16.16

Abgeordneter Christian Oxonitsch (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Eines vorweg: Es gibt ja wenig oder eigentlich gar nichts von der Rede des Kollegen Taschner, das ich inhaltlich teilen kann. Diese Haltung, die ich als Wiener habe, der das Wiener Schulsystem und Bildungssystem, aber auch die Möglichkeiten, die es hat, sehr gut kennt, wird Sie nicht überraschen. Ich würde mir aber zumindest Emotionalität in einer Bildungsdebatte wünschen – diese Emotionalität, mit der wir gemeinsam über die großen Herausforderungen in diesem Bildungssystem streiten, um letztendlich dann auch gemeinsam zu Lösungen kommen. Wir sind aber einfach – das muss man ganz offen sagen – mit einer Partei in diesem Haus konfrontiert, die zu strukturellen Veränderungen grundsätzlich einmal Nein sagt. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Shetty.)

Darauf kann man ja wieder hinweisen: Sie haben es sowohl in einer Rede gesagt und wir haben es auch vor wenigen Tagen im „Kurier“ lesen können. Wenn man immer wieder zu der Schlussfolgerung kommt, es geht ja überhaupt nicht um die Strukturen (Abg. Taschner: Richtig!), es geht nur um die Inhalte (Abg. Taschner: Richtig!), dann frage ich mich, warum diese Strukturen von einer Partei – oder eigentlich zwei, muss man sagen, weil die Freiheitlichen da ja immer mit im Boot sind –, von zwei Parteien in diesem Haus immer wieder so energisch verteidigt werden (Ruf bei der FPÖ: Wir bekennen uns dazu, ja!): Es darf sich nichts an der frühen Trennung ändern, es darf sich nichts in der Benotung ändern, es darf sich nichts bei der Matura ändern (Abg. Taschner: Jawohl!), nein, es darf sich nichts in der Lehrerausbildung ändern und, und, und. (Abg. Brückl: Machts gscheite Vorschläge, dann kann man sich ...!)

Man sagt irgendwie, man will etwas verändern, aber sagt überall Nein. – So kann eine bildungspolitische Debatte nicht stattfinden, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Die revolutionärste Ansage des Ministers in seiner Rede heute war ja: Es gibt Herausforderungen. (Heiterkeit bei der SPÖ.) – Bum! Ja, okay, da sind wir uns wahrscheinlich alle einig. Wie kommt man aber letztendlich zu Lösungen für Herausforderungen, und zwar zu Lösungen, die tatsächlich vom Bodensee bis zum Neusiedler See die gleichen sind? Wir sehen es gerade beim Pisa-Test: Die Herausforderungen sind überall gleich.

Jetzt kann man wieder diskutieren: Das Bundesland da und Herr Wiederkehr in Wien!, und ich weiß nicht was. Ehrlich gesagt ist dann die letzte Schulreform ein bisschen an Ihnen vorübergegangen, denn gerade durch die Verwaltungs­reform hat das Bundesministerium einen wesentlich größeren Einfluss auf die Bildungsdirektionen. Nehmen Sie den wenigstens wahr, wenn Sie die Herausfor­derung annehmen wollen! (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt ja einen Beleg dieses bildungspolitischen Stillstands, der für mich am eindrucksvollsten ist: Es liegen 106 Anträge im Unterrichtsausschuss, die vertagt wurden – viele davon dreimal vertagt, viermal vertagt. Und da reden wir nicht über die Anträge, bei denen es um die frühe Trennung geht oder darum, die gemein­same Schule der Zehn- bis Vierzehnjährigen einzuführen oder die Matura abzuschaffen, da reden wir zum Beispiel über solche wie Anträge des Kollegen Köllner, in denen es nur darum geht: Der Minister soll sich mit den Ländern zusam­mensetzen und eine Strategie für den Schwimmunterricht erarbeiten. – Da verändert man jetzt also einmal gar nichts, aber in dieser Bundesregierung ist man nicht einmal dazu in der Lage, zu sagen: Ja das machen wir, diesen Auftrag nehmen wir an! Wir setzen uns mit den Ländern zusammen und arbeiten daran. Danke für die Anregung, Kollege Köllner. – Nein, man will nichts verändern. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Man sieht auch, dass man nicht einmal die eigenen Vorgaben aus dem Regierungs­programm ernst nimmt. Barcelonaziel: Da will Österreich dann ein eigenes Ziel haben – wenn man das eine schon nicht erreicht, will man bitte ein abgesenktes Ziel haben. Wir reden vom Ausbau der ganztägigen Schulformen. – Was auch interessant ist, muss man ganz offen sagen: Selbst unter Schwarz-Blau hat es mehr als diese 5 Prozent Zuwachs gegeben. Jetzt bin ich der Letzte, der das verteidigen will, aber sehr ambitioniert ist das in diesem Zusammenhang nicht passiert. Betreffend die gratis Schwimmkurse kriege ich vom Herrn Bildungs­minister die Antwort, da sei der Sportminister zuständig, der Sportminister schreibt mir, das sei der Bildungsminister: Man dreht sich im Kreis. Verändert man etwas, will man etwas tun? – Nein, man will es nicht.

So, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann eine Bildungsreform nicht gelingen. Ich glaube, wir brauchen diesen Schwung. Wir haben schon einmal einen nationalen Konvent zur Verwaltungsreform zustande gebracht – er war nicht wahnsinnig erfolgreich, aber zumindest hat man ihn durchgezogen und hat sich einmal dieser inhaltlichen Auseinandersetzung österreichweit gestellt. Vielleicht sollte man das mit Blick auf die Bildungsreform auch versuchen. Diese nationale Auseinandersetzung brauchen wir dringend, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

16.20

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte.