12.30

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Minister! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Zuerst einmal möchte ich sagen: Im 21. Jahrhundert ein Krieg in Europa – wir dürfen uns nicht daran gewöhnen. Wir sehen jeden Tag Opferzahlen zwi­schen 100 und 300 Personen; diese sterben in Wirklichkeit in unmittelbarer Nähe zu uns in Österreich. Ein Teil der Opfer leidet darunter, dass sexuelle Gewalt als Kriegswaffe und als Kriegstaktik eingesetzt wird. Wir wissen das über zahlreiche Berichte, wir wissen das von der ukrainischen Regierung, von internationalen Beobachtern und von Men­schen, die erzählen und deren Berichte zu uns gelangen.

Diese sexuelle Gewalt wird mit Folter, seelischer oder körperlicher Natur, verbunden. Das ist als Kriegswaffe verboten, das ist völkerrechtswidrig – das wissen wir –, das ist aber auch ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Es gibt mittlerweile Experten, die sagen, es ist auch ein Element von Völkermord, Genozid, weil es bei diesem nämlich heißt: „Verursachung von schwerem körperlichem oder seelischem Schaden an Mitglie­dern der Gruppe“.

Schwerer seelischer Schaden: Man kann zerbombte Häuser wieder aufbauen, aber man kann zerfetzte Seelen nicht so leicht wieder herrichten. Es geht da nicht nur direkt um die Betroffenen, sondern es geht auch um Generationen, denn diese Traumata werden über Generationen weitergegeben, und das ist die Verursachung von schwerem seeli­schen Schaden an einer ganzen Gruppe.

Warum geht uns das etwas an, Frau Ecker von der FPÖ? Warum geht uns das etwas an? – Weil wir in Europa eine Wertegemeinschaft sind, weil die Ukraine um Hilfe und Unterstützung gebeten hat und weil selbstverständlich internationale Beobachter und Aufklärer vor Ort Frauen und Mädchen helfen können und sie schützen können. Wenn man hinschaut, kommt es nicht mehr so oft vor. Diese Art von Kriegsverbrechen darf nicht straflos bleiben. Es reicht eben nicht, zu sagen: Ja, das sollen die Ukrainer im Kriegszustand selber machen!

Wir sind eine Wertegemeinschaft, der Internationale Strafgerichtshof hat seine Leute dort, und Österreich unterstützt das. Der Internationale Strafgerichtshof hat Aufklärer vor Ort, Österreich hat dafür Geld, aber auch Personen gegeben. Das ist wichtig und ein Schutz für die betroffenen Frauen und Mädchen, denn man kann dann nachher nicht sagen (Zwischenruf der Abg. Rosa Ecker): Ja, wir haben keine Beweise, es gibt keine Verurteilungen und die Verbrecher gehen straflos! – Das dürfen wir nicht zulassen!

So wie Sie, Frau Ecker von der FPÖ, jetzt gesprochen haben, haben Sie in Wirklichkeit das, was dort passiert, relativiert, und das wollen wir nicht zulassen. (Neuerlicher Zwi­schenruf der Abg. Rosa Ecker.)

Es geht um den ICC, aber es geht auch um die Arbeit der UNO. Der UN-Menschen­rechtsrat hat eine eigene Kommission (Abg. Deimek: Kollegin Ecker hat Sie gerade kor­rigiert, aber das ist Ihnen egal, Sie haben ja die Wahrheit gepachtet!), und die hat ihren Sitz in Wien – auch so unterstützen wir diese Arbeit. Das eine, was wir tun können, ist, gegen Straflosigkeit vorzugehen und Rechenschaft zu verlangen, das andere ist aber – und so sagt es auch unser Antrag – die Unterstützung der Opfer.

Die Opfer kann man auf mehreren Ebenen unterstützen: bei denen, die nach Österreich kommen – wir haben es heute Morgen vom Bundeskanzler gehört, 80 000 –, viele davon Frauen und Mädchen, einmal schauen, ob psychologische Betreuung notwendig ist, und auch da in der Beweissicherung helfen; aber auch in unserer humanitären Hilfe vor Ort muss man die psychologischen Traumata, die entstehen, wenn sexuelle Gewalt als Kriegswaffe verwendet wird, aufgreifen und bei deren Aufarbeitung unterstützen. Da geht es um Helplines vor Ort, da geht es um Frauenhäuser, die dort mit unterstützt wer­den – auch das ist ein Zugang, ein humanitärer Zugang, und das muss mitgedacht wer­den.

Aber über all dem steht, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir ganz drin­gend ein sofortiges Ende dieses völkerrechtswidrigen Angriffskriegs brauchen, der so viel Zerstörung und menschliches Leid verursacht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen.)

12.35

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva Maria Holzleit­ner. – Bitte.