17.18

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! In jeder Klasse, liebe Kollegen und Kolleginnen, sitzt durch­schnittlich ein Kind, das von Kindesmissbrauch betroffen ist. In jeder Klasse ein Kind – das ist erschreckend! Es ist auch erschreckend, dass sich Kinder durchschnittlich an bis zu acht Erwachsene wenden müssen, bis ihnen geglaubt wird. Sie müssen ihre brutale Geschichte acht Mal erzählen, bis ihnen geglaubt wird.

Und ja, es ist erschreckend, dass wir Warnsignale in unserer Gesellschaft immer wieder ignorieren und dass wir oft blinden Täterschutz betreiben. Oft wird den Opfern nicht geglaubt. Wir müssen anfangen, Frauen zu glauben, wir müssen anfangen, Kindern zu glauben, und mit diesem blinden Täterschutz aufhören.

Ich habe, wie wahrscheinlich viele von uns hier herinnen, in meinem Umfeld Betroffene von Kindesmissbrauch.

Ich weiß, dass Missbrauch verschiedenste Folgen mit sich bringen kann: Depressionen, Essstörungen, Panikattacken, Ängste. Er kann viele Folgen haben, und klar ist, dass er immer ein Leben lang Narben hinterlassen wird.

Genau darum waren uns diese Verhandlungen so extrem wichtig! Nein, liebe Kollegen und Kolleginnen von SPÖ, NEOS und FPÖ, das ist keine Anlass­gesetzgebung. Das Kinderschutzpaket ist kein wegen des Teichtmeister-Falls schnell zusammengeschustertes Maßnahmenpaket, sondern wir haben Monate davor schon diese Verhandlungen geführt, weil der Teichtmeister-Fall kein Einzelfall ist, sondern weil Kindesmissbrauch leider – und das ist traurige Realität – jeden Tag vorkommt. Genau darum haben wir diese Verhandlungen geführt.

Für mich war es besonders wichtig, dass wir genau dort ansetzen, bevor über­haupt etwas passiert. Wir müssen das Übel an der Wurzel packen, und darum haben wir nicht nur die Strafen erhöht, weil wir wissen, die Justiz kommt erst dann zum Zug, wenn schon etwas passiert ist. Wir haben also an dem Punkt angesetzt, bevor Kinder überhaupt Opfer werden, und so haben wir das große, umfassende Kinderschutzpaket auf die Beine gestellt.

Missbrauch kann Menschen zerstören. Darum ist es, glaube ich, auch unsere Verantwortung, von allen hier herinnen, dass wir unsere Kinder so gut wie möglich schützen. Es gibt deshalb verpflichtende Kinderschutzkonzepte in allen Schulen. Es wird auch eine bundesweit einheitliche Kinderrechtskampagne geben, um Kindern zu erklären: Was ist ein Übergriff? Wie können sie sich Hilfe holen? Auch Qualitätssicherungsstellen für Vereine werden eingerichtet, und genauso wird – die Ministerin hat es schon ausgeführt – die Ermittlungsarbeit, etwa im Cyberschutzbereich, ausgebaut. Genauso wird die Zahl von Betreuungs- und Therapieplätzen ausgeweitet. – Alles das, Herr Kollege Shetty, was Sie fordern, ist also schon im Paket enthalten, weil jedes Kind das Recht auf ein gewaltfreies Leben hat! Die Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Kinder in Freizeiteinrichtungen, in der Schule oder beim Sport in Sicherheit sein können.

Noch ganz kurz zur FPÖ, die jetzt anscheinend das Kinderschutzthema entdeckt hat (Rufe bei der FPÖ: Hallo! Entdeckt?!): Ich frage mich schon: Wo war Ihr Einsatz, als Sie in Verantwortung waren? (Abg. Stefan: Wie lange sind Sie schon hier?) Sie wissen auch ganz genau, dass diese Gesetzesänderung beim Teichtmeister-Fall nicht gegriffen hätte. Wie sie sehr wohl hätte greifen können: wenn das Ganze 2019 reformiert worden wäre, denn 2019 wurde unter Türkis-Blau ein Gewaltschutzpaket verabschiedet. Wo war der Kinderschutz in Ihrem Gewaltschutzpaket? – Es gab ihn nicht! (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Es gab danach nach wie vor die große gefährliche Lücke. Es gab keine Strafver­schärfungen, es gab kein Tätigkeitsverbot und es gab keine Präventionsmaß­nahmen. Ich frage mich schon: Wer hat in Regierungsverantwortung im Gewalt­schutzbereich massiv gekürzt? (Abg. Belakowitsch: Das war das Justizminis­terium!) Wer hat in Regierungsverantwortung Frauenhäuser finanziell aushungern lassen?

Kollege Ragger, Sie haben von der Jugendhilfe gesprochen, davon, dass doch alle nett an einem Tisch sitzen sollen. Wer hat 2019 die Kinder- und Jugendhilfe verländert, obwohl Expertinnen und Experten massiv davor gewarnt haben, dass es zur Verschlechterung für Kinder kommen wird? (Zwischenruf des Abg. Ragger.)

Wir sind jetzt dabei, dass wir den Scherbenhaufen aufräumen. Justizministerin Zadić ist es, die die Strafverschärfung und das Tätigkeitsverbot umgesetzt hat. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wir sind es, die jetzt endlich stark in Richtung Prävention gehen, damit wirklich kein Kind mehr Opfer werden muss! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)

17.24

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung ist Abgeordneter Shetty zu Wort gemeldet. – Bitte.