Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die Finanzierung des Sozialstaates hängt in erster Linie von der arbeitenden Bevölkerung ab. Je mehr Versicherungsbeiträge und Steuern abgeliefert werden, umso besser ist die Finanzierung gesichert. Umso mehr verwundert es, dass Sie als Arbeitsminister angesichts von 47 Millionen unbezahlten Überstunden bis dato keine Vorschläge präsentieren, wie künftig geleistete Überstunden erfasst und auch bezahlt werden müssen.

Meine konkrete Frage, Herr Bundesminister:

265/M

„Welche konkreten Maßnahmen werden Sie setzen, um alle tatsächlich geleis­teten Arbeitsstunden zu erfassen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die ihnen zustehende Bezahlung für ihre Arbeit zu gewährleisten?“

Wie wird gewährleistet, dass diese Stunden auch tatsächlich bezahlt werden?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Es ist ja so, dass es für die Erfassung von Arbeitszeit bei Unternehmen klare Regeln gibt. Es gibt auch Kontrollen dazu – über die Arbeits­inspektorate, auch über andere Kontrollinstanzen –, um sicherzustellen, dass die Arbeitsaufzeichnung umfassend und korrekt ist.

Es gibt auch – und das ist gut so – die Möglichkeit, sich an die Interessenver­tre­tungen zu wenden, wenn der Verdacht besteht, dass das nicht funktioniert. Wir stehen zu diesen Themen in laufendem Austausch mit den Sozialpartnern und mit dem Gewerkschaftsbund. Wir finanzieren auch gemeinsam Projekte, unter anderem für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich, die besonders gefährdet für Lohn- und Sozialdumping sind, wie zum Beispiel ausländische Arbeitskräfte. Da gibt es zum Beispiel auch fremdsprachige Beratungsmöglich­keiten und andere Projekte, die wir in der Vergangenheit unterstützt haben und zum Teil noch unterstützen.

Aus meiner Sicht bedarf es im Moment keiner weiteren Maßnahmen in Bezug auf die Erfassung durch die Bundesregierung oder durch die öffentliche Hand, sondern es bedarf der Durchsetzung der bestehenden Regelungen im Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetz.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Ich möchte bei diesem Thema noch ein­mal nachhaken. Durch die Meldung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit gäbe es endlich auch konkrete Daten über Teilzeitbeschäftigung. Vielfach sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Teilzeit beschäftigt beziehungsweise angemeldet, eine Vielzahl davon arbeitet aber wesentlich mehr Stunden, leistet mehr Stunden. Viele sind tatsächlich eigentlich schon fast in Vollzeit beschäf­tigt. Sie haben vor einigen Wochen mit einer Aussage für Aufregung gesorgt, in der Sie Teilzeitbeschäftigten mit Kürzung oder Streichung von Sozialleistungen gedroht haben.

Meine konkrete Frage: Was werden Sie unternehmen, damit Teilzeitarbeit für Arbeitgeber:innen wieder weniger lukrativ wird und dadurch wieder mehr Vollzeitarbeitsplätze angeboten werden?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Ich möchte es einmal korrigieren und klarstellen: Ich habe nicht gesagt, dass Teilzeit bestraft werden soll; ich habe gesagt, wir müssen sicherstellen, dass es uns gelingt, es für Menschen, die in Teilzeit arbeiten und mehr Stunden arbeiten können – die Voraussetzung muss nämlich zum Teil auch von der öffentlichen Hand geschaf­fen werden –, auch attraktiv zu machen, mehr Stunden zu arbeiten.

Ich glaube, da gibt es zwei Dinge: auf der einen Seite die Besteuerung, die Belas­tung durch Abgaben und viele andere Faktoren, die dazu führen, dass Menschen sich vielleicht für Teilzeit entscheiden, obwohl sie mehr Stunden arbeiten könn­ten. Es ist aber natürlich auf der anderen Seite auch – und das sage ich immer wieder – eine Aufgabe der Unternehmen. Es gibt tatsächlich Branchen und Bereiche, in denen Teilzeit sehr weit verbreitet ist. Da geht es darum, klar darauf hinzuweisen, dass diese Unternehmen, wenn sie über einen Arbeits- und Fachkräftemangel klagen, auch Vollzeitstellen oder höhere Stundenausmaße anbieten sollten. Da gibt es, glaube ich, keine Differenz zwischen uns. Das ist die große Herausforderung und muss die große Aufgabe werden.

Es geht aber auch darum – letzter Satz –, bei allen Regelungen darauf zu schauen, dass es für Unternehmen den Anreiz gibt, aufzustocken.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Herr Abgeordneter Kassegger. – Bitte.