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Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wollte mich eigentlich gar nicht zu Wort melden, weil meine Stimme etwas lädiert ist (Ah-Rufe bei der ÖVP – Abg. Gahr: Das wäre besser gewesen! – Ruf bei der ÖVP: Immer derselbe Schmäh!), aber der Bun­deskanzler verleitet einen dann doch dazu, das zu tun.

Diese Idee von Ihnen, Herr Nehammer, lautet, das Strafrecht und nicht die Moral bilde die Grenze des politischen Handels, weil Sie der Meinung sind: Na wer definiert denn Moral?

Sie sollten sich aber schon an Ihre eigenen persönlichen Worte 2019 erinnern, als Sie nach Ibiza Generalsekretär der ÖVP waren und gesagt haben: Strache und Gudenus haben moralisch ein Bild von der Politik gezeichnet und mussten deswegen zurücktreten, und der damalige Innenminister Kickl – der nicht in Ibiza war und da gar nicht vorgekommen ist – muss auch zurücktreten, denn ein Blauer kann nicht Innenminister sein, wenn gegen blaue damals bereits Ex-Parteichefs und -Klubobleute ermittelt wird. (Abg. Kickl: Das ist untergegangen!)

Das waren Ihre Worte damals – Ihre! Da haben Sie gesagt, die Moral reiche. Da war nicht die Unschuldsvermutung und da war nicht das Strafrecht relevant. Sie waren der Meinung: Bei der FPÖ gilt die Moral und nicht das Strafrecht. Halten wir das fest: 2019! Und heute? – Heute sagen Sie: Für die ÖVP gilt immer nur das Strafrecht und nicht die Moral.

Das müssen Sie mir einmal erklären! Das müssen Sie mir einmal erklären (Beifall bei SPÖ und FPÖ), vor allem deswegen, weil Sie gesagt haben: Er, Herr Kickl, war Generalsekretär, als das Ibizavideo aufgenommen wurde; und dann war er Innenminister. (Abg. Lausch: Da hat er recht! Schämt euch! – Abg. Loacker: Er bringt es durch Selbstgerechtigkeit durcheinander! – Zwischenruf des Abg. Zarits.)

Wenn Sie sich einmal kurz zurückerinnern: Als zum Beispiel das Beinschab-Tool aufgekommen ist, waren Sie, während es durchgeführt wurde, Generalse­kretär, und als es aufgeflogen ist, Innenminister. Es war dann aber nicht so, dass Sie abberufen wurden, sondern Sie wurden zum Bundeskanzler befördert. (Beifall bei SPÖ, FPÖ und NEOS. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das ist es also, wie die ÖVP agiert: Bei anderen politischen Parteien müssen die abberufen werden, aber Sie sind der Meinung, die Beförderung für Sie ist in Ordnung. Das, ehrlich gesagt, müssen Sie mir erst einmal erklären! (Beifall bei SPÖ, FPÖ und NEOS. – Zwischenruf des Abg. Ofenauer. – Abg. Lausch – in Richtung Abg. Ofenauer –: Er hat mit allem recht!)

Wenn man genau hinschaut, dann erkennt man, dass wir mittlerweile aber ein ganz anderes Problem haben, nämlich, dass hier herinnen vier Parteien den Rechtsstaat vor Ihnen, vor der ÖVP, schützen müssen (Abg. Steinacker: Das ist ja wirklich ...! – Ruf bei der ÖVP: Stimmt nicht!) – auch vor Ihrem persönlichen Handeln als Bundeskanzler –, denn was machen Sie? Was machen Sie persönlich?

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ordnet an, dass Sie als Bundeskanzler Daten aus dem Bundeskanzleramt übermitteln müssen, E-Mails und elektronische Dateien. (Abg. Ofenauer: Alles korrekt!) Und liefern Sie diese? – Nein, sie liefern sie nicht, sondern Sie sagen, dass Sie der Staatsanwalt­schaft jene E-Mails und Dateien, die sie braucht, um aufzuklären, was für ein korruptives Verhalten es von der ÖVP unter Bundeskanzler Kurz gegeben hat, nicht geben. Da verweigern Sie die Zusammenarbeit. (Abg. Ofenauer: Stimmt nicht!)

Das Zweite ist, dass die ÖVP erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik eine Konsultationsvereinbarung verweigert. Das passiert dann, wenn die Justiz der Meinung ist: Lieber Untersuchungsausschuss, das, was du machst, könnte meine strafrechtliche Arbeit gefährden. Kollege Kogler kennt das. Jeder in einem Untersuchungsausschuss kennt das. Das kommt in fast jedem Untersuchungsausschuss vor. Dann setzt man sich zusammen, macht eine Vereinbarung, denn für Untersuchungsausschüsse im Parlament gibt es an und für sich einen Grundsatz, nämlich: Wir gefährden die Arbeit der Justiz nicht.

Was macht die ÖVP diesbezüglich? – Die ÖVP sagt: Ich will keine Konsul­tationsvereinbarung, ich will alles fragen dürfen! Ich nehme sogar in Kauf, dass ich die Arbeit der Justiz behindere! (Zwischenruf des Abg. Ofenauer.Das ist die ÖVP unter Karl Nehammer, er selber als Bundeskanzler und seine Fraktion hier im Parlament.

Das führt dazu, dass die Justizministerin heute etwas macht, was es in der Zweiten Republik auch noch nie gegeben hat: dass sie nämlich vor den VfGH geht, weil sie den Rechtsstaat vor der ÖVP schützen muss (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Hauser und Lausch  Zwischenruf des Abg. Kopf), vom Vorsitzenden über den Klubobmann, über den Fraktionsführer bis zum Generalsekretär  und das, ehrlich gesagt, bei einer ehemals staatstragenden Partei wie der ÖVP. (Zwischenruf des Abg. Zarits.)

Der Generalsekretär beschwert sich nämlich darüber, dass die WKStA so lange ermitteln muss, und sie wären eh schneller beim Gesetze machen. Er sagt nicht dazu, dass sein Vorsitzender und seine Kollegen hier die Arbeit der Justiz behindern und damit das Ganze langsamer machen. (Abg. Zarits: Geh bitte!)

Das Wesentliche aber ist: Vier Parteien müssen hier den Rechtsstaat vor der ÖVP schützen. Vier Parteien tun das, Gott sei Dank. In Wahrheit sollten Sie einfach zurücktreten, den Weg für Neuwahlen frei machen und dort landen, wo Sie hingehören, nämlich die einen auf der Oppositionsbank und die anderen auf der Anklagebank. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und FPÖ. – Abg. Hanger: Du hast schon so oft die Unwahrheit gesagt, das macht auch nichts mehr aus! – Abg. Michael Hammer: Ein schwacher Abschluss einer schwachen Dringlichen!)

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