19.14

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Um mit dem Positiven zu beginnen: In meinen zehn Jahren als Abgeordneter ist dies der achte Gesundheitsminister, und der erste, der nicht alle Wünsche der Ärztekammer erfüllt – das verdient ein Lob. (Beifall bei NEOS und Grünen.) – Ja, die Mehrheitsparteien mögen die Gelegenheit, zu klatschen, nützen, es kommen nicht mehr viele.

Was den Ausdruck angeblich größte Gesundheitsreform aller Zeiten angeht: Ja, da braucht man dann schon wieder ein bisschen Humor, um das so zu formulieren, denn wenn man da in die Verträge mit den Ländern hineinschaut, dann sieht man: Da gibt es ganz viel, was schon viel früher dringestanden ist, beispielsweise stehen Diagnosekataloge seit 1996 drinnen. Die Daten­erhebung betreffend die Eingriffe der Krankenhäuser: Das ist super! Da wird erhoben, ob man eine Operation am Auge gemacht hat – ob das wegen eines Grauen Stars war oder sich jemand einen Stift ins Auge gestoßen hat, ist dann wurscht, man hat am Auge operiert. Da sind dann also auch Daten erhoben worden, die uns insgesamt nicht weiterbringen.

Was nicht stattfindet, ist zum Beispiel eine Veröffentlichung der Qualitäts­kriterien von Krankenhäusern, wie das andere Länder machen. In der Schweiz kann der Patient, wenn er eine Hüftoperation hat, online nachschauen: Welche Spitäler machen das, welche Erfolgsraten haben die, welche Problem­raten haben die? – Die Daten gibt es bei uns zwar, diese werden auch in den Spitälern für Peerreviews, also für interne Vergleiche, verwendet, aber den Patienten kann man das nicht zumuten. Diesbezüglich ist die Position des Herrn Ministers die gleiche, wie sie sie damals bei Hartinger-Klein war – so viel zu den Unterschieden, die da manchmal hervorgehoben werden. (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)

Kollege Smolle hat darauf hingewiesen, dass die Telefonnummer 1450 – unter Anführungszeichen – „weiterentwickelt“ wird: In Zukunft soll man sich bei der Telefonnummer 1450 auch einen Termin ausmachen können. – Das klingt jetzt auf den ersten Blick toll, aber das, was solche Hotlines machen können – siehe Dänemark, siehe Schweiz –, nämlich den Patienten lenken, wird damit ja eigentlich ausgehöhlt. Jetzt kann man dann anrufen und sagen: Ich hätte gerne einen Termin beim Augenarzt. – Nein! Eigentlich sollte die Nummer 1450 dazu dienen, den Patienten dorthin zu lotsen, wo er am besten aufge­hoben ist, und nicht dorthin, wo er gerne hinwill – und das ist nicht Teil der Geschichte, die Sie uns da vorlegen. Patientensteuerung ist nicht das, was der Herr Minister gerne hat.

Was stattdessen kommt, ist, dass man den Ländern als Spitalsbetreiber noch mehr Geld hinüberschiebt, damit sie ihre Spitalsambulanzen unverändert so weiterbetreiben können, wie sie es in den letzten Jahren gemacht haben, und beispielsweise die Behandlung chronischer Krankheiten, die gut im nieder­gelassenen Bereich erfolgen könnte, jetzt in die Spitäler verschoben wird – aber auch das steht seit 2013 in diesen Verträgen, die angeblich jetzt die größte Reform aller Zeiten sind.

Eine Veränderung tritt allerdings ein, und zwar: Wir wissen, dass seltene Erkrankungen oft besonders teure Medikamente erfordern. In der Vergangen­heit war es so, dass Patienten, wenn sie die Kraft und die notwendige verbliebene Gesundheit hatten, das durchzustreiten, es immer bekommen haben, wenn sie ein Medikament erstreiten mussten. Dass es für einen schwer kranken Patienten eine Zumutung ist, sich ein Medikament erstreiten zu müssen, steht auf einem ganz anderen Blatt, aber das war bisher allen Amtsvorgängern und auch diesem Herrn Minister ziemlich egal.

Die Art, wie die Pharmawirtschaft behandelt wird – das sind weiß Gott keine Heiligen, das möchte ich nicht sagen –, die Distanzierung, mit der ihr gegenüber aufgetreten wird, die Schwierigkeit, die solche Unternehmen – die lebens­rettende Medikamente entwickeln – haben, beim Minister einen Termin zu bekommen, ist symptomatisch für die Art, wie man in Österreich generell auf die blickt, die unsere Gesundheit und unsere steigende Lebenserwartung überhaupt ermöglichen.

Das sieht man auch daran, dass beispielsweise die Frage, wie solche Medikamente vergütet werden, wie in Österreich Medikamente generell vergütet werden, jetzt wieder in der Warteschleife ist. Das Preisband, auf das sich ein Unter­nehmen eigentlich verlassen können sollte – welche Regeln gelten für mich, wenn ich der österreichischen Sozialversicherung Medikamente anbiete? –, ist wieder nicht verlängert worden und läuft Ende des Jahres aus. Ich weiß nicht, ob Sie, wenn Sie ein Unternehmen führen wollten, dann nicht vielleicht auch gerne Planbarkeit hätten, wenn Sie die öffentliche Hand als Vertragspartner haben und dort Abnahmeinteressen hätten. Das ist wurscht, also man behandelt die Pharmawirtschaft schlecht. Da ist es logisch, dass dann auch Österreich als Markt für diese Unternehmen nicht sehr attraktiv ist.

Jetzt kommt etwas Neues: ein Bewertungsboard. Zukünftig soll also so ein Gremium bewerten, ob die Damen und Herren Patientinnen und Patienten eine neue Therapie bekommen oder nicht. Wer sitzt da drin? – 21 Bürokraten aus Bund, Ländern und Sozialversicherung, drei mit wissenschaftlicher Expertise und eine Person aus der Patientenvertretung, die aber ohne Stimmrecht ist.

Die Bürokraten entscheiden also, was die Patientinnen und Patienten bekom­men. Was wissenschaftlich angezeigt ist, was die Patientinnen und Patienten brauchen, ist mit 21 zu drei in diesem Gremium in einer Minder­heit.

Darauf hingewiesen heißt es dann: Die geben ja nur Empfehlungen ab! – Ja was jetzt? Braucht ihr das Board, um einheitliche Regeln zu schaffen, oder geben die eh nur irgendwelche Bla-bla-Empfehlungen ab? Ich befürchte, da wird auf Kosten der Patientinnen und Patienten gespart, und die, die das, was ihnen zusteht, bekommen wollen, müssen wieder den Rechtsweg beschreiten. Da geht wertvolle Lebenszeit und Kraft verloren und oft gehen eben auch Menschen­leben verloren und Gesundheit verloren, weil man die Patienten auf den Rechtsweg verweist und ihnen nicht von vornherein das gibt, was ihnen zusteht. (Beifall bei den NEOS.)

19.20

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Abgeordneter Ralph Schallmeiner. – Bitte, Herr Abgeordneter.