18.40

Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Meine sehr geehrten Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Abgeordneter Vogl hat mich um einen Debat­tenbeitrag ersucht; ich komme diesem Ersuchen sehr, sehr gerne nach.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, einen kurzen Überblick über den aktuellen Auszah­lungsstand des 38-Milliarden-Euro-Hilfspakets zu geben, bevor ich dann ein paar Wor­te zu den aktuellen Themen sage.

Wir haben mittlerweile über 14 Milliarden Euro aus diesem 38-Milliarden-Euro-Fonds rechtsverbindlich zugesagt, und damit ist Liquidität zur Verfügung gestellt worden. Das setzt sich aus mehreren Bereichen zusammen, einerseits aus Steuerstundungen in Höhe von 4,4 Milliarden Euro; die kann man gar nicht auszahlen, das ist einer dieser Bereiche, aber es bleibt mehr Liquidität in den Unternehmen drinnen – also insofern: nicht bezahlt, sondern gestundet, völlig richtig, aber dennoch zugesagt, und das hilft den Unternehmen, besser durch die Krise zu kommen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Weiters sind mittlerweile 2,6 Milliarden Euro an Garantien übernommen worden, um Unternehmen auch Kredite geben zu können. Wir haben im Rahmen des Soforthil­fepakets Zahlungen in der Höhe von circa 800 Millionen Euro geleistet, um im Pflege­bereich, bei der Beschaffung von medizinischer Ausrüstung sowie bei klinischen Stu­dien Fortschritte machen zu können. Wir haben im Zusammenhang mit der Corona­kurzarbeit mittlerweile auf 7 Milliarden Euro aufgestockt. Diesbezüglich sind Zigtausen­de Anträge mittlerweile genehmigt und die Abwicklung läuft auf Hochtouren. – Vielen Dank dafür auch an all die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im AMS, die Unglaubliches leisten, denn wenn man weiß, dass es in normalen Jahren vielleicht einige Hundert An­träge auf Kurzarbeit gibt und jetzt an die 100 000 Anträge, dann weiß man auch, dass das schon eine massive Mehrbelastung ist – deswegen ein großes Danke an alle Mit­arbeiterinnen und Mitarbeiter in allen AMS-Stellen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Betreffend Härtefallfonds, der mittlerweile in seiner zweiten Phase beantragbar ist, ha­ben wir sehr gut zugehört, was die Rückmeldungen betrifft, die auch von der Opposi­tion, von vielen Antragstellerinnen und Antragstellern gekommen sind, wo wir nachbes­sern müssen. Das haben wir getan, in der zweiten Phase ganz massiv. Wir haben auch das Volumen auf circa 2 Milliarden Euro aufgestockt, die Richtlinien angepasst, der Betrachtungszeitraum ist erweitert worden. Natürlich schlägt die Coronakrise bei manchen etwas später durch als bei einigen anderen. Wenn beispielsweise im Februar eine Rechnung gestellt worden ist, die einige Monate später erst einlangt, dann findet sich das zwar in den Umsätzen in einem belasteten Zeitraum wieder, aber keine wei­teren Umsätze folgen; deswegen haben wir den Antragszeitraum ausgeweitet. Wir ha­ben auch festgelegt, dass Jungunternehmer, die erst später gegründet haben, antrags­berechtigt sind. Wir haben eine Mindestförderhöhe eingeführt, auch für Unternehmen, die über die letzten Jahre hinweg nie einen Gewinn gemacht haben, aber dennoch Geld brauchen, um die privaten Bedürfnisse abzudecken.

Im Zusammenhang mit dem Coronahilfsfonds, den 15-Milliarden-Euro-Fonds, mit dem wir vor allem die Kreditgarantien abwickeln und das Zuschussprodukt in den nächsten Wochen auf die Beine stellen, möchte ich ein paar Worte zur Kreditvergabe sagen: Wir haben von Beginn an versucht, das bestmögliche Kreditregime auf die Beine zu stel­len. Wir haben auch in die Schweiz geblickt, um zu sehen, wie das dort abgewickelt wird, und haben dann versucht, das in Österreich genauso zu machen – mit dem gro­ßen Unterschied, dass die Schweiz nicht den europäischen Regulierungen unterliegt. Wir haben bei der Kommission lange darum ersucht, dieses 100-Prozent-Garantiepro­dukt seitens der Republik übernehmen zu dürfen. Es wurde uns nicht erlaubt, weil es dem europäischen Beihilfenrecht nicht entspricht.

Nach einigen Wochen hat die Kommission dann doch gesagt, dass man darf. – Wir ha­ben zu diesem Zeitpunkt natürlich schon viele Arbeiten geleistet gehabt, ein 90-Pro­zent-Garantieprodukt aufgelegt, haben dann in Windeseile, schneller als beispielswei­se die Deutschen, auch so ein 100-Prozent-Garantieprodukt aufgelegt, und mittlerweile sind über 1 700 Anträge im Zusammenhang mit diesem Garantieprodukt gestellt und viele davon abgewickelt worden.

Wir haben aber auch gesehen, dass es bei den Banken dennoch große Unsicherheit gibt, wie man jetzt damit umgehen soll. Man darf aber nicht vergessen – und da möch­te ich mich auch bei den vielen Bankangestellten bedanken, die wirklich Großartiges geleistet haben; in den letzten Wochen sind 17 Milliarden Euro an Krediten vergeben worden, ein Vielfaches im Vergleich zu normalen Zeiten –: Wir haben seit der letzten Finanz- und Wirtschaftskrise zu Recht viele Regulierungen gefunden, die Banken er­füllen müssen, damit sie weniger Risiko nehmen. Die Bankberaterin, der Bankberater ist auf die Rechtsverbindlichkeit geschult worden, möglichst wenig Risiko zu nehmen, und von diesem Bankbetreuer, dieser Bankbetreuerin verlangen wir jetzt, dass er be­ziehungsweise sie den Schalter umlegt und möglichst viel Risiko nimmt, um möglichst schnell zu helfen. Das ist auch eine gewisse Überforderung für viele, die jetzt jahrelang anders geschult worden sind, deswegen auch da ein großes Danke für die tolle Arbeit, die unter sehr schwierigen Umständen geleistet wird.

Wir haben jetzt dennoch nach einigen Rückmeldungen versucht, in der Abwicklung noch besser zu werden, indem wir einerseits mit den Förderstellen, anderseits auch mit der Finanzmarktaufsicht gesprochen haben, sie ersucht haben, sich anzusehen, wie man die europäische Regelung möglichst flexibel handhaben kann, überall, wo es möglich ist, Ausnahmen zu machen, und haben erreicht, dass beispielsweise die Ga­rantiebedingungen, die seitens der europäischen Ebene gefordert werden, damit der Staat Haftungen übernehmen darf, jetzt mithilfe einer eidesstattlichen Erklärung ohne Prüfung durch die Bank vom Unternehmen selbst unterschrieben werden können. Es wird erst nachträglich von der Finanz geprüft, das beschleunigt den Prozess massiv.

Wir müssen diese Garantiebedingungen erfüllen, weil es aufgrund des europäischen Beihilfenrechts leider Gottes gefordert ist. Meine Forderung – und ich hoffe, da unter­stützen Sie mich alle – ist, dass wir während dieser Krise, die eine absolute Ausnahme darstellt, auch das Beihilfenrecht auf europäischer Ebene für die Dauer der Krise temporär aussetzen, damit wir jetzt nicht noch mehr Brüsseler Bürokratie berücksich­tigen müssen und den eigenen Unternehmen schneller helfen können. Ich bitte auch da um Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Nach langen Verhandlungen auch mit der Finanzmarktaufsicht ist es uns gelungen, dass die Bonitätsprüfung, die nach dem Bankwesengesetz – auch in Umsetzung der europäischen Richtlinien – notwendig ist, insofern verkürzt und beschleunigt werden kann, als bei bestehenden Bankkreditkunden nur mehr eine sehr oberflächliche Prü­fung durch die Bank notwendig ist, denn die Bank kennt den Kunden ja bereits. Bei Neukunden muss diese ganz normal durchgeführt werden, hat die Finanzmarktaufsicht gesagt. Bei vielen bestehenden Kunden wird das aber zu einer massiven Beschleuni­gung im Zusammenhang mit Krediten führen.

Ich glaube also, da haben wir alle Möglichkeiten genutzt, um auch möglichst schnell und flexibel auf die Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen. Es ist eine Krise, die wir alle noch nie erlebt haben. Wir setzen Maßnahmen, die wir alle noch nie gesetzt haben, deswegen, glaube ich, tun wir gut daran, auch die Rückmeldungen aufzunehmen und dort umzusetzen, wo es möglich und sinnvoll ist. – Vielen Dank auch für die gute Zu­sammenarbeit mit dem Hohen Haus, denn das ist nur möglich, weil es hier immer wieder schnelle Gesetzgebungsverfahren gibt; vielen Dank dafür. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Zu den Maßnahmen, die heute im Gesetzespaket enthalten sind, nur einige Worte: Es geht da vor allem um Erleichterungen bei Abwicklungen für die Bürgerinnen und Bür­ger, beispielweise die Umsatzsteuerbefreiung von Schutzmasken; das ist in der jetzi­gen Zeit, glaube ich, sehr, sehr wichtig. In der Bundesabgabenordnung wird eine Ände­rung vorgenommen, sodass neben einer beantragten oder aufrechten Zahlungserleich­terung auch eine Gutschrift in Zukunft in ungekürzter Form ausgezahlt werden kann – auch da braucht es eine Änderung. Betreffend pensionierte Ärzte, die jetzt zurück­kommen, um in der Krise zu helfen, erlassen wir Ausnahmebestimmungen, damit diese keine steuerlichen Nachteile erleiden.

Und natürlich wollen wir bei allem, was wir jetzt tun, bei allen Förderungen, die wir jetzt vergeben, die Möglichkeit schaffen, dass im Nachhinein auch ordentlich geprüft wird. Wir wollen so schnell wie möglich helfen, das heißt, so viel Kulanz wie möglich walten lassen, aber gleichzeitig braucht es genügend Kontrolle, um strukturellen Missbrauch zu verhindern. Um dem einen klaren Riegel vorzuschieben, braucht es hier von vorn­herein auch die Ankündigung, dass alle Vergaben im Nachhinein durch die Finanz prüfbar sind.

Ich bedanke mich nochmals für die gute Zusammenarbeit mit dem Hohen Haus in sehr, sehr schwierigen Zeiten – vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.48

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Josef Schellhorn. – Bitte, Herr Abgeordneter.