11.14

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerinnen! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren, die Sie uns heute zuschauen! Never again! Never again Holocaust! Never again Antisemitismus! Never again Terrorangriff der Hamas auf Israel! (Abg. Hafenecker: Amtssprache Deutsch! – Abg. Lukas Hammer: Falscher Zeitpunkt!) Kämpfen wir gemeinsam gegen Antisemitismus und gegen Radikalisierung – das ist leider auch in Österreich dringend nötig.

Wir beschließen heute eine ganz, ganz wichtige Novelle zum Verbotsgesetz – etwas, worauf wir uns schon im Regierungsprogramm verständigt haben –, und diese Regelungen, die wir jetzt treffen, sind auch Teil der Antisemitismusstrategie, und das im Sinne einer Null-, Zerotoleranzpolitik gegen Antisemitismus und Radikalismus.

Meine Damen und Herren, Sie wissen, Symbole sind sehr, sehr starke Zeichen, Symbole sind verkürzte Botschaften, und deswegen müssen wir, wenn wir gegen Antisemitismus sind, wenn wir gegen Radikalisierung sind, zukünftig darauf schauen, dass dann, wenn Symbole nicht nur gegen Antisemitismus, sondern auch der Gruppierungen Hamas, Islamischer Staat, Graue Wölfe, PKK, Hisbollah oder Identitäre zur Schau gestellt werden, auch entsprechende Strafen möglich sind. Wir erhöhen diese Strafen, und das ist notwendig, denn das sind alles keine Bagatelldelikte im Verwaltungsstrafrecht. Das sollen kräftige Strafen sein.

Im Verbotsgesetz streichen wir das Tatbestandsmerkmal „gröblich“. Das war eine intensive Diskussion zu dem Thema. Wir sind der Meinung, es ist notwendig, denn damit entfällt die rechtlich schwer fassbare Anforderung an die Intensität des Verharmlosens und damit können die Gerichte auch klarer urteilen.

Zu dem Thema – angesprochen von Kollegen Stefan – betreffend Verlust des Amtes für Beamte und Vertragsbedienstete: Herr Kollege Stefan, das sind Diener des Staates, und als Diener des Staates (Abg. Stefan: Darf ich die Hamas unterstützen!) haben Beamte und Vertragsbedienstete (Abg. Stefan: Darf ich die Hamas unterstützen!) kein Recht (Abg. Stefan: Darf ich die Hamas unterstützen!), sie sollen nicht und können nicht - - (Abg. Stefan: Darf ich sexuelle Übergriffe machen! Darf ich die Hamas unterstützen! – Nein!) – Sie dürfen nicht (Abg. Stefan: Eben! Als Beamter schon!), es ist gesetzlich verboten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Stefan: Als Beamter darf ich das dann! Als Beamter darf ich das, als Beamter darf ich das weiterhin! – Abg. Lukas Hammer: Das ist eine Verharmlosung des Nationalsozialismus! – Abg. Stefan: Nein! Nein, ganz sicher nicht!) – Um Gottes willen, tun Sie es nicht, Herr Kollege! Ich werde Ihnen da sicher keinen Freibrief dazu geben. Es gibt aber ganz sicher auch keinen Freibrief, um Antisemitismus weiter zu pflegen. Nein! Der Amtsverlust ist ein notwendiges Mittel, denn wir wollen keine Staatsdiener haben, die da eine Toleranz haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist auch wichtig, dass wir eine Neuerung in zwei Tatbeständen schaffen. Wir teilen sowohl bei der Wiederbetätigung als auch bei der Leugnung das Delikt in ein Grunddelikt und eine schärfere Qualifikation auf, eben um eine Diversion zu ermöglichen – eine Diversion zum Beispiel für Ersttäter oder auch dann, wenn die Situation vielleicht nicht ganz klare Regelungen oder Aussagen zulässt. Wir wollen diese Diversion ermöglichen, und das ist keine Bagatellisierung, denn ein Ersttäter soll zukünftig, wenn er eine Diversion bekommt, ein umfassendes Verständnis für die Schwere der Tat erlangen, ein klares Unrechtsbewusstsein entwickeln, er soll an weiteren Handlungen in Richtung Radikalisierung und Antisemitismus gehindert werden, und es soll eine Resozialisierung in die Gesellschaft ermöglicht werden.

Ich bringe zusätzlich jetzt noch einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Steinacker, Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen zum Verbotsgesetz ein. Im Wesentlichen betrifft dieser Abänderungsantrag die Einführung eines neuen Straftatbestandes, es wird eine Strafrechtslücke geschlossen.

Sie wissen, wenn Sie sich in dieser Gesetzeslage ein bisschen auskennen, dass das Herabwürdigen einer Fahne bisher nur strafbar war, wenn sie an einem amtlichen Gebäude in Österreich angebracht war. – Wir kennen die Entwicklungen in der letzten Zeit. Ein Herabwürdigen – Kollege Stefan hat das auch angesprochen – durch Herunterreißen der israelischen Fahne vom Stadttempel wäre nicht strafbar gewesen. Im Lichte dessen werden wir das Herabwürdigen einer Fahne oder eines Hoheitszeichens dann strafbar machen, wenn es auf gehässige Weise passiert, gehässig zum Beispiel durch Verbrennen, Zerreißen, Herunterreißen. Wir haben auch klargestellt, dass künstlerische Aktionen nicht umfasst sind.

Meine Damen und Herren, vor allem liebe Kolleginnen! Bedanken möchte ich mich insbesondere bei Kollegin Schatz, die mit ihrem profunden Wissen und mit einer echten Empathie dieses Gesetz mit uns diskutiert hat, und bei meinen Kolleginnen von den Grünen sowieso. Ich glaube, wir haben eine tragbare, gute Lösung gefunden. Danke auch dafür, dass wir das in Verfassungsrang heben können. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

11.19

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag.a Agnes-Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Justizausschusses 2340 d.B. über die Regierungsvorlage (2285 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Verbotsgesetz 1947, das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das Abzeichengesetz 1960, das Uniform-Verbotsgesetz und das Symbole-Gesetz geändert werden (Verbotsgesetz-Novelle 2023)

Antrag

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage (2285 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Verbotsgesetz 1947, das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das Abzeichengesetz 1960, das Uniform-Verbotsgesetz und das Symbole-Gesetz geändert werden (Verbotsgesetz-Novelle 2023) wird wie folgt geändert:

1. In Art. 1 lautet die Z 9:

„9. Vor § 29 wird folgender § 28 samt Überschrift eingefügt:

„Inkrafttretensbestimmungen zu Novellen ab der Verbotsgesetz-Novelle 2023

§ 28. Der Titel, die Überschriften von § 3c, § 3i und § 3j sowie § 3a, § 3b, § 3e, § 3f, § 3g, § 3h, § 3k, § 3l, § 3m, § 3n und § 3o samt Überschriften in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2023 treten mit 1. Jänner 2024 in Kraft.““

2. Art. 2 lautet:

Artikel 2

Änderung des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008

Das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 – EGVG, BGBl. I Nr. 87/2008, in der Fassung des Zweiten Bundesrechtsbereinigungsgesetzes – 2. BRBG, BGBl. I Nr. 61/2018, wird wie folgt geändert:

1. In Art. III Abs. 1 wird nach der Z 3 folgende Z 3a eingefügt:

            „3a.     auf eine Art, dass die Tat einer breiten Öffentlichkeit bekannt wird, in gehässiger Weise eine Fahne oder ein Hoheitszeichen der Republik Österreich oder eines ihrer Bundesländer, eines fremden Staates oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung tätlich herabwürdigt, oder“

2. Art. III Abs. 1 Z 4 lautet:

            „4.       sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3g des Verbotsgesetzes 1947, BGBl. Nr. 13/1947, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2023, bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, den nationalsozialistischen Völkermord oder andere nationalsozialistische Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, auf eine Weise verharmlost, gutheißt oder zu rechtfertigen sucht, die etwa geeignet ist, die Verantwortung der Nationalsozialisten und ihrer Verbündeten zu relativieren oder auf andere zu übertragen, das Ausmaß des nationalsozialistischen Völkermords oder anderer nationalsozialistischer Verbrechen gegen die Menschlichkeit erheblich zu schmälern oder den Holocaust positiv darzustellen, oder sonst nationalsozialistisches Gedankengut verbreitet,“

3. Der Schlussteil des Art. III Abs. 1 lautet:

„begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde, in den Fällen der Z 2, 3a und 4 für das Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, von der Landespolizeidirektion, in den Fällen der Z 1 und 2 mit einer Geldstrafe von bis zu 218 Euro, in den Fällen der Z 3 und 3a mit einer Geldstrafe von bis zu 1 090 Euro und im Fall der Z 4 mit einer Geldstrafe von bis zu 10 000 Euro zu bestrafen. Wer bereits einmal rechtskräftig nach Z 4 bestraft wurde, ist mit einer Geldstrafe von bis zu 20 000 Euro oder mit einer Freiheitsstrafe von bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Im Fall der Z 4 ist der Versuch strafbar und können Gegenstände, mit denen die strafbare Handlung begangen wurde, für verfallen erklärt werden.“

4. Dem Art. III wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) Die Behörden haben rechtskräftige Straferkenntnisse nach Abs. 1 Z 4 den Sicherheitsbehörden für Zwecke der Sicherheitspolizei zu übermitteln, soweit diese deren Inhalt zur Erfüllung ihrer gesetzmäßigen Aufgaben benötigen.“

5. Dem Art. V wird folgender Abs. 9 angefügt:

„(9) Art. III Abs. 1 und 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2023 tritt mit 1. Jänner 2024 in Kraft.“

Begründung

Zu Z 1:

Es handelt sich um die Behebung eines Redaktionsversehens.

Zu Z 2:

Durch den neuen Straftatbestand des Art. III Abs. 1 Z 3a EGVG sollen gewisse Strafbarkeitslücken geschlossen werden:

–          Die Herabwürdigung der Fahne der Republik Österreich oder eines ihrer Bundesländer ist gemäß § 248 Abs. 2 des Strafgesetzbuches – StGB, BGBl. Nr. 60/1974, nur dann (gerichtlich) strafbar, wenn diese aus einem öffentlichen Anlass oder bei einer allgemein zugänglichen Veranstaltung gezeigt wird, die Herabwürdigung eines Hoheitszeichens nur dann, wenn es von einer österreichischen Behörde angebracht worden ist.

–          Die Herabwürdigung einer Fahne oder eines Hoheitszeichens eines fremden Staates oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung ist gemäß § 317 StGB nur dann (gerichtlich) strafbar, wenn sie (bzw. es) von einer inländischen Behörde oder von einer Vertretung des fremden Staates oder der zwischenstaatlichen Einrichtung nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts oder nach zwischenstaatlichen Vereinbarungen angebracht worden ist.

Strafbar soll nach diesem Auffangtatbestand – ebenso wie nach den §§ 248 Abs. 2 und 317 StGB – (nur) sein, wer eine Fahne oder ein Hoheitszeichen in gehässiger Weise tätlich herabwürdigt. Eine gehässige Weise liegt vor, „wenn die Tat aus Hass geschieht oder wenn sie so begangen wird, als würde sie von Hass diktiert. Bloße geschmacklose Verunglimpfung genügt daher nicht.“ (Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari, StGB14 § 248 Rz. 2 [Stand 10.3.2022, rdb.at]). Dies soll eine Einschränkung der Strafbarkeit bewirken (vgl. mutatis mutandis Tipold in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 317 Rz. 4 [Stand 20.1.2021, rdb.at]). Kunst und Gehässigkeit schließen einander jedenfalls aus (vgl. Tipold, aaO, Rz. 8). Die wie immer geartete Herabwürdigung einer Hymne ist nicht tatbildlich. Unmutsäußerungen wie etwa das bloße Zeigen einer durchgestrichenen Fahne als Zeichen der Meinungsbekundung ohne zusätzliche Tathandlungen werden nicht tatbildlich sein, sehr wohl aber zum Beispiel die Verächtlichmachung durch das Verbrennen, das Zerreißen oder das Herunterreißen.

§ 22 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl. Nr. 52/1991, wonach eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar ist, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, soll unberührt bleiben.

Die den Straftatbestand des Art. III Abs. 1 Z 4 EGVG betreffenden Regelungen sollen aus der Regierungsvorlage inhaltlich unverändert übernommen werden.

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in seinen Grundzügen erläutert, verteilt und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Johannes Margreiter. – Bitte.