10.22

Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Die Bundesregierung hat sich zu dieser Mogelpackung namens Mietpreisbremse selbst gratuliert, bei diesem spärlichen Applaus ist es aber auch geblieben. (Abg. Höfinger: Ich glaube, das hast du dir vorher schon aufgeschrieben!) Diese angebliche Mietpreisbremse, dieses Mietpreisdeckelchen ist in Wirklichkeit eine wohnpolitische Beerdigung, und zwar unter mehreren Aspekten.

Die Interessen der Mieterinnen und Mieter wurden verraten und die ÖVP hat es verpasst, die Möglichkeit privater Investitionen für neue Wohnungen einzumachen. Im Gegenteil: Die schwarz-grüne Bundesregierung hat ihre Schamlosigkeit und Inkompetenz bewiesen und der gemeinnützige Wohnbau wird weiter von ihr demoliert. Damit wird auch die Gerechtigkeit begraben.

Sie alle hier, meine Damen und Herren Vertreter der Regierungsfraktionen, wissen genau, dass diese Mietpreisbremse bloß ein politisches Placebo ist. Abgeordnete Becher hat es vorhin schon gesagt: Die großen Mietsteigerungen gab es schon. Diese Mietpreisbremse kommt zu spät, die Mieten sind eben schon überbordend gestiegen. Entscheidend wäre zum Beispiel ein Eingriff in den freien Markt gewesen, um auch die freien Mietverhältnisse miteinzubeziehen. (Abg. Scherak: Du warst auch mal liberaler, Philipp!) Entscheidend wäre auch gewesen, den gemeinnützigen Wohnbau vor jenen Attacken zu schützen, denen Sie Tür und Tor geöffnet haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist geradezu eine Perversion, dass Reiche Wohnungen zum Sozialtarif kaufen können und frei an die Menschen vermieten. Das ist die Schubumkehr im sozialen Wohnbau. Das ist unmoralisch, aber das ist die Politik der ÖVP und nunmehr anscheinend auch die Politik der Grünen. Das ist ein Anschlag auf die Wohnsicherheit der Österreicherinnen und Österreicher, ein Anschlag auf die Wohnungsgemeinnützigkeit, deren System weltweit bewundert wird. Eine Studie des Wifo hat im Mai 2023 festgestellt, dass gerade der Gemeinnützigkeitssektor sehr preisdämpfend auf den Mietwohnungsmarkt wirkt.

Man würde es fast nicht für möglich halten, welche wohnpolitischen Perversionen, geradezu Bosheiten, in den Schreibstuben des Wirtschaftsministeriums entworfen und von einem – ich muss es leider so sagen – kaltherzigen, neoliberalen Minister namens Martin Kocher umgesetzt und beibehalten werden (Abg. Scharzenberger: Geh bitte!); gegen die Warnungen der Arbeiterkammer und der Wirtschaftskammer, des Österreichischen Verbandes gemeinnütziger Bauvereinigungen, des SPÖ-nahen Vereins für Wohnbauförderung und fast aller politischen Parteien, nämlich der gesamten Opposition hier im Nationalrat. Sie wollen es nicht hören.

Mit dieser sogenannten Mietpreisbremse haben Sie die Abrissbirne gegen den sozialen Wohnbau noch weiter aktiviert. Für Milliardäre wie Herrn Benko – vielleicht ist er schon auch nur noch Millionär –, macht die ÖVP das Unmögliche möglich, Stichwort Öffnung eines Gerichts zu Silvester. Wohnungsgenossenschaften werden ihre in die Hunderte Millionen gehenden Einnahmeverluste aber nicht ersetzt. Damit wird die Mietpreisbremse nicht nur zur Mietpreisbremse, sondern vor allem zur Sozialwohnungsbremse.

Ihr Bundesminister schreibt in Anfragebeantwortungen zu den Folgen dieser Politik, dass halt einfach die Länder mehr Wohnbauförderung ausgeben sollen. Man sagt, im Wirtschaftsministerium sei man nur für die Legistik zuständig – stimmt! –, doch genau diese Legistik ist seit der WGG-Novelle 2022das Problem, denn mit dieser Legistik wird hemmungslos Schaden angerichtet.

Es wundert mich fast nicht mehr, dass sich der Bundesminister weder in den Ausschuss noch heute hier ins Plenum traut und seine leider von Fachkenntnissen augenscheinlich völlig unbeschwerte Staatssekretärin schickt. Man darf sich vielleicht die theoretische Frage stellen, ob es manchen Spendern der ÖVP vielleicht sogar gefällt, wenn weniger Sozialwohnungen gebaut werden und die Mieten dadurch noch weiter steigen – nur ein vager Gedanke.

Seltsam mutet allerdings an, dass die vom Klima bewegten Grünen da mitgehen, schließlich wirken sich diese Einnahmeverluste unmittelbar negativ auf die Dekarbonisierung im Immobiliensektor aus.

Das sage nicht nur ich, davor warnt auch der Österreichische Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen in einer aktuellen Pressemitteilung. Den Wählern einer Partei, die einst die Frage plakatierte, wen wohl der Anstand wählen würde, kann nur noch übel werden, und die Mandatare dieser Partei sollten sich einige Fragen zum Thema Anspruch und Wirklichkeit stellen lassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Abgeordnete Tomaselli, wie kann man einen Tweet – damals hieß X ja noch Twitter – mit dem Inhalt, dass die ÖVP Wohnpolitik für die Reichen macht, absetzen und dann diesen wohnpolitischen Wahnsinn mittragen und die Menschen im Regen stehen lassen? Mir ist das unerklärlich – und nicht nur mir. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Futtertröge des billigen Jakob – die Futtertröge der Macht sind es ja wohl längst nicht mehr – sind für manche wahrscheinlich zu verlockend. (Abg. Loacker: Früher war der Schrangl ja für ein liberales Mietrecht, jetzt ist er auch ein Miet-Sozi geworden!)

Diese Mietpreisbremse zeigt: Die ÖVP demoliert den sozialen Wohnbau, um manchen Immobilienzaren ein Geschenk zu machen. Damit wird der soziale Wohnbau bewusst in eine Krise gestürzt. Und die Grünen haben ihr wohnpolitisches Gewissen verkauft und die Menschen, die dort wohnen, gleich noch dazu. (Abg. Loacker: Wie kann man sich so verstellen?)

Eines noch: Wenn Frau Tomaselli gegenüber den Medien ausführt, dass die Opposition eine Schuld an diesem Murks namens Mietpreisbremse trage, dann muss ich Ihnen leider sagen: Sie haben nicht einmal das Gespräch gesucht! (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Kucher und Lercher.) Schlimmer sogar: Sie haben jeden Verbesserungsantrag im Bautenausschuss, der von der SPÖ oder auch von uns oder den NEOS gekommen ist, vom Tisch gewischt und ignoriert. (Abg. Zarits: Da klatschen sogar die Sozialisten, so schlecht ist das! Kucher klatscht!) Dabei wäre zumindest ein FPÖ-Maßnahmenpaket für leistbares Wohnen auf dem Tisch gelegen. (Abg. Kucher – in Richtung des Abg. Zarits –: Schon der Vorname ist nicht der schlechteste!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Abschluss: Diese Mietpreisbremse ist nicht weniger als ein von der Regierung verfasster Misstrauensantrag und ein gigantischer Verrat an den Menschen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Kucher. – Abg. Stögmüller: Das ist aber auch sehr magerer Applaus!)

10.28

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Singer. – Bitte. (Abg. Hörl: Jetzt müsst ihr zuhören, Freiheitliche!)