13.52

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren hier im Plenum, und ein Gruß auch an alle, die von zu Hause zuhören, und auch an alle hier auf der Galerie! Zum Thema Pflege: Die Regierung und die Regierungsparteien im Parlament haben es versprochen, und die Regierungsparteien halten Wort. (Beifall bei der ÖVP.)

Es war eine klare Ansage, als diese Regierung gebildet wurde, dass wir dem Thema Pflege einen großen Schwerpunkt widmen und dass wir eine Pflegereform in Gang setzen. Dieses Versprechen halten wir und an diesem Versprechen arbeiten wir quasi von Sitzung zu Sitzung.

Wir haben genau vor einem Jahr das erste große Reformpaket mit 20 Maß­nahmen und einer Gesamtausgabe von etwas mehr als 1 Milliarde Euro eingebracht. Das war das größte Reformprojekt seit den großen Reformen, die es in den Neunzigerjahren zum Beispiel mit der Einführung des Pflegegeldes gegeben hat. Mit diesem Maßnahmenpaket haben wir drei große Bereiche adressiert: zum einen einmal an alle gerichtet, die in der Pflege arbeiten, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen; zum Zweiten die Rekrutierung von Personal, also die Frage der Verbesserung der Ausbildungsbedingungen; und natürlich zum Dritten auch die Betroffenen und die, die die Betroffenen pflegen, nämlich die pflegenden Angehörigen.

Heute sind wir wieder in einem Bereich, in dem wir die Maßnahmen, die wir vor einem Jahr angekündigt haben, auch in Umsetzung bringen: beim vorigen Tagesordnungspunkt, der Pflegelehre. – Es ist wirklich jammerschade, liebe Kolleginnen und Kollegen der Sozialdemokratie, dass Sie es nicht schaffen, über Ihren Schatten zu springen. Sie haben „sozial“ in Ihrer Parteibezeichnung und schaffen es nicht, wenn sozialpolitisch wichtige Maßnahmen – nämlich gerade im Bereich der Pflege – beschlossen werden, mitzustimmen. Das ist wirklich schade, das tut Ihnen nicht gut, das tut unserem Land nicht gut, denn eines, meine Damen und Herren, sage ich Ihnen: Die Menschen, die zuhören – hier oben und auch vor den Fernsehschirmen –, wollen nicht, dass wir streiten, dass wir dieses Thema so streitbar behandeln, sondern die wollen, dass wir Punkt für Punkt neue Lösungen suchen.

Diese Reformpakete – das erste wie das zweite, das gestern vorgestellt wurde – haben genau das zum Ziel: die Bedingungen für die Pflege, für die, die in der Pflege arbeiten, die von der Pflege betroffen sind, für die pflegenden Angehö­rigen massiv zu verbessern. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Pflegelehre ist ein solcher Punkt, der ganz wichtig ist, um auch diese Frage des Personals anzugehen. Es ist natürlich nur ein Mosaiksteinchen, es ist natürlich nur ein kleiner Beitrag, aber ein Beitrag, der unbedingt notwendig ist.

Ein anderer Bereich ist die Stärkung der Pflege zu Hause – ein ganz wichtiges Anliegen. Wir wissen, dass etwa 80 Prozent von jenen, die Pflegegeld beziehen – von den etwa 470 000 Menschen in Österreich –, den großen Wunsch haben, zu Hause bleiben zu können, in ihren eigenen vier Wänden die Unterstützung zu erfahren, die sie für die Bewältigung des Alltags brauchen. Dafür gibt es natür­lich ein Netzwerk, und dieses Netzwerk müssen wir ausbauen. Zum Beispiel die mobilen Dienste: Auch da haben die Bundesländer – egal ob rote oder schwarze Bundesländer – viel getan. Die Bundesländer haben in diesen Bereichen in den letzten Jahren viel geleistet. Ich denke da an die Steiermark, dort wurden zum Beispiel auch die Tarife gesenkt – dass eben die Inanspruchnahme für den Betroffenen einfach günstig ist: so günstig, dass es keine Frage sein kann, ob man es sich leisten kann oder nicht.

Ein Punkt, den wir unter diesem Tagesordnungspunkt beschließen, ist der Angehörigenbonus. Wir haben ihn prinzipiell ja schon auf den Weg gebracht: nämlich, dass all jene, die Angehörige pflegen, die in Pflegestufe 4 oder höher eingestuft sind, einen jährlichen Dankesbeitrag in der Höhe von 1 500 Euro erhalten. Da war es der große Wunsch, dass es nicht daran gekoppelt sein soll, dass man in einem gemeinsamen Haushalt wohnt. Das haben wir jetzt insofern verbessert und auch den Bezugsraum ausgeweitet, sodass in Summe – Frau Kollegin Ribo hat es schon ausgeführt – etwa 80 000 Menschen in Zukunft auch von diesem Bonus profitieren werden. Das ist ein guter Beitrag – auch für die Stärkung der Pflege zu Hause.

Ein Punkt, auf den ich auch im ländlichen Bereich ganz oft angesprochen werde, ist die Frage der 24-Stunden-Betreuung – auch ein Baustein in der Pflege. Etwa 5 Prozent jener, die Pflegegeld beziehen, nutzen die Betreuung durch 24-Stunden-Kräfte. Dazu gibt es seit 2007 auch einen Beitrag des Bundes. Eine Förderung des Bundes betrug bis vor einem Jahr 550 Euro pro Monat, wenn es eine Selbstständige war, wenn also die Leistung im Bereich der Selbstständigkeit erbracht wurde. Wir haben schon mit Jahresbeginn beschlossen, diesen Betrag auf 640 Euro zu erhöhen, und trotzdem gab es noch oft die Fragen: Warum ist das nicht mehr?, vor allem: Warum valorisieren wir nicht den Betrag von seinerzeit 550 Euro? – Das machen wir jetzt, indem jene, die in der Selbststän­dig­keit die 24-Stunden-Betreuung anbieten, mit 800 Euro Förderung unterstützt werden – eine wichtige Förderung für die Stärkung der Betreuung zu Hause.

Die 24-Stunden-Betreuung ist in diesem neuen Reformpaket, das der Herr Bundesminister gestern gemeinsam mit unserem Klubobmann vorgestellt hat, ein wichtiger Baustein. Es geht auch in diesem Bereich um den Ausbau der Qualitätskontrolle, weil wir auch sehen, dass diese Betreuungskräfte, die aus­schließlich aus dem Ausland kommen, natürlich auch einer gewissen Aufsicht bedürfen. Daher ermöglichen wir in Zukunft auch viermal den Hausbesuch durch diplomiertes Personal, um eben die Qualität abzusichern. Wir wollen in Zukunft auch eine Supervision und ein E-Learning-Programm für diese Kräfte anbieten.

Der zweite Punkt in diesem zweiten Reformpaket, das gestern präsentiert wurde, betrifft wiederum die Gesundheits- und Krankenpflegeberufe – und zwar im Konkreten die Erweiterung der Kompetenzen. Auch etwas, was ganz oft in der Praxis an uns herangetragen wurde: Bitte, geben Sie uns die Chance, mehr Kompetenzen zu haben, damit nicht immer eine Schleife über Ärzte gezogen werden muss! – Auch das gehen wir an und auch das werden wir verbessern.

Auch ein Punkt – um zum Personal zu kommen – ist die Frage der Nostrifi­kationen. Wir wissen, dass viele Trägerorganisationen bereits international nach Personal suchen. Auch das soll erleichtert werden, auch da möchten wir ein paar neue Bestimmungen einbringen.

Ich glaube, ein guter Ansatz ist auch, für die Zivildiener, die sich im Bereich der Pflege engagieren, in Zukunft eine Basisausbildung bereithalten zu wollen – nämlich ganz konkret die Unterstützung in der Basisversorgung von Pflege­be­dürftigen. Auch das soll beitragen, das Personal in der Pflege zu stärken.

Schließlich die Maßnahmen für Angehörige: Die Ausweitung des Angehörigen­bonus habe ich schon erwähnt und besprochen.

Auch wichtig: die schnellere Einstufung beim Pflegegeld. Auch das ist in der Praxis oft ein Problem, dass jemand, der Pflegegeld beantragt, oft monatelang auf die Einstufung warten muss. Das soll vereinfacht werden, indem diplomiertes Personal die Einstufung auch selbst vornehmen darf.

Insgesamt könnte ich also noch viele, viele weitere Punkte aufzählen. Die Bundesregierung hält, was sie versprochen hat: nämlich die Pflege umfassend zu reformieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Ganz wichtig, meine Damen und Herren, ist aber – und das ist mir wirklich ein persönliches Anliegen –: Wir dürfen die Pflege nicht von Grund auf schlecht­reden. So vieles in unserem Land gelingt hervorragend – gerade auch in der Pflege. Es gibt so viele engagierte Menschen in der Pflege. Wenn immer wieder ein Personalnotstand behauptet wird: Ja, die Herausforderung ist groß, in Zukunft genug Personal zu finden.

Ich möchte aber trotzdem die Pflegedienstleistungsstatistik zur Hand nehmen, auch, um vielleicht ein paar Dinge einmal ins richtige Licht zu rücken. Wir hatten in Österreich im Jahr 2016, also vor sieben Jahren, in der Langzeitpflege – das betrifft die stationäre Pflege, die teilstationäre Pflege und die mobilen Dienste – 65 000 Beschäftigte. Glaubt ihr, dass wir im Jahr 2021 mehr oder weniger hatten? – Wir hatten um 4 000 mehr, nämlich 69 000 Beschäftigte.

Jetzt kann der Einwand kommen, na ja, das mag an Köpfen schon stimmen, aber sie arbeiten möglicherweise weniger, möglicherweise arbeiten mehr in Teilzeit. – Das stimmt nur zum Teil. Im Jahr 2016 waren es auf Vollzeitäquivalente umge­rechnet 47 000 Personen und im Jahr 2021, das ist die letzte statistische Aufzeichnung und Auswertung, 50 000 Vollzeitäquivalente. Also das zeigt, dass der Pflegeberuf nach wie vor attraktiv ist, dass es mehr Menschen in der Pflege gibt als je zuvor.

Damit will ich nichts schönreden. Wir haben große Herausforderungen, um die Pflegekräfte der Zukunft zu finden, weil eine große Pensionierungswelle ansteht, weil sich natürlich demografisch vieles verändert, weil der Bedarf an Pflege stark steigen wird, erstens aus der Demografie heraus, aber auch deshalb, weil sich die Familienstrukturen stark verändern. Die Erwerbsbeteili­gung im höheren Alter wird größer werden, sodass weniger Angehörige zu Hause pflegen können und dergleichen.

Also die Herausforderungen sind groß, keine Frage, aber man sieht an der Statistik, dass der Pflegeberuf ein Beruf ist, der durchaus geschätzt wird und der durchaus nachgefragt wird. Und da wäre es gut, wenn wir bereit wären, das auch anzuerkennen, und nicht immer nur von einem ganz großen Notstand und von einer Katastrophe, die bevorsteht, sprechen würden. Auch das sind wir, glaube ich, der Pflege insgesamt schuldig.

In diesem Sinne, meine Damen und Herren: Die Herausforderungen sind groß. Die Bundesregierung und das Parlament haben es versprochen und Wort gehalten: Wir setzen die Reformmaßnahmen im Bereich der Pflege um. Konse­quent, Sitzung für Sitzung werden wir weitere Schritte bringen, denn es ist unser Auftrag, uns für die Zukunft zu rüsten, um die Pflegereform wirklich umzusetzen. – Danke schön. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

14.02

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Fiona Fiedler. – Bitte, Frau Abgeordnete.