15.39

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vi­zekanzler! Sehr geehrte Bundesregierung! Hohes Haus! In den letzten Wo­chen hat sich die Lage in der Ukraine dramatisch zugespitzt: Die Teilmobilisie­rung in Russland und die eindeutig völkerrechtswidrige Annexion von uk­rainischem Staatsgebiet durch Russland sind ohne Frage eine weitere Eskalation und auf das Schärfste zu verurteilen.

Klar ist: So wie zu Beginn dieses Angriffskrieges muss die Europäische Union auch jetzt weiter geschlossen agieren, sie darf sich nicht auseinanderdividieren lassen, aber gleichzeitig braucht es auch Ehrlichkeit – Ehrlichkeit, wenn es um die Folgen dieses Krieges geht, um die Folgen der Sanktionen gegen Russ­land, Folgen nicht nur für Russland, sondern auch für Europa. Deswegen braucht es zu diesen Sanktionspaketen, die richtigerweise gemeinsam beschlossen wur­den, auch – und das ist entscheidend – wirksame begleitende Maßnahmen, um die sozialen, um die wirtschaftlichen Folgewirkungen für die Menschen und die Wirtschaft in Europa und in Österreich abzufedern. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Energieversorgung, die Abhängigkeit von russischem Gas und die Frage der Energiekosten sind dabei ganz zentral. Die bisherigen Antworten auf diese sozialen und wirtschaftlichen Probleme reichen aber nicht aus. Die bisherigen Maßnahmen und Antworten kommen reichlich spät und schaffen eines nicht, nämlich die steigenden Energiepreise in den Griff zu bekommen. Das schaffen sie nicht. Kein einziger Preis, nicht an der Tankstelle oder beim Heizen, ist dadurch niedriger geworden.

Wenn man aber die steigenden Preise, wie sie sich derzeit abzeichnen und in den letzten Monaten zu sehen waren, nicht in den Griff bekommt, dann droht diese Energiekrise zu einer sozialen Krise zu werden. (Abg. Kickl: Man sollte den Ludwig ranlassen, der weiß, wie es geht! – Abg. Leichtfried – in Richtung Abg. Kickl –: Solang du nicht zuwekommst, ist alles gut!) Wenn sich nämlich Men­schen, Pensionistinnen und Pensionisten, aber zunehmend auch arbeitende Menschen, und Betriebe Strom und Gas nicht mehr leisten können, dann ist es eine massive Bedrohung, sehr geehrte Damen und Herren, eine massive Bedrohung für die Wirtschaft in unserem Land und für den sozialen Zusam­menhalt in Europa. (Beifall bei der SPÖ.)

Und wenn es nicht gelingt, auf Ebene der EU einen gemeinsamen präferierten Weg zu gehen, dann ist Ihre Aufgabe, sehr geehrte Bundesregierung, alles zu tun, um eine soziale Krise in unserem Land in den nächsten Monaten und Jahren zu verhindern.

Schauen wir uns die Beschlüsse, wie Sie es erwähnt haben, des letzten EU-Ministerrates vom letzten Freitag an: Energiesparpläne – ja, sind notwen­dig, keine Frage, auch wir stehen dazu. Auch die beschlossene Abschöpfung der Übergewinne bei Energie- und Ölkonzernen ist richtig, ist wichtig. Wir fordern das im Übrigen seit vielen Monaten, und Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Bundesregierung, haben unsere Forderung zur Abschöpfung dieser Übergewinne immer als populistisch abgetan, als nicht machbar abgetan und als nicht EU-tauglich abgetan. (Beifall bei der SPÖ.) Und jetzt werden Sie diese Abschöpfung umsetzen müssen – gut so.

Die Preise von Gas und Strom werden damit aber wie gesagt um keinen einzigen Cent günstiger, denn etwas Entscheidendes fehlt: eine Regulierung des euro­päischen Energiemarktes, eine Deckelung des Gaspreises. Der Energiemarkt in Eu­ropa funktioniert nicht mehr, denn bei Preissteigerungen von mehr als 1 000 Prozent kann wirklich niemand mehr von einem funktionierenden Strom­markt in Europa sprechen. Nicht nur die Bevölkerung steht zunehmend mas­siv unter Druck, sondern es sind auch viele Unternehmen, kleine und mittlere Un­ternehmen, die immer mehr Schwierigkeiten bekommen, aber auch für die In­dustrie wird es immer schwieriger, diese Energiekosten, die immer größer wer­den, zu stemmen.

Die gute Nachricht des Tages ist aber, dass es Möglichkeiten gibt, diese Entwicklungen einzubremsen, und wissen Sie, wer es vorzeigt? – Deutschland. Deutschland zeigt es vor. (Abg. Wöginger: Ja genau! – Abg. Stocker: Denn sie wissen nicht, was sie tun!) Dort wurden vor einigen Tagen Preisobergrenzen für Gas und für Strom und eine Mehrwertsteuersenkung auf Gas beschlossen, und es wurde zunehmend die CO2-Steuer ausgesetzt (Abg. Wöginger: Das ist der größte Rohrkrepierer!), sehr geehrte Damen und Herren von der Bundesregie­rung – und Sie haben sie zeitgleich eingeführt. (Beifall bei der SPÖ.)

In Deutschland werden 200 Milliarden Euro investiert, damit Energie für die Menschen und für die Betriebe, für die Wirtschaft leistbar bleibt. 200 Milliarden Euro, das ist eine enorme Summe, aber dort hat man eines erkannt: dass Nichtstun wirtschaftliche und soziale Schäden bedeutet, dass Nichtstun am Ende viel teurer kommt, als zu investieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Dass Deutschland jetzt reagiert hat, zeigt aber auch eines, nämlich dass es die gemeinsame europäische Lösung zur Deckelung der Energiepreise entweder gar nicht mehr gibt oder sie zu spät kommt oder nicht mit der notwendigen Kon­sequenz.

Sehr geehrte Damen und Herren! Österreich sollte nicht ewig auf eine euro­päische Lösung warten, sondern so wie Deutschland eine eigene, eine nationale Regelung für die Deckelung der Gaspreise in Österreich umsetzen. (Beifall bei der SPÖ.) Es muss jetzt entscheidend und entschlossen gehandelt werden und in den Energiemarkt regulierend eingegriffen werden, damit Strom und Gas in Österreich wieder leistbar sind, damit Arbeitsplätze und Unternehmen geschützt sind, damit Armut verhindert wird. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.46

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Dr. Reinhold Lopatka. – Bitte, Herr Abgeordneter.