19.50

Abgeordneter Christian Oxonitsch (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ja, dieses Gesetz ist ein Schritt zu mehr Kinderschutz, keine Frage – ob es ein großer Schritt ist, wage ich ein bisschen zu bezweifeln.

Heute in der Früh hat der Herr Finanzminister mit Millionen und Milliarden herumjongliert und hat davon gesprochen, dass der Bildung 500 Millionen Euro mehr zur Verfügung stünden. – Jeder, der sich einfach die Mühe macht, einmal im Budget nachzuschauen, wird sehen: Die 500 Millionen Euro sind natürlich schon einmal allein durch die Personalkosten, die in diesem Ressort entstehen, weg – das sind ziemlich genau diese 500 Millionen Euro –: durch die Landeslehrer, durch die Bundeslehrer und natürlich auch die gesamte Verwaltung. Also man kann da schon lesen: Mehr Geld steht da nicht zur Verfügung.

Man merkt es an diesem Gesetz natürlich ganz besonders: Wenn man Kinderschutz tatsächlich ernst nimmt, dann heißt das natürlich auch, Ressourcen und natürlich auch finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Was macht dieses Gesetz? – Es sagt: Liebe Schulen, schafft Kinderschutzkonzepte, bildet Kinderschutzteams, bildet alle fort, aber Geld gibt es dafür keines, Ressourcen gibt es dafür keine, Unterstützung gibt es dafür keine! – Ich glaube, das zeigt einfach, dass es zwar ein Schritt ist, es zu implementieren – dass man Kinderschutzkonzepte machen soll, ist eine Maßnahme, die es in Wien, in den Wiener Kindergärten ja bereits seit über einem Jahr gibt –, aber man ist auf halber Strecke stehen geblieben. Es braucht mehr Geld für den Kinderschutz, wenn man ihn wirklich ernst nimmt, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Dabei wissen wir, dass wir da ja nicht von riesigen Summen sprechen, aber natürlich muss einem bewusst sein, dass das Auslagern dieses Problems an die einzelnen Schulstandorte in einer Situation einerseits der Überlastung vieler Lehrerinnen und vieler Lehrer und andererseits der Unterausstattung mit Lehrerinnen und Lehrern, die wir auch kennen und die wir hier in diesem Kreis sehr oft diskutieren, tatsächlich nur ein halber Schritt ist.

Ich frage mich ehrlich gesagt auch, wofür wir eigentlich eine Begutachtung bei einem Gesetz haben. Wenn man sich die Stellungnahmen zu diesem Gesetz von SOS-Kinderdorf, den Kinderfreunden, Unicef, den Kinderschutzzentren et cetera ansieht, dann sieht man: Es gäbe viele Maßnahmen – und das sind nicht immer Maßnahmen, bei denen es um mehr Geld geht –, hinsichtlich derer man wirklich sagt: Berücksichtigen Sie das doch in diesem Gesetz!

Kollege Marchetti hat darauf hingewiesen: Ja, man macht das am Schul­standort unter Schülereinbindung, unter Elterneinbindung. – Warum steht das nicht im Gesetz drinnen? Man hat sich schon etwas überlegt! Man lagert es einfach aus, sagt: Schulen, erhängt euch damit! Macht, was ihr wollt! – Ich glaube, es wäre wichtig gewesen – gerade da –, Schulpartnerschaft ernst zu nehmen.

Damit wir das noch einmal untermauern und Ihnen auch die Möglichkeit geben, letztendlich dafür zu sorgen, dass es auch tatsächlich die notwendigen Ressourcen und finanziellen Mittel gibt, bringe ich dazu einen Antrag ein, der folgendermaßen lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Tanzler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kinderschutz braucht ausreichend Zeit und Ressourcen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie der Bundesminister für Finanzen, werden aufgefordert im Bundesfinanzgesetz sowie im Bundesfinanzrahmengesetz in der UG30 entsprechende zusätzliche budgetäre Mittel für die Umsetzung der verpflichtenden Kinderschutzkonzepte an Schulen bereit zu stellen. Der Bundes­minister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird außerdem auf­gefordert die Verordnung gemäß §44 Abs. 1 SchUG bis spätestens von dem der Kundmachung der Gesetzesnovelle folgenden Tag zu erlassen“

*****

Ich bitte: Stimmen Sie dem zu! Nehmen Sie den Kinderschutz ernst und geben Sie den Schulen die Ressourcen, die sie brauchen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.54

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Tanzler, Christian Oxonitsch

Genossinnen und Genossen

betreffend Kinderschutz braucht ausreichend Zeit und Ressourcen

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 26 Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (2200/2212 d.B.)

Es ist gut und wichtig, dass es endlich verpflichtende Kinderschutzkonzepte an Schulen geben soll. Allerdings ist für jene Maßnahmen, mit denen an den Schulen der Schutz der Schülerinnen und Schüler vor physischer, psychischer und sexualisierter Gewalt verbessert werden soll, weiterhin kein zusätzliches Geld vorgesehen. Beim Erkennen und Vorbeugen von Kindeswohlgefährdung spielen Lehrer:innen allerdings eine besondere Rolle, da sie viel Zeit mit Kindern und Jugendlichen verbringen und oftmals zu ihren Vertrauenspersonen werden. Ihnen kommt damit eine Schlüsselrolle zu, um den Schutz der Schülerinnen und Schüler vor physischer, psychischer und sexualisierter Gewalt zu verbessern. Die Schulen dürfen allerdings mit dem wichtigen Thema des Kinderschutzes nicht allein gelassen werden. An den Schulen fehlt derzeit aber oft das spezifische Know-how und auch durch den Personalmangel sind die nötigen Personalressourcen für gute Kinderschutzkonzepte nicht gegeben.

Dabei hatten in den Stellungnahmen zahlreiche NGOs - von der Kinder- und Jugendanwaltschaft, über das Rote Kreuz bis zu den Kinderfreund:innen - davor gewarnt, dass die geplanten Maßnahmen ohne entsprechendes Budget nicht ausreichend wirken können. "Unter den gegebenen Umständen können wir uns also nicht darauf verlassen, dass, das ohnehin überlastete System Schule, dem Thema Kinderschutz flächendeckend und verbindlich die nötige Aufmerksamkeit geben wird (oder kann)", hieß es dazu etwa von SOS-Kinderdorf-Geschäftsführer Christian Moser.1 Denn für zusätzliche Schulungen, verpflichtende Workshops zur Sensibilisie­rung von Schulpersonal, Schüler:innen und Eltern, wofür teilweise auch externe Unterstützung notwendig sein wird, braucht es selbstverständlich zusätzliches Per­sonal. Die Verweise in der Wirkungsorientierten Folgenabschätzung, dass Zusatzkosten bei der Lehrerfort- und Weiterbildung an den PHs durch Umschich­tungen bewerkstelligt werden bzw. ansonsten keine finanziellen Auswirkungen zu erwarten sind, sind schlicht realitätsfremd. Nur mit bedarfsgerechten Ressourcen in den Schulen und in der Berufsausbildung ist eine Chancengerechtigkeit im Bildungssystem möglich.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie der Bundesminister für Finanzen, werden aufgefordert im Bundesfinanzgesetz sowie im Bundesfinanzrahmengesetz in der UG30 entsprechende zusätzliche budgetäre Mittel für die Umsetzung der verpflichtenden Kinderschutz­konzepte an Schulen bereit zu stellen. Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird außerdem aufgefordert die Verordnung gemäß §44 Abs. 1 SchUG bis spätestens von dem der Kundmachung der Gesetzesnovelle folgenden Tag zu erlassen“

1 https://www.sos-kinderdorf.at/aktuelles/kinderschutzpaket-fuer-schulen

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hermann Brückl. – Bitte.