Abgeordnete Bettina Zopf (ÖVP): Geschätzter Herr Minister! Wir haben ja derzeit die positive Situation, dass es am Arbeitsmarkt sehr viele offene Stellen gibt. Es gibt also in allen Bereichen zahlreiche Beschäftigungsmöglichkeiten, nicht nur im Fachkräftebereich. Im Gegensatz dazu haben wir aber natürlich auch sehr viele Langzeitarbeitslose. Wir wissen, dass Langzeitarbeitslosigkeit ein großes Problem ist.

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„Welche Maßnahmen setzen Sie, um Langzeitarbeitslose im Hinblick auf die gesamte Arbeitsmarktsituation wieder in Beschäftigung zu bringen?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank, Frau Abgeordnete Zopf. Wir haben ja in den letzten Jahren einen sehr starken Fokus auf die Langezeitarbeitslosigkeit gelegt, weil sie in der ersten Phase der Lockdowns während der Coronapandemie massiv gestiegen war. Wir hatten Ende April 2021 einen Höchststand – nach der Definition, die wir benut­zen – von fast 148 000 Menschen, die länger als ein Jahr arbeitslos waren.

Wir haben dann das Programm Sprungbrett aufgesetzt und seitdem die Lang­zeitarbeitslosigkeit fast halbiert, auf knapp 77 000 Personen Ende April 2023. Das ist der niedrigste Wert an Langzeitarbeitslosigkeit seit 2013, also niedriger als in relativ guten Jahren – 2017, 2018, 2019 –, in denen es wirtschaftlich höhere Wachstumsraten gab.

Es wird weiter einen Fokus darauf geben, wir werden in diesem Jahr und auch im nächsten Jahr einen Fokus darauf legen. Langzeitarbeitslosigkeit hat massive negative Folgen für die Betroffenen, ist eine große Armutsgefährdung und natür­lich auch gesellschaftlich und wirtschaftlich schlecht. Es wird alles zu tun sein, um die Langzeitarbeitslosigkeit weiter zu senken, aber das Programm hat jetzt wirklich sehr stark gewirkt. Ich bin sehr froh darüber, weil die Lage, was das betrifft, im April 2021 tatsächlich dramatisch war.

Ich danke dem AMS, das dieses Programm sehr, sehr gut umsetzt hat, nämlich auch so, dass viele Menschen wirklich in Beschäftigung geblieben sind: Über 50 Prozent der Menschen, die im Programm waren, haben drei Monate nach Abschluss des Programms, nach der Förderung, noch einen Job in der gleichen Firma.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordnete Bettina Zopf (ÖVP): Herr Minister, es gibt natürlich auch weitere Zielgruppen wie zum Beispiel ältere Arbeitnehmer, die langzeitarbeitslos sind, oder Menschen mit Beeinträchtigung. Gibt es auch Schwerpunkte für diese besonderen Zielgruppen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Wir haben immer gesagt, dass das Programm Sprungbrett natürlich gerade auf besonders betroffene Gruppen fokussiert ist, auf Menschen, die zumeist auch länger als ein Jahr arbeitslos waren, also zwei Jahre und länger. Fast 50 Prozent der Geför­der­ten kamen aus dieser Gruppe.

Wir haben natürlich auch einen großen Anteil an Menschen mit gesundheit­lichen Einschränkungen oder mit Behinderung. Das waren 30 Prozent aller Geförderten. Ein Gutteil der Geförderten war älter, auch darauf war ein Fokus gelegt, neben einem Fokus auf Frauen. Wir haben glücklicherweise weniger langzeitarbeitslose Frauen als langzeitarbeitslose Männer, aber klarerweise gab es auch einen Fokus auf Frauen.

Das waren also die vier Gruppen, auf die wir den stärksten Fokus gelegt haben.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Fiedler. – Bitte.

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Sehr geehrter Minister! Der AMS-Definition von Langzeitarbeitslosigkeit entspricht es, über ein Jahr durchgehend, also ohne längere Unterbrechung, als arbeitslos vorgemerkt zu sein. Wir haben in Österreich eine Personengruppe, die zwar beim AMS nicht vorgemerkt ist, aber doch nicht unwesentlich groß ist. Ich weiß schon, dass das auch in den Sozialbereich hineinspielt, aber trotzdem sind wir an einem inklusiven Arbeits­markt interessiert, und es hängt auch ein bisschen mit der Zusatzfrage der Kollegin zusammen.

Welche konkreten Bestrebungen gibt es seitens Ihres Ministeriums, gerade in Zeiten des akuten Arbeitskräftemangels, losgelöst von Neba, Fit2work, Jobcoaching und Jugendcoaching Menschen mit Behinderung endlich inklusiv und effizient am Arbeitsmarkt einzusetzen, um auf diese wertvollen Ressourcen nicht verzich­ten zu müssen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank für die Frage, Frau Abgeordnete. Das ist mir wirklich ein wichtiges Anliegen, weil wir auch im Ministerium gerade ein Projekt zur Inklusion in der Lehre gestartet haben. Wir versuchen natürlich, da jetzt auch gesetzlich Verbesserungen zustande zu bringen.

Wir arbeiten – ich habe das auch schon öffentlich gesagt – sehr intensiv an einer Möglichkeit, dass die Feststellung der Arbeitsfähigkeit nicht sofort nach der Pflichtschule erfolgt, sondern es mehr Flexibilität bis zu einem gewissen Alter – 25 Jahre zum Beispiel – gibt, damit der Weg in den Arbeitsmarkt besser gelingt und es eben keinen versperrten Weg gibt.

Das erfordert natürlich auch zusätzliche Maßnahmen – Begleitmaßnahmen beim AMS und beim SMS. Dazu sind wir in der Vorbereitung. Das ist aus meiner Sicht ein wichtiger erster Schritt, um eben zu verwirklichen, was jahrzehntelang gefordert wird: Lohn statt Taschengeld als volle Inklusion von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Herr Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.