15.50

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Bundesminister, Sie haben in Ihrer Rede der Opposition unterstellt, die Kritik richte sich gegen die Lehrer und auch gegen die Schulen. Das weise ich ganz entschieden zurück, denn die Kritik geht hier ganz eindeutig gegen Sie. (Abg. Matznetter: Der Fisch stinkt vom Kopfe her, sagt ...!)

Es ist auch eine ganz schlechte Strategie, eine ganz, ganz schlechte Strategie der ÖVP, wenn sie sich hier auf die Verantwortlichkeit beruft. (Abg. Salzmann: Das sind rechtliche Tatsachen, und das war’s!) Herr Bundesminister, die zentrale Frage in unserem Bildungssystem lautet – und die hätten Sie sich bei Ihrem Amtsantritt vor eineinhalb Jahren ja stellen müssen –: Was muss Schule leisten? Was muss Schule leisten und wie kann man das, was man da erwartet, umsetzen? Wie kann man die Ziele, die man sich setzt, erreichen, und wie kann man das auch messbar machen? Wie kann man das beurteilbar machen? Das sind die zentralen Punkte im Bildungssystem.

Was muss eine Schule leisten, Herr Bundesminister? – Schule muss Bildung vermitteln, Schule muss Allgemeinwissen vermitteln, Schule muss selbst­ständiges Denken und kritisches Hinterfragen vermitteln, Schule muss Freude, Hoffnung und Begeisterung bei unseren Kindern wecken und Schule muss unseren Kindern auch ein Lachen ins Gesicht zaubern, damit sie gerne in die Schule gehen. Das setzt aber natürlich auch voraus, dass Schülerinnen und Schüler die Grundlagen unserer Sprache beherrschen und dass sie Lesen, Rechnen und Schreiben können. Das sind die Grundlagen, die wir unseren Kindern auch vermitteln müssen und denen wir verpflichtet sind.

Ich darf in Erinnerung rufen: Die Pädagogische Hochschule Salzburg hat vor einigen Jahren bekannt gegeben, dass etwa 30 Prozent ihrer Anwärter, ihrer Bewerber – Maturanten wohlgemerkt – Probleme mit genau diesen Grundlagen haben, dass sich 30 Prozent ihrer Bewerber im Rechnen, im Schreiben und im Lesen schwertun. Ich sage Ihnen betreffend dieses Bildungssystems: Das kann doch nicht sein, dass sich heute Maturanten – also nach abgeschlossener Matura – an einer pädagogischen Hochschule bewerben und Probleme mit dem Lesen, Rechnen und Schreiben haben!

Da gibt es ganz, ganz viel, was schiefläuft. Sie gehen als jener Bundesminister in die Geschichte ein, der es zulässt, dass unsere Kinder mit woker Gesellschafts­politik indoktriniert werden. Heute sind wir in der Situation, Herr Bundes­minister, dass Sie es zulassen, dass unsere Lehrer mit Bürokratie zugeschüttet werden, dass die Schulen unter Aktenbergen und in Administration versinken. Mittlerweile droht Ihnen ja auch die Lehrergewerkschaft schon ganz offen – das muss man ja auch dazusagen – mit Streik. Die ÖVP-geführte und ÖVP-domi­nierte Gewerkschaft nämlich droht dem Herrn ÖVP-Bildungsminister mit Streik. Das kommt auch nicht alle Tage vor.

Herr Bundesminister, Sie haben in Ihrem Bereich unzählige Baustellen. Wie schreibt die Lehrergewerkschaft? – Die „Flut an praxisuntauglichen Reformen und nicht evaluierten pädagogischen Innovationen“ muss gestoppt werden.

Herr Bundesminister, es braucht eine Reform im Lehrerdienstrecht, die ist längst überfällig. Es braucht eine Reform im Besoldungswesen und im Besoldungs­system der Lehrer, das ist längst überfällig. Es braucht eine Ausbildungsreform, Herr Bundesminister, die Sie zwar ankündigen, aber wenn man Ihnen zuhört, dann scheint das alles andere als eine Reform zu sein.

Sie sprechen von einer Verkürzung der Ausbildung. (Abg. Salzmann: Na, die kommt ja erst!) Bisher war es so: vier Jahre Bachelorstudium plus ein Jahr Master­studium, ist gleich fünf Jahre. Jetzt wird verkürzt auf drei Jahre Bachelor­studium plus zwei Jahre Masterstudium. (Abg. Salzmann: Du redest nur von der Primarstufe! Du musst die Sekundarstufe ja auch sehen!) Um es vielleicht noch einmal in Erinnerung zu rufen: vier plus eins vorher, jetzt – verkürzt – drei plus zwei. (Abg. Salzmann: Vier plus zwei und drei plus zwei, Hermann!) Das ist nicht Kabarett, sondern, ich weiß nicht, da fühle ich mich ein bissl an den SPÖ-Partei­tag erinnert, wenn es da ums Rechnen geht, das darf ich auch sagen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Salzmann: Vier plus zwei ... drei plus zwei! Das sind halbe Wahr­heiten!)

Aber zurück zu den Baustellen, Herr Bundesminister: Was ist mit den Freizeit­pädagogen? – Riesige Baustelle. Was ist mit den Sprachproblemen an den Schulen, insbesondere im städtischen und im Wiener Bereich? Was ist mit der Aufarbeitung der Bildungsrückstände und der Bildungsverluste, die während Ihrer Coronamaßnahmen, die Sie in der Coronazeit gesetzt haben, entstanden sind? – Herr Bundesminister, da müssen Sie endlich liefern!

Aber ich weiß schon, Sie haben viel zu tun, und Sie sagen es ja auch immer wieder. Sie haben vergangene Woche in einem Interview erwähnt, dass Sie neben der Coronapandemie und dem Ukrainekrieg jetzt auch noch die enorme Inflation zu managen haben. – Respekt, kann ich da nur sagen, wirklich Respekt!

Der „Standard“ schreibt dazu – und das möchte ich Ihnen nicht vorenthalten –: „Um die Hilfslosigkeit zu verbergen, zu welcher sich Politiker durch die Ungunst der Umstände öfters verurteilt sehen, weichen sie gerne in die Hybris aus. Ein schönes Beispiel: Bildungsminister Polaschek präsentierte sich als Born der Verantwortung und der Tatkraft, indem er darauf hinwies, er sei der erste Bil­dungsminister, der eine Pandemie, einen Krieg in Europa und eine enorme Inflation ‚managen‘ musste.“ (Heiterkeit der Abg. Meinl-Reisinger.) – Den Rest des Artikels erspare ich Ihnen jetzt, denn damit ist ja im Grunde alles gesagt. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundesminister, Sie haben auch vergangene Woche in einem Interview gemeint: Derzeit sind Lehrer wohl Mangelware, trotzdem sollte es sich im Herbst ausgehen. – Zitatende.

Herr Bundesminister, seien Sie mir nicht böse, aber Bildungsminister zu sein ist kein Lotteriespiel! Darauf läuft es aber hinaus, wenn Sie nicht einmal einen reibungslosen Schulstart im Herbst, wenn Sie nicht einen reibungslosen Unter­richt im Herbst garantieren können. Das ist Ihre Verantwortung, Herr Bun­desminister, Sie müssen da ganz einfach endlich liefern! Sie müssen dafür sorgen, dass diese Garantien da sind. Das ist Ihre Verantwortung. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Es kann nicht sein, dass Sie hier antworten: Das wird schon werden, das werden wir schon sehen, das wird sich alles ausgehen!

Herr Bundesminister, der Lehrermangel ist kein schwarzer Schwan, der heute plötzlich erschienen ist, denn der ist nicht überraschend gekommen. Als vor mehr als zehn Jahren das System der Ausbildung umgestellt wurde – wie ich bereits gesagt habe: auf vier Jahre Bachelorstudium plus ein Jahr Masterstudium (Abg. Salzmann: Das ist die halbe Wahrheit! Das ist nur Primarstufe, Hermann!), Stichwort Bolognaprozess –, gleichzeitig aber auch der Verwaltungsaufwand im Bereich der Lehrer und der Schulverwaltung immer größer geworden ist (Abg. Salzmann: Sekundarstufe musst du auch dazusagen! Halbe Wahrheit!), hat sich vor vielen, vielen Jahren abgezeichnet, dass dieser Lehrermangel eintreten wird. Wir haben das vor vielen Jahren auch schon immer wieder gesagt. (Abg. Salzmann: Ihr habts aber auch schon viel gesagt! Ich sage nur: Corona!) Da war, glaube ich, Ihr Vorgänger noch nicht einmal im Amt, als wir das schon hervorgehoben und gesagt haben.

Herr Bundesminister, Sie müssen hier etwas tun, Sie müssen einfach liefern, Sie müssen handeln! Dass Sie diesen Lehrermangel und diese Lücken jetzt – und mittlerweile schon seit zwei, drei Jahren – mit Lehramtsstudenten und mit pensionierten Pädagogen zu schließen versuchen, das ist doch keine Lösung, das kann doch keine Dauerlösung sein. Dass Sie jetzt auch noch die Freizeitpäda­gogen als billige Aushilfslehrer in die Klassenzimmer holen wollen, das setzt dem Ganzen die Krone auf: schlechter, viel schlechter ausgebildet, dann auch noch schlechter bezahlt als vorher. Herr Bundesminister, Sie müssen handeln, Sie müssen ins Tun kommen! (Beifall bei FPÖ und NEOS.)

Herr Bundesminister, es gibt viele Schrauben, an denen Sie drehen können. Die erste Schraube ist die Ausbildungsschraube, darüber habe ich schon kurz gesprochen. Es ist ganz klar, Sie müssen die Ausbildung bei den Lehrern zumin­dest im Primarbereich auf drei Jahre verkürzen. Das muss reichen. Das war früher so und das sollte auch heute ausreichend sein. Man kann gerne den freiwilligen Master draufsetzen, da können Sie dann auch Anreize schaffen, vielleicht als Voraussetzung für einen Direktorposten oder bessere Bezahlung, mag alles sein.

Sie müssen an der Dienstrechtsschraube drehen, an der Besoldungsschraube drehen. Nur dann, wenn Sie die Lehrer entsprechend bezahlen, attraktivieren Sie damit auch dieses Berufsfeld. Auch das gehört dazu, und eine Werbekampagne wird dieses Problem ganz, ganz bestimmt nicht lösen.

Die dritte Schraube, Herr Bundesminister – und das wurde ja heute auch schon erwähnt –: Reißen Sie endlich diese riesigen Bürokratiehürden für die Lehrer, für die Direktoren, aber auch für die Eltern und Schüler nieder! Und da fangen Sie am besten bei den Bildungsdirektionen an: Machen Sie Servicestellen daraus! Stellen Sie da, auch was die Verwaltung betrifft, die Kinder in den Mittelpunkt, aber machen Sie Servicestellen daraus und reformieren Sie das System dieser sogenannten Qualitätsmanager! Es kann nicht sein, Herr Bundesminister, dass ausgebildete Sonderpädagogen als Qualitätsmanager eingesetzt werden und dann für höhere technische Lehranstalten zuständig sind. Es kann nicht sein, dass die ausgebildete Volksschullehrerin dann plötzlich als Qualitätsmanagerin für Handelsakademien, für Handelsschulen und so weiter zuständig ist. Das ist aber die Realität.

Das ist die Realität, und das liegt daran – und da bin ich schon bei den NEOS –, dass Sie diese Bildungsdirektionen verpolitisiert haben. Wer heute in einer Bildungsdirektion arbeiten will, der muss ganz einfach bei der Fraktion Christ­licher Gewerkschafter sein; sonst kommt man dort nicht hin und sonst wird man dort auch kein Qualitätsmanager werden und sein. (Abg. Salzmann: Das ist ein Blödsinn, das stimmt ja gar nicht! Hermann, du weißt, dass das nicht stimmt! Das ist die Unwahrheit!) Genau so sieht die Realität aus. Sie haben dieses System völlig verpolitisiert.

Herr Bundesminister, kommen Sie ins Tun, kommen Sie in die Umsetzung! Ihre Performance als Minister ist eine denkbar schlechte, sie wird nur noch von der Performance dieser Bundesregierung übertroffen. Herr Bundesminister, liefern Sie, handeln Sie, tun Sie! (Beifall bei der FPÖ.)

16.00

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hamann. – Bitte sehr.