11.58

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir hören seit gestern sehr viele schöne Worte, sehr viel Eigenlob, und man merkt und spürt die Nervosität sehr deutlich. Wir stehen ein Jahr vor der nächsten regulären Nationalratswahl, und das Budget vor der nächsten Nationalratswahl steht unter dem Zeichen Wahlzuckerl – jede Menge Wahlzuckerl.

Seriöse und gute Steuerpolitik und Budgetpolitik bedeutet nicht, kurzfristig – mit Einmalzahlungen, mit kurzfristigen Maßnahmen – die Kaufkraft der Leute irgendwie am Leben zu erhalten, künstlich hoch zu halten, sondern ein nachhaltiges, verantwortungsbewusstes, gerechtes Budget, ein Budget für die künftigen Generationen zu beschließen, und diesbezüglich fehlt es schon an einigen Ecken und Enden.

Sie sagen, die Ausgaben seien hoch, weil Sie sich um die Bürgerinnen und Bürger kümmern, verschweigen aber, dass die Ausgaben selbstverständlich deshalb erhöht werden, weil wir es mit der höchsten Inflation seit fast 70 Jahren zu tun haben. So eine hohe Inflation hat es ja bisher nicht gegeben!

In vielen Bereichen sind die Ausgaben natürlich deswegen hoch, weil ja überall die Energiekosten gestiegen sind und auch die Preise für die Güter um 10 Prozent und mehr gestiegen sind. Dass das dann die logische Folge ist, sollte uns allen klar sein, da brauchen wir jetzt nicht unbedingt die hellsten Budgetexpert:innen in diesem Land zu sein.

Ich erinnere jedes Mal daran und muss das kopfschüttelnd zur Kenntnis nehmen: Bruno Kreisky hat damals eine Maßnahme gesetzt, um die Arbeitslosigkeit seiner Zeit zu bekämpfen, nämlich indem er Schulden aufnahm. Dafür hat man ihn 30 Jahre lang als Schuldenkanzler beschimpft. – Nun gibt es hier in diesem Parlament eine Partei, die sich als stärkere der beiden Regierungsparteien Wirtschaftskompetenz an die Fahnen heftet, und es gibt ein Budgetdefizit von 20 Milliarden Euro. Wir werden, wenn das so weitergeht – das haben wir berechnet –, in drei Jahren womöglich bei 70 Milliarden Euro Schuldenstand sein; und als gelernte Österreicherin weiß ich, irgendwer muss es zahlen. Jetzt bestätigen Sie aber seit zwei Tagen, dass es sicher nicht die Großkonzerne sein werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Was sagt uns das? – Das sagt uns eines: Wir alle, die Masse der Bevölkerung, der arbeitenden, der tagtäglich fleißig arbeitenden Menschen in diesem Land, werden diese Schuldenlöcher stopfen müssen. Es ist jetzt schon so, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Konsumentinnen und Konsumenten 83 Prozent von dem, was, wie wir in diesen Wochen hören, für die Zukunft oder für das Folgejahr ausgegeben wird, selbst bezahlen – 83 Prozent! Der Rest bleibt dann für Klein- und Mittelbetriebe übrig, die auch ihre Leistung erbringen.

Wo aber sind die Großkonzerne? – Ich muss mir das immer wieder vor Augen führen: Starbucks zum Beispiel hat in einem Jahr 2 850 Euro Steuern gezahlt und 800 000 Euro aus der Cofag-Hilfe bekommen (Abg. Loacker: Die ganze Umsatzsteuer ...!) – um die Verhältnismäßigkeit einfach einmal aufzuzeigen. Herr Benko hat für Kika/Leiner 9,2 Millionen Euro bekommen, den Konzern dann in Konkurs geschickt und 1 900 Beschäftigte auf die Straße gesetzt und gewinnt durch diese Vorgangsweise 300 Millionen Euro. Das ist sicher und gerecht?! Verstehen Sie das? Ich verstehe das nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Seit einem Jahr sagen wir, dieses Land braucht nachhaltige inflationsdämpfende Maßnahmen und nicht Einmalzahlungen, um die Teuerung abzufedern. (Abg. Obernosterer: Haben wir ja gemacht!) Sie haben immer gesagt, Sie wollen die Mehrwertsteuer auf die Grundnahrungsmittel nicht herabsetzen, weil es nicht treffsicher ist. Ja, was sagen Sie den Bürgerinnen und Bürgern, wenn dann bei der Fotovoltaikanlage die Mehrwertsteuer wegfällt? Ist das dann treffsicher? (Ja-Rufe bei der ÖVP.) Warum ist das möglich? (Abg. Kopf: Es kriegt nur der, der investiert! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Und das Leben vieler Menschen, die tagtäglich für ihren Lebensunterhalt kämpfen, ist es nicht wert?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, seitens der SPÖ haben wir eine andere Vorstellung von gerechter und nachhaltiger Budget- und Steuerpolitik. (Ruf bei der ÖVP: Das wissen wir! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Tun Sie endlich etwas für die Entlastung der Menschen im Land und nicht nur für die Superreichen! (Beifall bei der SPÖ.)

12.03

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva Blimlinger. – Bitte.