20.20

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen und Zuseher:innen zu Hause! Im Haus sind, glaube ich, keine mehr. Ich spreche über einen Bericht des Rech­nungshofes, in dem es um die Lohnsteuer geht, und zwar insbesondere um die Auswirkungen auf die Gendergerechtigkeit. Es ist ein Bericht über eine Follow-up-Überprüfung. Der ursprüngliche Bericht stammt aus dem Jahre 2017. 2020 wurde geprüft, was sich verbessert und verändert hat. Da es um ein Steuer­thema geht, handelt es sich um Aktivitäten im Finanzministerium – also ist das an den Finanzminister gerichtet.

Das Erste, was auffällt und was ich etwas befremdlich finde: Das Gleichstel­lungsziel wurde verändert. Ursprünglich hieß es: „Gleichmäßigere Verteilung der Erwerbsarbeit wie auch der unbezahlten Arbeit zwischen Frauen und Männern wird durch das Abgabensystem unterstützt.“ – Dieses Ziel heißt jetzt: „Das Abgabensystem setzt positive Erwerbsanreize zur Erhöhung der Erwerbstäti­gen­quote.“ – Das ist jetzt also ziemlich anders geworden, und es ist aus meiner Sicht nicht mehr ganz so klar, was wir – was aus meiner Sicht wünschenswert ist – erreichen wollen, nämlich dass Frauen und Männer ähnlich viel verdienen und sich auch die unbezahlte Arbeit annähernd gleich aufteilen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Unbezahlte oder bezahlte Arbeit: Ein wichtiges Thema in diesem Zusammenhang ist natürlich die Lohnschere, das sogenannte Genderpaygap, für deren Fest­stellung durchschnittliche Bruttostundenlöhne von Frauen und Männern verglichen werden. Wir wissen alle, wir sind da wirklich europäisches Schluss­licht, also relativ weit hinten in der EU: Frauen verdienen um rund ein Fünftel weniger als Männer. Konsequenzen sind natürlich Altersarmut und auch die finanzielle Abhängigkeit der Frau von einer möglichen Partnerschaft im Laufe des Erwerbslebens und natürlich auch später.

Eine Empfehlung des Rechnungshofes war eine Evaluierung aller Steueraktivi­täten insbesondere rund um Kinder, also Kinderfreibetrag, Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten und steuerfreie Zuschüsse von Arbeitgebern zu Kinderbetreuungskosten. Das wurde auch durchgeführt, und das Wifo hat durchwegs gemeint, das sind sinnvolle Absetzbeträge, weil sie die Erwerbsquote von Frauen erhöhen. Trotzdem sind alle diese Maßnahmen zugunsten des Familienbonus Plus gestrichen worden, der keinerlei Anreize für Erwerbstätigkeit setzt, also kontraproduktiv ist, könnte man sagen.

Grundsätzlich empfiehlt der Rechnungshof eine Gleichstellungsstrategie nicht nur eines Ministeriums, sondern über die Regierung hinweg – das ist etwas, woran wir wirklich ganz dringend arbeiten müssen –, um in verschiedenen Bereichen und nicht nur im Steuersystem Gendergerechtigkeit zu erreichen.

Ein Punkt, der gelungen ist, ist die Kindergartenmilliarde, also das Aufstocken des Kinderbetreuungsbudgets, weil das natürlich ein ganz wesentlicher Punkt ist, damit Frauen oder manchmal auch Männer – je nachdem, wer die Betreuung macht – überhaupt die Möglichkeit haben, berufstätig zu sein.

Zum Abschluss – die Lampe blinkt zwar schon – ein Punkt, der mir noch sehr wichtig ist, den ich erwähnen möchte: Es ist die Repräsentation von Frauen in Führungspositionen. Sie werden sich vielleicht erinnern, wir haben hier im Parlament vor mehr als einem Jahr, im Mai 2021, die Frauenministerin und die damalige Wirtschaftsministerin ersucht, eine Studie zur Repräsentation von Frauen in Führungspositionen durchzuführen. Wir haben relativ lange darauf gewartet: Vor zwei Wochen ist die Studie online gegangen. Sie ist eigentlich schon seit November vorigen Jahres fertig, steht auf der Studie, aber immerhin ist sie nun seit zwei Wochen auf der Homepage des Ministeriums verfügbar. Darin kann man ganz klar nachlesen, wie viel diesem Land dadurch, dass Frauen nicht in Führungspositionen sind, entgeht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das böte jetzt wahrscheinlich Stoff für eine eigene Rede, aber zusammengefasst: Laut Economica, einem renommierten Wirtschaftsforschungsinstitut, entgehen Österreich nur dadurch, dass es zu wenig Frauen in Vorständen, in Geschäfts­führungen, in anderen Führungspositionen gibt, 675 Millionen Euro. Da haben wir also wirklich Handlungsbedarf. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir hier gemeinsam Handlungen setzen können. In Aufsichtsräten gibt es eine Quote. Deutschland hat sie auch schon. Das muss unser nächster Schritt sein. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.26

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer. – Bitte, Frau Abgeordnete.