17.17

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Innenminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Damen und Herren hier und zu Hause! Zu Grund­sätzlichem komme ich dann, Herr Amesbauer.

Ich möchte zunächst nur klarstellen, dass wir uns schon im Monat vier befinden, seit der Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine begonnen hat und insbesondere Frauen und Kinder durch Europa fliehen und auf der Suche nach Schutz sind, und dass unsere Re­gierung bisher katastrophal unkoordiniert geholfen hat und Handlungsunfähigkeit bewie­sen hat.

Zu dieser möchte ich jetzt auch grundsätzlich etwas sagen, denn daran, dass sie, jetzt im Fall der ukrainischen Frauen und Kinder, nicht handeln konnte, ist sie selber schuld.

Herr Minister, in der gestrigen Debatte der FPÖ hat auch Ihr Redebeitrag gezeigt: Man denkt abseits der Ukraine und hat vor dem Krieg gar nicht mehr an den echten Flüchtling, der zu uns kommen könnte und redlich Schutz braucht, gedacht. Unser System war un­ter Türkis-Blau – Herr Amesbauer hat gerade wieder ausgeführt, wofür er und die FPÖ stehen –, ist aber auch unter Türkis-Grün, weil die ÖVP sich da durchgesetzt hat, auf Abwehr gebaut. Das Wort Flüchtling wird seit vielen, vielen Jahren in Österreich rein negativ konnotiert (Abg. Zarits: Nicht nur in Österreich!), und nach der FPÖ macht mitt­lerweile auch die ÖVP aus Kalkül mit Angst und der kollektiven Abwertung von Schutzsu­chenden Politik. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Krainer und Yılmaz.)

Diese Abwertung macht nicht einmal vor Kindern halt. Es geht so weit, dass unter den ÖVP-Innenministern in den letzten Jahren selbst unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nicht adäquat, kindergerecht untergebracht wurden, und das, obwohl der Rechnungshof das massiv kritisiert hat.

Wir haben versucht, das mit Innenminister Nehammer – als er noch Innenminister war – zu diskutieren, waren aber erfolglos und sind es bei Ihnen bisher auch. Das heißt, schon in den letzten Jahren haben Kinder unter den Missständen gelitten, dass sie in viel zu großen Einrichtungen nicht kinderadäquat untergebracht waren.

Das Problem ist, dass diese herzlose Politik auch hirnlos ist. Die Ideologie der kollektiven Abwertung führt nämlich dazu, dass man nicht den einzelnen Menschen und die Art und Weise, wie er agiert, beurteilt, dass man hier geborene Kinder wie Tina abschiebt oder Lehrlinge, die sich in Mangelberufen – das heißt, wir brauchen sie im Land, die Wirt­schaft braucht sie – qualifiziert haben, abschiebt, nur weil sie als Asylwerber ins Land gekommen sind. Ich vermisse da Herz und Hirn, und das umso mehr von der vermeint­lichen Wirtschaftspartei ÖVP.

In diesem Klima und in dieser Dysfunktionalität unseres Asylsystems kam jetzt der Krieg. Wir NEOS erwarten ja einmal nicht viel, aber dass die Frauen und Kinder ein Dach über dem Kopf haben und ausreichend Geld, um Essen zu kaufen; Herr Amesbauer, um mehr geht es hier einmal nicht, nur um dieses Minimum. Gut.

Die Unterbringung hat vonseiten des Innenministeriums gar nicht geklappt, dort konnte man froh sein, dass Private – die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung war hier enorm – ausgeholfen haben. Das Innenministerium hätte das aufgrund des Desinteresses davor an diesem Thema nicht geschafft.

Essen – Essen klappt auch nicht. Die Grundversorgung ist zu gering, als dass die Mütter sicher sein könnten, dass sie am nächsten Tag ausreichend Essen für sich und ihre Kinder haben. Wir sind in der beschämenden Situation – und das höre ich seit den ersten Kriegswochen von den Betroffenen, von den Helfern, die versuchen, das dysfunktionale Agieren unserer Regierung auszumerzen –, dass es nicht funktioniert, dass da schnell genug Geld ankommt. Der Innenminister, den ich gleichzeitig im Fernsehen reden höre, meint, alle, die Hilfe brauchen, bekommen Hilfe.

Jetzt kommt eine kleine Besserung: Die Erhöhung der Tagessätze – seit Jahren gefor­dert – ist eine Anpassung, seit 2016 wurde nichts gemacht, und ist durch diese Inflation in wenigen Monaten wahrscheinlich schon wieder applaniert. Es ist daher gut, dass heu­te den Frauen beziehungsweise Kindern endlich die Familienbeihilfe gewährt wird.

Es ist aber nicht eine schnelle Hilfe, wenn im Monat vier etwas getan wird. Es sind hier viel zu viele Frauen und Kinder in Notlagen geraten. Ich finde es beschämend, aber ich zwinge mich jetzt dazu, dass ich dazu auffordere, auch die KollegInnen und alle, die in den Genuss der nicht treffsicheren Entlastungsboni wegen der Teuerung kommen, weil die mit der Gießkanne verteilt werden, und sich eigentlich nicht als redliche Empfänger sehen, zu spenden, nämlich für (eine blaue Tafel mit der gelben Aufschrift „cards-for-ukraine.at“ in die Höhe haltend) cards-for-ukraine. Das ist eine Initiative, die nach Notla­ge priorisiert, insbesondere Müttern hilft, die weiterhin nicht wissen, wie sie in den nächs­ten Tagen ihre Kinder in Österreich ernähren sollen – sie sind aus der Ukraine geflohen, haben hoffentlich zumindest ein Dach über dem Kopf und sollen da unterstützt werden. (Beifall bei den NEOS.)

Ich erwarte mir, Herr Innenminister, dass, wenn wir im September das nächste Mal hier über dieses Thema reden, ich dieses Schild nicht noch einmal mitbringen muss. – Danke sehr. (Beifall bei den NEOS.)

17.22

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Friedrich Ofenauer. – Bitte.