16.09

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Werte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Vizekanzler, auch von mir nachträglich alles Gute zum Geburtstag! Weil Sie aber gerade die Hand aufs Herz legen: Hand aufs Herz, Herr Vizekanzler: In jedem Ressort gibt es ein politisches Projekt, und man könnte ja meinen, das hat etwas mit dem Wahlkampf zu tun – es stehen ja Wahlen bevor. Diese politischen Projekte in den verschiedensten Ressorts finden sich im Jahr 2025 und den darauf folgenden Jahren nicht, also wundern Sie sich nicht, wenn wir das sehr stark in Zweifel ziehen und den Eindruck haben, dass das ein Wahlkampfbudget ist, Herr Vizekanzler! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich würde gerne zum Kapitel öffentlicher Dienst ein paar Worte sagen. Es ist schon vieles gesagt worden. Wissen Sie, was ganz, ganz wichtig und zentral ist? – Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Freiheit, Sicherheit, soziale Sicherheit und sozialer Frieden funktionieren nur mit einem guten öffentlichen Dienst (Beifall bei der SPÖ) und mit einem unabhängigen, von politischen Parteien unbeeinflussten öffentlichen Dienst.

Herr Vizekanzler, das wären zum Beispiel die großen Herausforderungen – Sie sind ja für den öffentlichen Dienst zuständig –, das würden wir uns wünschen, wenn wir sagen: Innovationskraft braucht es; Wirkungsziel Promotor für Innovation nennt es sich technisch. Das wäre so wichtig.

An dieser Stelle möchte ich mich stellvertretend für alle Frauen und Männer im öffentlichen Dienst bei einem hervorragenden Menschen, bei einer Persönlichkeit, die uns aufgrund eines wohlverdienten Pensionsantrittes verlassen wird, bedanken: beim Leiter des Budgetdienstes Dr. Helmut Berger. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, FPÖ und NEOS.)

Er hat im Jahr 2012 mit einem wirklich großartigen Team eines der innovativsten Projekte umgesetzt, das wir beschlossen haben: den Budgetdienst als Unterstützung für uns Parlamentarierinnen und Parlamentarier, um dieses intrasparente Budget – es wird immer intransparenter – überhaupt lesen, interpretieren und einordnen zu können. – Danke dafür. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Genau dieser Herr Dr. Berger und sein Team und auch Sie, Herr Vizekanzler, bedauern es, dass dieses Wirkungsziel Promotor für Innovation weggefallen ist. Auch die wirkungsorientierte Verwaltungsführung fällt weg. Das ist sehr bedauerlich, weil wir uns ja Ziele setzen und die finanziellen Mittel dafür stellen. Es wäre aber ganz wichtig, dass wir uns das wieder als Ziel vor Augen halten.

Einsparungen im öffentlichen Dienst schaden uns. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Auch die künstliche Intelligenz wird uns nicht heraushelfen. Die Damen und Herren Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben das Recht darauf, dass sie, wenn sie auf die Ämter gehen, Menschen vor sich finden, dass sie, wenn sie anrufen, nicht mit Chatbots reden, dass sie einen einfachen Zugang haben. Dafür zahlen ja die Frauen und Männer in diesem Land Steuern. Daher würde ich das Erhöhen der Planstellen nicht kritisieren, es ist wichtig. Noch viel wichtiger ist, dass wir Personen im öffentlichen Dienst auch gut und fair behandeln.

Da bin ich wieder bei meinem Lieblingsthema, Herr Vizekanzler – ich quäle Sie ja seit Jahren bei jeder Budgetdebatte (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Kogler) –, bei den Generalsekretären: Braucht es die Generalsekretäre? Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch wenn es – unter Anführungszeichen – „nur mehr“ sieben Ministerien mit Generalsekretären gibt, kosten uns diese eine Frau und sechs Männer jährlich Millionen Euro. Es bräuchte sie aber nicht, weil wir einen gut funktionierenden öffentlichen Dienst haben – es bräuchte sie nicht!

Wir könnten diese Millionen zum Beispiel für eines Ihrer Leuchtturmprojekte, die Ökologisierung, verwenden. Warum soll es nicht ein Jobticket oder ein Klimaticket für Bundesbedienstete geben? Einige Landesregierungen machen es ja schon vor. Sie in Ihrem Ressort und Ministerin Gewessler machen es ja vor – zu Recht. Ich finde es ja gut. Weg mit den Generalsekretären und dem ganzen Tross, der daran hängt, setzen wir die Millionen für mehr Gerechtigkeit ein!

Apropos Gerechtigkeit: Herr Präsident, 1 Minute habe ich noch, das haben Sie vielleicht falsch eingemeldet! (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Loacker.)

In diesem Zusammenhang möchte ich an dieser Stelle auch die ausgegliederten Unternehmen erwähnen. Die Ages, die Statistik Austria oder die Bundesmuseen erfüllen staatliche Aufgaben, sind aber privatisiert. Seit 2016 passiert etwas, nämlich dass die Basisfinanzierung jährlich um mehr als 2 Millionen Euro gekürzt wird. Wie sollen die ihre Aufgaben erfüllen können?

Umso mehr habe ich mich gewundert, dass keine Valorisierung gemacht wird. Stattdessen habe ich eine Antwort von Kanzler Nehammer bekommen – das ist jetzt nicht Ihr Bereich –, er sagt: Na ja, wenn der Hut wirklich brennt, dann können sie ja kommen und verhandeln! – Das heißt, sie sollen Bittsteller werden, obwohl sie im Auftrag der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes auf die Gesundheit schauen sollen?! Das kann es nicht sein. (Abg. Loacker: Von Sparsamkeit haben Sie noch nie etwas gehört!) – Ja, die Ages schaut wohl auf die Gesundheit der Bevölkerung, oder, Herr Abgeordneter Loacker? (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Die Statistik Austria liefert uns Zahlen, mit denen wir Politik machen können.

Ich stelle daher folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend „volle Funktionsfähigkeit für die Republik bedeutsamer ausgegliederter staatlicher Einrichtungen (wie z.B. die AGES, die Statistik Austria oder die Bundesmuseen) erhalten“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondre der Bundeskanzler, wird aufgefordert,

- die Basisabgeltung für die Republik bedeutsamer ausgegliederter Bundeseinheiten jährlich an die Inflationsrate anzupassen sowie

- die Basisabgeltung in einzelnen ausgegliederten Einheiten zu erhöhen, wenn die Mittel aufgrund des bislang fehlenden Inflationsausgleichs oder aufgrund von dringendem Investitionsbedarf nicht mehr ausreichen, um dem gesetzlichen Auftrag im vollen Umfang nachzukommen.“

*****

In diesem Sinne ein herzliches Dankeschön an alle Männer und Frauen, die dieses Land auch in der schwierigsten Zeit am Laufen halten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.15

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim und GenossInnen

betreffend volle Funktionsfähigkeit für die Republik bedeutsamer ausgegliederter staatlicher Einrichtungen (wie z.B. die AGES, die Statistik Austria oder die Bundesmuseen) erhalten

eingebracht im Zuge der Debatte zu UG 10 – BKA samt Dienststellen

im Rahmen der 2. Lesung des Bundesgesetzes über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2024 (Bundesfinanzgesetz 2024 – BFG 2024) samt Anlagen (2178 der Beilagen)

Wenn ausgegliederte Institutionen wie beispielsweise die AGES, die Statistik Austria oder die Bundesmuseen zentrale öffentlichen Aufgaben - beispielsweise Gesundheitskontrollen im Rahmen der Epidemiebekämpfung, Lebensmittelkontrollen, Forschung über Naturgefahren, Aufbereitung amtlicher Statistiken oder den Schutz und Erhalt von Kunst- und Kulturgütern - nicht mehr in der erforderlichen Qualität erfüllen bzw. Zukunftsinvestitionen nicht tätigen können, erwachsen der Gesellschaft unkalkulierbare Schäden. Gerade in der Bekämpfung der Pandemie hat sich gezeigt, wie unabdingbar insbesondere auch ausgegliederte Bundeseinrichtungen sind, um als Staat handlungsfähig zu bleiben.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondre der Bundeskanzler, wird aufgefordert,

• die Basisabgeltung für die Republik bedeutsamer ausgegliederter Bundeseinheiten jährlich an die Inflationsrate anzupassen sowie

• die Basisabgeltung in einzelnen ausgegliederten Einheiten zu erhöhen, wenn die Mittel aufgrund des bislang fehlenden Inflationsausgleichs oder aufgrund von dringendem Investitionsbedarf nicht mehr ausreichen, um dem gesetzlichen Auftrag im vollen Umfang nachzukommen.“

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete, ich habe nichts gekürzt. Sie haben 4 Minuten eingemeldet, Sie hätten - - (Abg. Yildirim: Und 3 Minuten waren angezeigt!) – Nein, es sind 4 Minuten angezeigt und Sie hätten noch 15 Sekunden sprechen können, also gibt es kein Problem. (Abg. Yildirim: Okay!) Ich kürze nie.

Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Der letzte Redner zu diesem Kapitel ist Herr Abgeordneter Köllner. – Bitte sehr.