15.11

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ich werde jetzt nach dieser Rede aus der Parallelwelt zu etwas Grundsätzlichem zurückkehren, das eigentlich klar sein sollte, es aber offenbar nicht ist. Klar sein sollte, dass die Stimme jedes Menschen, unabhängig davon, ob er hier in diesem Raum sitzt oder ob er sich gerade zu Hause vor dem Fernseher, im Büro, in der Schule oder wo auch immer auf­hält, gleich viel wert sein muss (Beifall bei der SPÖ), für die Regierung, die nach Hause gegangen ist, aber natürlich auch für die Behörden.

Was wir im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss gesehen haben, war, dass das nicht so ist, dass beispielsweise der Milliardär Sigi Wolf, der die Spenden für die ÖVP im Wahlkampf gesammelt hat, nicht gleichbehandelt wurde, dass er, obwohl er jahrelang seine Steuern nicht gezahlt hat und man dann draufgekommen ist und sie eingefordert hat, einfach im Finanzministerium angerufen hat und die Meinung hatte, er will diese Steuern jetzt aber nicht zah­len – und für die ÖVP-Mitarbeiter dort war das dann ein Auftrag. Es began­nen die Interventionen, die jahrelang stattgefunden haben, dass dieser Milliardär seine Steuern nicht zahlen muss. 4 Millionen Euro wurden ihm dann de facto erlassen. Das war eine reine Sonderbehandlung für einen ÖVP-Unterstützer, die sonst niemand bekommt. Also wo ist da die Demokratiepolitik, um das auch noch einmal anzusprechen? (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Krisper.)

Jede einzelne Sozialleistung müssen wir hier beinhart erkämpfen, aber für die, die eh schon mit dem goldenen Löffel essen, regnet es 4 Millionen Euro. Wissen Sie, die bräuchten wir eigentlich alle: Das wäre ein Jahr lang bezahltes Mittagessen für 5 000 Kindergartenkinder. Diese 4 Millionen Euro wären die Auszahlung von Pflegegeld der Stufe 1 für 2 000 Jahre. Diese 4 Millionen Euro wären der Selbstkostenbeitrag für Lehrlinge, für Schüler:innen, was die Frei­fahrt betrifft, und zwar für 200 000 von ihnen. Dieses Geld hätten wir für allein­erziehende Mütter investieren können. Wir hätten das Geld für die, die es wirklich brauchen, investieren können, und stattdessen ging es an ÖVP-Freunde, an ÖVP-Sponsoren. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich verstehe, dass Sie Angst vor Neuwahlen haben, denn wenn man sich fragt: Für wen sollten wir es investieren?, ist die Antwort, denke ich, klar.

Das ist wichtig, weil wir hier nicht nur von korrupter Politik sprechen, sondern auch von sozial verwerflicher Politik. Das geht Hand in Hand. (Beifall bei der SPÖ.) Beides braucht ein Ende, und deshalb stimmen wir diesem Antrag heute auch zu.

Es braucht Neuwahlen, weil das alles kein Einzelfall ist, weil es mit Sigi Wolf ja nicht aufhört. Machen wir weiter mit René Benko, der hat noch mehr Millionen Euro an Steuergeld quasi geschenkt bekommen. Das können sich die Österrei­cher und Österreicherinnen nicht leisten. Die haben Gasrechnungen, Stromrechnungen, Miete zu zahlen, die haben Lebensmittel zu zahlen. Die haben andere Sorgen, als das Leben der ÖVP-Sponsoren auch noch mitzuzahlen.

Wenn wir zusammenrechnen, um wie viel Budget es geht – Geld für die ge­fälschten Umfragen, an die wir uns erinnern, Geld für das Steuergeld, das illegal zur Parteienfinanzierung verwendet wurde –, dann sehen wir, wir könnten mit diesen Millionen Euro Tausende Menschen aus der Armut holen, Menschen aus der Obdachlosigkeit holen. Das wird nicht gemacht.

Das liegt auch überhaupt nicht in der Vergangenheit. Dazu will ich ein weiteres Thema ansprechen, nämlich die Coronahilfsgelder. Schauen wir uns einmal an, wie die verteilt wurden! – Es ist genau dasselbe Spiel: vorbei am Parlament, abseits der parlamentarischen Kontrolle. Da haben Sie quasi eine eigene Gesellschaft gegründet, um diese Coronagelder an die Unternehmen zu vertei­len – übrigens die ÖVP und die Grünen, die da mit dabei waren –, und der Rechnungshof hat erneut bestätigt, dass viele Hundert Millionen Euro an Steuergeld da in den Sand gesetzt worden sind. (Beifall bei der SPÖ.) Es gab einige große Unternehmen, die überfördert wurden – wir wissen das –, und einige kleine Unternehmen, vor allem junge, frisch gegründete Unternehmen, die zusperren mussten. Es ist immer ein und dasselbe Spiel.

Bei der Inflation ist es genau dasselbe: 11 Prozent Inflation, kein Produkt wird durch Ihre Politik billiger. Ganz im Gegenteil: Die Preise steigen weiter. Die, die es schon wieder am härtesten trifft, sind die, die es sich eh nicht richten können, sondern jetzt auf Hilfe angewiesen wären. Dann stellt sich die Regie­rung hierher und sagt: Es ist doch alles so toll! – Das muss man sich einmal trauen: sich hierherzustellen und tatsächlich so empathielos zu sprechen.

Noch nie in der Geschichte Österreichs gab es eine Regierung, der so viele Menschen misstraut haben wie Ihnen. Deshalb: Übernehmen Sie Ver­antwortung! Machen Sie den Weg frei für echte Reformen und für Neuwahlen (Beifall bei der SPÖ), für Reformen gegen die Korruption, gegen die Teue­rung, für eine neue Art der Energiepolitik, denn auch mit der Energie braucht nie­mand Gewinne zu machen, sondern die ist für uns alle ein Grundrecht! Ma­chen Sie den Weg frei! (Beifall bei der SPÖ.)

15.16

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hannes Amesbauer. – Bitte.