14.36

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das bedingungslose Grundeinkommen soll „ein menschenwürdiges Dasein und echte Teilhabe an der Gesellschaft ermöglichen“, so steht es als Ziel im Text des Volksbegehrens. Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Ziel ist durchaus unterstützenswert und erstrebenswert, ob allerdings ein bedingungsloses Grundeinkommen das geeignete Mittel ist, um dieses Ziel zu erreichen, darf sehr wohl hinterfragt und bezweifelt werden.

Die sozialen Problemlagen, die im Volksbegehren angesprochen werden, sind durchaus real. Wir haben erfreulicherweise ja einen sehr gut funktionierenden, sehr gut ausgebauten und starken Sozialstaat – allerdings weist dieser Sozial­staat natürlich auch seine Lücken auf, und er sichert auch nicht in allen Lebens­lagen immer so ab, wie er absichern sollte.

Gerade die Covid-19-Krise hat uns immer wieder vor Augen geführt, dass es gewisse Bevölkerungsgruppen in gewissen Lebenssituationen gibt, die nicht ausreichend abgesichert sind. Ich denke da beispielsweise an die EPUs, für die wir den Härtefallfonds einrichten mussten, weil es das benötigte soziale Siche­rungssystem nicht gab. Ich denke an jugendliche Schulabgänger:innen, die eine Jobzusage hatten, den Job dann aber nicht bekommen haben und nicht ent­sprechend sozial abgesichert waren. Ich denke an Menschen, die kürzer als ein Jahr arbeitslosenversichert waren und dadurch keine ausreichende soziale Absicherung hatten.

Gerade die Coronakrise und die aktuelle Krise haben uns die Lücken im sozialen Netz vor Augen geführt und auch gezeigt, wie komplex es ist, diese Lücken zu schließen, und wie gesagt, habe ich sehr große Zweifel, dass das bedingungslose Grundeinkommen das Instrument ist, das die Lücken in diesem Netz schließen kann. In Wirklichkeit lässt nämlich dieses Volksbegehren zum bedingungslosen Grundeinkommen mehr Fragen offen, als es tatsächlich Antworten gibt.

Die erste Frage ist: Wie kann überhaupt eine bedingungslose Absicherung in einer Gesellschaft funktionieren, die arbeitsteilig funktioniert, die arbeitsteilig organisiert ist? Kann es Bedingungslosigkeit in einer derartigen Gesellschaft denn überhaupt geben? Wie kann eine Finanzierung eines derartigen Grund­einkommens sichergestellt werden und was hätte das für Auswirkungen auf die bisherigen sozialstaatlichen Leistungen und Einrichtungen?

Wie passt ein Grundeinkommen in ein Sozialversicherungssystem, in dem ich mir meine Versicherungsansprüche erarbeite und Versicherungsansprüche rechtlich zugesprochen habe? Welches Modell ist überhaupt angedacht, und in welcher Höhe soll das Grundeinkommen ausbezahlt werden? Die letzte Frage: Gäbe es denn nicht viel sinnvollere und wirkungsvollere Instrumente als ein Grundein­kom­men, um soziale Teilhabe und gesellschaftliche Partizipation sicherzustellen und den Kampf gegen die Armut zu führen?

Ich denke beispielsweise an eine Weiterentwicklung der Sozialhilfe, der Mindest­sicherung in Richtung einer bedarfsorientieren Grundsicherung. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unseren Sozialstaat noch armutsfester zu machen, das soziale Netzt dort, wo notwendig, noch enger zu knüpfen, ja, das ist richtig. Darum sehe ich Initiativen wie das Volksbegehren für das Grundeinkommen, um dadurch einen Diskussionsprozess wieder in Gang zu setzen, für durchaus unter­stützenswert.

Eine geeignete Antwort auf die vielen brennenden sozialen und gesellschaft­lichen Fragen ist ein bedingungsloses Grundeinkommen mit Sicherheit nicht, denn dazu ist unsere Welt einfach zu komplex. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.40

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Gerald Loacker. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.