10.28

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Ja, Frau Bundesminister, vielleicht können Sie sich noch daran erinnern oder möglicherweise haben Sie es auch verdrängt: Es ist noch gar nicht so lange her, da waren wir gemeinsam in einer Bundesregierung. Wir sind damals sogar gemeinsam im gleichen Ministerium, im Innenministerium, gesessen. Da­mals haben wir gemeinsam, die ÖVP und die Freiheitliche Partei, gesagt: Es braucht in diesem Land eine strenge, eine restriktive Asylpolitik. Wir haben gemeinsam gesagt, dass es so etwas wie das Jahr 2015 – diese unheilvollen Entwicklungen an unseren Grenzen – nie mehr geben darf. Da hat eine große Einigkeit geherrscht.

Weil die Europäische Union schon damals ganz andere Interessen – auch in diesem Bereich – gehabt hat und niemals wirklich willens war, da irgendetwas zu ändern, und auch bis zum heutigen Tag nicht in der Lage ist, irgendwelche Illegalen an den Außengrenzen abzuwehren, haben wir gesagt, dass wir etwas anderes tun: Wir helfen uns selbst – hilf dir selbst, dann hilft dir Gott! Wir haben versucht, an allen Schrauben zu drehen und alle Hebel in Bewegung zu setzen, um Österreich – ich sage es einmal so – als Zielland für Asylmissbraucher unattraktiv zu machen, um es den Herrschaften, die glauben, bei uns in einem All-inclusive-Klub zu leben, ungemütlich zu machen. Das war unser großes, gemeinsames Ziel.

Da hat es viele Verschärfungen gegeben – Sie können sich erinnern –, bis hin zu Taschengeldkürzungen, Ausreisezentren hat es damals gegeben – die könnten wir jetzt gut brauchen, wenn ich nach Traiskirchen schaue –, und es ist mir tatsächlich gelungen, die Asylzahlen nach unten zu bringen – ganz, ganz deutlich! (Beifall bei der FPÖ.)

Zuletzt waren es, glaube ich, 13 000, weniger als die Hälfte davon tatsächliche Neuankömmlinge. Ich war damals immer noch nicht zufrieden, das war mir immer noch viel zu viel – ja selbstverständlich! Mein Ziel, das habe ich ja damals gesagt, ist null, weil die Belastung für die österreichische Bevölkerung schon in der Vergangenheit viel zu groß gewesen ist, und diese Null ist auch heute noch das Ziel. No way!, so wie es die Australier machen, keine Asylanträge mehr annehmen, das würde ich als österreichischer Innenminister oder als Kanzler machen. Wenn Sie es mir nicht glauben, lassen Sie mich ans Ruder, ich zeige Ihnen, wie das geht! (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit des Abg. Wurm.)

Der Österreichischen Volkspartei war das damals schon ein wenig zu österreich­freundlich. Während ich gegen die illegale Migration gekämpft habe, hat die ÖVP gemacht, was sie immer macht, sie hat nämlich hinterrücks mithilfe der Linken und mit Herrn Van der Bellen gegen mich gekämpft. (Heiterkeit und Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Das Ergebnis, meine Damen und Herren, ist bekannt – wir kennen die Entwicklungen –, und seit damals geht es steil bergab in diesem gesamten Bereich. Es ist eine einzige Talfahrt, die wir da erleben, und die Verantwortung dafür trägt niemand anderer als die Österreichi­sche Volkspartei. (Beifall bei der FPÖ.)

Letztes Jahr waren es 40 000, die einen Asylantrag neu gestellt haben, und das trotz Corona und trotz des Versprechens des damaligen Innenministers und jetzigen Bundeskanzlers Nehammer, dass es de facto einen Asylstopp gibt. 40 000! Im selben Jahr hat Ungarn 40 Asylanträge gehabt. 40! (Abg. Krisper: Weil man keine Anträge stellen kann!) Sehen Sie, und da weiß ich, wer etwas richtig macht, und da weiß ich, wer etwas falsch macht. Und dann weiß ich auch, warum Sie und andere in der Europäischen Union Viktor Orbán ins Visier genommen haben: weil Sie das für unerträglich halten, dass jemand seine eigene Bevölkerung schützt. – Für mich ist das ein Vorbild in Sachen Asylpolitik. (Beifall bei der FPÖ.)

Und heuer? Na ja, heuer sind es bis jetzt fast 72 000. Das ist ja mehr als im Katastrophenjahr 2015! Allein im September waren es 12 000. Und, meine Damen und Herren, da ist noch kein einziger Ukrainer dabei. Die werden in einer eigenen Statistik geführt, da sind es in der Zwischenzeit auch mehr als 80 000 Leute, die wir im Land haben.

Frau Bundesminister, ist das, was ich Ihnen jetzt in Zahlen genannt habe, die strenge Asylpolitik, die die Österreichische Volkspartei versprochen hat? Ist das der Schutz des Heimatrechts der Österreicher, die jetzt wieder erleben müssen, dass überall Asylantenquartiere aufgesperrt werden, gegen den Willen der eigenen Bevölkerung, hinter ihrem Rücken? Ist das Ihr Beitrag für die Sicherheit der Menschen in diesem Land, der Frauen und der Kinder? Da ist doch in der Vergangenheit einiges passiert, wie wir beide wissen.

Und wer soll das alles bezahlen, frage ich mich, in einem Land, wo wir nicht einmal ausreichend Geld dafür haben, um die Leute, die im Pflegebereich arbeiten, ordentlich zu entlohnen, um die Leute, die im Spital arbeiten, ordentlich zu entlohnen? Wer soll das alles bezahlen? Das fragen sich die Leute draußen, und ich bin gespannt auf Ihre heutigen Antworten, denn Sie kommen ja dann gleich nach mir zu Wort. (Beifall bei der FPÖ.)

Sehen Sie, ich bin aber heute sehr versöhnlich: Ich möchte der Österreichischen Volkspartei auch die Hand reichen. Und ich meine das ernst: Ich möchte Ihnen die Hand reichen, im Interesse der doppelt leidgeprüften österreichischen Bevölkerung. Also, geschätzte Abgeordnete der Österreichischen Volkspartei, wir Freiheitliche bringen heute unter anderem noch einen Antrag mit folgendem Inhalt ein: Der Teuerungsausgleich/Klimabonus – also die berühmten 500 Euro – darf nicht an Häftlinge und nicht an Asylwerber ausbezahlt werden.  (Beifall bei der FPÖ.) – Ganz einfach!

Das ist ganz einfach. Sie brauchen sich gar nicht zu bedanken, das mache ich gerne. Das mache ich gerne, weil wir keine Prämien für Abertausende Wirt­schaftsflüchtlinge haben wollen, wir wollen keine falschen Anreize, keine zusätzlichen Pullfaktoren, und ich denke, da sind wir doch einer Meinung.

Ich bin überzeugt davon, dass nicht nur der Großteil der österreichischen Bevöl­kerung so denkt wie wir, sondern ich bin sogar überzeugt davon, dass der Groß­teil der Leute, die beim letzten Mal die Österreichische Volkspartei gewählt haben, genauso denkt wie wir. Also schreiten wir doch gemeinsam zur Tat! Sie können dann gleich beweisen, dass Sie doch nicht so wertlos oder wertelos – ich weiß nicht, wie sie es genau gesagt hat: wertlos oder wertelos – sind, wie es Frau Sachslehner in ihrem Auftritt vor laufenden Kameras der Öffentlichkeit erklärt hat.

Sie können den Beweis antreten – oder auch nicht. Wir werden jedenfalls eine namentliche Abstimmung verlangen, und in Zeiten der Transparenz werden wir natürlich dafür sorgen, dass die Namen aller Abgeordneten auch in der Bevölke­rung bekannt gemacht werden, damit man dann auch weiß, was von Ihren Ver­sprechen zu halten ist.

Jetzt noch ein paar Worte zu den Russlandsanktionen, die ja Teil einer unglaub­lichen Eskalationsspirale insgesamt sind – Sie sehen ja, wohin das Ganze führt. Ich fürchte, dass ich auch da auf taube Ohren stoßen werde, nicht nur bei der ÖVP, sondern auch bei allen anderen Parteien hier, aber wenn Sie ehrlich wären, dann müssten Sie der Bevölkerung sagen: Liebe Österreicher, die Wahrheit ist, wir können noch lange nicht auf das russische Öl und Gas verzichten! Wir können es nicht – wir würden es gerne, aber wir können es nicht –; und alle diese Umstellungspläne und alles das, was da präsentiert wird, sofern es über­haupt vorhanden ist, ist Wunschdenken, das auf Sand gebaut ist! Das ist die Wahrheit! – Außer Sie sagen der Bevölkerung etwas anderes dazu: Wenn Sie das tun, dann wird es ganz, ganz tiefe Einschnitte geben – und da rede ich nicht von 2 Grad weniger Raumtemperatur, ich rede nicht davon, dass wir in Zukunft das Geschirr abkratzen statt abwaschen, sondern dann geht es ans Eingemachte. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Wahrheit ist: Wir brauchen diese günstige Energie für die Haushalte, für das Heizen, für das Kochen, für das Warmwasser, für die Betriebe zum Produzieren. Da können Sie mit Ihrem Flickwerk gar nicht so viel ausgleichen, wie Sie vorher an Schaden anrichten. Und wenn Sie es versuchen, dann sind wir deshalb kaputt. Das ist eine Lose-lose-Situation. Wir brauchen das für leistbare Lebensmittel, dafür, dass es überhaupt alle Lebensmittel gibt. Wir brauchen das für leistbaren Dünger – das muss ja Ihren Landwirten auch ein Anliegen sein. Wir brauchen das für leistbaren Treibstoff, für Benzin und Diesel, damit wir ihn überhaupt in aus­reichenden Mengen haben. Wir brauchen das, damit der private Konsum nicht einbricht, damit der Umsatz im Handel nicht zusammenbricht, damit die Dienst­leister weiter ihre Kunden haben, damit in den Auftragsbüchern der Firmen noch irgendetwas drinnen steht und dort für das kommende Jahr nicht nur leere Sei­ten sind, und dafür, dass die Industrie nicht in die Kurzarbeit – mit allem, was dazugehört – gehen muss, dass sie nicht zusperrt oder dass sie nicht abwandert.

Das ist nämlich das, was droht: dass abgewandert wird – dorthin, wo die Energie billiger ist; in die USA zum Beispiel, dort ist Gas billig, dort ist der Strom billig –, und wenn die einmal weg sind, dann bleiben sie weg, und das ist ein Desaster.

Meine Damen und Herren, wir wollen das nicht zulassen. Wir wollen keine Mangelwirtschaft à la DDR. Das ist die erste Stufe. Wir wollen keine Kriegs­wirtschaft, wie Sie sie jetzt schrittweise einführen – da gibt es ja schon Pläne für Stromkontingente und Stromabschaltungen; das ist Kriegswirtschaft, nur damit wir das auch beim Namen nennen –, und am Ende steht die größte Wirtschafts­katastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg mit Millionen Arbeitslosen in ganz Europa, sozialen Verwerfungen und mit Unfrieden. Wir wollen das nicht, wir wollen diese Eskalationsspirale stoppen, und Sie sollten uns dabei helfen, anstatt uns zu beschimpfen. Das wäre eigentlich der vernünftige Ansatz. (Beifall bei der FPÖ.)

Stattdessen, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben Sie sich für etwas anderes entschieden: Sie hängen lieber am Sanktionsrockzipfel von Frau von der Leyen. Dafür verkaufen Sie die eigene Bevölkerung im Namen von irgend­welchen Scheinwerten. (Abg. Meinl-Reisinger: „Scheinwerte“?!) Es ist erbärmlich. (Beifall bei der FPÖ.  Abg. Leichtfried: Wie hat die FPÖ beim Klimabonus schnell gestimmt? Da war doch was!)

10.38

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Edtstadler. – Bitte sehr.