14.51

Bundeskanzler Sebastian Kurz: Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kol­leginnen und Kollegen in der Regierung! Vor allem aber: Sehr geehrte Damen und Her­ren! Natürlich ganz besonders: Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Wir leben in einer Zeit des Ausnahmezustands, in einer sehr herausfordernden Phase, auch in ei­ner Phase der Umstellung. Vieles, was vor einigen Monaten noch undenkbar gewesen wäre, findet jetzt gerade im Moment statt, mit all der Veränderung, mit all den Be­schneidungen, mit all dem Verzicht, den das für viele von uns, aber natürlich vor allem für die Österreicherinnen und Österreicher, bedeutet.

Ich höre in diesen Tagen natürlich oft viele verunsicherte Fragen: Wie geht das alles weiter? Wann hat das ein Ende? Wirken die Maßnahmen, die wir setzen? Ist irgendwo Licht am Horizont? – Ich möchte zunächst einmal in aller Deutlichkeit sagen, dass ich fest davon überzeugt bin, dass wir das Richtige tun. Die Maßnahmen, die wir setzen, werden von allen Expertinnen und Experten gutgeheißen. Sie werden von vielen ande­ren Ländern übernommen, teilweise in ähnlicher Art und Weise, manchmal, so wie heute in Bayern, direkt eins zu eins kopiert. Wir stehen also als Land, als Republik ge­rade vor einer Herausforderung, aber wir setzen auf die richtigen Maßnahmen.

Wichtig ist jetzt, dass wir die Ausdauer nicht verlieren. Ich ersuche alle Österreiche­rinnen und Österreicher, dass wir gemeinsam durchhalten, dass wir gemeinsam die Kondition und die Disziplin haben, die die nächsten Wochen von uns erfordern werden. Und ich bitte Sie, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, dass auch wir als Politiker und Politikerinnen unseren Beitrag leisten, uns genauso an die Bestimmungen halten und vor allem auch alles tun, um uns selbst zu schützen, um somit unsere Fami­lien zu schützen und im Großen einen Beitrag dazu zu leisten, dass die Gesundheit eines jeden Einzelnen in Österreich bestmöglich geschützt wird.

Der Gesundheitsminister und ich sind in den letzten Wochen oft gefragt worden: Was bringt denn all das, wenn wir uns ohnehin anstecken? Die Verbreitung kann man ja nicht zu 100 Prozent verhindern. – Das ist alles vollkommen richtig, aber es geht nicht so sehr um die Frage, ob wir uns anstecken, sondern viel mehr um die Frage, wann wir uns anstecken.

Wir erleben am Beispiel Italien, welche Auswirkungen es hat, wenn das Gesundheits­system überfordert ist, wenn Menschen nicht nur sterben, weil die Erkrankung so schlimm ist, sondern Menschen auch sterben, weil sie gar nicht behandelt werden kön­nen. Das gilt es um jeden Preis zu verhindern, insofern bin ich froh, dass wir so harte, so konsequente Maßnahmen so schnell setzen, weil das einen Beitrag dazu leisten kann und hoffentlich auch wird, dass der viel zitierte Peak nicht so schnell und nicht so intensiv stattfindet, sondern es zu einer gewissen Verlagerung bis nach der Grippewel­le kommt und uns dann der erreichte Peak nicht in voller Wucht trifft, wie das gerade in unserem Nachbarland der Fall ist.

Ich möchte den Österreicherinnen und Österreichern nach fast einer Woche Ausnah­mezustand, nach fast einer Woche Herunterfahren auf Notbetrieb, unseren Dank dafür aussprechen, wie die Maßnahmen mitgetragen werden, wie diszipliniert die Menschen sich daran halten und jeder wirklich Großes leistet: allen voran alle, die ihre sozialen Kontakte reduzieren, die zu Hause sind, die entschleunigen, die auch verzichten, aber natürlich auch alle Menschen, die tagtäglich zur Arbeit gehen. Das sind diejenigen, die wir unmittelbar im Fernsehen sehen: das medizinische Personal, die Polizei, die Mitar­beiter in den Supermärkten. Es sind aber auch viele andere, die das unbemerkt tun: in der Produktion, in der Industrie, in der Landwirtschaft, in der Logistik. Es sind viele Menschen, die tagtäglich einen Beitrag leisten, damit unser System funktioniert, die Lieferketten aufrechterhalten werden können, die Versorgungssicherheit gegeben ist und vor allem auch der wirtschaftliche Betrieb doch in einem gewissen Minimalbetrieb aufrechterhalten werden kann und uns die wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus nicht mit voller Härte treffen.

Wir dürfen die Augen nicht davor verschließen, dass es neben den gesundheitlichen Folgen, neben Leid, Krankheit und in vielen Fällen auch Tod, auch eine zweite Betrof­fenheit für viele Menschen gibt: die Angst vor oder die unmittelbare Betroffenheit von Arbeitslosigkeit, die wirtschaftlichen Auswirkungen auf Betriebe, die Notwendigkeit, in Kurzarbeit zu gehen. Es ist vieles, was die Menschen sich nicht verdient haben und was jetzt viele unmittelbar trifft, jeden Einzelnen, die Familien rundherum, eine noch nie dagewesene große Zahl an Betroffenen. Auch da wollen wir gemeinsam als Republik alles tun, um bestmöglich zu helfen.

Ich darf mich bei allen Mitgliedern der Bundesregierung bedanken, allen voran beim Vi­zekanzler und beim Finanzminister für die rasche Ausarbeitung eines 38-Milliarden-Euro-Hilfspakets. Ich darf mich aber auch bei Ihnen bedanken, sehr geehrte Abgeord­nete, dass das alles über die Parteigrenzen hinweg mitgetragen wird und wir so den Menschen in Österreich bestmöglich, aber auch schnellstmöglich helfen können: all je­nen, die ihre Arbeit verlieren; vielen Menschen, damit sie ihren Arbeitsplatz nicht verlie­ren, sondern in Beschäftigung bleiben können; den Unternehmen, damit die Liquidität gegeben ist und vieles darüber hinaus. – Vielen, vielen Dank an alle Parteien, ins­besondere auch an die Opposition für dieses gute gemeinsame Vorgehen. (Beifall bei ÖVP und Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abgeordneten Amesbauer und Bernhard.)

Darüber hinaus wollen wir mit einem Coronasammelgesetz Maßnahmen im Bereich des Krisenmanagements, im Bereich der technischen Anpassungen, im Bereich der Arbeitsmarktregelungen und auch der finanziellen Abfederung auf den Weg bringen. Ich möchte mich auch dafür bedanken, dass es hier einen breiten Konsens gibt. Ich möchte allen danken, die diese Maßnahmen so zügig erarbeitet haben, vor allem aber auch Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, dafür Danke sagen, dass es über die Parteigrenzen hinweg eine Mehrheit dafür gibt, aber vor allem auch dafür, dass Sie es möglich gemacht haben, dass diese Sitzung so zügig stattfinden kann und wir nicht auf die üblichen Formalien achten, sondern die notwendigen Maßnahmen schnell in Umsetzung bringen können.

Ein großes, großes Danke an Sie alle als Abgeordnete, an das gesamte Regierungs­team, vor allem aber an die Österreicherinnen und Österreicher! Es werden herausfor­dernde Wochen, es werden schwierige Wochen, es wird noch Monate brauchen, bis wir diese Krise gänzlich überstanden haben, aber je stärker wir zusammenhalten, des­to erfolgreicher werden wir sein. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.58

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf nun dem Herrn Vizekanzler das Wort erteilen. – Bitte.