11.34

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Justizministerin! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier oder vor den Bildschirmen, wo auch immer und auf welche Art auch immer Sie uns zuschauen! Hohes Haus! Wir erleben zutiefst bedrückende Zeiten. Seit dem barbarischen, terroristischen Angriff der Hamas auf die israelische Zivilbevölkerung scheinen alle Dämme zu brechen. Wir sehen einen weltweiten Anstieg an antisemitischen Vorfällen und wir sehen auch in Österreich einen enormen Anstieg an antisemitischen Vorfällen, allein zwischen dem 7. und dem 19. Oktober 76 Vorfälle, die von der IKG-Meldestelle registriert wurden. Das ist eine Steigerung von 300 Prozent.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sage Ihnen ganz offen: Ich bin entsetzt, ich bin erschüttert und ich bin auch traurig, dass all die Maßnahmen, die wir gesetzt haben, und all die Erfolge, die wir geschafft haben, mit diesem Vorfall weggewischt zu sein scheinen. Wir sehen das Zerstören von israelischen Flaggen, Brandanschläge auf den jüdischen Teil des Friedhofes. Wir haben immer wieder das Beschmieren von Häusern und Wohnungen und anderen öffentlichen Bereichen gesehen, das Markieren mit Davidsternen.

Es geht so weit, dass gestern eine vermeintlich behördliche Sperre dieser wirklich wichtigen Gedenkstätte der Namensmauern gemacht worden ist. Man versucht, auch das zu verunglimpfen. (Abg. Hafenecker: Fragen Sie einmal die Uni von der Frau Blimlinger!) Oder denken Sie daran, dass auf der Angewandten verharmlost worden ist (Abg. Hafenecker: Die Frau Blimlinger!), versucht worden ist, zurückzunehmen, was am 7. Oktober passiert ist, und jüdische Studentinnen und Studenten des Ortes verwiesen worden sind.

All das, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, mitten in Österreich im Jahr 2023. Ich hätte das nicht für möglich gehalten und ich sage Ihnen: Antisemitismus hat in Österreich keinen Platz! Wir werden weiter dagegen ankämpfen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Täten wir das nicht, dann frage ich mich: Wo soll das hinführen, wenn plötzlich die Demokratie, der Rechtsstaat untergraben wird, die Meinungsäußerungsfreiheit ganz öffentlich niedergemacht wird und ausgelöscht werden soll? Das erinnert uns an die dunkelsten Kapitel in diesem Lande, und das werden wir nicht zulassen. Deshalb bin ich sehr dankbar, dass genau heute die Änderung des Verbotsgesetzes von Ihnen beschlossen werden soll und das hoffentlich auch mit einer großen Mehrheit getan wird.

Abgeordneter Margreiter hat bereits ausgeführt: Diese Änderung, diese Reform des Verbotsgesetzes ist auch von Anfang an in die Nationale Strategie gegen Antisemitismus eingebettet gewesen. Wir haben von den 38 Maßnahmen damit bereits 26 zur Gänze umgesetzt und wir werden da auch weitergehen.

Ich sage Ihnen ganz deutlich: Es braucht jetzt die volle Härte des Rechtsstaates. Es braucht klare Gesetze, es braucht strenge Strafen, um dieses Niemals-wieder genau jetzt auch tatsächlich vorfinden zu können und auch das umzusetzen, was wir immer gesagt haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Justizministerin und viele Abgeordnete haben schon darauf hingewiesen, was sich ändert. Wir bringen mit diesem Gesetz auch das Verbotsgesetz auf die Höhe des 21. Jahrhunderts. Die Schaffung der Möglichkeit von Diversion ist, glaube ich, ein ganz, ganz wichtiger Schritt, um zunächst einmal die Menschen wieder in die Mitte der Gesellschaft zurückzuholen zu versuchen. Ich bin bei Abgeordneter Schatz und bin mit ihr einer Meinung: Ein Gedenkstättenbesuch allein wird nicht ausreichen. Wenn diese Versuche aber nicht fruchten, dann braucht es die volle Härte des Rechtsstaates und auch strenge Strafen. Dann, Herr Abgeordneter Stefan, haben auch Menschen, die wegen dem Verbotsgesetz verurteilt worden sind, im öffentlichen Dienst nichts verloren, denn wer tatsächlich verurteilt wird, kann nicht mehr als Vertreter des offiziellen Österreichs tätig sein. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Hafenecker: Kinderschänder aber schon!)

Wir gehen auch konsequent in der Erhöhung der Strafen in den Verwaltungsgesetzen vor. Wir erhöhen auf Strafen bis 10 000 und im Wiederholungsfall bis 20 000 Euro. Ich bin auch für das Einbringen des Abänderungsantrages der Abgeordneten Steinacker sehr dankbar, denn damit schließen wir eine Lücke, die bestanden hat. Erinnern Sie sich: Wir alle haben mit Entsetzen gesehen, als vor der Synagoge, dem Stadttempel in Wien, unter Jubel und Beifall die israelische Fahne heruntergerissen worden ist und das Ganze ins Netz gestellt worden ist. Wir hatten aber das Problem, dass wir keine Möglichkeit hatten, strafrechtlich dagegen vorzugehen, weil es kein Amtsgebäude war, weil es nicht eine behördlich aufgehängte Fahne war.

Jetzt schließen wir mit dem EGVG und dem Abänderungsantrag diese Lücke. Der Bundeskanzler hat Ende Oktober mich und den Innenminister damit beauftragt, das umzusetzen. Ich möchte mich an dieser Stelle wirklich dafür bedanken, dass das so rasch gegangen ist. Es sind alle schon angesprochen worden, die da mitgewirkt haben.

Zukünftig wird es auch strafbar sein, wenn man eine Fahne verbrennt, zerreißt, herunterreißt, selbst dann, wenn es keine Sachbeschädigung ist, weil die Fahne nicht zerstört worden ist oder weil man sie selbst gekauft hat, auch dann, wenn sie auf einem Gebäude wie einer Synagoge hängt. Da gibt es Strafen bis 1 090 Euro im EGVG. Danke, dass wir diese Lücke hiermit schließen.

Ich sage Ihnen aber auch, die strengsten Gesetze helfen nichts, wenn wir nicht als Gesellschaft gemeinsam gegen jede Form des Antisemitismus vorgehen. Jeder von Ihnen ist aufgerufen, aufzustehen, wenn so etwas wahrgenommen wird, sich einzumischen, Zivilcourage zu beweisen. Gehen wir da tatsächlich konsequent vor! Lassen wir das nicht stehen! Wir sind eine Nation, die in Frieden leben will, und wir können nur gemeinsam dafür sorgen, dass das in Zukunft auch für alle möglich sein wird.

Ich sage Ihnen auch, wenn Jüdinnen und Juden in unserer Gesellschaft unter Druck sind, dann sind wir als Demokratie, als freier Rechtsstaat unter Druck, denn es hört dort nicht auf. Wir haben das in der Geschichte gesehen. Daher auch von meiner Seite die Bitte und der Aufruf: Stellen wir gemeinsam sicher, dass Österreich ein Land des Friedens bleibt, dass in Österreich Jüdinnen und Juden frei leben können und dass wir als freie Gesellschaft weiterhin gut und in Frieden leben können! – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.41

Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Susanne Fürst zu Wort gemeldet. – Bitte.