16.41

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren hier unseren Antrag, die unglückselige aktuelle Gesetzgebungsperiode vorzeitig zu beenden und Neuwahlen auszurufen. Die­ser Antrag ist nicht irgendwelchem Oppositionsgetöse zuzuschreiben, sondern wir hal­ten es absolut für notwendig, die laufende Periode zu unterbrechen und zum Stillstand zu bringen, denn diese Regierung hat nicht nur einen unglaublichen Glaubwürdigkeits- und Vertrauensverlust der gesamten Politik zu verantworten, sondern es ist einfach bes­ser, wenn diese Bundesregierung nichts mehr tut und nichts mehr sagt. (Beifall bei der FPÖ.)

Nachdem die Bundesregierung uns zwei Jahre lang eine fatale Coronapolitik geliefert hat – alles im Namen einer diffusen Solidarität –, mit diesen überschießenden Maßnah­men, die Menschen psychisch und physisch geschädigt hat, die Wirtschaft blockiert hat, das Gesundheitssystem geschwächt hat und die Gesellschaft auseinanderdividiert hat, kam es jetzt zu einer großen außenpolitischen Herausforderung, und diese managt sie genauso entsetzlich wie die Coronapolitik. (Beifall bei der FPÖ.)

Zu Beginn dieses Jahres wären die Folgen der vergangenen Jahre schon bewältigt ge­wesen. Die Familien hätten all die Schäden, die durch die Coronapolitik angerichtet wur­den, wiedergutgemacht, die Unternehmen hätten in freier Marktwirtschaft wieder alles saniert. Das wäre schon geschafft, aber, wie Ministerin Edtstadler ja zynisch sagt: Coro­na war nur „zum Warmlaufen“!

Jetzt kommt die nächste Katastrophe. Seit Ende Februar gibt es den Krieg zwischen Russland und der Ukraine, und vom ersten Tag an geht die Bundesregierung in die falsche Richtung, agiert faktenbefreit, sinnbefreit, naiv, undiplomatisch und vor allen Din­gen moralisierend und gefühlsbetont. Das ist natürlich alles sehr solidarisch, aber es ist dann kein Platz mehr für eine sachliche, vernunftbasierte Politik.

Die Bundesregierung macht diesen Krieg zu unserem, erklärt die Ukraine sofort zu unserem Nachbarstaat, dem wir bedingungslos verpflichtet sind, lädt lauthals alle Flüch­tenden nach Österreich ein, egal ob ukrainische Staatsbürger oder nicht, und dies alles ohne Limit. Auch da ist wieder die große Solidarität: für alle Ukrainer, für Polen, für die Slowakei, für Ungarn, für alle, die Ukrainer aufnehmen. Und wenn sie denn zu uns kommen, dann gibt es natürlich hier die volle Solidarität, die sie jetzt in Form vollen Zu­gangs zum Sozialsystem genießen. Mittlerweile sind es 80 000. Okay, wir haben es ja. Das kleine Österreich kann offensichtlich alles stemmen.

Gleichzeitig gibt es einen Anstieg der illegalen Migration fast wie 2015, und Bundeskanz­ler Nehammer fährt natürlich auch gleich am 24. Februar zum EU-Gipfel, erklärt dort wieder volle Solidarität mit den westlichen Sanktionen, die sich zu schrauben beginnen, nicht erkennend oder nicht begreifend – oder ich weiß nicht, warum –, dass es zwischen der EU und den USA unterschiedliche Interessen gibt, dass die USA da nicht ganz ehr­lich spielen, dass sie natürlich – das muss man ja wissen – Interessen an der Schwä­chung Russlands, an der Schwächung der Wirtschaft Russlands haben. Da ist es halt gut, wenn der Krieg ein bisschen länger als notwendig dauert. Sie möchten das Zusam­menleben und vor allem auch die wirtschaftliche Kooperation zwischen Russland und Europa stören. (Beifall bei der FPÖ.)

Die USA haben Interesse daran, Nord Stream 2 zu verhindern, und natürlich haben sie Interesse daran, ihr Gas, das Flüssiggas, in Europa abzusetzen, und an der Schwä­chung des Euros. Kriege, Wirtschaftskriege, Sanktionen: Das alles hat nämlich nichts mit Solidarität, sondern mit Märkten, mit Absatzmärkten, mit Rohstoffen und mit Geld zu tun. Money makes the world go round – nicht die Solidarität.

Jetzt steht die EU mit ihren Sanktionen da. Uns schaden sie, die USA profitieren davon. Österreich schließt sich natürlich an, ist an vorderster Front dabei, treibt sie sogar an, und Milliarden Dollar beziehungsweise Euro werden in die Ukraine geschickt – Öster­reich ist überall dabei –, von Brüssel, von den USA. Ich glaube, die ukrainische Bevölke­rung sieht relativ wenig davon.

Was in diesem Zusammenhang nie erwähnt wurde, sind die Interessen der österreichi­schen Bevölkerung, die aus diesem Konflikt eigentlich herauszuhalten ist. Die Nachteile sind hintanzuhalten, das wäre die Aufgabe der Bundesregierung. (Beifall bei der FPÖ.) Das hat sie sich aber nicht auszusuchen, sondern das ist verfassungsrechtliche Aufgabe der Bundesregierung. Der kommt sie nicht nach, und daher gibt es auch diesen Antrag.

Andere Länder machen das schon. Die sind zwar auch bei den Sanktionen dabei, verhal­ten sich aber diplomatischer. Die Slowakei, Ungarn, Bulgarien, Rumänien, Frankreich – seit der Wahlniederlage von Macron; bitte beobachten Sie es! – sind wesentlich vorsich­tiger, die Schweiz außerhalb der EU ist es sowieso. Die haben auch alle noch ihr Gas.

Am 24. Februar verkündet Bundeskanzler Nehammer in einem Interview: Wir haben „Versorgungssicherheit“! In diesem Winter – 2022/2023 – brauchen wir „keine russi­schen Gaslieferungen“! Wir haben „genug Gas“ in unseren Speichern für den ganzen Winter! – Das ist ja sozusagen auch die Rechtfertigung dafür, dass man sich dann an Sanktionen beteiligen kann.

Jetzt frage ich mich – diese Aussage ist in einem Interview am 24. Februar gefallen –: Hat der Herr Bundeskanzler mit Ministerin Gewessler gesprochen? Wenn er es nicht gemacht hat, war es grob fahrlässig. Wenn er mit ihr gesprochen hat, dann hat sie ihn angelogen, dann müsste er sie entlassen. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Also wie kann man eine Aussage von einer solchen Tragweite – ich meine, es ist ja wichtig, ob wir Gas für den Winter haben – treffen, ohne sich zu versichern, und sich Sanktionen anschließen, die uns das Gas nehmen, ohne zu wissen, ob wir noch über den Winter kommen?

Klären Sie das vielleicht einmal und sagen Sie uns dann, wie es war! Wir haben einen Anspruch darauf. (Beifall bei der FPÖ.) Oder hat Ministerin Gewessler Ihnen mit ihren belehrenden, moralisierenden und überheblichen Aussagen erklärt, wir sollen jetzt gefäl­ligst die Fenster abdichten, wir sollen Deckel auf die Kochtöpfe geben? Mit solchen lä­cherlichen Sparmaßnahmen sollen wir durch den Winter kommen. Sagt ihr, diese Rat­schläge kann sie sich behalten! Sie soll Auskunft geben, wie es jetzt mit dem Gas wei­tergeht.

Vier Monate nach diesem Interview stehen wir da. Wir haben keine Versorgungssicher­heit. Die westlichen Sanktionen ruinieren uns, nicht Russland und nicht die USA, sondern die EU und vor allen Dingen Deutschland und Österreich. Putin verkauft seine Rohstoffe woandershin. Dort entstehen ganz andere Wirtschaftsmächte, dort rinnen das Öl, das Gas, das Geld, und die EU wird in ihrer Solidarität untergehen, allen voran Deutschland und Österreich. Schauen Sie einmal nach Deutschland! Dort gibt es Rezes­sion – die haben es als Exportnation, als stolzer Industriestandort geschafft, dass sie jetzt eine negative Handelsbilanz haben (Zwischenruf des Abg. Jakob Schwarz) –, Co­ronapolitik, Sanktionspolitik und vor allen Dingen grüne Energiewendeideologie mitten in der Regierung.

Vielleicht überlegen Sie sich einmal, wenn Sie bei den grünen Redebeiträgen immer so begeistert klatschen, wohin wir da steuern. Mit der Energie von Wind und Sonne kann man einen Industriestandort – Sie kommen ja auch aus Oberösterreich; dort gibt es so viel Industrie – nicht beleben, nicht fortführen. (Beifall bei der FPÖ.) Es ist aus mit un­serer Industrie und damit mit Wohlstand und Sicherheit. Und den Euro sollte man halt auch ein bisschen stabil halten.

Nichts davon wird getan. Es wird nicht gegengesteuert, es heißt, es ist Krieg, wir können nichts machen. Bundeskanzler Nehammer sagt uns vor einigen Tagen auf einmal, er ist sich jetzt nicht so sicher, er ist schon skeptisch, wenn es um die Verteilung von Energie und Gas in der Not geht, ob wir das dann kriegen oder ob nicht vielleicht die Italiener und die Slowaken sich das Gas nehmen, die es ja auch schon bezahlt haben. Ich kann es ihm sagen: Wir werden nichts kriegen, ganz solidarisch werden wir nichts kriegen. Die Versorgungssicherheit ist aber eure Aufgabe.

Festzuhalten ist, dass die Energieknappheit und auch diese Inflation nicht sein müssten, obwohl Sie so tun. Schauen Sie in die Schweiz! (Zwischenruf des Abg. Obernosterer. – Abg. Stefan: Die sind nicht so ausgeliefert, Gott sei Dank!) Daher – Sie sind dafür ver­antwortlich –: Stopp mit den Sanktionen, stopp mit diesem Energiewendeirrsinn! Werden Sie vernünftig! (Abg. Stefan: Abwerten, daher haben wir ja ...! Wir waren immer stolz, dass der Schilling stabil ist!)

Ministerin Edtstadler soll uns nicht auch noch belehren und sagen, wir müssen jetzt mit Wohlstandsverlust rechnen, die Coronapandemie war nur „zum Warmlaufen“. Sie soll lieber mit der EU-Hörigkeit aufhören. Sie meint, es kommt jetzt ein Tal der Tränen. Das war diese Regierungszeit. Sie hat auch gemeint, wir sollen der Realität ins Auge blicken. Das sollten Sie – und den Weg für Neuwahlen frei machen. (Beifall bei der FPÖ.)

16.51

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Klubobmann Wöginger. – Bitte.