10.28

Abgeordneter Andreas Kollross (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Vor allem aber auch werte Initiatorinnen und Initiatoren beziehungsweise Unterstützerinnen und Unterstützer des Volksbegehrens! Danke für diese Initiative, weil sie mir die Möglichkeit gibt, noch einmal zu einem anderen Thema Stellung zu beziehen, das nach meinem Verständnis ein viel dringenderes ist.

Es geht nach meinem Verständnis nämlich weniger darum, dass wir über Bargeld in die Verfassung diskutieren, sondern es geht vielmehr darum, dass wir über eine Bargeldversorgung in unserer Republik diskutieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben mittlerweile das Problem, dass wir in vielen Gemeinden nicht einmal mehr einen Bankomaten haben! Zuerst verschwindet die Bankfiliale, und sehr schnell verschwindet dann auch der Bankomat. Mittlerweile gibt es in Österreich in 317 Gemeinden keinen Bankomaten mehr und somit keinen Zugang zum eigenen Bargeld. In manchen Gemeinden gibt es ihn noch, weil die Bankomatbetreiber, die Banken, hergehen und sagen: Liebe Gemeinde, wenn du dazuzahlst, dann sind wir gerne bereit, dass wir einen Bankomaten aufstellen!

Ich glaube, wir alle hier herinnen sind uns einig, dass es wohl nicht Aufgabe der Gemeinden und Städte ist, für die Bargeldversorgung ihrer Bürgerinnen und Bürger zu sorgen, sondern es ist doch wohl Aufgabe der Banken, da ihrem Versorgungsauftrag gerecht zu werden! (Beifall bei der SPÖ.)

Viele Gemeinden haben sich aber natürlich darauf eingelassen – verständlicherweise, weil sie die Möglichkeit der Nutzung eines Bankomaten ihren Bürgerinnen und Bürgern anbieten wollen – und sind heuer vor dem Sommer vor die Situation gestellt worden, dass die Betreiber ihnen gesagt haben: Die 3 000, 4 000 oder 5 000 Euro, die ihr bisher bezahlt habt, gelten nicht mehr, ab jetzt müsst ihr 20 000, 25 000, 35 000 Euro im Jahr zahlen, wenn ihr in eurer Gemeinde noch einen Bankomaten haben wollt!

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist unanständig! Das ist schlicht und einfach unanständig (Beifall bei der SPÖ), denn die Banken haben voriges Jahr 10,2 Milliarden Euro Gewinn gemacht. Das Ergebnis ist: Der Gewinn wird privatisiert, und der Rest und die Aufgaben werden sozialisiert. So kann es wohl nicht sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister, ich freue mich ja, dass Sie hier sind, denn Sie haben ja dann das Problem irgendwie aufgegriffen und haben gesagt: Jetzt machen wir einen Bankengipfel! – Dann haben Sie sich zu einem Kaffeeplauscherl getroffen, haben sich mit den Banken getroffen und haben gesagt: Und jetzt ist alles anders!

Jetzt frage ich Sie ganz konkret: Gibt es seit Ihrem Treffen um einen Bankomaten mehr in unserer Republik? Gibt es eine Gemeinde weniger, die für einen Bankomaten, den sie bisher gehabt hat, jetzt zahlen muss? – Ich sage Ihnen das Ergebnis Ihres Gipfels: Jetzt haben die Gemeinden neue Vorschreibungen bekommen, und jetzt sind es halt nicht 35 000 Euro, sondern 17 000 Euro, die die Gemeinden und Städte jetzt zahlen müssen, wenn sie noch einen Bankomaten haben wollen! Das ist das Ergebnis Ihres Kommunalgipfels, Ihres Gipfels mit den Gemeinden. Na gratuliere, danke! Das ist ein Bombenverhandlungserfolg! (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.) Sie kann man verhandeln lassen, Herr Minister! (Beifall bei der SPÖ.)

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, vielleicht noch eine Anmerkung zur ÖVP: Ihr wart ja zugegebenermaßen lange Zeit durchaus eine Partei für den ländlichen Raum, aber das habt ihr abgelegt. Ihr seid mittlerweile nur mehr eine Partei für Landwirtschaft und Folklore und schaut zu, wie in Wirklichkeit die Infrastruktureinrichtungen in dieser Republik – eine nach der anderen – verschwinden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Lercher: Aber er hat die Seilbahnen vergessen! – Abg. Leichtfried: Seilbahnen!)

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, bringe ich abschließend folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherung der Bargeldversorgung und der Annahmepflicht von Bargeld“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen und die Bundesministerin für Justiz werden aufgefordert, dass

1. eine wohnortnahe Versorgung mit Bargeld durch die Geschäftsbanken, bzw. soweit diese das nicht leisten können, durch die Oesterreichische Nationalbank, durch Bankomaten sichergestellt wird;“ (Abg. Hörl: ... wir wieder in die Staatswirtschaft? Die DDR lässt grüßen!)

„2. die bestehende Annahmeverpflichtung durchgesetzt wird oder gegebenenfalls eine Gesetzesänderung dem Parlament vorzulegen ist, wodurch die Annahmeverpflichtung in der Praxis durchgesetzt werden kann und die nachvollziehbaren Ausnahmen klargestellt werden;

3. zu prüfen, welche Legitimations- und Sorgfaltspflichten notwendig sind, um den Missbrauch, vor allem durch die organisierte Kriminalität, zu verhindern;

4. Datenschutz unabhängig von der Bezahlform für alle Bürger:innen gewährleistet sein muss.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir brauchen einen Bankomaten pro Gemeinde, wir brauchen ein Bargeldversorgungsgesetz! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.33

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kai Jan Krainer,

Genossinnen und Genossen

betreffend Sicherung der Bargeldversorgung und der Annahmepflicht von Bargeld

eingebracht im Zuge der Debatte Bericht des Finanzausschusses über das Volksbegehren (2080 d.B.) "BARGELD-Zahlung: Obergrenze NEIN!" (2374 d.B.) (Top 1)

Das Volksbegehren wirft wichtige Fragen auf.

1. Bargeldversorgung

Die Bargeldversorgung (Bankfilialdichte bzw. Bankomatdichte) ist in Österreich noch deutlich besser als in vergleichbaren Staaten. Jene Länder, die über eine unzureichende Bargeldversorgung verfügen, verpflichten entweder ihre Geschäftsbanken, Bargeldinfrastruktur (Bankomaten) (wieder) aufzubauen, oder ihre Notenbanken, die Bargeldversorgung in unterversorgten Gebieten (durch Bankomaten) herzustellen. In Österreich entstehen leider auch bereits erste Lücken bei der Versorgung mit Bargeld (Bankomaten) – vor allem im ländlichen Raum. Österreich sollte rechtzeitig diese Lücken schließen und das Entstehen weiterer Lücken verhindern.

Der Nationalrat fordert eine wohnortnahe Versorgung mit Bargeld durch Bankomaten. Dies soll durch eine Verpflichtung der Geschäftsbanken erreicht werden. Wenn die Geschäftsbanken (Markt) dies nicht leisten können, muss die Oesterreichische Nationalbank (Staat) die wohnortnahe Versorgung mit Bargeld durch Bankomaten sicherstellen.

2. Annahmepflicht

In § 61 Abs. 2 Nationalbankgesetz ist die unbeschränkte Annahmeverpflichtung von Eurobanknoten gesetzlich verankert. Trotzdem gibt es in der Praxis nachvollziehbare Einschränkungen dieser Annahmepflicht (z.B. aus Sicherheitsgründen im Gelegenheitsverkehr) und andererseits auch weniger nachvollziehbare Einschränkungen (z.B. bei Sportveranstaltungen oder Konzerten).

Der Nationalrat fordert die Bundesregierung auf, die bestehende Annahmeverpflichtung durchzusetzen oder gegebenenfalls eine Gesetzesänderung dem Parlament vorzulegen, wodurch die Annahmeverpflichtung in der Praxis durchgesetzt werden kann und die nachvollziehbaren Ausnahmen klargestellt werden.

3. Geldwäsche

Die geltenden Geldwäschebestimmungen, die erhöhte Sorgfaltspflichten und Legitimationspflichten vorsehen, sind auf Grund der organisierten Kriminalität im Bereich des Drogenhandels eingeführt worden. In der Zwischenzeit wurden sie um die Bereiche Terrorismusfinanzierung, Steuerhinterziehung etc. erweitert. Eine uneingeschränkte Bargeldzahlung darf derartige Schutzbestimmungen nicht aushebeln.

Der Nationalrat spricht sich dafür aus, zu prüfen, welche Legitimations- und Sorgfaltspflichten notwendig sind, um den Missbrauch, vor allem durch die organisierte Kriminalität, zu verhindern.

4. Datenschutz

Als Argument für uneingeschränkte Bargeldzahlung wird immer wieder auf den mangelnden Datenschutz hingewiesen.

Der Nationalrat vertritt die Auffassung, dass Datenschutz unabhängig von der Bezahlform für alle Bürger:innen gewährleistet sein muss.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen und die Bundesministerin für Justiz werden aufgefordert, dass

1. eine wohnortnahe Versorgung mit Bargeld durch die Geschäftsbanken, bzw. soweit diese das nicht leisten können, durch die Oesterreichische Nationalbank, durch Bankomaten sichergestellt wird;

2. die bestehende Annahmeverpflichtung durchgesetzt wird oder gegebenenfalls eine Gesetzesänderung dem Parlament vorzulegen ist, wodurch die Annahmeverpflichtung in der Praxis durchgesetzt werden kann und die nachvollziehbaren Ausnahmen klargestellt werden;

3. zu prüfen ist, welche Legitimations- und Sorgfaltspflichten notwendig sind, um den Missbrauch, vor allem durch die organisierte Kriminalität, zu verhindern;

4. Datenschutz unabhängig von der Bezahlform für alle Bürger:innen gewährleistet sein muss.“

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Abgeordneter Wurm ist als Nächster an der Reihe. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.