Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Der Tourismus hat eine Jahrhundertherausforderung hinter sich, die Herausforderung hört aber nicht auf. Wir konnten durch die Staatshilfen den Großteil der Unternehmen relativ gut durch die Krise bringen, aber es gibt neue Herausforderungen wie die Energiekosten, wobei sich da die Marktpreise wieder einregulieren und die Republik ja auch mit Strompreis­bremsen und so weiter hilft. Damit kann man arbeiten.

Was bleibt und herausfordernd ist, ist der Arbeitsmarkt, in der Dienstleistung insgesamt, insbesondere natürlich im Tourismus. Dieser ist auch von der demografischen Entwicklung besonders betroffen, und am linken Rand tauchen am Horizont Forderungen wie die 32-Stunden-Woche auf, die durchs Land geistern und alle verunsichern.

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„Wie sehen Sie die langfristige Perspektive des österreichischen Tourismus?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Staatssekretärin.

Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft Mag. Susanne Kraus-Winkler: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Vielen Dank für die Frage. Der österreichische Tourismus ist ein wesentlicher Teil der österreichi­schen Wirtschaft, und wir haben derzeit die drei großen Herausforderungen Arbeits­markt, Nachhaltigkeit, Digitalisierung.

Zum Arbeitsmarkt kann ich sagen, dass wir in den letzten zwölf Monaten extrem bemüht sind, mit der Branche strukturell über Lösungen zu diskutieren. Wir haben drei Ebenen, auf denen wir aktiv werden müssen: Das eine ist die Ebene der Ausbildung, das Zweite ist die Ebene Betrieb und das Dritte ist natürlich auch die Ebene Politik.

Wir haben noch immer die Situation, dass wir, obwohl der April jetzt der erste Nebensaisonsmonat nach der Wintersaison ist, jedes Monat mehr Beschäftigte haben, als wir es 2019 hatten, geschuldet der Tatsache, dass Österreich laut Plan T zwei große Herausforderungen oder zwei große Ziele hat: Das eine ist, dass das Wachstum nachhaltig ist, das andere ist, die Qualität des Angebots kontinuierlich zu steigern. Aus beiden heraus entsteht auch ein höherer Bedarf. Das heißt, wir haben mehr Qualität in den Betrieben, wir haben auch mehr qualitätsvolle Drei-, Vier- und Fünfsternebetriebe. Wir werden daher weiter intensiv daran arbeiten, dass wir in all diesen drei Bereichen entsprechende Aktionen setzen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Wir sind am Ende einer tollen Wintersaison. Die Menschen aus den Hauptmärkten Deutschland, Holland und wie sie alle heißen, haben hervorragend in Österreich Urlaub gemacht. Auch der Österreichurlaub im Inland hat sehr zum Erfolg der Wintersaison beigetragen.

Aber welche Maßnahmen – wir stehen vorm Sommer, gerade hier in Wien ist der internationale Markt sehr, sehr wichtig – setzt die Österreich-Werbung auf diesen Märkten, auf neuen Märkten, gerade auch um den Städtetourismus entsprechend zu stärken?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Staatssekretärin.

Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft Mag. Susanne Kraus-Winkler: Danke vielmals auch für diese Frage. Die Österreich-Werbung ist eines der wichtigsten Instrumente, die wir haben, um vor allem im Ausland das Standortmarketing für Österreich zu machen. Und da gibt es zwei große Aufgaben: Die eine Aufgabe ist die Markenpflege, die andere Aufgabe ist, auf den richtigen Herkunftsmärkten mit den richtigen Angeboten präsent zu sein.

Der Sommer steht vor der Türe. Die Sommerpotenzialstudie zeigt uns, dass die Nachfrage nach Urlaub in Österreich im Sommer sehr, sehr gut ist. Wir gehen also daher davon aus, dass es einen guten Sommer gibt.

Die Österreich-Werbung hat da jetzt natürlich die Sommeraktivitäten wie vor allem Radurlaub, aber auch das ganze Naturerlebnis in seiner gesamten Breite sehr, sehr stark auf den Märkten ausgerollt. Wir glauben, dass wir damit zumindest auf unseren Hauptherkunftsmärkten die Nachfrage und auch das Image Österreichs als Urlaubsdestination im Sommer sehr, sehr gut absichern können.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Hauser. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Guten Morgen, Frau Staatssekretärin. Ein anderes Thema: Rahmenbedingungen. Der Trend derzeit ist, dass die Großbetriebe immer größer werden und die Kleinbetriebe vom Markt verschwin­den, hervorgerufen übrigens auch durch die desaströse Lockdownpolitik dieser Bundesregierung.

Franz Hörl, diese Bundesregierung hat die Betriebe fünf Mal mit langen Lock­downs zugesperrt, während in der Schweiz beim selben Virus die Betriebe offen­gehalten wurden. – Nur so viel dazu. (Abg. Schmidhofer: Zur Frage!)

Jetzt hat, Frau Staatssekretärin, der internationale Kapitalmarkt auch den Tourismus erreicht. Ich zitiere aus der „Tiroler Tageszeitung“: Alleine in Tirol sind 20 Investorenhotels geplant, die – Zitat – „nahe an der Illegalität“ sind. – So.

Frage: Ich selber setze mich seit Jahren für die Kleinbetriebe (Rufe bei der ÖVP: Zeit! 2 Minuten!), für die Mittelbetriebe ein und versuche, die organisatorischen Voraussetzungen zu verbessern. Allein für die Privatvermieter gibt es eine Obergrenze von maximal zehn Betten, seit den Fünfzigerjahren (Abg. Pfurtscheller: Das ist keine Vortragsstunde! Eine Fragestunde! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), und da sträubt sich die Politik, diese Bettenanzahl zu erhöhen, und jetzt frage ich Sie - -

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die Zeit ist aus, Sie müssen die Frage stellen.

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (fortsetzend): Werden Sie, Frau Staatssekre­tärin, etwas unternehmen, dass unsere Klein- und Mittelbetriebe nicht weiterhin von den kapitalintensiven und kapitalfinanzierten Investorenmodellen et cetera zu Tode konkurrenziert werden? (Abg. Kucher: Das ist ja fast eine marxistische Rede! – Heiterkeit der Abg. Tomaselli. – Abg. Leichtfried: Das war jetzt fast marxis­tisch, ja! Jetzt sind die Marxisten bei der FPÖ auch schon! Das wird ja immer ärger! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Staatssekretärin.

Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft Mag. Susanne Kraus-Winkler: Danke vielmals für die Frage. Diese Diskussion führen wir ja im Tourismusausschuss sehr intensiv gemeinsam.

Es ist auch bekannt: In Österreich sind 67 Prozent aller Betriebe familienge­führte und in Familienbesitz befindliche Betriebe. Das heißt, wir haben einen extrem hohen Anteil an kleinen, familiengeführten Betrieben, und zusätzlich haben wir auch einen hohen Anteil an nicht gewerblichen Betrieben – das ist alles das, was auch unter das Privatzimmervermietungsgesetz oder Urlaub am Bauernhof fällt.

Die Tourismuspolitik in Österreich und auch der Plan T haben darauf sehr, sehr stark Rücksicht genommen, im Sinne des Ökosystem Tourismus, alle immer zu integrieren und zu schauen, dass die Entwicklung in den Regionen immer in die richtige, nämlich in die nachhaltige Richtung geht und alle berücksichtigt werden. Das ist eine der Hauptaufgaben der österreichischen Tourismuspolitik, und daran arbeiten wir auch gemeinsam.

Zum Thema Betriebsgröße und Investoren aus dem Ausland: Ich kann nicht nachvollziehen, was eine Zeitung geschrieben hat. Wir schauen, dass wir sehr wohl die Kleinstrukturiertheit der Betriebe beibehalten, die für das öster­reichische Angebot auch wichtig ist. Wir haben den Privatzimmervermieter­prozess gestartet und ich hoffe, dass wir da in den Verhandlungen auch weiterkommen und zu Ergebnissen kommen werden.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Neßler stellt die nächste Zusatzfrage. – Bitte.

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Geschätzte Staatssekretärin! Ohne Zweifel steht der Tourismus vor großen Herausforderungen, Kollege Hörl hat es schon angesprochen.

Gerade was den Mitarbeiter:innenmangel betrifft: Das größte Potenzial haben wir bei den Frauen, und da weiß ich, dass Sie eine gute Verbündete sind, wenn es um touristische Kinderbetreuungsplätze geht. Wir haben aber auch ein großes Potenzial bei den Schutzsuchenden, wobei ich sagen muss, es macht aus ökonomischer und menschlicher Perspektive keinen Sinn, wenn wir Menschen, die hier leben und arbeiten wollen, nicht arbeiten lassen.

Wir sind im Tourismus auch im Wettlauf mit der Klimakrise, und ich glaube, es ist wichtig, dass wir da altes Denken ablegen – also nicht: Wir machen weiter wie bisher!, sondern hin zu einer Tourismusvision.

Meine Tourismusvision ist, dass wir Österreich als nachhaltiges Urlaubsland Nummer eins in Europa etablieren, und darum stelle ich jetzt die Frage – im Gegensatz zu meinem Vorredner –: Welche Maßnahmen sind geplant, was die Resilienz und die Nachhaltigkeit im Tourismus anbelangt?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Staatssekretärin.

Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft Mag. Susanne Kraus-Winkler: Vielen Dank auch für diese Frage. Nachhaltigkeit ist wie schon gesagt eine unserer wichtigsten Herausforderungen. Wir haben auf der einen Seite die neue gewerbliche Tourismusförderung, was da gefördert wird, in allen drei Dimensionen ganz diesem Thema Nachhaltigkeit gewidmet, haben noch dazu einen Nachhaltigkeitsbonus integriert, sodass noch zusätzlich die Motiva­tion besteht, da aktiv zu werden.

Es gibt auch alle möglichen anderen Aktivitäten. Wir haben zum Beispiel den ESG Data Hub eingerichtet, der noch ausgebaut werden muss.

Wir arbeiten an der Kennzeichnungsstrategie, sodass noch mehr Betriebe und Destinationen mit Ökolabels versehen werden können. Man weiß, dass es in Europa 600 000 Beherbergungsbetriebe gibt, und davon haben nur 1 Prozent derzeit ein Ökolabel. Der Markt fragt es nach. Wir müssen da schauen, dass wir in Österreich die Nase vorne haben und dass wir das ganz, ganz weit treiben, aber ohne die Betriebe zu überfordern, weil Nachhaltigkeit auch Geld kostet und man sie sich leisten können muss.

Wir arbeiten intensiv an all diesen Themen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Erasim. – Bitte.

Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Fach- und Arbeitskräftemangel gepaart mit Energiekostenexplosion intensivieren das Gastronomiesterben, vor allem im ländlichen Raum.

Wir als Sozialdemokratie haben umfassende Vorschläge vorgelegt und ein­gebracht, um dem entgegenzuwirken. Geschehen ist in dieser Richtung leider noch nichts Konkretes, und schon gar nicht gibt es ein in Gesetz gegossenes Vorhaben.

Niederösterreich hat jetzt im Regierungsprogramm eine Wirtshausprämie, die sogar seitens der Wirtschaftskammer teils scharf kritisiert wurde.

Meine Frage an Sie: Wie sehen Sie diesen Vorschlag aus Niederösterreich bezie­hungsweise was gedenken Sie endlich zu tun, um dem Gastrosterben entgegen­zuwirken? (Abg. Wurm: Aha!)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Staatssekretärin.

Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft Mag. Susanne Kraus-Winkler: Die Wirtshausprämie, die in Niederösterreich angedacht ist, soll, soweit ich informiert bin – ich bin normalerweise auf der Bundesländerebene nur bedingt in diese Details involviert –, vor allem eben diesem Wirtshausster­ben entgegenwirken, indem die Kleinstwirtshäuser, die, auch wenn sie kein weiteres Angebot im Rahmen der Wirtshauskultur zu bieten haben, in den Orten aber erhalten werden müssen, mit Hilfe von Prämien erhalten werden.

So lange ich mich erinnern kann, haben wir im Tourismus über Wirtshaussterben diskutiert. Wirtshaussterben hängt auch sehr, sehr stark davon ab: Was bietet der Wirt an und wie schaut die Struktur im Ort aus?

Das ist ein wichtiges Thema, aber ein Thema, das man in den diversen Regionen immer wieder sehr speziell betrachten und auch entscheiden muss.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Da alle Anfragen zum Aufruf gelangt sind, darf ich die Fragestunde für beendet erklären. Ich bedanke mich bei Herrn Bundesminister Kocher und bei der Frau Staatssekretärin recht herzlich. – Vielen herzlichen Dank.