aus der Denke von zwei Regierungsparteien klar, da die Wirtschaftsministerin doch 1,3 Millionen Euro für das Kaufhaus Österreich, das nach drei Monaten wieder Geschichte war, in den Sand gesetzt hat. Da kann ich mir das schon vorstellen, dass man sehr schnell zur Annahme kommt: Das wird teuer und es geht schief!

Wir bieten als die Partei mit Digitalkompetenz aber sehr gerne unsere Unterstützung an, und das ist gar nicht zynisch, sondern ernst gemeint. Es wäre wirklich fantastisch, da eine Website zu haben. Eine Domain kostet übrigens 12,99 Euro pro Jahr und eine gut gemachte Website wenige Tausend Euro. Wie gesagt, wir haben bei der Fortschrittskoa­lition ja auch entsprechende Kompetenzen.

Und: Wir haben einen Bundeskanzler, der nicht müde wird zu betonen, dass er ein ler­nender Mensch ist, ein lernender Bundeskanzler, und deshalb setze ich meine Hoffnung darauf, dass es da auch einen Lernprozess gibt und diese Website doch noch Realität wird.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen noch schöne Feiertage. Genießen Sie sie! Und bitte: keine Regierungsumbildungen! Das wäre sehr schön. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

21.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist die Frau Staatssekretärin. Ich darf ihr das Wort erteilen. – Frau Staatssekretärin, bitte.


21.07.27

Staatssekretärin im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Mag. Andrea Mayer: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeord­nete zum Nationalrat! Ab dieser Woche gelten für das kulturelle Leben in Österreich wichtige Lockerungen. Mit entsprechenden Präventionskonzepten und 2G-Nachweis können Veranstaltungen mit bis zu 2 000 Sitzplätzen stattfinden, im Außenbereich sogar mit bis zu 4 000 Personen, und auch Museen, Ausstellungshäuser, Bibliotheken, Büche­reien sind wieder geöffnet.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 261

Die Kultur in ganz Österreich ist beim ersten Öffnungsschritt dabei. Dieses Unterfangen ist nicht zuletzt aufgrund der hervorragenden Präventionsarbeit geboten, die von der gesamten Kulturlandschaft schon im Laufe der ganzen Pandemiezeit geleistet worden ist. Dies hat auch eine besondere Bedeutung, weil Kunst und Kultur nicht nur, aber gera­de in Phasen der Krise und der Polarisierung unabdingbare Bestandteile unserer demo­kratischen Gesellschaft sind. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ohne Kunst führen wir ein karges Leben ohne Anregung für uns Individuen und die Ge­samtgesellschaft. Gleichzeitig ist aber aufgrund der Schließungen in den vergangenen Wochen und den in Teilen nach wie vor geltenden Beschränkungen weitere Unterstüt­zung nötig. Dem kommen wir nach, dieser Verantwortung werden wir mit den Verlänge­rungen der Hilfen unter diesem Tagesordnungspunkt ein weiteres Mal gerecht. Noch am selben Tag der Ankündigung des Lockdowns haben wir die entsprechenden wirtschaftli­chen Unterstützungsmaßnahmen setzen können. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Heute behandeln wir hier im Plenum die Verlängerung von vier für den Kunst- und Kul­tursektor besonders relevanten Instrumenten.

Für die so wichtige und besonders getroffene Gruppe der freischaffenden Künstlerinnen und Künstler werden die Verlängerung der SVS-Überbrückungsfinanzierung und die Aufstockung auf ein Gesamtvolumen von 175 Millionen Euro vorgenommen. Wir werden die Zahlungen für jene Monate, in denen der bundesweite Lockdown gilt, wieder erhö­hen. Für die Monate November und Dezember gibt es eine Auszahlung von je 1 000 Eu­ro, für die restlichen Monate bis Ende März je 600 Euro.

Auch im Covid-19-Fonds des Künstler-Sozialversicherungsfonds, den wir geschaffen haben, um auch jene Künstlerinnen und Künstler zu unterstützen, die aus ihrer künstleri­schen Tätigkeit sehr gering verdienen, bessern wir noch einmal nach und stocken auf 50 Millionen Euro auf. Das ist also eine weitere Erhöhung um 10 Millionen Euro.

Für mich als Kulturverantwortliche ist der NPO-Fonds besonders zentral. Dieser reicht aber auch weit über den Kulturbereich hinaus und wird ebenfalls erneut verlängert, so­dass er gemeinnützigen Kunst- und Kultureinrichtungen weiter als Unterstützung zur Verfügung steht.

Im Bereich der Veranstaltungen greift einerseits der Schutzschirm für Veranstalter. Dies­bezüglich werden wir die Antragsfrist bis Juni 2022 verlängern, sodass die Planungen für Veranstaltungen bis Ende des ersten Halbjahres 2023 abgesichert werden können.

Andererseits werden wir mit dem heute vorliegenden Antrag die sogenannte Gutschein­lösung für das erste Halbjahr 2022 verlängern. Dazu kommen noch weitere horizontale Hilfsmaßnahmen wie Kurzarbeit, Härtefallfonds, Ausfallsbonus und Verlustersatz, die natürlich auch von Personen und Einrichtungen aus dem Kultursektor in Anspruch ge­nommen werden können, so auch die von Ihnen angesprochenen Musik- und Bühnen­verlage sowie Buchhandlungen. Mit all diesen sind wir auch sehr direkt in Kontakt und setzen uns auch immer wieder für Unterstützungsmaßnahmen ein. Wir sind auch gerne beratend tätig, um zu klären, welche Maßnahme für das jeweilige Kulturunternehmen am besten greift.

Mit der zusätzlichen Hilfstranche von 8,5 Millionen für die Bundesmuseen und das Leo­poldmuseum – es ist die vierte Tranche für diese Bundeseinrichtungen während der Pandemie – wird auch sichergestellt, dass die Einnahmenausfälle möglichst gut abgefe­dert werden. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Großbauer.)

Die Bundesregierung beweist mit diesem Gesamtpaket, dass sie bereit ist, das Notwen­dige zu tun, um die Schäden zu minimieren und die Strukturen im Kunst- und Kulturbe­reich bestmöglich abzusichern, nicht als Selbstzweck, nicht aus Mildtätigkeit, sondern aus demokratischer Verantwortung. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Großbauer.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 262

Ich danke Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete für die Unterstützung und für die gute Zusammenarbeit während des ganzen Jahres. Ich wünsche Ihnen gute, erholsame Festtage und ein gesundes, frohes Jahr 2022. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

21.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Engel­berg. – Bitte.


21.13.49

Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Ich glaube, man muss ehrlicherweise zugeben, dass die Kunst- und Kulturszene am Anfang der Pandemie sowohl hinsichtlich der finanziellen Sorgen als auch hinsichtlich der Öffnungsschritte nach dem Lockdown hier nicht wirklich die volle Aufmerksamkeit erhalten hat. Sie werden sich erinnern, dass wir hier immer wieder auch sehr dafür plädiert haben, dass man dem Kunst- und Kulturbereich mehr Aufmerksam­keit widmet. – Entschuldigung (in Richtung der miteinander sprechenden Abgeordneten Disoski und Zorba), wenn ich störe, kann ich auch unterbrechen. Sie reden so laut, dass man es bis hierher hört.

Dank aller politischen Stakeholder in allen Parteien, die sich für die Kunst- und Kultur­szene eingesetzt haben, wie sich das für eine Kunst- und Kulturnation wie Österreich gebührt, ist das in der Zwischenzeit tatsächlich geschehen. In der Zwischenzeit haben wir ein sehr dichtes Netzwerk an wirtschaftlichen Unterstützungsmaßnahmen, die Frau Staatssekretärin hat es gerade ausgeführt. Es gibt also eine fast schon unüberschaubare Menge an Unterstützungsmaßnahmen, die auch sehr gut sind.

Das führt mich aber zu meinem Appell, mit dem ich mich auch Kollegin Blimlinger an­schließen möchte: Das Wichtigste, neben dem Geld, ist der Besuch. Daher nochmals auch an alle, die hier zuschauen, der Appell: Wir haben ein in jeder Hinsicht derartig reichhaltiges Kunst- und Kulturangebot in Österreich. Das Wichtigste für Künstler und Kulturschaffende ist, dass sie auch das Publikum dafür haben. Nutzen Sie also bitte die Zeit in den nächsten Tagen und Wochen! Gehen Sie wieder in Theater, Museen, Konzer­te und all die Orte, die angeboten werden! Das ist, glaube ich, der größte Gefallen, den Sie Kunst- und Kulturschaffenden tun können. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

21.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Troch. – Bitte.


21.16.08

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Regierungsmit­glieder! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich über zwei sehr geglückte Perso­nalentscheidungen im österreichischen Kulturleben.

Ich glaube, die Präsidentschaft der Salzburger Festspiele betreffend ist die Entschei­dung für Kristina Hammer eine sehr, sehr gute Entscheidung. Ich glaube, dass Salzburg kulturell damit weiter gewinnen wird.

Die zweite Personalentscheidung betrifft das Haus der Geschichte Österreich in Wien. Der Vertrag von Monika Sommer wurde verlängert. Ihr Haus, das Haus der Geschichte Österreich, ist eine Erfolgsgeschichte.

Weniger eine Erfolgsgeschichte Österreichs ist ein anderes Museum – die Museen ge­hören ja zu Ihrem Bereich, Frau Staatssekretärin –: die Verehrungs- oder Pilgerstätte in Texingtal in Niederösterreich. Ich erwarte mir von Geschichte das, was sie eigentlich ist: eine wissenschaftliche Auseinandersetzung. Dort wird Engelbert Dollfuß – immerhin


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 263

ehemaliger Bundeskanzler der Republik Österreich, aber auch Diktator – in einer Weise verehrt, wie es nicht angebracht ist.

Ich war schon dort und habe mir das angeschaut. Ich weiß, dass die ÖVP da sensibel ist. Alle Parteien, die es damals gegeben hat, haben eine gewisse Sensibilität und ihre Fehler im Wesentlichen aufgearbeitet. Bei der ÖVP wird dort immer noch verehrt. Ich halte das für nicht angebracht.

Die Rolle von Engelbert Dollfuß bei der Ausschaltung dieses Hauses hier ist äußerst verwerflich und schuldhaft. Alle Abgeordneten damals, auch die christlichsozialen Abge­ordneten, haben ihre Mandate verloren. Diese Spaltung Österreichs in zwei oder mehre­re Lager hat das politische Immunsystem dieser Republik geschwächt, und so wurde Österreich das leichteste Opfer von Hitlerdeutschland. (Zwischenruf des Abg. Haub­ner. – Zwischenruf bei den NEOS.)

Daher glaube ich, dass zum Beispiel das Haus der Geschichte diesbezüglich Geschichte neu aufarbeiten und auch den Namen Dollfuß – immerhin Bundeskanzler der Republik – in ein korrektes, objektives Licht stellen könnte.

Museen sind Ihr Bereich, Frau Staatssekretärin. Mich würde interessieren, was Sie zu dieser Sache sagen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Totter. – Bitte.


21.18.50

Abgeordnete MMag. Dr. Agnes Totter, BEd (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Lesungen, Konzerte, Schreibworkshops, Filmabende, Ausstellungen, Ver­nissagen und viel, viel mehr: All das findet nicht nur an den großen Häusern in Wien statt, sondern auch bei uns im ländlichen Raum. Stellvertretend für viele, die sich im ländlichen Raum für Kunst und Kultur engagieren, möchte ich mich beim Team der Zone in Kirchberg an der Raab, einer wunderbaren Kulturinitiative, bedanken. (Beifall bei der ÖVP.) Diese durfte ich vor einigen Tagen besuchen. Es ist ein sehr gelungener, neuer Begegnungsort für Kunst und Kultur in meiner Region, der Südoststeiermark. (Beifall bei der ÖVP.)

Was alle Kulturinitiativen vereint, ist, dass sie von vielen ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und wunderbaren Künstlerinnen und Künstlern organisiert und getragen werden.

Zusammen mit den großen Häusern in der Bundeshauptstadt sowie in den Landeshaupt­städten sind es gerade die kleinen und mittleren Initiativen, die das Bild einer großartigen Kulturlandschaft in Österreich prägen. Natürlich ist uns allen bewusst, dass der Kultur­sektor besonders hart unter den Folgen der Pandemie zu leiden hat. Daher bin ich froh, dass die Künstlerinnen und Künstler in Österreich sehr gut unterstützt werden. Es ist richtig und vernünftig, die etablierten Instrumente des Covid-19-Fonds im Künstler-So­zialversicherungsfonds und der Überbrückungsfinanzierung für selbstständige Künstle­rinnen und Künstler zu verlängern. Ebenso werden der NPO-Unterstützungsfonds und die Gutscheinlösung für entfallene und verschobene Veranstaltungen verlängert.

Meine Damen und Herren, mit diesen Maßnahmen kann den Künstlerinnen und Künst­lern weiterhin finanziell gut durch diese harte Zeit geholfen werden. Ich freue mich jetzt schon auf die künftigen Veranstaltungen, egal ob an den großen Häusern oder in den vielen, vielen Initiativen in den ländlichen Gebieten, und wünsche Ihnen allen ein ruhiges und besinnliches Weihnachtsfest. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

21.21



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 264

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wie vereinbart verlegen wir die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Kulturausschusses.

21.21.3245. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 135/A(E) der Abgeordneten Ka­tharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine rasche Erarbei­tung eines umfassenden UrheberInnenvertragsrechts (1244 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 45.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kucharowits. Bei ihr steht das Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.


21.21.52

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Werte Frau Staatssekre­tärin! Werte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Der Antrag, den wir heute hier verhandeln, ist bereits zwei Jahre alt. Ich wollte das einfach an dieser Stelle auch einmal gesagt haben. Er wurde zwei Jahre lang vonseiten der ÖVP und der Grünen vertagt, nicht behandelt, ignoriert. Jetzt haben wir ihn auf dem Tisch, und es geht um ein ganz starkes UrheberInnenvertragsrecht, das wir als Sozialdemokratie – nicht nur hier im nationalen Parlament, sondern auch auf europäi­scher Ebene – schon sehr lange fordern.

Warum fordern wir das und warum ist das so wichtig? – Weil es einfach immer ein ganz klares Machtgefälle zwischen den Verwertungsgesellschaften und den KünstlerInnen, den UrheberInnen gibt, das nicht den KünstlerInnen, sondern den Verwertungsgesell­schaften zum Vorteil gereicht. Mit einem starken UrheberInnenvertragsrecht würden wir die Rechte der KünstlerInnen stärken. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage „würden“, weil Sie den Antrag ja heute ablehnen. Wir haben eigentlich sehr große Hoffnung gehabt, was die Richtlinie anbelangt. Jene, die schon länger zuschauen, wissen  wir haben vorhin schon darüber diskutiert, nämlich über die UrheberInnen­rechtsrichtlinie –: Da hätten wir uns ein starkes Vertragsrecht erwartet. – Schmeck’s, es steht nichts dazu drinnen. Das österreichische UrheberInnenvertragsrecht bleibt auch mit dieser Novelle – trotz aller Beschwörungen, dass Österreich ein Kulturland sei – weit hinter anderen europäischen Vorbildern zurück.

Es sagt auch alles, dass die angemessene und verhältnismäßige Vergütung nur als Soll­bestimmung formuliert ist – so steht es nämlich im Gesetz drinnen. Das sagt alles: eine Sollbestimmung, keine Mussbestimmung. Darüber hinaus kann auch auf bestimmte An­sprüche verzichtet werden, wodurch KünstlerInnen  UrheberInnen bei Vertragsver­handlungen wieder enorm unter Druck geraten. Die Stärkung der Urheberinnen und Urheber, wir haben es heute schon gehört, ist leider der ÖVP und den Grünen kein An­liegen.

Die Krönung ist wie gesagt: Man lehnt ganz einfach einen Antrag ab, mit dem man noch einmal eine Chance hätte, ein starkes Vertragsrecht zu implementieren. Auch da hat man sich anscheinend sozusagen für den Koalitionsfrieden mit der ÖVP verkauft – ent­gegen all Ihren Versprechungen. Ich sage es Ihnen ehrlich, geschätzte Kollegen und Kolleginnen der Grünen vor allem: Sie müssen sich das mit sich selbst ausmachen, die KünstlerInnen werden es aber leider spüren. – Sehr schade. (Beifall bei der SPÖ.)

21.24



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 265

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Jachs. – Bitte.


21.24.26

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Frau Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben bereits vor einer Stunde über das Urheberrecht diskutiert, und irgendwie hatte ich, wahrschein­lich aus jugendlichem Leichtsinn heraus, die Hoffnung, dass Frau Kollegin Kucharowits ihre Emotionen in der Zwischenzeit etwas herunterschrauben und die Komplexität des Urheberrechtes vielleicht erkennen würde. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.Ja, das war offensichtlich ein frommer Wunsch ans Christkind. (Ruf bei der SPÖ: Abge­hoben!)

Liebe Kollegin Kucharowits, Frau Bundesminister Zadić hat es dir vorhin erklärt, Kollegin Blimlinger und andere Kolleginnen und Kollegen haben es dir vorhin erklärt: dass das Urheberrecht ein guter Kompromiss ist. (Zwischenruf der Abg. Kucharowits.) Staats­sekretärin Mayer hat auch öffentlich gesagt, dass es ein fairer Ausgleich ist. Die Allianz Zukunft Kreativwirtschaft, bei der auch der ORF Mitglied ist, hat uns gesagt, dass es fair ist, und hat uns auch erklärt, warum der Direktvergütungsanspruch für österreichische Verhältnisse nicht passend ist: weil wir uns nicht mit Deutschland vergleichen können. (Abg. Kucharowits: Es geht jetzt nicht um den Direktvergütungsanspruch, sondern um das Vertragsrecht!) Wir schaffen mit diesem Urheberrecht zwölf Punkte, die Künstlerin­nen und Künstlern entgegenkommen. Wir verankern ein sehr starkes Prinzip der fairen und angemessenen Vergütung und das Vertragsrecht. (Neuerliche Zwischenrufe der Ab­geordneten Heinisch-Hosek und Kucharowits.)

Liebe Kollegin Kucharowits, du bist vor einer Stunde hier heraußen gestanden und hast gesagt, die Gewerkschaft ist für den Kollektivvertrag. – Ja, auch das verankern wir im Urheberrecht. Jetzt stehst du da und forderst ein faires Vertragsrecht. – Bitte, dann muss ich jetzt feststellen: Die SPÖ ist offensichtlich gegen den Kollektivvertrag und gegen faire und angemessene Vergütung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Debatte ist jetzt ohnehin schon obsolet. Wir haben das Urheberrecht vorhin beschlossen. Deswegen bleibt mir von meiner Seite zur jetzigen Uhrzeit nur mehr zu wünschen, dass Sie alle miteinander – das heißt, vor allem mit Ihren Familien – ein besinnliches Weihnachtsfest verbringen können. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

21.26


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

21.26.47Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 42 bis 45


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Kulturausschusses, die ich über jeden Tagesordnungspunkt getrennt vornehme.

Können wir abstimmen? SPÖ? Grüne? NEOS? FPÖ? ÖVP? – Ja.

Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 42: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz, das Bundesgesetz über die Errich­tung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler, das Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz und das Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds geändert wer­den, in 1241 der Beilagen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 266

Hierzu haben die Abgeordneten Großbauer, Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Heinisch-Ho­sek vor.

Ich werde zuerst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 3 in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Wer hierfür ist, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Die Abgeordneten Großbauer, Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zu­satz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 4 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich ebenfalls um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist nunmehr einstimmig.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Wer dafür ist, den darf ich um ein dementsprechendes Zeichen ersuchen. – Das ist ein­stimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung. Wer auch in dritter Lesung dafür ist, den bitte ich um dasselbe Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Hei­nisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unterstützung des Buchhandels und von Musikverlagen in der Pandemie“.

Wer dafür ist, den bitte ich, ein dementsprechendes Zeichen zu setzen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 43: Antrag des Kulturaus­schusses, seinen Bericht 1242 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer das tut, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 44: Antrag des Kulturausschusses, seinen Be­richt 1243 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist wiederum mit Mehrheit ange­nommen.

Tagesordnungspunkt 45: Antrag des Kulturausschusses, seinen Bericht 1244 der Bei­lagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer das tut, bitte um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

21.29.3546. Punkt

Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 632/A der Ab­geordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (1252 d.B.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 267

47. Punkt

Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 2043/A der Ab­geordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (1253 d.B.)

48. Punkt

Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 1702/A(E) der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bezug von Krankengeld darf nicht zum Verlust von einkommensabhängigem Kinderbe­treuungsgeld führen (1254 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu den Tagesordnungsunkten 46 bis 48, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Petra Wimmer. Bei ihr steht das Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.


21.30.27

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminis­ter! Hohes Haus! Die vorliegenden Anträge zum einkommensabhängigen Kinderbetreu­ungsgeld zeigen eines ganz klar: Da besteht Reformbedarf. Es wurde uns bereits mehr­mals angekündigt, dass die Ergebnisse der Evaluierung des Kinderbetreuungsgeldes noch 2021 veröffentlicht werden. Ich bezweifle, dass sich das noch ausgeht, aber ich hoffe, dass dann anhand der Ergebnisse eine fundierte Beurteilung des aktuellen Sys­tems möglich ist, denn es gibt viele Baustellen.

Die diversen Varianten des Kinderbetreuungsgeldkontos machen es fast unmöglich, oh­ne Beratung die beste Variante für den jeweiligen Fall zu finden. Der Antrag der Kollegin Mühlberghuber zeigt ein solches Problemfeld auf: Der Bezug von Krankengeld kann zum Verlust des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes führen. Der Kranken­stand, egal wie lange er dauert, muss einer Erwerbstätigkeit gleichgestellt werden, zu­dem das ja auch geltendes EU-Recht ist. Unverständlicherweise wurde der betreffende Antrag von den Regierungsparteien im Ausschuss abgelehnt.

Positiv und notwendig sehen wir den Antrag betreffend Anpassung der monatlichen Zu­verdienstgrenze an die aktuelle Geringfügigkeitsgrenze. Leider werden ja gerade die ge­ringfügig Beschäftigten oft bei den diversen Zuwendungen vergessen, zum Beispiel auch beim Anspruch auf die Zuwendungen aus dem Coronafamilienhärtefonds – apro­pos, das ist ein Stichwort.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geben Sie sich einen Ruck und reaktivieren Sie den Coronafamilienhärtefonds in diesen für die Familien schwierigen Zeiten. (Beifall bei der SPÖ.) Durch die diversen Lockdowns und damit verbundene Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit sind die finanziellen Reserven der Familien aufgebraucht. Nicht nur die Unter­nehmen brauchen finanzielle Unterstützung, auch die Familien haben diese dringend notwendig.

Noch ein paar Worte zum Abänderungsantrag der Regierungsparteien, der kurzfristig unter diesem Tagesordnungspunkt eingebracht werden wird. Sie wissen, dass wir die Gesetzesänderung grundsätzlich gutheißen, da sie eine Verbesserung und eine Weiter­entwicklung von Fabian bedeutet. Eine umfangreiche Analyse war uns aber leider nicht möglich, da uns der Antrag erst gestern vorgelegt wurde. Es bleibt nicht einmal mehr


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 268

Zeit, den Antrag dem Datenschutzrat vorzulegen. Bei allem Verständnis für manchen Zeitdruck sollten doch die parlamentarischen Prozesse berücksichtigt und auch der Op­position eine vernünftige Zeitspanne zur Beurteilung ermöglicht werden. (Beifall bei der SPÖ.)

21.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Prinz. – Bitte sehr.


21.33.24

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! In gebotener Kürze zum Familienlastenausgleichsgesetz: Einerseits geht es um eine redaktionelle Anpassung an das EU-Jugendprogramm, zum anderen wird Kollegin Alexandra Tanda entsprechende Informationen zum Abänderungsantrag mitteilen.

Zum Kinderbetreuungsgeld: Es ist richtig, die Zuverdienstgrenze wird auf 7 600 Euro er­höht.

Den Antrag der FPÖ lehnen wir ab, weil wir glauben, dass es eine ausreichende Härte­fallregelung gibt – gegebenenfalls kann man in den Mutterschutz gehen.

Der dritte Punkt in der Ausschusssitzung war ein Antrag der NEOS zum Kinderbetreu­ungsgeld, den wir vertagt haben, weil wir glauben, dass man da einfach noch weiterdis­kutieren muss, wie man es entsprechend gestalten kann, dass man die Väterbeteiligung erhöhen kann.

Ein Beispiel aus der aktuellen Aussprache, das mich wirklich freut, weil es positiv für die österreichischen Familien ist: Der Familienbonus wird ab 1.7.2022 von 1 500 Euro auf 2 000 Euro pro Kind erhöht, und der Kindermehrbetrag wird für jene Familien, die keine Lohnsteuer oder keine Einkommensteuer bezahlen müssen, auf 450 Euro erhöht. Allein das ist ein Beispiel, an dem man sieht: Dieser Bundesregierung sind die Familien und ihre Kinder ein wichtiges Anliegen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Neßler.)

21.34


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mühlberg­huber. – Bitte sehr.


21.34.48

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundes­minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum ersten Antrag, den betreffend Verein­fachung der Familienbeihilfeverfahren: Den finden wir im Großen und Ganzen gut, wir werden auch zustimmen. Ich möchte aber dazu schon noch anmerken, dass uns dieser Antrag sehr kurzfristig vorgelegt worden ist. Damit hatten wir nicht die Möglichkeit, im Ausschuss in Ruhe ausführlich darüber zu beraten und darüber diskutieren zu können. Deshalb möchte ich den Regierungsparteien mitgeben, dies eben beim nächsten Mal auch zu berücksichtigen.

Zum zweiten Antrag, den wir im Ausschuss behandelt haben: Dieser bekommt gleichfalls unsere Zustimmung. Bei dem Antrag geht es um die Anhebung der Zuverdienstgrenze von 7 300 Euro auf 7 600 Euro pro Kalenderjahr beim Kinderbetreuungsgeld. Dies soll weiterhin eine geringfügige Beschäftigung während des Anspruchszeitraumes ermögli­chen, daher ist die Anhebung des Grenzbetrages zu begrüßen.

Zuletzt zu unserem eigenen Antrag, jenem der Freiheitlichen Partei: Worum geht es bei diesem Antrag? – Frauen, die sich für das einkommensabhängige Kinderbetreuungs­geld entscheiden und in der Zeit vor der Geburt des Kindes mehr als 14 Tage Kranken­geld beziehen, verlieren ihren Anspruch darauf beziehungsweise haben finanzielle Ein­bußen, und die sind beträchtlich. Oft verringert das Kinderbetreuungsgeld dabei um die


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 269

Hälfte. Ein Beispiel dazu: Eine betroffene Mutter hat etwa mit einem täglichen Betrag von 66 Euro gerechnet, erhalten hat sie dann nur 33 Euro, weil sie länger als 14 Tage Krankengeld bezogen hat. Das entspricht aufs Jahr gerechnet einem Verlust von fast 12 000 Euro.

Auch die Volksanwaltschaft hat schon Alarm geschlagen und hat vorgeschlagen, da eine gesetzliche Änderung vorzunehmen, damit Härtefälle vermieden werden. Es sollen jene Zeiten, in denen Krankengeld bezogen wird, unter dem Begriff Erwerbstätigkeit in das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld einbezogen werden – das wird auch von der EU so gehandhabt, denn Krankengeld ist als Geldleistung zu sehen und als Aus­übung einer Beschäftigung zu werten. So sieht es auch die EU vor, und daher ersuche ich die Regierungsparteien, die Empfehlung der Volksanwaltschaft ernst zu nehmen und die Ablehnung unseres Antrages zu überdenken. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

21.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Neßler. – Bitte.


21.37.48

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Ministerin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Im Mai wurde ich von einer erstaunten, eigentlich verärgerten Mutter kontaktiert, deren Sohn mit dem Namen Fabian gerade die schriftliche Matura hinter sich hatte und die die Information bekam, dass die Familienbeihilfe auslaufen würde. – Was folgte war ein bürokratischer Aufwand in Pa­pierform. Und nun sind wir im 21. Jahrhundert angekommen und ermöglichen nicht nur mit dem System Fabian, das auch so heißt, die elektronische Abwicklung, sondern ver­längern auch die Familienbeihilfe nach Abschluss der Schulausbildung um vier Monate. Um es also symbolisch auszudrücken: Fabian hilft Fabian und seinen Eltern.

Mit der Anpassung der Zuverdienstgrenze beim einkommensabhängigen Kinderbetreu­ungsgeld und bei der Familienbeihilfe reagieren wir auch auf die reale Situation, weil die derzeitige Grenze von 7 300 Euro pro Jahr nicht mehr zeitgemäß ist.

Ich bin froh, dass ich letzte Rede dieses Jahr mit zwei positiven Anträgen abschließen kann, und ich hoffe – ehrlich gesagt war dieses Jahr auch nicht viel besser als 2020 – beziehungsweise bin überzeugt davon, dass wir 2022 im Kampf gegen die Coronapan­demie weiter sein werden. Es ist ein Kampf gegen die Zeit, darum nochmals meine Bitte zum Schluss: Lassen Sie sich impfen!

Was ich mir für uns wünsche, ist, dass wir in der Politik in ruhigere Fahrwasser kommen, und Ihnen, liebe Zuseher und Zuseherinnen, wünsche ich erholsame, schöne Feiertage und vor allem eines: Bleiben Sie gesund! – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

21.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Holzleit­ner. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


21.39.52

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Werte Frau Minis­terin! Wir diskutieren hier – es ist schon gefallen – Anpassungen im Kinderbetreuungs­geldgesetz und im Familienlastenausgleichsgesetz, die so, wie sie im Ausschuss bera­ten worden sind, auch in Ordnung gehen.

Der eigentliche Skandal aber ist, dass wir nur über diese zwei oder drei Anträge reden, und nicht viel mehr, obwohl gerade die jungen Menschen in dieser Pandemie einen im­mensen Beitrag, einen Riesenbeitrag geleistet haben, sie haben auf so viel verzichtet. Gleichzeitig konnte man erst gestern von einer neuen Studie der Donau-Universität


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 270

Krems lesen, die ergeben hat, dass 62 Prozent aller Mädchen und 38 Prozent aller Bur­schen eine mittelgradige depressive Symptomatik aufweisen – 62 Prozent aller Mäd­chen! Das sind von drei knapp zwei, das ist unfassbar arg! Das ist nicht nur alarmierend, das ist ein akuter Handlungsauftrag. Wir müssen alles in Bewegung setzen, wirklich alles in Bewegung setzen und aktivieren, um psychosoziale Hilfe, psychologische Hilfeleis­tungen für Kinder und Jugendliche in ausreichendem Ausmaß auf die Beine zu stellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Gestern hat es aber auch eine zweite – eine kleine gute – Nachricht gegeben: Das Bud­get für Familienberatungsstellen wird um 600 000 Euro aufgestockt. Das ist gut, denn so nähern wir uns sukzessive den 18 Millionen Euro, die die Familienberatungsstellen wirk­lich brauchen würden, und zwar für Planungssicherheit, Jahr für Jahr, fix gesetzt und nicht tröpfchenweise. Es ist gut, dass es diese Aufstockung gibt, aber Planungssicherheit für die Beratungsstellen wäre wahnsinnig wesentlich für die Beschäftigten, für die Fami­lien und natürlich auch für die Kinder und Jugendlichen.

Zu einem Punkt noch ganz kurz, weil es vorhin auch medial kolportiert wurde: Die lang ersehnte Kinderkostenstudie ist endlich da – gut so, auch das ist richtig! Wir haben da­durch gesehen, was wir schon lange geahnt haben: Der von Türkis-Blau eingeführte Familienbonus und von Türkis-Grün leider über die Maßen erhöhte Familienbonus spal­tet noch viel mehr, die Schere zwischen Arm und Reich klafft noch weiter auseinander. Es ist da bewusst am falschen Eck angesetzt worden, um die Gesellschaft zu spalten. Das sehen wir nicht ein, genauso wenig wie die AlleinerzieherInnen, die stärker als viele andere Gruppen belastet sind und viel zu wenig Unterstützung bekommen, die unter der Last wirklich beinahe zusammenbrechen. Auch darauf muss ein Fokus gelegt werden: treffsicherer Support für AlleinerzieherInnen. Und im Sinne der betroffenen Kinder: Her mit der Unterhaltsgarantie, her mit dem Rechtsanspruch auf Kinderbildung ab dem ers­ten Lebensjahr und her mit der Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent! (Beifall bei der SPÖ.)

21.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Bernhard. – Bitte.


21.42.51

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Die letzte Sit­zung des Familienausschusses war insofern spannend, als tatsächlich über viele gute Ideen diskutiert wurde. Das allermeiste davon wurde aber leider am Ende des Tages durch die ÖVP und die Grünen vertagt. Warum betont man das so sehr? – Weil es na­türlich in der Familienpolitik eine ganze Reihe von sehr großen Aufgaben gibt, die drin­gend neue Lösungen brauchen. Die fehlende Bereitschaft von den Grünen und der ÖVP wirklich über diese Lösungsansätze zu diskutieren, ist aus unserer Sicht alles andere als akzeptabel. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was haben wir NEOS im letzten Familienausschuss angesprochen? – Wir haben ganz konkret zwei Sachen angesprochen: Das erste war, dass es beim einkommensabhän­gigen Kinderbetreuungsgeld nach wie vor eine massive Ungleichheit zwischen den Bezieherinnen und den Beziehern gibt, denn von den 28 000 Bezieherinnen im Jahr 2020 waren 26 500 Mütter und 1 500 Väter. Wir haben als Idee mit in den Fami­lienausschuss gebracht, dass wir Familien innerhalb der Varianten wechseln lassen, das heißt, dass zum Beispiel die Mutter die Pauschalvariante wählen kann und der Vater die einkommensabhängige oder umgekehrt, damit auch innerhalb der Familie die Wahl­freiheit besteht und sich die Familie nicht für ein Modell entscheiden muss, weil wir annehmen, dass das die Väterbeteiligung erhöht. Man kann anderer Meinung sein, aber


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 271

man hat sich der Diskussion nicht gestellt, man hat keinen Gegenvorschlag gemacht, man hat nur gesagt, man möchte nicht über unseren diskutieren.

Das Zweite, das wir im Familienausschuss eingebracht haben, war ein Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung. Das bedeutet nicht, die Gemeinden von heute auf morgen zu über­fordern, aber wir haben vorgeschlagen, dass wir uns als Parlament dazu bekennen, langfristig Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr in allen Gemeinden bereitstellen zu wollen, und dass wir das bis 2024 für alle Kinder, die das zweite Lebensjahr vollendet haben, schaffen. Das ist auch ein Zugang von uns NEOS, mit dem wir sagen, wir wollen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wir wollen das Beste für die Kinder, für unsere Zukunft. Natürlich hätten die Regierungsfraktionen auch Alternativen vorschlagen kön­nen, wie sie die Kinderbetreuung gestalten wollen, das war aber nicht der Fall, sie haben sich einfach nur der Diskussion entzogen.

Das ist politischer Alltag. Wir werden natürlich nicht müde, das zu verändern. Ich wün­sche mir aber für das nächste Jahr, wenn wir denn auch schon bei den Wünschen sind, dass es nächstes Jahr besser wird, und zwar sowohl im Familienausschuss als natürlich auch im Allgemeinen.

Damit komme ich jetzt zum wesentlichsten Punkt: Ich darf mich im Namen unserer Fraktion ganz herzlich bei der Parlamentsdirektion für die großartige Arbeit bedanken, die wir 2021 erfahren haben. Ich darf mich – und das ist uns ein großes Anliegen – bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hohen Hauses bedanken. Es war uns eine große Freude, wir wissen Ihre Unterstützung jeden Tag sehr, sehr zu schätzen – und dafür auch meinen ganz herzlichen Applaus und den von meiner Fraktion. (Beifall des Redners sowie Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir wünschen natürlich auch allen Kolleginnen und Kollegen schöne Weihnachten, ein friedvolles Fest, viel Kraft. Zum Abschluss noch ein Letztes: Lieber Mathias Lipp, dir wünschen wir natürlich auch alles Gute für die Zukunft! Schöne Feiertage! (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abgeordneten El-Nagashi.)

21.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Raab. – Bitte sehr.


21.46.36

Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Her­ren Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Es freut mich wirklich sehr, dass wir heute, kurz vor Weihnachten, ein weiteres Familienentlastungspaket verabschieden können, dass wir das schnüren konnten. Neben der ökosozialen Steuerreform, die finan­zielle Entlastungen für die Familien im Rahmen des Familienbonus, des Kindermehrbe­trages bringen wird, haben wir nun noch ein dreiteiliges Gesetzespaket, das sehr stark in Richtung Entbürokratisierung geht.

Es ist mir als Ministerin wichtig, dass wir in unseren Systemen immer Nachschau halten, wo wir es für die Familien leichter machen können – so eben auch in der Abwicklung der Familienleistungen, denn Familienzeit ist wertvolle Zeit, und wir tun alles, um den Abbau administrativer Hürden für die Familien, den Abbau von Bürokratie, einfach den Abbau von Arbeit für die Familien während des Bezugs von Familienleistungen sicherzustellen.

Das dreiteilige Gesetzespaket ist folgendermaßen strukturiert: Zum Ersten geht es um die Weiterentwicklung des Familienbeihilfeverfahrens – Fabian heißt das –, zum Zweiten geht es um die Verlängerung der Familienbeihilfe nach dem Schulabschluss und zum Dritten geht es um die Erhöhung der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 272

Die Weiterentwicklung des Familienbeihilfeverfahrens ist deshalb so wichtig, weil es das zentrale Verfahren zur Ausschüttung der Familienbeihilfe ist. Es ist nun seit März 2021 im Einsatz, und wir versuchen es, wie gesagt, stetig zu evaluieren und zu verbessern. Wir wollen nun Familien und insbesondere Studierende von Bürokratie entlasten, indem es eine automatische Weitergewährung der Familienbeihilfe gibt, wenn alle Anspruchs­voraussetzungen vorliegen. Das bedeutet für die Familien keine Papierunterlagen mehr, keine Amtswege mehr, denn die Studierendendaten der Hochschulen werden automa­tisch weitergeleitet und können verarbeitet werden.

Zum Zweiten, wie gesagt, geht es um die Verlängerung der Familienbeihilfe nach Ab­schluss der Schulausbildung. Wir wollen, dass die Familienbeihilfe vier Monate nach Abschluss der Schulausbildung automatisch weitergewährt wird. Dadurch können wir zwei Dinge sicherstellen: zum einen, dass keine Lücke zwischen der Schulausbildung und einem allfälligen Studienbeginn entsteht, und zum anderen, dass all jene, die nach dem Schulabschluss zu arbeiten beginnen, diese vier Monate weiterbezahlt bekommen, einfach auch als Belohnung für den erfolgreichen Abschluss der Schulausbildung.

Und zum Dritten heben wir die Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld an, näm­lich von 7 300 auf 7 600 Euro. Das ist deshalb wichtig, weil man so eben auch daneben arbeiten kann, geringfügig beschäftigt sein kann und somit, wie gesagt, auch nebenbei etwas dazuverdienen kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte mich ganz herzlich bedanken. Diese Ple­narwoche hat für die Familien wirklich viel Entlastung gebracht. Ich bin sehr froh und stolz, dass wir für die Familien den Familienbonus auf 2 000 Euro erhöhen können, ich bin sehr froh und stolz, dass wir den Kindermehrbetrag für all jene, die vom Familien­bonus nicht profitieren können, auf 450 Euro erhöhen können, und ich bin sehr froh, dass wir gemeinsam auch weitere Vereinfachungen, Entbürokratisierungen und den Abbau administrativer Hürden für die Familien erreichen können.

Ich danke Ihnen ganz herzlich für die Zusammenarbeit in diesem Jahr und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit im nächsten Jahr. Frohe Weihnachten im Kreise der Familie, einfach Kraft tanken und gesund bleiben – das alles wünsche ich Ihnen für die Feiertage! Frohes Fest! – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

21.50


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ries. – Bitte sehr.


21.50.25

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ja, in einer parlamentarischen Demokratie ist es gelebte Normalität, dass die unterschiedlichen Standpunkte der Fraktionen nicht immer unter einen Hut gehen.

Verschiedene ideologische Standpunkte führen eben zu unterschiedlichen Meinungen und wirken sich auf die Beschlüsse aus. Es gibt darüber hinaus aber auch Themen, die geradezu prädestiniert dafür sind, über Parteigrenzen hinweg zu verbinden, und die Un­terstützung der Familien ist für mich solch ein Thema, denn es muss im Interesse jeder Fraktion hier im Haus sein, dass die Gründung von Familien politisch unterstützt wird. (Ruf bei der ÖVP: Bravo!)

Gerade das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld wäre eine gute Sache, Fami­lien zu unterstützen, und Kollegin Mühlberghuber hat schon darauf hingewiesen, dass es aus unserer Sicht da einen Mangel zu beseitigen gilt, nämlich betreffend 14 Tage übersteigende Krankenstände. Daher ist es für mich enttäuschend und völlig unver­ständlich, warum nur die SPÖ hier im Haus bereit ist, diesen gesetzlichen Missstand – als einen solchen sehen wir das – mit uns zu reparieren.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 273

Es ist noch etwas in der Pipeline – da verhält es sich ähnlich –: der Familienzeitbonus, der sogenannte Papamonat. Auch in diesem Zusammenhang haben wir einen Antrag gestellt und darauf hingewiesen, dass Zivildienstzeiten, Zeiten des Präsenzdienstes, Zeiten des Assistenzeinsatzes für Milizangehörige gesetzlich so gewertet werden, als wäre man nicht erwerbstätig, denn ansonsten würde man bei einer längeren Dauer, bei mehr als 14 Tagen im Dienst, den Anspruch verlieren.

Auch das ist aus unserer Sicht ein Mangel, der repariert werden muss, und wir ersuchen Sie, werte Frau Bundesministerin – Sie haben im Ausschuss gesagt, Sie stehen schon in Gesprächen mit dem Landesverteidigungsministerium –, dass Sie auch mit dem BMI, das wäre nämlich für den Assistenzeinsatz zuständig, und mit dem Landwirtschaftsmi­nisterium als für den Zivildienst zuständige Stelle Kontakt aufnehmen.

Werte Damen und Herren im Haus und vor allem der Regierungsfraktionen, unterstützen wir gemeinsam Familien und stehen wir ihnen nicht im Wege und beseitigen wir diese Gesetzesmängel. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

21.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Tanda. – Bitte.


21.52.57

Abgeordnete Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesmi­nisterin! Schönen Abend zu Hause vor den Bildschirmen! Wir haben heute schon gehört, dass der Antrag kurzfristig ist, aber es ist einfach so, dass FamilienbeihilfenbezieherIn­nen regelmäßig aufgefordert werden, Nachweise zu erbringen, dass der Antrag auf Fa­milienbeihilfe noch besteht, und zwar in Papierform, das haben wir schon gehört. Damit man sich das auch einmal vorstellen kann: Ich habe das letzte Woche bekommen, neun Blätter (die Blätter einzeln in die Höhe haltend), beidseitig bedruckt, schön zum Ausfül­len! Daher begrüße ich bei aller Kurzfristigkeit außerordentlich, dass es mir möglich ist, einen Abänderungsantrag einzubringen, damit wir den Aufwand für die anspruchsbe­rechtigten Bürgerinnen und Bürger, aber auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Finanzamt endlich senken können. 2021 sind 550 000 solcher Anspruchsüberprü­fungsschreiben versendet worden.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen zum An­trag der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (632/A) in der Fassung des Ausschussberichts für Familie und Jugend (1252 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen, den oben bezeichneten Gesetzes­antrag in der Fassung des Ausschussberichts wie folgt zu ändern.

Da dieser Antrag sehr lang ist und die Zeit rennt und der Antrag bereits an Sie verteilt wurde, möchte ich ihn hier nur in aller Kürze erläutern:

Das digitale Familienbeihilfenverfahren ist, wie die Frau Bundesministerin schon gesagt hat, 2021 gestartet. Um den eingangs erwähnten Verwaltungsaufwand für alle involvier­ten Personen zu minimieren, soll nun mit dem Abänderungsantrag Fabian gerade im Bereich der Hochschulen zur Umsetzung kommen. Vor allem soll auch nach dem Ab­schluss der Schulausbildung dieser Anspruch automatisch weiterlaufen, ohne dass man


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 274

für weitere vier Monate wieder solche Formulare ausfüllen muss, weil ja zwischen Schul­ausbildungsende, Matura und dem Beginn des Studiums oder eines Jobs doch immer eine Zeitspanne ist.

*****

Eine effiziente und bürgerfreundliche Umsetzung, also Überprüfungshandlung, ist über­haupt nur möglich, wenn man auch eine automatisierte Verarbeitung der Daten durch die IT des Bundesministeriums für Finanzen ermöglicht, denn dieses ist ja immerhin die auszahlende Stelle und federführend zuständig.

Ziel der Abänderung ist es daher, eine rein legistische Grundlage, also eine Rechts­grundlage für einen Änderungsdienst als neuen Prozess der Datenübermittlung, zum Beispiel den Studienerfolgsnachweis, zu schaffen. Dadurch kann man eben zukünftig von Einzelabfragen absehen.

Ich bin daher sehr froh, dass wir – noch einmal: trotz aller Kurzfristigkeit – diesen wich­tigen Antrag einbringen können, der die Arbeit der Beamtinnen und Beamten, aber vor allem jene der Eltern und der anspruchsberechtigten Personen erleichtern wird, und freue mich auf breite Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es sind schon viele Weihnachtswünsche ausgesprochen worden, ich möchte einen an­deren bringen: Bevor man den Mund aufmacht, soll man darüber nachdenken – Worte schaffen Wirklichkeit. Bitte gehen wir 2022 mit unserer Sprache umsichtiger um. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

21.56

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler

Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag der Abg. Norbert Sieber, Barbara Neßler betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (632/A) in der Fassung des Ausschussberichts für Familie und Jugend (1252 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben bezeichnete Gesetzesantrag in der Fassung des Ausschussberichts wird wie folgt geändert:

1. Im Einleitungssatz wird die Wortfolge „durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 28/2020“ durch die Wortfolge „durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 71/2021“ ersetzt.

2. Die Ziffern 1 und 2 werden durch die folgenden Ziffern 1 bis 6 ersetzt:

„1. § 2 Abs. 1 lit. d lautet:

        „d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und die das 25. Lebens­jahr noch nicht vollendet haben, für vier Monate nach Abschluss der Schulausbil­dung; im Anschluss daran für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bis zum Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeit­punkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird,“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 275

2. §§ 2 Abs. 1 lit. l sublit. dd und 6 Abs. 2 lit. k sublit. dd lauten:

        „dd) Europäischen Solidaritätskorps nach der Verordnung (EU) 2021/888 des Euro­päischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Pro­gramms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnun­gen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014.“

3. § 6 Abs. 2 lit. b lautet:

        „b) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, oder erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für vier Monate nach Abschluss der Schulausbildung; im Anschluss daran, wenn sie das 24. Lebens­jahr noch nicht vollendet haben, oder erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bis zum Beginn einer weiteren Berufs­ausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird, oder“

4. § 46a Abs. 2 Ziffer 4 lautet:

        „4. mit den Bildungseinrichtungen gemäß § 10 Abs. 1 des Bildungsdokumentations­gesetzes 2020 – BilDokG 2020 über den Datenverbund der Universitäten und Hoch­schulen gemäß § 10 BilDokG 2020 eine automatisierte Datenübermittlung mit dem Finanzamt Österreich als Datenempfänger einzurichten. In dessen Rahmen sind dem Datenverbund der Universitäten und Hochschulen vom Finanzamt Österreich die verschlüsselten bereichsspezifischen Personenkennzeichen des Tätigkeitsbe­reichs „Bildung und Forschung“ (vbPK-BF gemäß § 9 des E Government-Gesetzes – E-GovG) der Kinder, für die die Familienbeihilfe beantragt wurde oder gewährt wurde bzw. wird, zu übermitteln. Zu den übermittelten vbPK-BF sind über den Daten­verbund der Universitäten und Hochschulen folgende Daten automatisiert zu verar­beiten:

        a) die vbPK-BF der Kinder, für die die Familienbeihilfe beantragt wurde oder gewährt wurde bzw. wird,

        b) Kennzeichnung, Beginndatum, Beendigungsdatum, Meldungen der Fortsetzung und Zulassungsstatus des Studiums bzw. der Studien,

        c) Art und Datum von Prüfungen, die ein Studium oder einen Studienabschnitt eines Diplomstudiums abschließen,

        d) Semesterstunden bzw. erlangte ECTS-Anrechnungspunkte abgelegter Prüfun­gen eines Semesters oder Studienjahres.

Der positive Abschluss des Verfahrens zur Gewährung von Familienbeihilfe ist vom Fi­nanzamt Österreich mittels automatisierter Datenübermittlung des vbPK-BF an den Da­tenverbund der Universitäten und Hochschulen zu übermitteln und im Datenverbund der Universitäten und Hochschulen zu vermerken. Ändern sich Daten gemäß lit. b) bis d) einer oder eines Studierenden, bei welcher oder welchem die Gewährung der Fami­lienbeihilfe vermerkt ist und die eine Auswirkung auf den Bezug der Familienbeihilfe ha­ben, ist diese Änderung gemeinsam mit dem vbPK-BF mittels automatisierter Daten­übermittlung an das Finanzamt Österreich zu übermitteln. Ändert sich der Status hin­sichtlich der Gewährung der Familienbeihilfe, hat das Finanzamt Österreich dem Daten­verbund der Universitäten und Hochschulen diese Änderung mittels automatisierter Da­tenübermittlung zu übermitteln und der Vermerk ist im Datenverbund der Universitäten und Hochschulen dahingehend anzupassen bzw. zu löschen.“

5. In § 46a Abs. 4 wird die Wortfolge „dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend nach Anhörung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung“ durch die Wortfolge „der Bundesministerin für Frauen, Familie und Integration nach Anhörung


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 276

des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie der Österrei­chischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft“ ersetzt.

6. § 55 wird folgender Abs. 52 angefügt:

„(52) §§ 2 Abs. 1 lit. d und 6 Abs. 2 lit. b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2021 treten mit 1. Juni 2022 in Kraft. §§ 2 Abs. 1 lit. l sublit. dd, 6 Abs. 2 lit. k sublit. dd, 46a Abs. 2 Z 4 und 46a Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2021 treten mit dem der Kundmachung dieses Bundesgesetzes folgenden Tag in Kraft.““

Begründung

Zu Z 1 und 3 (§§ 2 Abs. 1 lit. d und 6 Abs. 2 lit. b FLAG 1967):

Grundvoraussetzung für die Gewährung der Familienbeihilfe für volljährige Kinder ist, dass sie sich in Berufsausbildung befinden. Wird eine Berufsausbildung beendet, fällt der Anspruch auf die Familienbeihilfe weg. Als Altersgrenze für die Gewährung der Fami­lienbeihilfe ist die Vollendung des 24. Lebensjahres festgelegt, wobei einige Ausnahmen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres vorgesehen sind (zB für erheblich behinderte Kinder nach § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 – FLAG 1967).

Die Familienbeihilfe wird auch für Zeiten zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn einer weiteren Berufsausbildung gewährt (sogenann­te „Zwischenzeiten“), um Unterbrechungen des Familienbeihilfenbezuges zu vermeiden. Die Eltern sind nämlich in der Regel auch für diese Zeiten verpflichtet, den Unterhalt für die Kinder zu leisten. Diese Regelung verursacht einen hohen Verwaltungsaufwand für das Finanzamt Österreich, da dieses verschiedene Prüfschritte zu setzen hat, um den Familienbeihilfenanspruch zu verlängern.

Es ist ein Anliegen der Bundesregierung, den Verwaltungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger sowie auch für das Finanzamt Österreich zu minimieren bzw. möglichst effizient auszugestalten. Wie oben dargelegt, ist die Prüfung der sogenannten „Zwischenzeiten“ für die Finanzverwaltung sehr aufwändig und belastet auch die Bürgerinnen und Bürger. Abhilfe soll dadurch geschaffen werden, als nach dem Abschluss der Schulausbildung ein weiterlaufender Familienbeihilfenanspruch von vier Monaten festgelegt werden soll, unabhängig davon, ob nachher eine Berufsausbildung absolviert wird.

Diese Regelung ist im Zusammenhang mit der geplanten automatisierten Anspruchs­überprüfung bzw. -verlängerung des Familienbeihilfenbezuges auf Basis externer Daten aus dem Datenverbund der Universitäten und Hochschulen von Studierenden zu be­trachten (siehe auch Ausführungen zu Z 4; § 46a Abs. 2 Z 4 FLAG 1967). Es kann fol­gender Beispielsfall angeführt werden:

Ablegung der Matura im Juni 2022; dann Anspruch auf die Familienbeihilfe für vier Monate bis inklusive Oktober 2022. Wird keine weitere Berufsausbildung absolviert, endet der Anspruch mit Oktober 2022. Wird ab Oktober ein Studium betrieben kann die Familienbeihilfe durchgehend automatisiert weitergewährt werden, zumal ein Studium eine für die Gewährung der Familienbeihilfe erforderliche Berufsausbildung darstellt und der Studienbeginn aus dem Datenverbund der Universitäten und Hochschulen an das Finanzamt Österreich gemeldet wird.

Der in Rede stehende Bezugszeitraum wurde deshalb mit vier Monaten bemessen, um zu gewährleisten, dass die externen Daten aus dem Datenverbund der Universitäten und Hochschulen vorliegen, um eine automationsunterstützte Weitergewährung der Fa­milienbeihilfe zu ermöglichen.

Die Regelung soll erstmals unter Berücksichtigung der Implementierung der technischen Voraussetzungen ab 1. Juni 2022 zur Anwendung kommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 277

Die Altersgrenzen für die Weitergewährung der in Rede stehenden Familienbeihilfe für vier Monate nach Abschluss der Schulausbildung bzw. für die nachfolgenden Zwischen­zeiten sollen den bestehenden Regelungen entsprechen; daher soll für erheblich behin­derte Kinder (§ 8 Abs. 5 FLAG 1967) die Vollendung des 25. Lebensjahres als Alters­grenze gelten.

Die Sonderregelung, dass für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem ehestmöglichen Beginn eines Freiwilligendienstes die Familienbeihilfe für längstens drei Monate gewährt wird, kann entfallen. Durch den Gesetzentwurf wird sichergestellt, dass die Familienbeihilfe nunmehr generell für vier Monate nach Abschluss der Schul­ausbildung weiter gewährt wird. Das hat zur Folge, dass die Familienbeihilfe in der an­gesprochenen Fallkonstellation für die Zwischenzeit nach Abschluss der Schulausbil­dung und dem ehestmöglichen nachfolgenden Freiwilligendienst anstelle von drei nun­mehr für vier Monate gewährt wird.

Zu Z 2 (§§ 2 Abs. 1 lit. l sublit. dd und 6 Abs. 2 lit. k sublit. dd FLAG 1967):

Mit dem Gesetzentwurf erfolgt eine Zitierungsanpassung an das aktuelle EU-Jugendpro­gramm „Europäisches Solidaritätskorps“.

Zu Z 4 und 5 (§ 46a Abs. 2 Z 4 und Abs. 4 FLAG 1967):

Es ist ein besonderes Anliegen der Bundesregierung, dass der öffentliche Sektor effi­zient und serviceorientiert agieren kann und soll. In diesem Sinne wurde im Bereich der Familienbeihilfe ab März 2021 ein neues Familienbeihilfenverfahren „FABIAN“ auf Basis neuer Technologien produktiv gesetzt Um dem Grundprinzip gerecht zu werden, so bür­gernah wie möglich handeln zu können, sind nun im Familienbeihilfenverfahren Verein­fachungen der Verfahrensabläufe geplant. Dies entspricht auch dem Vorhaben der Bun­desregierung das Familienbeihilfenverfahren „FABIAN“ digital weiterzuentwickeln.

Im Rahmen der Gewährung der Familienbeihilfe ist es erforderlich, Überprüfungshand­lungen zu setzen, zumal die Familienbeihilfe in der Regel im Voraus ausgezahlt wird. Im Zuge dieser Verfahrensschritte sind diverse Unterlagen vorzulegen, um das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen – für vergangene Zeiten – nachzuweisen, wobei diese Nachweise (zB der Studienerfolgsnachweis) auch als Entscheidungsgrundlage für die Weitergewährung der Familienbeihilfe gelten können.

Im Familienbeihilfenverfahren können aktuell Daten durch Onlineabfragen für An­spruchsüberprüfungen genutzt werden. Mit der Einführung eines neuen Prozesses der Datenübermittlung gemäß § 46a Abs. 2 Z 4 FLAG 1967 soll für Studierende das Ver­fahren zur Überprüfung für die Weitergewährung der Familienbeihilfe weiter beschleu­nigt werden. Dieser Schritt dient auch der Intensivierung einer zukünftig vollständig au­tomatisierten Weitergewährung der Familienbeihilfe.

Ein Ziel der Novelle ist es, eine Rechtsgrundlage für einen Änderungsdienst als neuen Prozess der Datenübermittlung gemäß § 46a Abs. 2 Z 4 FLAG 1967 und für die Ver­wendung von verschlüsselten bereichsspezifischen Personenkennzeichen des Tätig­keitsbereichs „Bildung und Forschung“ (vbPK-BF) im Rahmen der Datenübermittlung zu schaffen.

Der derzeit bereits bestehende Datenkatalog für die automatisierte Übermittlung für Da­ten von Studierenden von Bildungseinrichtungen gemäß § 10 Abs. 1 des Bildungsdoku­mentationsgesetzes 2020 – BilDokG 2020 bleibt derselbe. Lediglich die Versicherungs­nummern und der Namen der Kinder, für die die Familienbeihilfe beantragt wurde oder gewährt wurde bzw. wird, werden durch vbPK-BF ersetzt. Dadurch wird den in der Da­tenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vorgesehenen einschlägigen datenschutzrecht­lichen Vorgaben Rechnung getragen und ein angemessenes Schutzniveau erreicht.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 278

Der im Rahmen der automatisierten Übermittlung von Studierendendaten geplante Än­derungsdienst wird als neuer Prozess der Datenübermittlung in § 46a Abs. 2 Z 4 FLAG 1967 eingeführt, wodurch zukünftig von Einzelabfragen an den Datenverbund der Universitäten und Hochschulen abgesehen wird. Dabei werden ausschließlich beihilfen­relevante Änderungen im Sinne des Prinzips der Datenminimierung gemäß Art. 5 DSGVO an FABIAN übermittelt. In diesem Zusammenhang werden somit überschießen­de Datenmeldungen vermieden und nur jene Daten gesetzlich verarbeitet, die für den Nachweis des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen erforderlich sind.

Die technische Umsetzung und Verarbeitung der Daten wird zuständigkeitshalber durch die IT des Bundesministeriums für Finanzen erfolgen, zumal das Bundesministerium für Finanzen für technische und organisatorische Belange der Vollziehung der Familienbei­hilfe – die in erster Instanz durch das Finanzamt Österreich erfolgt – federführend zu­ständig ist.

Angemessene Löschfristen für die vom Datenverbund der Universitäten und Hochschu­len übermittelten Daten sind im Zusammenhang mit dem Verarbeitungszweck der Ge­währung der Familienbeihilfe vom Bundesministerium für Finanzen als Datenverarbeiter zu evaluieren und festzulegen.

Der Beginn und die Durchführung der automatisierten Datenverarbeitung im Wege des neuen Änderungsdienstes werden gemäß § 46a Abs. 4 FLAG 1967 durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Frau­en, Familie und Integration festgelegt. Die derzeit bestehende Bestimmung sieht ein An­hörungsrecht des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung vor. Diese Bestimmung wird um ein Anhörungsrecht der Österreichischen Hochschülerin­nen- und Hochschülerschaft erweitert; ebenso werden die Ressortbezeichnungen ange­passt.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ausreichend erläutert worden, aus­reichend unterstützt und ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhand­lung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Köllner. – Bitte.


21.57.06

Abgeordneter Maximilian Köllner, MA (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Änderungen im Familienlastenausgleichsgesetz haben ja eher redaktionellen Charakter, aber wenn wir schon beim Thema Anpassungen und beim Europäischen Solidaritätskorps sind: Da gibt es schon länger ein Problem, das viele junge Männer betrifft, und dieses möchte ich trotz später Stunde noch ganz kurz in den Fokus rücken.

Bis zum Herbst 2018 konnten sich junge österreichische Männer ihr soziales Engage­ment im Rahmen des europäischen Freiwilligendienstes als Ersatz für den Zivildienst anrechnen lassen, und das ist auch gut so, für die Persönlichkeitsentwicklung, um Erfah­rungen zu sammeln und über den Tellerrand zu blicken.

Weil aber vor drei Jahren der europäische Freiwilligendienst mit dem angesprochenen EU-Solidaritätskorps quasi einen neuen Namen bekommen hat, können die entspre­chenden Anrechnungsanträge der jungen Männer nicht mehr genehmigt werden.

Frau Ministerin, ich weiß, Sie sind nicht direkt zuständig, Sie sind auch nicht mehr Ju­gendministerin, aber Sie haben während Ihrer Zeit als Jugendministerin versprochen, sich für die Jugend einzusetzen, und ich denke, das ist eine Gelegenheit, für die Jugend


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 279

etwas zu machen. Da geht es lediglich um eine Aktualisierung, um eine Anpassung des Zivildienstgesetzes, vielleicht können Sie mit Ihrer Kollegin reden. (Beifall bei der SPÖ.)

Weil wir schon beim Thema Jugend sind – das ist heute ein bisschen zu kurz gekom­men –: Ich habe im Vorfeld dieser Sitzung mit einigen Jugendlichen über ihre Gefühls­lage in der Coronapandemie gesprochen, und in diesen Gesprächen wurde mir das be­stätigt, was vorhin auch schon unsere Jugendsprecherin Evi Holzleitner gesagt hat und was auch von einer Studie bestätigt wurde: Die psychosozialen Auswirkungen der Pan­demie, die psychosoziale Belastung von Jugendlichen ist leider besorgniserregend. Die Entwicklung ist deshalb besorgniserregend, weil mehr als ein Drittel der Burschen und zwei Drittel der Mädchen depressive Züge aufweisen, teilweise sogar suizidale Gedan­ken haben.

Sie können nichts für das Virus, das unterstellt Ihnen auch niemand, sehr wohl aber sind Sie als Regierung für die Maßnahmen, für das Pandemiemanagement und für das Ver­ordnungschaos verantwortlich (Zwischenruf bei der ÖVP): Schulen auf, Schulen zu, Lockdowns, Ausgangsverbote und so weiter. Sie sind dafür verantwortlich, wie Sie auf die Situation reagieren. Ich bitte Sie daher, tun Sie in Ihrer Regierungsrunde gemeinsam etwas, damit sich als Folge die psychische Gesundheit der Jugendlichen nicht noch weiter verschlechtert. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Abschluss: Wir heben ja auch die Zuverdienstgrenze beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld von 7 300 Euro auf 7 600 Euro an, um auch in Zukunft nebenbei eine geringfügige Beschäftigung zu ermöglichen; das ist auch gut so. Aber, lieber Kol­leginnen und Kollegen von der ÖVP, wir haben nicht vergessen, dass Sie aus rein machtpolitischen Gründen den Ausbau der Kindernachmittagsbetreuung verhindert ha­ben. (Beifall bei der SPÖ. – Rufe bei der ÖVP: Ja, ja!)

Sie können sich jetzt nicht mehr auf Sebastian Kurz ausreden, der ist nicht mehr hier. Sie haben es selbst in der Hand: Also her mit der Kinderbetreuungsmilliarde! (Beifall bei der SPÖ.)

22.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sieber. – Bitte.


22.00.32

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Ja, unsere Frau Minister und meine Kollegin Alexandra Tanda haben bereits erläutert, was die Flag-Novelle alles bringt, und dass dieser Abänderungsantrag wirklich eine Verwal­tungsvereinfachung für die Eltern, aber auch für das Finanzamt darstellt.

Ich möchte mich aber trotzdem, meine Damen und Herren, dafür entschuldigen, dass wir diesen Abänderungsantrag sehr spät an die Opposition übermittelt haben. Es war einfach die Notwendigkeit, zwischen drei Ministerien eine Abstimmung zu finden. Das hat seine Zeit gebraucht. Wir hätten es gern schon im Ausschuss gemacht. Entschul­digen Sie bitte! Wir werden uns bemühen, es ins Zukunft besser zu machen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Meine Damen und Herren, ich habe im Ausschuss in einem Redebeitrag gesagt, wir sollten vielleicht auch in uns gehen und etwas mehr Redlichkeit an den Tag legen – Redlichkeit ist vielleicht ein etwas sperriger Begriff –, und einige haben ein wenig über diesen Begriff geschmunzelt. Ich möchte es vielleicht anders versuchen: Wie gehen wir miteinander um? Jetzt, kurz vor Weihnachten, stelle ich die Frage, wenn wir auf das vergangene Jahr zurückblicken: Wie gehen wir miteinander um?

Ich möchte es wieder an einem Beispiel festmachen. Ich habe hier eine Presseaussen­dung der Sozialdemokratie, die da schreibt, dass in einer Anfragebeantwortung heraus­gekommen ist, dass im Jahr 2020 400 000 Kinder weniger vom Familienbonus und auch


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 280

vom Kindermehrbetrag profitiert haben. Das hat mich tatsächlich schockiert. Kann das sein? – Ich habe das kontrolliert: Ja, die Zahl wurde tatsächlich so in die Beantwortung geschrieben. Ich habe mich dann informiert; die Antwort ist eigentlich eine sehr einfache, um nicht zu sagen banale: Natürlich ist es so, dass beim Finanzministerium noch nicht einmal alle Veranlagungsfälle von 2019 aufgearbeitet sind, und die von 2020 natürlich noch in einem entsprechenden Rückstau gegenüber jenen von 2019 sind. Das ist voll­kommen klar.

Wenn man darüber hinaus noch Folgendes weiß: Man sagt, die Arbeitslosigkeit hat dazu geführt, dass so viele Personen eben nicht in den Genuss dieser Leistungen gekommen sind. Da muss man wissen, dass ein Monat Erwerbstätigkeit ausreicht, um all das zu beziehen, und dann kann man nur sagen: Diese Zahl 400 000 sagt einfach nichts aus.

Das war ganz leicht zu recherchieren und war eigentlich eine Presseaussendung nicht wert. Ich weiß, wir sind im politischen Geschäft und da muss man sich jetzt nicht weh­leidig geben, aber: Wie gehen wir denn miteinander um? Und wenn ich hier hoffe und mir für das neue Jahr wünsche, dass wir diesen Umgang miteinander vielleicht etwas hinterfragen und verbessern, dann könnte es ja sein, dass das mein Wunsch an das sogenannte Christkind ist.

Ich kann Ihnen aber etwas verraten: Aus tiefster Überzeugung und tiefster Seele glaube ich an dieses Christkind, glaube ich an dieses Kind in der Krippe – und daher wünsche ich Ihnen allen frohe und gesegnete Weihnachten. (Beifall bei der ÖVP sowie Bravoruf des Abg. Michael Hammer.)

22.04


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Brandwei­ner. – Bitte.


22.04.37

Abgeordneter Lukas Brandweiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuse­her zu Hause vor den Bildschirmen! Keine Sorge, viele von uns sind schon in Vorweih­nachtsstimmung, in Friedensstimmung – das hat man nicht bei allen am Rednerpult ge­merkt, aber doch bei den meisten –, deshalb werde ich meine Redezeit, die Restredezeit der ÖVP von circa 15 Minuten nicht mehr ausschöpfen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)

Zur Novelle des Familienlastenausgleichsgesetzes wurde eigentlich alles gesagt, aber ich möchte die Gelegenheit nutzen, um Folgendes zu sagen: Ich weiß, wir alle sind hin und wieder nicht immer einfach, und deshalb möchte ich mich im Namen unserer Ab­geordneten bei Herrn Präsidenten Sobotka, bei Frau Präsidentin Bures und bei Herrn Präsidenten Hofer sehr herzlich für die umsichtige Vorsitzführung bedanken. Ich denke, unser Bundeskanzler Karl Nehammer hat es richtig gesagt (Unruhe im Saal – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen): Am wichtigsten ist, dass wir inhaltlich diskutieren, auch wenn wir oft anderer Meinung sind, aber das Wichtigste ist, dass wir reden.

Wir im Waldviertel sagen: Beim Reden kommen die Leute zusammen! Das wünsche ich mir für nächstes Jahr, wenn wir wieder zusammenkommen. In diesem Sinne Danke noch einmal an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Parlamentsdirektion und an die Vor­sitzführenden. Ich wünsche Ihnen allen frohe und gesegnete Weihnachten! Und vor al­lem: Bleiben Sie gesund! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP und Beifall bei den Grünen.)

22.06


22.06.20

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünschen der Berichterstatter, die Berichterstatterinnen ein Schlusswort? – Auch nicht.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 281

Davor die Frage, ob wir abstimmen können: NEOS? FPÖ? ÖVP?

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Tagesordnungspunkt 46: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familien­lastenausgleichsgesetz geändert wird, in 1252 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Sieber, Neßler, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse zuerst über die vom Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzent­wurfes abstimmen.

Abänderungsantrag der Abgeordneten Sieber und Neßler betreffend eine Änderung im Einleitungssatz sowie Änderung beziehungsweise Einfügung im Zusammenhang mit den Ziffern 1 bis 6.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den bitte ich ebenfalls um ein Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig an­genommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Gleiches Stimmverhalten. Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig an­genommen.

Tagesordnungspunkt 47: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinder­betreuungsgeldgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1253 der Beilagen.

Wer dafür ist, bitte um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig.

Dritte Lesung: ebenfalls einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 48: Antrag des Ausschusses für Familie und Jugend, seinen Bericht in 1254 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, möge das mit einem Zeichen der Zustimmung tun. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

22.08.13Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von 20 Ab­geordneten vor, die vorgesehene Fassung des Amtlichen Protokolls hinsichtlich der Ta­gesordnungspunkte 1 und 2, 5 und 6, 8 und 9, 11 bis 15, 17 bis 20, 23 und 24, 26 bis 29, 31 bis 36, 39, 42 sowie 46 und 47 zu verlesen, damit diese Teile zum Schluss der Sitzung als genehmigt gelten.

Tagesordnungspunkt 1:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1280 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 2:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1281 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung angenommen.“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 282

TOP 5:

„Der Abänderungsantrag Beilage 5/1 wird abgelehnt. [...]

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1221 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

TOP 6:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1222 der Beilagen – bei Anwe­senheit der vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten – in zweiter und dritter Lesung [...] – und zwar mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit – angenommen.“

TOP 8:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1217 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

TOP 9:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1226 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

TOP 11:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1227 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

TOP 12:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1228 der Beilagen unter Be­rücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 12/1 in zweiter und dritter Lesung [...] an­genommen.“

TOP 13:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1229 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

TOP 14:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1230 der Beilagen unter Be­rücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 14/2 in zweiter und dritter Lesung [...] an­genommen.“

TOP 15:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1232 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

TOP 17:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1234 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

TOP 18:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1236 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

TOP 26:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1195 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

TOP 27:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1196 der Beilagen unter Be­rücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 27/1 in zweiter Lesung in getrennter Abstimmung [...] und in dritter Lesung [...] angenommen.“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 283

TOP 28:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1192 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

TOP 29:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1194 der Beilagen unter Be­rücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 29/1 in zweiter Lesung in getrennter Abstimmung [...] und in dritter Lesung [...] angenommen.“

TOP 19:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1181 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

TOP 20:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1182 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

TOP 23:

„Der Abänderungsantrag Beilage 23/2 wird abgelehnt [...].

Der Abänderungsantrag Beilage 23/1 wird abgelehnt [...].

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1185 der Beilagen unter Be­rücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 23/3 in zweiter Lesung in getrennter Abstimmung [...] und in dritter Lesung [...] angenommen.“

TOP 24:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1186 der Beilagen unter Be­rücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 24/1 in zweiter Lesung in getrennter Abstimmung [...] und in dritter Lesung [...] angenommen.“

TOP 31:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1255 der Beilagen unter Be­rücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 31/1 in zweiter und dritter Lesung [...] an­genommen.“

TOP 32:

„Der Abänderungsantrag Beilage 32/1 wird abgelehnt [...].

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1256 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

TOP 33:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1257 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

TOP 34:

„Der Abänderungsantrag Beilage 34/1 wird abgelehnt [...].

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1258 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

TOP 35:

„Der Abänderungsantrag Beilage 35/1 wird abgelehnt [...].

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1259 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 284

TOP 36:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1260 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

TOP 39:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1286 der Beilagen unter Be­rücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 39/2 in zweiter Lesung in getrennter Abstimmung und in dritter Lesung [...] angenommen.“

TOP 42:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1241 der Beilagen unter Be­rücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 42/2 in zweiter Lesung in getrennter Abstimmung [...] und in dritter Lesung [...] angenommen.“

TOP 46:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1252 der Beilagen unter Be­rücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 46/1 in zweiter und dritter Lesung [...] an­genommen.“

TOP 47:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1253 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

*****

Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt dieser Teile des Amt­lichen Protokolls? – Sie haben alle so mustergültig aufgepasst (Heiterkeit bei der ÖVP), daher gibt es keinen Einwand. Danke schön.

Diese Teile des Amtlichen Protokolls gelten daher gemäß § 51 Abs. 6 der Geschäftsord­nung mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt. (Unruhe im Saal.)

Ich darf ganz kurz noch um Aufmerksamkeit bitten. Ich weiß, die Zeit ist fortgeschritten.

22.14.24Schlussansprache des Präsidenten


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf mich jetzt am Ende des Jahres, aber auch unseres Sitzungskalenders ganz herzlich bei Ihnen allen, den Abgeordneten, ganz herz­lich bedanken, und zwar für die viele Arbeit, die Sie mit Ihren parlamentarischen Mitar­beitern in diesem Kalenderjahr geleistet haben, in den Ausschüssen, in den entspre­chenden Gesprächen, und auch dafür, dass sehr vieles in diesem Parlament einstimmig, aber natürlich auch manches mehrstimmig (allgemeine Heiterkeit) – ich bin noch immer Musiker –, mehrheitlich angenommen werden konnte.

Ich glaube, dass es jedem von uns trotz der auch manchmal sehr polarisierten Stimmung ein großes Anliegen ist, den anderen immer mit Respekt zu begegnen. Dafür möchte ich mich auch bedanken, auch wenn das in den offiziellen Reden nicht immer so zum Aus­druck kommt, aber während der Begegnungen im Couloir und auf den Gängen ist das sehr wohl der Fall. Mir ist es auch wichtig, das zu sagen, weil gerade die Menschen, die uns via Fernsehgeräte zusehen, oftmals nicht diesen Eindruck haben. Ich denke, dafür gebührt Ihnen allen ein herzliches Dankeschön. Das gilt auch Ihren Familien zu Hause, die im heurigen Jahr auf vieles verzichten mussten.

Ein großes Dankeschön gebührt unserer Parlamentsdirektion, das haben auch die Par­teien schon ausgerichtet. (Allgemeiner Beifall.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll137. Sitzung, 137. Sitzung des Nationalrats vom 16. Dezember 2021 / Seite 285

Das gilt wirklich allen Diensten. Gestern wurden doch einige Rufe laut, dass man das App wieder richtig bedienbar machen sollte – es ist geschehen; innerhalb weniger Stun­den ist das möglich gewesen. (Allgemeiner Beifall.) Sie sehen also, dass unsere Mitar­beiter sehr großes Interesse am Service für Sie haben.

Ich darf mich auch bei unseren Kameraleuten bedanken, die hier immer für ein gutes Bild und den richtigen Ton sorgen. – Herzlichen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

Ich bedanke mich bei den Klubs und den Klubmitarbeitern und vor allem bei den Mit­gliedern der Präsidiale: bei den Klubobleuten, die gemeinsam mit uns Präsidenten wäh­rend der Arbeit immer auch versuchen, das Einvernehmen herzustellen. Namentlich darf ich mich bei meiner Kollegin Präsidentin Bures recht herzlich bedanken (allgemeiner Beifall – Bravoruf bei der SPÖ), und bei Präsident Hofer. (Allgemeiner Beifall. – Bravoruf bei der FPÖ.)

Wir sind drei verschiedene Persönlichkeiten und trotzdem versuchen wir, eine einheit­liche Linie durchzuziehen. In dem Sinne bitten wir auch um Verständnis und darum, das auch immer wieder mitzubedenken.

Ich darf mich – sie gehören natürlich zur Parlamentsdirektion – sowohl bei den Mitarbei­terinnen und Mitarbeitern der Abteilung Stenographische Protokolle als auch bei den Gebärdensprachdolmetschern bedanken. – Sehr herzlichen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

22.17.43Einlauf


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf bekannt geben, dass in der heutigen Sit­zung die Selbständigen Anträge 2149/A(E) bis 2188/A(E) eingebracht worden sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 22.18 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

22.18.09Schluss der Sitzung: 22:18 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien