10.26

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesregierung! Liebe Frau Staatssekretärin! Kunst und Kultur – ein wirklich abrupter Themenwechsel im Vergleich zu den letzten Stunden und vor allem Tagen; vielleicht aber auch nicht, denn die Frage ist: Warum stehen wir heute eigentlich hier bei der Vorstellung einer neuen Kunst- und Kulturstaatssekretärin? – Wir stehen hier, weil schon nach nicht einmal sechs Monaten die erste Regierungsumbildung notwendig wurde, und das ist nicht erfreulich, würde ich einmal sagen.

Wir stehen auch hier, weil die letzte Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek – an dieser Stelle auch von unserer Seite Dank an sie – die Verantwortung dafür übernehmen musste, dass die Bundesregierung offenbar einen gesamten Bereich unserer Gesell­schaft vergessen hat! Die Institutionen im Bereich Kunst und Kultur – die Theater, die Kabaretts, die Kinos, die Vorlesungssäle – waren nämlich die ersten, die im Rahmen des Shutdowns schließen mussten, und sie sind die letzten, die jetzt, sehr zögerlich und langsam, wieder beginnen dürfen zu arbeiten. (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)

Die Kulturschaffenden und alle Menschen, die hinter den Künstlerinnen und Künstlern stehen – das sind die Portiere, das sind die Kartenverkäufer, das sind die Garde­robieren und Garderobiers –, wurden jetzt wochenlang ignoriert. Es war ein monate­langer Stillstand in diesem Bereich – wenn man noch weiter gehen will: eine Plan­losig­keit –, und das Ergebnis sind Tausende bedrohte Existenzen unter den Künstlerinnen und Künstlern.

Die versprochenen Hilfen in diesem Bereich sind zu wenig, sie kommen zu spät an, sie sind in ganz vielen Fällen auch für den Alltag und die Realitäten vieler Künstlerinnen und Künstler ungeeignet, sie sind zu bürokratisch oder sie kommen gar nicht an. Wenn man nach Luxemburg, nach Deutschland oder in die Schweiz schaut, sieht man, die Welt der dortigen Künstlerinnen und Künstler während Corona sieht etwas anders aus, dort gibt es zum Beispiel hundertprozentige Entschädigungszahlungen für die Kultur­schaffenden, die Institutionen und Künstler für die Dauer des Shutdowns im Kulturbe­reich.

Was wir jetzt hier zu Kunst und Kultur diskutieren, kommt mir alles irgendwie bekannt vor, denn wir kennen es aus ganz vielen Bereichen, die wir in den letzten Wochen – und auch in dieser Woche – hier im Haus diskutieren mussten. Es ist ein türkis-grüner Faden, der sich durch die Struktur des Coronakrisenmanagements, durch die Bewäl­tigung der sozialen und wirtschaftlichen Krisenfolgen zieht: Es fehlt offenbar an Kom­petenz, vor allem in wirtschaftlichen und sozialen Fragen; es fehlt offenbar an Nullen im Budget, wie wir seit gestern Abend wissen, es fehlt an einem konkreten Plan, wie Österreich aus dieser schweren sozialen und wirtschaftlichen Krise herauskommt. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Ja, und in dieser Situation und zu diesem schwierigen Zeitpunkt startet die neue Kunst- und Kulturstaatssekretärin. Es ist nicht leicht und, liebe Andrea Mayer, ich kenne Sie und dich als hoch kompetente Expertin in der Kulturpolitik, die Künstlerlinnen und Künstler schätzen dich. Ich schätze dein Engagement der vergangenen Jahre – und es sind Jahrzehnte, wie wir heute schon gehört haben –, deine Erfahrung in diesem Be­reich.

Ja, Andrea Mayer ist eine gute Wahl, sie ist eine sehr gute Wahl, aber all ihr Können, all ihre Erfahrung, all diese Expertise werden nicht ausreichen, wenn sie nicht die notwendige Unterstützung, wenn sie nicht den notwendigen Rückhalt seitens des Bundeskanzlers, des zuständigen Kunst- und Kulturministers, ja, und auch seitens des Finanzministers – da ist meine Hoffnung, dass sich das ändern wird, nicht sehr groß – bekommt. Ihr Können wird nicht ausreichen, um die Situation der Künstlerinnen und Künstler zu ändern. – Ja, in den letzten Tagen hat sich diesbezüglich etwas getan. Gut, dass auf Druck reagiert wurde.

Abschließend, liebe Frau Staatssekretärin: Ich freue mich persönlich sehr. Ich rate dir so am Rande: Vergiss nie, die Nullen zu zählen, wenn du an Verhandlungen gehst! Ich wünsche dir persönlich viel Kraft, viel Ausdauer, viel Erfolg. Ich wünsche es dir des­wegen, weil es um unsere Kulturnation Österreich geht, auf die wir alle stolz sind. Das ist Teil unserer Identität – das wurde gesagt –, aber Kunst und Kultur sind viel mehr als Unterhaltung, sind niemals auf Unterhaltung reduzierbar, Kunst und Kultur sind der lebensnotwendige Kontrapunkt – und ich wähle ganz bewusst ein musikalisches Stil­mittel – unserer Gesellschaft. Wir brauchen Kunst und Kultur! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

10.32

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Klubobmann Kickl. – Bitte.