Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (fortsetzend): Danke, Frau Präsidentin. Typische ÖVP-Manier: Im Ausschuss haben Sie nichts zu sagen und im Parlament schreien sie unqualifiziert dazwischen. Ich bin ja von der ÖVP nichts anderes gewohnt. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kühberger.)

So, und was sagt Herr Direktor Matzer, der neue Chef der ÖHT: Genau diese Forderung müssen wir schärfen! – Hier (auf die Tafel weisend) bitte nachzulesen. Er sagt: Das ist eine „einfache Lenkungsmaßnahme, die allen helfen und ... für große Entspannung sor­gen würde!“, und er sagt: Die Italiener haben das umgesetzt, die sind uns da wirklich voraus! – Na bumm, wir als Freiheitliche Partei bringen mit der Unterstützung der Exper­ten einen tollen Antrag zur Stärkung des Eigenkapitals, zur Hilfe zur Selbsthilfe ein, und was macht ihr? – Vertagen, vertagen. Heute habt ihr die Chance, der Branche wirklich zu helfen. (Abg. Obernosterer: Bring einmal was Gscheits ...!) Ich bitte um Unterstützung. Danke. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Prinz: Jetzt hast eh wieder doppelt so lang gebraucht!)

18.48

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Mag. Gerald Hauser

und weiterer Abgeordneter

betreffend Maßnahmen zur Eigenkapitalstärkung für Tourismusbetriebe setzen -Investi­tionen ermöglichen – Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität des heimischen Tourismus erhöhen

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 29: Bericht des Tourismusausschusses über den Bericht des Bundesministers für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betref­fend Tourismus in Österreich 2021 (III-671/1575 d.B.) in der 169. Sitzung des Nationalra­tes am 8. Juli 2022

In den letzten zwei Jahren haben sich viele Betriebe und Unternehmen in Folge von COVID-19 massiv verschuldet und befinden sich nach wie vor, wenn auch mit branchen­abhängigen Unterschieden, in einer wirtschaftlich äußerst schwierigen Lage. Äußerst prekär ist insbesondere die Situation im Gastronomie- und Tourismusbereich: „Wir wer­den in vielen Unternehmen als Konsequenz der Krise mehr Schulden bei geringeren Umsätzen und Erträgen haben - das ist sicher kein Erfolgsmodell“, brachte der damalige ÖHT-Generaldirektor Wolfgang Kleemann die Lage im Tourismus bereits vor eineinhalb Jahren auf den Punkt.

Besonders problematisch wird die Situation in Gastronomie und Tourismus, wo die Ei­genkapitalquote entsprechend niedrig, der Verschuldungsgrad sehr hoch ist, und dem­zufolge Rückzahlungen von Überbrückungskrediten für die Unternehmen eine enorme Belastung darstellen werden. „An der Befürchtung, dass viele Unternehmen die Überbrü­ckungskredite am Ende des Tages aus eigener Kraft nicht zurückzahlen können, sei schon was dran,“ meinte beispielsweise der damalige ÖHT-Generaldirektor Kleemann im Profil vom 1. September 2020.

„Im internationalen Vergleich würden kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bei der Eigenkapitalquote hinterherhinken. 22 Prozent der österreichischen KMU sind über­schuldet, hieß es dazu kürzlich in der Aussendung von Finanzminister Blümel. Zudem erschwere die starke Fremdfinanzierung den Handlungsspielraum und die Kreditaufnah­me in Krisenzeiten. Schon jetzt finanzierten Kleinstbetriebe 39 Prozent ihres Vermögens durch Bankkredite. Bei Großbetrieben seien es acht Prozent. Zum Vergleich: In der Schweiz finanzierten sich fast zwei Drittel der Unternehmen ausschließlich über Eigenkapital.“ (Oberösterreichische Nachrichten, 18.07.2020)

Die Eigenkapitalbasis insbesondere der Tourismusbetriebe ist durch die letzten beiden Jahre der COVID-Krise weiter eingebrochen, wie dies unter anderem Thomas Reisen­zahn, Geschäftsführer der Prodinger Tourismusberatung kürzlich bestätigt, wenn er am 15.03.2022 festhält:

„Schon vor der Pandemie war die dünne Eigenkapitaldecke bekanntlich in Hotellerie und Gastronomie ein Problem. In den vergangenen zwei Jahren wurde die Lage noch prekä­rer. „Viel Eigenkapital wurde verbrannt“.

Sein Unternehmen hat anonymisiert die Daten von 200 Tourismusbetrieben analysiert. Zusammengefasst: Die Steuerstundungen laufen aus und die Liquidität ist gefährdet, weil die Eigenkapitaldecke von durchschnittlich 13,7 Prozent in einigen Fällen heute auf unter 8 Prozent gefallen ist. Bei diesem Wert ist in der Regel keine Bankfinanzierung mehr zu bekommen.

(https://www.gast.at/gastronomie/tourismus-warum-die-preise-rauf-muessen-47820)

Ebenso kam der Rechnungshof in einem im März dieses Jahres veröffentlichen Bericht über ausgewählte Tourismusförderungen des Bundes unter anderem zu dem Ergebnis, dass „insbesondere die unzureichende Eigenkapitalsituation der Branche die Gewäh­rung kostengünstiger Investitionskredite erschwere.“

Im genannten Bericht übte der Rechnungshof auch deutliche Kritik an den Tourismusför­derungen und damit auch am zuständigen Tourismusministerium. Willkür und "Mitnah­meeffekte" hätten zu viel Raum und beim Vier-Augen-Prinzip bei Förderentscheidungen über Zinszuschüsse zu Krediten und Vor-Ort-Prüfungen von größeren Projekten gebe es eindeutig Nachholbedarf. Eine Analyse der Förderfälle habe deutlich gemacht, dass die überprüften Förderinstrumente "vielfach nicht investitionsentscheidend waren und teils nur geringe kostensenkende Effekte bei der Finanzierung der Investitionsvorhaben aufwiesen", so der Rechnungshof. (Tiroler Tageszeitung" vom 20.04.2022)

Gerade in einer Zeit, in der es nun laut Österreichischer Hotel- und Tourismusbank (ÖHJT) wieder starke Nachfrage nach Finanzierungen gibt, ist es dringend an der Zeit, dass diese Bundesregierung endlich wirksame Maßnahmen setzt, die eine rasche Stär­kung der Eigenkapitalbasis der Tourismusbetriebe ermöglichen. Nur so kann die Grund­lage geschaffen werden, dass investitionswillige Betriebe auch tatsächlich in den Ge­nuss von Finanzierungen kommen und somit die Wettbewerbsfähigkeit am Tourismus­markt sowie die Attraktivität für die Gäste auch entsprechend erhalten bzw. ausbauen können.

„Österreichs Hoteliers seien nach den zwei Corona-Jahren wieder voller Optimismus und Investitionsfreude“, sagte ÖHT-Chef Matthias Matzer im Ö1-Mittagsjournal. "Wir sehen eine fast ungebrochene Nachfrage nach langfristigen Finanzierungen. Da ist ein sehr starker Grundoptimismus." Aktuell liege der Schwerpunkt der ÖHT bei Land- und Ferien­hotels in Tirol, Salzburg und Vorarlberg." (Tiroler Tageszeitung" vom 20.04.2022)

Entsprechende Maßnahmen zur Stärkung der Eigenkapitalbasis der Betriebe liegen seit Jahren auf dem Tisch:

„Das Problem der geringen Eigenkapitalquote wird sich durch die Covid-19 Krise noch­mals deutlich verschärfen. Bei den Überbrückungsfinanzierungen war diese Problematik bei der Beurteilung der Anträge schon jetzt eine große Herausforderung. Hier schlagen wir eine befristete Übergangsregelung bis 31.12.2022 vor, wonach das Vermögen be­günstigt mit dem Viertel-Steuersatz aufgewertet werden kann und die Bilanzen das echte Eigenkapital aufweisen. Dadurch wird die Bonität gestärkt und langfristig die Abschrei­bungsbasis erhöht", erläutert Dr. Manfred Schekulin von Prodinger-Tourismusberatung.

Darüber hinaus sollte eine steuerrechtliche Gleichstellung von Fremd- und Eigenkapital insofern erfolgen, dass neben Fremdkapitalzinsen auch fiktive Eigenkapitalzinsen steu­erlich abzugsfähig werden.

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der dargelegten Fakten und im Sinne der raschen und echten Unterstützung der massiv belasteten heimischen Gastronomie- und Hotelleriebe­triebe stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, mit der eine dringend notwendige Stärkung des Eigenkapitals und damit der Boni­tät der Unternehmen unter anderem durch eine bis 31.12.2022 befristete Ermöglichung der Aufwertung des Vermögens mit dem Viertel-Steuersatz sowie durch die Ermögli­chung eines Steuerabzugs für fiktive Eigenkapitalzinsen im Sinne der steuerrechtlichen Gleichstellung von Fremd- und Eigenkapital umgesetzt werden.“

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Barbara Neßler. – Bitte.