17.22

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und Zuseher hier im Saal, aber auch zu Hause vor den Bildschirmen! Heute ist ein bedeutender Tag für die Verkehrssicherheit. Wir haben nach intensiven Arbeiten im Ministerium, nach einem Begutachtungs­pro­zess in meinem Ministerium jetzt auch den dritten und letzten Teil des Maß­nahmenpakets gegen extreme Raserei zur Beschlussfassung hier im Parlament. Mit Umsetzung dieses letzten Teils setzen wir nun eben auf allen Ebenen umfassende Schritte gegen unbelehrbare Wiederholungstäter und rücksichts­loses Verhalten auf unseren Straßen – Sie erinnern sich: Ich habe dieses Paket vor zwei Jahren angekündigt. Es ist gut durchdacht, es wurde lange bearbeitet, es ist abgewogen und liegt jetzt als dritter Schritt vor.

Schärfere Strafen sind bereits in Kraft – Abgeordneter Margreiter hat darauf hingewiesen –, wir haben eine konsequente Politik bei der Führerschein­abnahme umgesetzt, aber jetzt folgt bei besonders schweren Fällen mit der Beschlag­nahmung des Fahrzeugs der dritte und letzte Punkt aus diesem Paket. Ich gehe dann noch auf die Details ein, möchte aber auch hier noch einmal vor Augen führen, worum es in dem Paket eigentlich geht.

Es gibt dieses Jahr – ich nehme die Zahl für 2023 – bereits 182 Menschen, die auf unseren Straßen gestorben sind. Wir sagen die Zahl so leicht dahin als Zahl in einer Statistik, aber ich glaube, damit vergessen wir etwas ganz Wesent­liches: Die 182 Menschen, von denen bei vielen überhöhte Geschwindig­keit die Todesursache war, sind 182 Mal eine Freundin, ein Familienmitglied, ein Arbeitskollege, ein Kind, das auf unseren Straßen zu Tode kommt. Jeder einzelne Fall ist schrecklich und jeder einzelne Fall ist unerträglich, und ich kann mir das selbst nicht vorstellen – ich kann mir nur vorstellen, wie Herr Keck das jetzt auch beschrieben hat, wie es sein muss, einfach auch nur die Nachricht zu überbringen, aber ich habe mit Menschen gesprochen, die das betroffen hat.

Sabine Koch-Peterbauer aus Salzburg ist eine von diesen Personen. Wenn ich ihr zuhöre, dann weiß ich mit Sicherheit: Jeder und jede Tote auf unseren Straßen ist eine beziehungsweise einer zu viel. Ich möchte wirklich auch an dieser Stelle ein ganz großes Danke sagen, ganz speziell für ihr Engagement, wie für das Engagement vieler Menschen, die sich für strengere Regeln einsetzen, denn niemand sonst soll das durchmachen, was sie ertragen musste. Dieses Engage­ment ringt mir wirklich großen Respekt ab, und da sage ich wirklich herzlichen Dank dafür. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Ich hoffe, dass der heutige Beschluss, den Sie – ich darf Sie schon an dieser Stelle darum ersuchen – hoffentlich mit breiter Mehrheit fassen, dazu beiträgt, dass wir dieses Ziel erreichen, denn jeder einzelne Tote ist einer zu viel.

Da müssen wir eben auch deutlich sein – und es ist jetzt wiederholt gefallen: Mit 130 km/h durchs Ortsgebiet ist kein Kavaliersdelikt. Wer mit dieser Geschwin­digkeit durch einen Ort unterwegs ist, hat das Fahrzeug nicht mehr unter Kontrolle. Das ist lebensgefährlich, oft für den Lenker selbst, aber es ist lebens­gefährlich für unbeteiligte Menschen, die auf der Straße unterwegs sind, für alle anderen.

Es gibt eben ein paar wenige Unbelehrbare, ein paar rücksichtslose Wieder­ho­lungstäter, die sich von den Strafen nicht abschrecken lassen, und da ist in Zukunft die einzige wirksame Konsequenz: Wer das Auto in diesem Sinn als Waffe verwendet, dem kann man das in letzter Konsequenz auch als Waffe aus der Hand nehmen. Das Fahrzeug wird in Zukunft an Ort und Stelle beschlag­nahmt und in letzter Konsequenz auch versteigert.

Das ist rechtlich eine komplexe Materie, Herr Deimek, da gebe ich Ihnen recht, klar. (Abg. Deimek: Und warum prüft ihr es nicht?) Genau aus diesem Grund haben wir die Stellungnahmen aus der Begutachtung auch genau geprüft (Abg. Deimek: Das ist doch nicht wahr! Das ist ja nicht wahr!), auch die Expertise des Verfas­sungsdienstes dauerhaft eingeholt und eingebunden (Abg. Deimek: Geh!), und der Verfassungsdienst hat keine Einwände gegen diesen Gesetzentwurf. (Abg. Deimek: Der Verfassungsdienst ist ... kein Verfassungsgerichtshof!) Selbstver­ständ­lich ist der Verfassungsdienst kein Verfassungsgerichtshof, das sind die Grundlagen der Gewaltentrennung in unserer Republik (Abg. Deimek: Das sind ...juristen im besten Fall!), aber der Verfassungsdienst berät uns bei der Gesetzwerdung und hatte gegen diesen Gesetzentwurf keinen Einwand. (Abg. Deimek: Und das Justizministerium?)

Es zeigt sich: Der vorliegende Entwurf aus der Begutachtung ist gut. Wir haben an einigen Stellen noch Verbesserungen vorgenommen, zum Beispiel beim Lenkverbot, das heute schon angesprochen wurde. Ich darf kurz erläutern, wie das in Zukunft umgesetzt wird.

Wir haben ein dreistufiges Verfahren vorgesehen, an dessen Ende der ersatzlose Verfall stehen kann – es ist natürlich ein Verfahren, eine Einzelfallprüfung. Bei Geschwindigkeitsübertretungen von mindestens 60 km/h im Ortsgebiet oder 70 km/h außerhalb des Ortsgebiets wird von der Polizei künftig an Ort und Stelle das Auto vorläufig beschlagnahmt. (Abg. Deimek: Da kann die Rechtsan­waltskammer ...!) Das ist eine Situation, in der sowieso einmal der Führerschein weg ist (Abg. Deimek: Sie sind besser als die Rechtsanwaltskammer!) und künftig auch das Auto für bis zu zwei Wochen beschlagnahmt werden kann. In dieser Zeit hat die Behörde die Zeit, zu prüfen, ob sie überhaupt ein Verfallsverfahren einleitet. Da geht es dann zum Beispiel um die Prüfung, ob es sich um einen Wiederholungstäter handelt, also ob die Person in der Vergan­genheit bereits durch ein ähnliches Vergehen aufgefallen ist.

Wenn das bejaht wird, dann kann am Ende eines Verfahrens das Fahrzeug für verfallen erklärt werden. In besonders schweren Fällen – da reden wir von 80 km/h im Ortsgebiet oder 90 km/h außerhalb des Ortsgebiets – kann die Behörde den Verfall auch beim Ersttäter verfügen.

In weiterer Folge wird das Fahrzeug dann verwertet, sprich im Normalfall versteigert, und die Erlöse dieser Versteigerung gehen zu 70 Prozent an den Österreichischen Verkehrssicherheitsfonds, zu 30 Prozent an die jeweilige Gebietskörperschaft. Auch das halte ich für ein wichtiges Zeichen, denn es zeigt: Diese Maßnahme dient einer höheren Verkehrssicherheit. (Abg. Deimek: Sie können hoffen, dass die BH ...!)

Wir haben auch die Regelung bei Autos, die nicht dem Fahrer gehören, beibehalten – ich habe es vorhin schon erwähnt. In diesem Fall kann dann für die entsprechende Person ein dauerhaftes Fahrverbot für das Auto verhängt werden, über das natürlich auch der Zulassungsbesitzer, die Zulassungsbesitzerin oder zum Beispiel Leasingunternehmen informiert werden.

Ich möchte auch das unterstreichen, was Abgeordneter Ottenschläger schon ausgeführt hat. Selbstverständlich kann auch im Straßenverkehr jeder einmal einen Fehler machen. Menschen können Fehler machen, ja, viele von uns auch hier im Raum sind wahrscheinlich schon einmal zu schnell gefahren, aber darum geht es bei dieser Regel nicht. Da geht es wirklich um Wiederho­lungs­täter, um Rücksichtslosigkeit, um Risiko und um das Leben von völlig Unbeteiligten. Wer mit 230 km/h über die Autobahn jagt, gefährdet Leben, wer mit 130 km/h durchs Ortsgebiet fährt, detto. Das ist eine Geschwindigkeit, die einem nicht einfach so passiert, das ist eine bewusste Entscheidung, und für die gibt es in Zukunft auch eine klare Konsequenz, wenn Sie diesem Gesetzentwurf heute zustimmen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Deimek: Die Rechtsanwaltskammer ...!)

Ich bin sehr froh, dass wir damit heute den letzten Teil dieses Maßnahmen­pakets auf den Weg bringen. Ich möchte mich auch wirklich bei allen bedanken, die an diesem Paket mitgearbeitet haben – von den Beamtinnen und Beamten in meinem Haus bis zu den Landesverkehrsreferenten und -referentinnen der unterschiedlichsten politischen Parteien. Ein ganz besonderer Dank an dieser Stelle auch nach Salzburg: Landesrat Schnöll hat sich auch besonders um dieses Gesetz bemüht.

Wir beschließen das heute in diesem Haus und setzen damit hoffentlich einen wichtigen Schritt für die Verkehrssicherheit. Ich hoffe, wir beschließen das mit breiter Mehrheit. Das Ziel heißt: Niemand soll auf unseren Straßen ums Leben kommen. Jeder Toter, jede Tote ist einer, eine zu viel. – Deswegen herzlichen Dank für Ihre Unterstützung. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Deimek: Werden Sie beim ersten verlorenen Gerichtsprozess zurücktreten?)

17.30

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lukas Hammer. – Bitte.