11.06

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Haus und zu Hause vor den Bildschirmen! Kurz Bezug nehmend auf Philip Kucher – wir sind uns ja in manchen Dingen durchaus einig – ein kleiner Hinweis: Wenn die FPÖ vom kleinen Mann redet, dann – und ich glaube, da sind wir beide uns einig – redet sie halt meistens von sich selbst beziehungsweise eben von ihrem eigenen Klubobmann. Das ist nämlich offensichtlich das Einzige, was sie interessiert, und nicht wirklich die Menschen draußen auf der Straße. Ich glaube, das eint uns in unserer Analyse. (Abg. Lausch: Einheitspartei!)

In den letzten Wochen und Monaten haben wir eine Gesundheitsreform auf den Weg gebracht, die gestern mit der Paktierung des Finanzausgleichs ihren vorläufigen Höhepunkt gefunden hat. Wir werden dementsprechend im Dezember noch die Legistik dazu beschließen. Eine Reform des Gesundheitswesens war dringend notwendig und längst überfällig. Sie ist nicht erst seit gestern oder seit vorgestern angestanden, sondern wäre, wenn wir ehrlich sind, eigentlich seit mehr als 30 Jahren notwendig gewesen. Hätte man in den letzten 20, 30 Jahren nämlich die notwendigen Reformschritte gesetzt, auch gegen die Interessen mancher Stakeholder, dann gäbe es vieles von dem, was wir heute als – ja – Zustand im Gesundheitswesen erleben, nicht.

Wir Grüne sind ja auch mit der Ansage angetreten, wir wollen altes Denken überwinden, wir wollen Strukturen aufbrechen, wir wollen dieses alte Weil-es-immer-schon-so-war-Denken überwinden – und das haben wir mit dieser Reform getan. Wir brechen altes Denken auf, wir überwinden altes Denken, wir verändern dieses Weil-es-immer-schon-so-war hin zu einer echten Strukturreform im österreichischen Gesundheitswesen. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

Der Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden und das Budget 2024 sind dabei dieses sogenannte Window of Opportunity, damit wir jetzt endlich Veränderungen angehen können. Das hängt einfach auch damit zusammen, dass das österreichische Gesundheitswesen sehr kleinteilig ist, sehr kleinstrukturiert ist, weshalb es auch darum geht, dass eben die Systempartner ineinandergreifen. Wo trifft man sich immer am besten? – Na dort, wo es ums Geld geht, dort, wo es ums Budget geht, noch dazu, wenn es um die Verteilung der Finanzmittel geht. Das Prinzip E-Card statt Kreditkarte ist auch unser Leitmotiv, unsere Leitlinie bei dieser Gesundheitsreform, daher setzen wir entsprechende Maßnahmen.

Erstens: Es ist der erste Finanzausgleich, bei dem auch Vertreter der Sozialversicherungen mit am Tisch sitzen, die daraus eben Geld lukrieren: 300 Millionen Euro pro Jahr – macht summa summarum 1,5 Milliarden Euro. Diese 1,5 Milliarden Euro sind für den niedergelassenen Bereich gedacht, sind dafür gedacht, dass wir den niedergelassenen Bereich stärken. Wir wollen den Sozialversicherungen nicht nur neue Aufgaben mitgeben, sondern ihnen auch die Möglichkeit geben, diese umzusetzen.

Was man auch dazusagen muss: Im Budgetbegleitgesetz, das wir gestern beschlossen haben, sind noch zusätzliche, weitere Mittel für die Sozialversicherungen vorgesehen, die ebenfalls dafür sorgen sollen, dass es nicht nur Aufgabenverschiebungen hin zu den Sozialversicherungen gibt, sondern dass diese die Aufgaben auch umsetzen können.

Da geht es zum Beispiel um die Schaffung von Kassenstellen, um Anschubfinanzierungen für neue Ordinationen, für die Übernahme von Ordinationen, eben Hilfestellungen für Jungmedizinerinnen und Jungmediziner. Auch die Übernahme der klinischen Psychologie, ein Herzensthema von vielen Abgeordneten hier im Haus, ist zum Beispiel im Budgetbegleitgesetz abgedeckt.

Wir setzen auf mehr Flexibilität – ich glaube, das ist ein Herzstück dieser Gesundheitsreform –, auf mehr Flexibilität bei der Schaffung neuer Kassenstellen. Davon werden die PVEs profitieren, davon wird aber eben auch die Bevölkerung profitieren, denn es wird in Zukunft dort, wo Bedarf gegeben ist, leichter werden, Kassenstellen zu schaffen, im schlimmsten Fall auch Ambulatorien dort, wo Bedarf ist, zu eröffnen. Es gibt kein Vetorecht mehr für eine einzelne Berufsgruppe. Und das ist wichtig, weil der in der Vergangenheit mangelnde Innovationsgeist einer Berufsgruppe uns mit in diese Bredouille, in der wir uns momentan befinden, gebracht hat.

In Zukunft zählt einzig der Bedarf, der Bedarf der Patientinnen und Patienten, um entsprechende Kassenstellen zu schaffen beziehungsweise Ambulatorien planen und dann eröffnen zu können.

Wir implementieren mit dem Bewertungsboard einen HTA-Prozess, der dafür sorgen wird, dass alle Menschen in Österreich in Krankenhäusern die gleichen innovativen, neuen medizinischen Therapien und Medikationen bekommen.

Das, was der Kollege von der FPÖ in seiner Polemik so abwertend als „Sterbekommission“ bezeichnet hat, ist eigentlich ein international üblicher Prozess, der dafür sorgt, dass Medikationen, dass Innovationen zu den Patientinnen und Patienten kommen. Also den Untergriff und die Polemik hätten wir uns ganz gerne ersparen können, und ich glaube, es entspricht auch deiner Profession (in Richtung Abg. Kaniak), deiner Grundprofession nicht unbedingt. Als Apotheker sollte man besser wissen, was ein HTA-Prozess ist und dass das definitiv keine Sterbekommission ist.

Angesichts des Ringens und der harten Worte der letzten Wochen und Monate wird uns daher auch immer wieder die Frage gestellt: Wer hat jetzt eigentlich bei dieser Reform gewonnen? – Darauf gibt es eine ganz einfache Antwort: Gewonnen haben die Menschen, die Patientinnen und Patienten in diesem Land, weil wir dieses System sichern, ausbauen, verbessern, weil eben in Zukunft wieder die E-Card statt der Kreditkarte zählen wird, weil wir mithilfe all dieser Maßnahmen von einer möglichen Zweiklassenmedizin oder von der bereits vorhandenen Zweiklassenmedizin wegkommen werden, wieder hin zu einem guten, innovativen System hier in Österreich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.12

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerhard Kaniak. – Bitte.