11.09

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Geschätzte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zuerst einmal darf ich nicht nur den traditionellen, sondern auch den aufrichtigen Dank an die öffentlich Bediensteten, und zwar an alle, aussprechen. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

Wir kommen der Sache gleich näher. Wen betreffen denn diese Gehaltsrunden? – Schauen wir genauer hin: Man kann ja zu Beamtenbashing neigen oder nicht, wir tun es nicht – das hat Frau Abgeordnete Blimlinger ausgeführt –, aber so zu tun, als ob die Gehaltserhöhungen in diesem Fall immer nur ein paar in irgendwelchen karikativ gezeichneten hinteren Kammerln mit Ärmelschonern Sitzende betreffen würden, das wird der Sache nicht nur nicht gerecht, das ist in Wahrheit auch übel.

Jetzt sage ich Ihnen, wen diese Gehaltserhöhungen betreffen: erstens einmal jene, die vom Bundesbudget bezahlt werden, die Polizistinnen und Polizisten, die Lehrkräfte, auch in den Bundesländern – die wissenden Abgeordneten nicken –, und natürlich auch die Bediensteten in der Verwaltung. Sie können aber schon den Unterschied erkennen, wie das vielleicht vor 30, 40 Jahren war und wie jetzt die Verwaltung immer besser wird – das ist jedenfalls die Wahrnehmung vieler Bürgerinnen und Bürger –, nämlich genau dort, wo es zum Beispiel um Bürgerservice geht; und da habe ich noch lange nicht alles aufgezählt.

Das sind einmal 230 000, die von unserem Bundesabschluss direkt betroffen sind, das wurde ja schon angedeutet, aber die noch größere Zahl sind jene, die in den Folgeverhandlungen dranhängen. Sie alle wissen doch, dass fast immer den Bundesverhandlungsergebnissen gefolgt wird. Also betreffen diese Gehaltsabschlüsse auch die Pflegerinnen und Pfleger in den Pflegeheimen, in den Krankenhäusern, überhaupt das Krankenhauspersonal, die Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen und so weiter und so fort. Ich habe also wenig Verständnis dafür, dass das hier in ein solch seltsames Eck karikiert wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich habe sehr viel Verständnis für unterschiedliche Meinungen, und wir haben uns über die Jahre jetzt schon aneinander gewöhnt, Abgeordneter Loacker und ich. Ich habe im Ausschuss durchaus auch feststellen können, dass man mit einer – das ist halt Politik – anderen Idee, Ideologie im besten Sinne des Wortes, das auch anders sehen kann. Ich will ihm gar nicht überall widersprechen, aber bleiben wir einmal dabei: Für wen und warum machen wir das und worum geht es da überhaupt?, damit wir die Dinge einmal richtig geordnet haben.

Der zweite Dank geht an die Gewerkschaften, einerseits Gewerkschaft öffentlicher Dienst und andererseits eben auch Younion, weil diese ganz viele von denen, die ich hier aufgezählt habe, vertreten. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ja, man sagt auch immer: konstruktive Gespräche; aber es wurde ja schon gesagt, und ich kann das wirklich teilen: Man kann zwar sagen, im öffentlichen Dienst ist es leichter – ja eh, vielleicht –, aber wir haben hier schon einen entsprechenden wirklich wertschätzenden Austausch und auch Verhandlungsprozesse gehabt und geführt.

Wir, die Bundesregierung, vor allem der Finanzminister und ich, wissen schon, dass die Bezahlung vom Dienstgeber her, den wir ja repräsentieren, letztlich mit Steuergeld erfolgt. Das ist richtig, aber das heißt ja nicht, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nicht an einer bestimmten Entwicklung des öffentlichen Dienstes interessiert sind. Die Haltung, die wir dazu haben, wird nun einmal von der Mehrheit hier im Haus – in diesem Fall offensichtlich von einer großen Mehrheit – und von der Regierung, die Sie ja in bestimmten Fragen mehrheitlich immer wieder bestätigen, vertreten.

Das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ist natürlich wichtig, aber es ist eben auch in deren Interesse, dass der Laden gescheit funktioniert – und im Wesentlichen tut er das, bei allem Verbesserungsbedarf. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Gesamtsituation ist doch folgende: Auch der öffentliche Dienst, und zwar mit all diesen, die ich da genannt habe, steht im Wettbewerb mit den Privaten. Und da hat sich am Arbeitsmarkt sehr viel gedreht. Es geht also lange nicht nur um das Gehalt – auch da gebe ich allen Fraktionen recht, die das angesprochen haben, also auch den Freiheitlichen und den NEOS –, es geht um mehr, das stimmt – heute reden wir über das Gehalt und dann noch schnell über die Dienstrechts-Novelle –, aber es geht auch um das Gehalt. Und deshalb ist es schon interessant, wer sich dann wie dazu stellt, wenn es um Gehaltserhöhungen für Pflegerinnen und Pfleger, Kindergartenpädagoginnen und Kindergartenpädagogen und so weiter und so fort geht.

Für diese Menschen wurde seitens der Gewerkschaft verhandelt, und wir haben eine entsprechende Abwägung vorzunehmen, wie vorhin beschrieben. Und in diesem Fall spielt auch die Anzahl noch einmal eine Rolle – das wird ja hier immer eingebracht, zu Recht, würde eigentlich zu den Budgetverhandlungen gehören, dort sind die Planposten, aber gerne auch hier –: Ja, es ist richtig, die ÖVP und die Grünen haben sich bei diesen Regierungsverhandlungen dazu bekannt, weil wir ja schon gesehen haben, welche demografische Entwicklung wir haben und wo noch viele Bedienstete gebraucht werden – etwa im Sicherheitsbereich; das haben wir Grüne auch angenommen und übernommen, ja, das hätte vor 30 Jahren vielleicht noch anders ausgeschaut, okay, aber gut so. Es ist wichtig, dass wir ausreichend Kräfte bei der Polizei haben – es ist so.

Es ist nicht leicht, das alles herzukriegen, und es war vernünftig, dass wir da die Zahl der Planposten ausgeweitet haben. Im Übrigen war das schrittweise schon von der Vorvorgängerregierung, also Türkis-Blau, angedacht und angegangen, also verstehe ich nicht, warum das dann von dort kritisiert wird. Das sind vernünftige Vorgänge, im Übrigen auch in der Justiz. Ob es jetzt die Justizwache ist oder die Staatsanwaltschaften sind, auch dort wurde und wird – aus, glaube ich, nachvollziehbaren Gründen – ausgeweitet.

Das dazu, weil das immer in die Debatte reingemischt wird – dann geben wir halt auch noch einmal die Antwort darauf.

Was Effizienzsteigerungen im öffentlichen Bereich betrifft: Dagegen verschließen wir uns nicht – weil das die NEOS-Fraktion immer einbringt –, ja, eh, aber jetzt ist es einmal so, dass wir überhaupt für die – wie das gerne genannt wird – Pensionierungswelle, die sich jetzt wirklich Jahr für Jahr höher aufbaut, Vorkehrungen treffen müssen. Da muss man ja die Leute rechtzeitig im Dienst haben, denn wie sollte andernfalls der Wissenstransfer stattfinden? Das geht nämlich nicht nur über Computer – so viel Verständnis muss man doch auch aufbringen.

Auf lange Sicht gibt es sicherlich Verwaltungsabläufe – da geht ja sehr wohl etwas weiter, Elektronischer Akt und so weiter und so fort –, bei denen die Digitalisierung etwas bringen wird, aber es gibt auch ganz viele andere Bereiche. Man kann keinen Computer in die Mariahilfer Straße schicken, um dort polizeiliche Dienste zu verüben. Also das zeigen Sie von der FPÖ mir einmal! Wie geht das? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich hätte auch noch einen gewissen Gefallen daran, dass in den Kindergärten und in den Schulen eher physische Lehrkräfte, echte Menschen sind als nur Computer.

Wir sehen also, und deshalb habe ich das eingangs so betont, es gibt ganz große Gruppen im Bereich des öffentlichen Dienstes, bei denen die Digitalisierung zwar zur Arbeitserleichterung führen wird – hoffentlich das; sie macht ja im Übrigen auch manche Probleme –, aber wir werden die Menschen im öffentlichen Dienst nicht durchgehend ersetzen können. Ich weiß gar nicht, was das für ein Bild ist und ob das sinnvoll wäre.

Ich kann Ihnen nur sagen, jetzt einmal ist es richtig, dass wir schauen, dass wir attraktiv genug sind und genügend Leute in den öffentlichen Dienst bringen – dort, wo es etwas zum Rationalisieren gibt, gerne und in Zukunft, das wird aber nicht die Masse der öffentlich Bediensteten ersetzen.

Insofern geht es bei der Attraktivierung auch um das Gehalt, und jetzt sind wir abschließend dort: jawohl, 9,15 Prozent. Man kann über viel diskutieren, wenn es darum geht, was eine gescheite Gehaltsanpassung ist, aber es ist eben in Österreich das System – das haben wir da nicht aufgebrochen –, dass die sogenannte rollierende Inflation – nicht die gegenwärtige oder die prognostizierte, sondern die rollierende Inflation – übernommen wird, denn diese ist statistisch fassbar, weil sie halt die letzten Monate betrifft, also eigentlich immer ein Jahr. Das ist bei allen Gehaltsverhandlungen ähnlich, auch im Privaten, es wird ja versucht – genau aus diesem Grund –, diese zu Beginn der Verhandlungen außer Streit zu stellen. Und das haben wir natürlich relativ rasch und sehr korrekt mit den Gewerkschaften gelöst.

Wer genau schaut, sieht, es ist das erste Mal seit Langem, glaube ich, dass es zwei Kommastellen sind, 9,15 eben, weil wir den Durchschnitt von mehreren Wirtschaftsforschungsinstituten genommen haben, weil selbst die Inflation für eine vergangene Periode je nach Berechnung unterschiedlich, also nicht ganz gleich ist.

Wenn man das anders will, dann kann man das sagen. Das gilt aber dann für andere vielleicht auch, denn warum soll man das nur im öffentlichen Dienst ändern, und dann bekommt man aber ein anderes Problem: Wie gehen dann Gewerkschaften und Arbeitgeber bei Verhandlungen vor? Die müssten dann immer auf Basis von prognostizierten Inflationen verhandeln, und dann hätten auf einmal die Wirtschaftsforschungsinstitute die Deutungsmacht, denn je nachdem, ob ein Institut – oder mehrere – prognostiziert, in ein, zwei Jahren ist die Inflation bei 7 Prozent oder auch nur bei 1 Prozent, würde das einen riesigen Unterschied ausmachen.

Als Ökonom juckt es einen ja, dass man auf ein bisschen flexiblere Systeme umstellt – das ist ja richtig, es gibt ja innovativere Ansätze für das; aber ob das so gelingt und wie dann Gewerkschaften und Arbeitgeber oder in unserem Fall Nationalrat und Regierung mit der GÖD verhandeln? Das schaue ich mir dann an, wie das gelingen soll.

Die 9,15 Prozent haben ja eine gewisse Logik, und im Übrigen waren sie im Budget eingepreist. Das ist im Übrigen Ihre Hoheit hier im Haus. Ich höre ja immer: Die Budgetpolitik ist eigentlich die Königsdisziplin des Nationalrats! – Ja, dann hätten Sie es vielleicht eh schon gesehen. Ob das verhandlungstaktisch immer gescheit ist, dass wir das Budget abschließen und nachher die Gehaltsverhandlungen fertig machen, darf ja hinterfragt werden. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

So viel hätten Sie aber schon entdecken können, vor allem die Kolleginnen und Kollegen von den NEOS, dass das dort eigentlich eh schon drinnen gestanden ist. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Insofern darf ich noch einmal auf die gewisse logische Herleitung dieses Ergebnisses verweisen. Ob und inwieweit dann differenziert wird zwischen denen, die weniger - - (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Deimek.) – Aufregung bei der FPÖ (Abg. Belakowitsch: Na, das ist nicht wirklich aufregend ...!), bei den Hinteren. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Na, die diskutieren die Reisekostenabrechnung zu den Taliban. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Es ist ja noch nicht einmal die zu Putin öffentlich zugänglich (Abg. Michael Hammer: Jetzt werden sie auch plakatieren: Taliban statt Daham!), nicht einmal die Kremlreise ist öffentlich ausgewiesen. (Zwischenruf des Abg. Schwarz.)

Jetzt aber zu dieser sehr sinnvollen Anregung der Differenzierung unten mehr, oben weniger (Abg. Kickl: Mit der Greta-Apologie!): Das haben wir in den vergangenen Jahren öfter gemacht. Wir müssen dann schon sehen, dass sich natürlich das gesamte Gehaltsschema komplett zu verschieben beginnt, wenn man das jedes Mal macht. Das ist im Übrigen ähnlich wie bei der Gehaltspyramide für die Politikergehälter – das werde ich jetzt nicht länger diskutieren –, da gibt es ja die gleiche Fragestellung, ob dann nicht irgendwann die an der Spitze von unten eingeholt werden.

Das ist eine Aufgabenstellung, die sich damals schon Rechnungshofpräsident Fiedler vorgenommen hat, die er auch mit Abgeordneten hier im Haus gelöst hat. Deshalb sollten wir auch die Gehaltspyramide für Politiker entweder komplett neu justieren oder es aber einmal dabei bleiben lassen, wie es jetzt gerade noch ist. Dass aber jedes Jahr sozusagen das gleiche Drahdiwaberl stattfindet, wer als Erster eine Nulllohnrunde erfindet, aus der man dann sehr schwer rauskommt: Das könnt ihr als Abgeordnete euch auch überlegen, hätte ich mir einmal gedacht. Wie gesagt, dazu kann man sich aber ja noch einmal mit der Pyramide auseinandersetzen.

Im öffentlichen Dienst gibt es das gleiche Problem, deshalb wird es auch Bemühungen für eine grundsätzliche Besoldungsreform geben, bei der dieses Schema dann hingehört, und in der Folge wird es auch Dienstrechtsnovellen geben. Weil das angesprochen wurde: Es wird Dienstrechtsnovellen geben, selbstverständlich. Es hat schon viele gegeben, um Gottes willen, ob die dann immer genau im Frühjahr und im Herbst sind – die österreichische Bundesverfassung sieht keine Frühjahrsdienstrechtsnovelle und keine Herbstdienstrechtsnovelle vor, sondern der Einfachgesetzgeber geht her und macht in seinem Wirkungsbereich entsprechende Novellen zu einem ganzen Wust an Gesetzen, die da immer davon betroffen sind.

Das haben wir ja immer wieder gemacht. Ich verweise nur darauf, dass die letzte größere Dienstrechtsnovelle unter dem Namen Attraktivierungspaket gelaufen ist, und zwar zu Recht, weil sehr viele Attraktivierungen drinnen waren. Und ja, es gibt immer etwas zum Nachjustieren, da stimme ich Abgeordnetem Drobits und Abgeordnetem Lausch zu – wir diskutieren im Ausschuss ja immer sehr konstruktiv; das letzte Mal habe ich Abgeordneten Lausch sogar vermisst –, sodass wir dann schon weiterkommen werden, das ist völlig logisch. Tun wir aber doch nicht so, als ob der Mandlkalender vorgibt, wann der Nationalrat irgendwelche Novellen machen soll oder nicht! Das kann es ja nicht sein. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

Es wird auch weiterhin Dienstrechtsnovellen geben, keine Sorge.

Als Allerletztes die Debatte zur Teuerung, weil es bei dem Thema nie ausbleibt – ich hätte fast noch mehr erwartet –: Ja, das kann man hundertmal diskutieren. Ich möchte nur darauf verweisen, was der Ansatz der Bundesregierung war, bei dem es eine Ergebnisliste gibt – auch von europäischen Wirtschaftsforschungsinstituten gemacht –: Wenn Sie sich die inflationsbereinigte Entwicklung der Nettogehälter – also alles zusammen, Inflation und Netto – und die, die es mehr brauchen, die untere Einkommenshälfte, anschauen, dann würden Sie – wenn Sie willens wären, das einmal anzuerkennen – feststellen, dass Österreich im Spitzenfeld liegt (Abg. Wurm: Traumtänzer!), was diesen Ausweis betrifft.

Warum? – Darum geht es zum Schluss, darum ist das wichtig: Wenn wir schon von Bürgerinnen und Bürgern reden, geht es ja darum, was die sich mit ihrem Geld kaufen können, und nicht um irgendwelche statistischen Zahlen. Da sind wir vorne dabei. (Abg. Belakowitsch: Ja, Sie schon!) Das wird halt weiter ein Diskurs bleiben, und für den bedanke ich mich hier. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

11.24

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wolfgang Gerstl. – Bitte.