17.02

Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Die NEOS haben die Probleme im Bildungsbereich als Brand beschrieben, haben diese Metapher verwendet und haben sich dabei dann genüsslich bis phasenweise respektlos an Kollegen Polaschek abgearbeitet. Ich finde aber, wenn es brennt und man einen Kübel Wasser hat, dann sollte man ihn immer dorthin schütten, wo es brennt, und nicht daneben.

Wenn ich mir die Pisa-Ergebnisse anschaue, sehe ich, es gibt eine statistische Signifikanz, die einfach ein Faktum ist, das man unterschiedlich politisch bewerten kann, und zwar – es wurde schon angesprochen –: Wir haben einen ganz großen Teil an Kindern mit Migrationshintergrund, die nicht Deutsch können, und wenn man diese Gruppe aus den Pisa-Ergebnissen herausrechnen würde, dann wären wir zum Beispiel in Mathematik auf Platz drei in der Europäischen Union, bei Naturwissenschaften zum Beispiel auf Platz fünf in der Europäischen Union. (Rufe: Hört, hört! – Abg. Meinl-Reisinger: Aber sie sind halt nun einmal da! Also machts was!)

Gut, das ist einmal statistisches Faktum, das noch gar keine politische Bewertung ist. (Abg. Meinl-Reisinger: Das gibt’s ja wohl nicht! Was für ein blödes Argument!) Die politische Bewertung folgt jetzt. Wir sehen, dass wir da eine Gruppe haben (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist eigentlich ein menschenverachtendes Argument: Rechnen wir sie doch bitte raus!), die ganz offensichtlich – statistisch bewiesenermaßen – ein Problem im Bildungssystem hat.

Gut, dann sind wir aber nicht mehr bei Kollegen Polaschek allein, sondern dann reden wir auch darüber: Okay, wie erreicht man diese Leute, wie kann man diesen Kindern helfen?, denn die Kinder sind nicht daran schuld, es ist die Politik, die in diesen Bereichen einfach zu wenig macht.

Gut, und wo sind wir dann da? – Im Integrationsbereich, und ich glaube, dass da einfach verschiedene Wege gewählt werden, die nicht zum Ziel führen, und zwar sagt auf der einen Seite die SPÖ: Na ja, am besten keine gezielten Maßnahmen setzen, am besten reden wir nicht drüber! (Abg. Heinisch-Hosek: Wir reden viel über Integration, aber nicht so wie ihr!), weil das in irgendeiner Form – ich finde es total absurd, das so zu sagen – rassistisch sei. Ich sage hingegen: Nein, ganz im Gegenteil, da muss man besonders viel tun, deswegen brauchen wir zum Beispiel Deutschförderklassen! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Heinisch-Hosek: Nein, wir brauchen keine Deutschförderklassen!)

Dann gibt es die FPÖ, die sagt: Na ja, Ausländer sind ja überhaupt blöd, und am besten wäre es, sie wären gar nicht da, dann wäre das Bildungssystem besser! – Auch absolut falsch. (Abg. Belakowitsch: ... einmal statistisch ...!)

Ich glaube, dass es wichtig ist, mit diesem signifikanten Resultat der Pisa-Studie umzugehen und zu sagen, wir brauchen für Integration mehr Bemühen und – da hilft ein Blick in die Verfassung – auch mehr Bemühen in den einzelnen Bundesländern, wo es besonders Probleme gibt.

Kollegin Werner, ich kann Ihnen halt nicht ersparen, dass man auch über Wien redet, weil es dort eben auch – statistisch, glaube ich, ist das klar belegbar, und die Fakten sind klar belegbar – die größten Probleme gibt.

Wir müssen da mehr tun, und die Deutschförderklassen sind das eine. Es geht aber bei Integrationspolitik auch darum, dass man mit Schulsozialarbeit – Landeskompetenz – mehr macht, dass man schaut, dass man auch zum Beispiel im Bereich Deradikalisierung, Extremismus, Elternarbeit, Deutschkurse – überall, auch bei Eltern – mehr tut. Das alles ist Landeskompetenz! Also nehmen Sie den Kübel Wasser, mit dem Sie den Brand löschen wollen, gehen Sie damit vom Minoritenplatz zum Rathausplatz und schütten Sie ihn dort hin! Damit ist uns mehr geholfen. (Beifall bei der ÖVP.)

Was ich zur SPÖ-Bildungspolitik, die ja immer mehr sichtbar wird, auch noch sagen will: Sie meinen, es gibt altes Denken und es gibt neues Denken – obwohl Sie ja gegen Ideologie in der Schule sind, aber gut –, und das neue Denken ist, Schulnoten abzuschaffen (Abg. Heinisch-Hosek: Ja!) und die Matura abzu­schaffen. – Ein ganz tolles neues Denken! (Abg. Heinisch-Hosek: Ja!) Vielleicht lautet die nächste Forderung von der SPÖ: Warum nicht gleich die Pisa-Studie abschaffen!, denn dann werden wir sicher auch nicht mehr schlechter. (Abg. Meinl-Reisinger: Wien ist böse! SPÖ ist böse! Feindbild! Keine Hand reichen! ... ganz, ganz böse!)

Tut mir leid, ich weiß nicht, wie dieses neue Denken – dass man einfach jede Leistung und jede Leistungserhebung in der Schule ausblendet, denn dann sieht man die Probleme nicht mehr und dann wird schon irgendwie alles besser sein – irgendeinem Kind in der Schule helfen soll. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin sehr froh – ich sage das ganz ohne Häme –, dass es diese Dringliche von den NEOS heute gibt, und ich glaube vielen, die hier am Rednerpult waren, dass sie wirklich aus ihrer Perspektive, die ich jetzt gar nicht werten will, etwas Gutes tun wollen. Ich glaube, das wird auch notwendig sein, denn wenn man in die Verfassung, die wir alle so wunderschön finden, schaut, sieht man, dass es kaum einen Bereich gibt, der föderaler aufgebaut ist als das Bildungssystem (Abg. Meinl-Reisinger: Danke, SPÖ und ÖVP! Na ist doch so! Ja entschuldige, das ist genau euer System, das ihr geschaffen habt! Das ist genau das: keine Reformen ...!), vom Bund bis zu den Ländern, bis zu den Gemeinden und der Elementarpädagogik.

Wenn wir all diese schönen Worte, die heute hier von Leuten gesagt wurden und die ich ihnen glaube, ernst nehmen, dann schauen wir einmal, dass wir wirklich auch die Verfassung ernst nehmen, schauen wir, wo diese Probleme gelöst werden können und dass jeder, der im Bildungssystem Verant­wor­tung trägt – und das sind nahezu alle Parteien –, seine Verantwortung wahr­nimmt. Dann braucht man sich nicht am Bildungsminister abzuarbeiten, denn dann sehen wir vielleicht, dass jeder seine Verantwortung trägt – auch der Bildungsminister (Abg. Meinl-Reisinger: Der würde ja nicht einmal einen Misstrauensantrag bei euch gewinnen!), aber eben auch die Länder, auch die Gemeinden, auch die Bildungslandesräte – und dass es darum geht, dass jeder seines dazu tut, dass es besser wird.

Das wäre konstruktiv, nur: Das habe ich leider in diesem Dringlichen Antrag nirgendwo gelesen. Schade eigentlich! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger: Das ist so ein altes Denken, das ihr habt!)

17.07

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Michael Seemayer. – Bitte.