14.39

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Prä­sident, ich hoffe, Sie kennen sich noch aus – ich tue mich heute ein bisschen schwer. Es geht ja nur um Grund- und Freiheitsrechte, sozusagen um Dinge, die vielleicht ver­fassungswidrig sind, aber es ist gar nicht so leicht – da ja heute ÖVP und Grüne die Gesetzentwürfe im Minutentakt geändert haben –, sich bei den unterschiedlichen Ge­setzentwürfen noch auszukennen, noch ein bisschen einen Durchblick zu haben. Das, wo weniger Fehler markiert sind, dürfte die letzte Variante sein. Ich kenne mich nicht mehr ganz genau aus, was jetzt überhaupt vorliegt, aber es geht ja nur um Grund- und Freiheitsrechte in Österreich. Da brauchen wir nicht so pingelig sein (Zwischenruf des Abg. Obernosterer), da kann man in einer Coronakrise ruhig auch großzügig sein. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der FPÖ sowie der Abg. Meinl-Reisinger.)

Ganz grundsätzlich möchte ich hier schon die Frage stellen: Ist es wirklich notwendig, dass man Menschen Angst einjagen muss dass die eigenen Eltern, dass Oma und Opa vielleicht sterben –, damit Sie in der Lage sind, die Coronakrise zu meistern? Ist das notwendig, Menschen Angst einzujagen, so wie Sebastian Kurz das im stillen Kämmerlein gesagt hat (Abg. Wurm: Nein, es ist nicht notwendig!), oder geht es nicht auch anders, indem man die Bevölkerung informiert, indem man die Fakten auf den Tisch legt? Ist es – bei den Apps, die jetzt im Raum stehen – notwendig, Menschen zu zwingen, dass sie eine App verwenden, oder sind die Menschen vielleicht doch in­telligent genug, dass sie das selber wissen, wenn man ihnen die Fakten auf den Tisch legt? Ist es möglich – so wie in Deutschland –, die Expertinnen und Experten aus den Expertenrunden, die man auch kennt, in den Pressekonferenzen auch vor den Vor­hang zu holen, oder machen wir es so – wie in Österreich , dass man sagt: Die Exper­ten brauchen wir nicht, das macht alles Sebastian Kurz, denn der kennt sich überall aus!? Wenn es Fragen gibt, kann man Sebastian fragen.

Spannend ist nur, Herr Bundesminister Anschober – und ich wäre da jetzt skeptisch –: Warum sind Sie eigentlich nur noch alleine bei den Pressekonferenzen? – Sobald es ein bisschen happig und holprig wird, ist Sebastian Kurz weg und auf einmal ist nur noch Rudi Anschober verantwortlich. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der FPÖ sowie der Abg. Meinl-Reisinger.)

Wir merken alle, dass es in der zweiten Phase nicht leicht ist. Wir alle miteinander müssen die zweite Welle verhindern, aber kaum wird es haarig, ist entweder Rudi An­schober verantwortlich – ich möchte Sie da nicht verteidigen – oder die Bevölkerung ist nicht in der Lage, die Verordnungen umzusetzen. So! In Österreich kennt sich zwar niemand mehr aus – wir haben inzwischen eigene Arbeitsgruppen, die wir brauchen, damit wir noch wissen, was überhaupt geltendes Recht ist –, aber wenn irgendetwas in der zweiten Phase nicht klappt, dann ist die Bevölkerung schuld, das ist natürlich lo­gisch. Sebastian Kurz ist ohnehin schon auf Tauchstation.

Einmal möchte ich hinsichtlich Epidemiegesetz noch warnen. Wir haben in Österreich eine Ministerin, die vorher nichts sagt und danach, hinten nach aber immer die Ge­scheite ist und uns allen erzählt, was super gewesen wäre: Frau Ministerin Edtstadler. Letzte Woche hat sie sich über die APA darüber beschwert, dass Herr Minister An­schober sie vorher nicht fragt. Ich hoffe deshalb, dass sie beim Epidemiegesetz die Möglichkeit gehabt hat, sich vorher einzubringen. Da geht es wirklich um massive Ein­griffe.

Da geht es darum, dass man versucht hat, in Österreich eine App durch die Hintertür einzuführen. Wir alle wissen, Sebastian Kurz hat eher das israelische Modell einer Ge­heimdienst-App gewollt – der israelische Geheimdienst hat gerade das Verbot bekom­men, diese App sozusagen zu verwenden, mit der man alle infizierten und kranken Menschen überwacht; das wollte Sebastian Kurz haben. Dann haben die Grünen – das muss man ja loben – gemeinsam mit der Zivilgesellschaft, also mit uns allen, verhin­dert, dass es einen Zwang gibt. Dann verhielt sich Sebastian Kurz auf einmal wie ein trotziges Kind und wollte diese App nicht mehr haben. Das haben wir jetzt am Wo­chenende auch in der Presse nachlesen können.

Jetzt plätschert das Ganze dahin: Es gibt bis heute keine Festschreibung, dass Frei­willigkeit sozusagen verankert wird. Betreffend Arbeits- und Sozialrecht wissen wir bis heute nicht, ob man am nächsten Tag arbeiten gehen darf oder nicht, wenn es um 11 Uhr in der Nacht sozusagen aufblinkt und man die Nachricht bekommt, dass man potenziell infiziert ist; das weiß man ja bis heute nicht. Frau Ministerin Aschbacher hat gesagt, arbeiten gehen muss man schon. Das heißt, die Leute wissen nicht einmal, was passiert. Das ist alles ein Husch-Pfusch!

Jetzt wollte man das Ganze noch ins Epidemiegesetz hineinschreiben. Wir haben ge­sagt, so eine wichtige Frage kann sich doch nicht die Politik im stillen Kämmerlein aus­mauscheln. Seit Tagen mauscheln und doktern ÖVP und Grüne herum, Hunderttau­sende Fehler sind drinnen. – So kann man doch nicht arbeiten, wenn es um Grund- und Freiheitsrechte geht! Deswegen: Rückverweisen wir an den Ausschuss, nehmen wir uns alle miteinander die Zeit! Das ist peinlich, was heute abgeht. So kann man nicht arbeiten, das schafft kein Vertrauen! (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der FPÖ sowie des Abg. Loacker.)

14.43

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Klubobfrau Sigi Maurer. – Bitte.