20.17

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Präsident! Hohes Haus! Vielleicht noch zur vorigen Debatte: Ja, ich nehme zur Kenntnis, es ist nicht Usance im Haus, dass ein Minister zuletzt spricht. Das wird ein einmaliger Vorgang gewesen sein, was mich betrifft. Ich entschuldige mich hier auch dafür, denn ich bin schon geneigt – auch als ehemaliger Parlamentarier –, mich an die Usancen des Hauses zu halten. Das sei damit gesagt.

Was den Medikamentenmangel angeht: Kollege Kaniak, uns unterscheidet schon manches. Sie sind Apotheker – ich nicht. Sie sind in der Branche lange tätig – unbestritten. Sie haben Ihr Fachwissen, was das angeht – hundertprozentig. Aber es unterscheidet uns auch, dass ich jetzt sechs oder sieben Mal in Brüssel mit allen europäischen Gesundheitsministern zusammengesessen bin, von ganz rechts bis ganz links.

Da gibt es eine Einigkeit, eine grundlegende Einigkeit: Entweder gelingt es, ein europäisches System der Bevorratung, der Beschaffung, der Preisgestaltung, der Regularien zustande zu bekommen, oder die Nationalstaaten werden allesamt scheitern. Es ist ein gesamteuropäisches Problem – Frau Kollegin Nussbaum hat es angesprochen –: Es muss jetzt gelingen, diese Frage europäisch zu lösen. Wenn man da glaubt, mit nationalstaatlichen Lösungen oder – noch schlimmer – mit Partikularlösungen in Bundesländern oder in einzelnen Krankenanstalten weiterzukommen, dann werden wir scheitern. Dann werden wir scheitern.

Weil man mich dahin gehend angesprochen hat, die Lobbyisten in Brüssel zu bearbeiten: Wissen Sie, was die sagen? – Die sagen schlicht und ergreifend: Ihr zahlt den Preis, den wir wollen, oder wir verkaufen das Medikament woanders. Den Preis, den wir wollen! Jetzt sage ich Ihnen etwas über die Preisentwicklung; das ist auch Thema im Rat der Gesundheitsminister.

Wir haben Entwicklungen dahin gehend, dass einzelne Staaten, einzelne Gesundheitsminister sagen, sie seien nicht mehr imstande, die gestiegenen Preise insbesondere für seltene Medikamente und für Chemotherapeutika zu bezahlen, weil die Preissteigerungen in den letzten zehn Jahren zwischen 2 000 und 3 000 Prozent betragen haben. – Das geht nicht, das muss europäisch geregelt und geklärt werden, alles andere ist eine Illusion!

Kollege Loacker, ich bin nicht der Verfechter einer staatlichen Bevorratung, nein! Das kann und soll der Pharmagroßhandel machen – wer denn sonst? Das fällt mir nicht ein. Einzelne Landeshauptleute sind bei mir vorstellig geworden, sie würden als Land, als Bundesland, gerne ein Krisenlager betreiben. Das kommt überhaupt nicht in Frage! Das sollen die machen, die sich damit auskennen, die das Know-how haben und die eine rollierende Lagerhaltung – und darum geht es – auch bewerkstelligen können.

Paxlovid ist ja ein supergutes Beispiel. Das hat der Bund aus einer Situation heraus beschafft – das ist ein teures Medikament –, er hat, ich weiß nicht, 130 000, 140 000 Dosen besorgt und dann die Verteilung an die Apotheken vorgenommen. Was jetzt erstaunlicherweise passiert ist: Es gibt eine erkleckliche Lücke zwischen dem, was verteilt worden ist, und dem, was abgegeben worden ist. Es konnte mir die Apothekerkammer bis heute nicht erklären, wo die fehlenden Dosen geblieben sind. Das ist nicht erklärbar. Das wird einer Aufklärung bedürfen, das ist für mich vollkommen klar.

Das hat uns in die Lage versetzt, es nachbeschaffen zu müssen, was mit heutigem Tag erledigt ist. Jetzt kommen die nächsten 18 000 Dosen Paxlovid ins Land, finanziert vom Bund in dem Fall, weil es anders nicht funktioniert hat und der Mangel da ist. Da muss man dann schon auch sagen: Okay, das soll anders organisiert werden, privatwirtschaftlich organisiert werden, dann aber durchgängig und nicht, dass am Ende der Bund einspringen muss.

Wofür wir jedenfalls sorgen werden – und das ist auch schon deponiert –, ist eine lückenlose Dokumentation und Transparenz von der Einfuhr über die Verteilung bis zur Auslieferung. Was über den Apothekenladentisch geht, muss punktgenau, taggenau nachvollziehbar sein. – Das ist es nicht, Herr Kollege Kaniak, Sie wissen das. Das ist es nicht, es ist nicht nachvollziehbar! (Abg. Kaniak: Wer hat denn das Parallelsystem geschaffen, Herr Minister? Hätten Sie es im Regelsystem gemacht, hätten Sie alles dokumentiert!)

Wenn einzelne Apotheken eine Differenz von 2 000 Dosen oder 98 Prozent des Zulieferungsbedarfs ausweisen, dann stimmt im System etwas nicht. Dem wird auf den Grund gegangen, das wird abgestellt! Ich habe die Liste mit allen österreichischen Apotheken, mit allen, Herr Kollege Kaniak. Es ist ein Abgleich zwischen dem, was ausgeliefert worden ist, und dem, was verkauft worden ist, möglich, und diese Lücken sind nicht erklärbar, die sind schlicht nicht erklärbar, das geht sich nicht aus. (Abg. Schallmeiner: Wie schaut es denn aus im Salzkammergut?) Das ist Steuergeld, das dafür aufgewendet worden ist, und da muss man auch sagen, man hat dafür zu sorgen, dass eben die Maßnahmen getroffen werden, die notwendig sind.

Was wir jetzt tun, ist mit allen Beteiligten ausverhandelt. Sie haben gesagt, das sei eine Schnapsidee oder sei nicht ausgegoren: Das ist im Detail mit allen Beteiligten, im Übrigen auch mit Ihrer Interessenvertretung, besprochen, und es herrschte Einigkeit: Ja, das ist eine Möglichkeit, das jetzt im Übergang so zu gestalten.

Was wichtig ist: Es ist ein Unterschied, ob wir über niedrigpreisige Medikamente oder über hochpreisige Medikamente reden. Mit dem Gap, den wir in der Preisgestaltung bei den niedrigpreisigen Medikamenten haben, muss man irgendwie umgehen.

Planungssicherheit ist angesprochen worden: Es war beim letzten Mal, als das Preisband verlängert worden ist, im Gesetz festgeschrieben, es findet letztmalig statt. Die Planungssicherheit diesbezüglich, Kollege Loacker, war gegeben, es war einfach klar: Es findet nicht mehr statt. – So wurde der Gesetzestext hier im Parlament beschlossen. Planungssicherheit war da.

Wenn man – und das ist auch ein Thema auf europäischer Ebene – darüber reden muss, dann muss man die Abhängigkeit der Produktion, insbesondere was die niedrigpreisigen Medikamente angeht, auch bei den Wirkstoffen und Vorläuferstoffen von einzelnen Produzenten in Asien in den Griff bekommen. Das haben wir nicht, und an dem muss gearbeitet werden. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.24

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Gerald Hauser. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Schallmeiner: Oje! – Abg. Matznetter: ... die Rede vom Hauser angemessen!)