21.41

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Sehr geehrte Damen und Herren! Aufgrund der starken Präsenz der Coronakrise ist die humanitäre Katastrophe in den Flüchtlingslagern an der türkisch-griechischen Grenze in den Hintergrund geraten – aus den Augen, aus dem Sinn; im wahrsten Sin­ne des Wortes.

Die Situation in den Lagern ist aufgrund der Covid-19-Pandemie allerdings nicht besser geworden, ganz im Gegenteil, sie spitzt sich zu einer humanitären und gesundheitli­chen Katastrophe zu. Allein im Lager Moria auf Lesbos leben 20 000 Menschen zu­sammengepfercht auf engstem Raum unter widrigsten Verhältnissen: Die Wasserver­sorgung ist nicht oder kaum gegeben, 100 Menschen teilen sich eine Toilette, Mas­kenpflicht und Abstandsregeln, wie wir sie kennen, sind in den Camps nicht möglich, Voraussetzungen zum Händewaschen schon gar nicht gegeben. Die Menschen sind aufgrund der Situation generell geschwächt, es ist also wichtig, gerade in der Corona­krise ein Zeichen zu setzen, damit sich das Coronavirus in den Flüchtlingslagern nicht wie ein Lauffeuer ausbreiten kann. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Sehr geehrter Herr Minister, Wohn- und Sanitärcontainer sind vielleicht eine gute erste solidarische Hilfe, aber das ist auf jeden Fall zu wenig. (Beifall bei der SPÖ und bei Ab­geordneten der NEOS.) Mittlerweile haben sich auch, Kollegin Krisper hat es schon er­wähnt, EU-Länder zusammengeschlossen, um 1 600 Flüchtlingskinder, unbegleitete minderjährige Jugendliche aus diesen Camps auf den griechischen Inseln nach Europa zu holen. 1 600 Jugendliche: Deutschland, unser Nachbarland, und Luxemburg haben schon die ersten Transporte dieser Jugendlichen nach Zentraleuropa durchgeführt, sie­ben EU-Länder und die Schweiz haben sich dazu bereit erklärt – das schwarz-grüne Österreich ist nicht dabei, und das ist sehr beschämend, sehr geehrte Damen und Her­ren. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe im Regierungsprogramm nachgelesen, da steht, man werde „keine Initiativen in Richtung Verteilungsregeln“ von Flüchtlingen setzen. – Das müssen Sie auch nicht tun, sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien, Sie brauchen keine Initiative zu ergreifen, Sie brauchen sich nur diesen Ländern anzuschließen, die bereits gezeigt haben, dass es möglich und dass es dringend notwendig ist, Griechenland nicht alleinzulassen, diese Lager zu räumen und die humanitäre Situation vor allem nicht zu einer gesundheitlichen Katastrophe werden zu lassen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Ich wünschte mir wirklich – und das meine ich genau so, wie ich es sage; ich wünschte mir das wirklich –, die grüne Partei könnte sich in dieser Frage in der Regierung durch­setzen, würde nicht ihre Ideale über Bord werfen, Vizekanzler Kogler könnte seine „Pri­vatmeinung“, dass die Kinder aus diesen Lagern zu holen sind, zu einer Regierungs­meinung machen und wir würden da endlich aktiv werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister haben sich bereit erklärt, Familien und Kinder in ihren Gemeinden aufzunehmen. Werden wir also aktiv!

Sehr geehrte Damen und Herren, wir wissen, dass alleine in den Lagern auf den grie­chischen Inseln ungefähr 2 000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge – neun von zehn sind unter 14 Jahren – leben. Setzen wir gemeinsam ein Zeichen und unterstüt­zen wir diesen Antrag der NEOS, holen wir die Kinder da raus! – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

21.44

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete El-Nagashi. – Bitte.