11.00

Staatssekretärin im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Mag. Andrea Mayer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Wertes Regierungsteam – vielen Dank auch für die Rückendeckung am heutigen Tag bei meiner Vorstellung hier im Nationalrat! (Prä­sidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Es ist ein historischer Moment in meinem Leben. Vielen Dank auch für den Zuspruch, den Sie mir schon in den ersten Redebeiträgen haben zuteilwerden lassen und den ich auch bei den Gesprächen am Rande der Sitzungen erfahren durfte. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ, bei Abgeordneten der NEOS sowie des Abg. Martin Graf.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wie Sie wissen, sind Kunst und Kultur nicht nur persönlich wichtig für mich, sondern bilden seit vielen Jahren einen zentralen Bestand­teil meiner beruflichen Laufbahn. In unterschiedlichen Funktionen habe ich mir umfas­sende Kenntnis der österreichischen Kunst- und Kulturlandschaft in all ihren Facetten, von der Hochkultur bis zur freien Szene, aneignen können. Diese Expertise und das Wissen um die Bedürfnisse und die Herausforderungen des Kunst- und Kulturbetriebs und der in ihm Tätigen werde ich mit voller Kraft einsetzen – ganz im Sinne der Kultur­nation, als die wir international bekannt sind. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Österreich ist ein Land der Künstlerinnen und Künstler. Es ist ein fruchtbarer Ort für un­zählige kleine und große, vielfach weltberühmte Kultureinrichtungen und Kultur­initiativen. Wir sind zu Recht stolz auf das breite Spektrum an kulturellen Angeboten und künstlerischen Ausdrucksformen: von zeitgenössischer Kunst bis zum Brauchtum, von digitaler Kunst bis zu den großen Bundesmuseen, von den Musikschulen bis zu den Tanzfestivals, von Pop bis Oper, von Mode bis Architektur und Design.

Kunst und Kultur sind ein zentraler und unverzichtbarer Teil unseres Lebens, sie tragen wesentlich zu unserem Selbstverständnis bei. Kunst und Kultur übernehmen wichtige Funktionen in einer globalisierten und digitalisierten Welt. Kreativität treibt Innovation an und fördert die internationale Wettbewerbsfähigkeit Österreichs. Die Rahmenbe­din­gungen für Kunst und Kultur in Österreich zu gestalten und zu verbessern – das ist der Grund, weshalb ich als Staatssekretärin für Kunst und Kultur heute vor Ihnen stehe. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die derzeitige kulturpolitische Agenda wird von einer globalen Gesundheitskrise be­stimmt. Die Konsequenzen dieser Krise sind für uns alle noch nicht in vollem Umfang absehbar, wir lernen jeden Tag dazu, sie hängen natürlich auch von ihrem weiteren Verlauf ab. Die aktuelle Krise zeigt uns aber deutlich, wie verletzlich Kunst und Kultur sind, wenn plötzlich aufgrund einer Pandemie die Grundlagen für ihre Ausübung weg­fallen. Das stellt uns alle vor unerwartete Herausforderungen.

Unsere kulturelle Vielfalt gilt es jetzt zu erhalten, und diejenigen, die sie ermöglichen, nämlich die Künstlerinnen und Künstler, gilt es zu unterstützen. Die Bundesregierung, aber auch die Länder und Gemeinden haben in den letzten Wochen bereits einen brei­ten Fächer an Unterstützungsmaßnahmen bereitgestellt, und es freut mich sehr, dass es uns in diesen ersten Tagen in meinem Amt bereits gelungen ist, eine maßge­schneiderte Überbrückungsfinanzierung für selbstständige Künstlerinnen und Künstler in der Höhe von 90 Millionen Euro auf die Beine zu stellen. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Die rechtliche Grundlage dafür ist gerade in parlamentarischer Beratung.

Ebenfalls diese Woche haben wir ein Paket für die Filmbranche erarbeitet, damit Pro­duktionsfirmen ihre Dreharbeiten wieder aufnehmen können. Im Zentrum dieses Pake­tes steht die Übernahme der Kosten von Covid-19-bedingten Produktionsabbrüchen. Dahin gehend stellt die Bundesregierung bis zu 25 Millionen Euro an Zuschuss bereit.

Die Rahmenbedingungen für den mit 700 Millionen Euro dotierten NPO-Fonds, der den gemeinnützigen Kulturinstitutionen zur Verfügung stehen wird, werden auch gerade finalisiert.

Ich danke an dieser Stelle auch – wie die Vorredner und Vorrednerinnen – meiner Amtsvorgängerin Ulrike Lunacek für ihre Arbeit in den vergangenen Monaten und für alles, was sie in Kunst und Kultur bewegen konnte, zum Beispiel die Umschichtungen von Förderungen im Ressort in der Höhe von mehr als 3 Millionen Euro zur Unter­stützung der Bereiche Musik, Film, bildende Kunst und Literatur oder die 50 Millionen Euro an zusätzlichen und vorgezogenen Förderungen, die die Sektion für Kunst und Kultur in diesem Jahr zur Abfederung von Liquiditätsproblemen bereits ausbezahlt hat. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Eine der wichtigsten Errungenschaften der letzten Tage sind aber ganz sicher die Lockerungen im Veranstaltungsbereich ab 29. Mai, also ab heute, zusammen mit der seit 15. Mai möglichen Öffnung der Museen, Ausstellungshäuser und Büchereien. Dies ist durch die niedrigen Infektionszahlen jetzt möglich geworden, und es ist gut und es ist enorm wichtig, dass es so ist. Ich freue mich wirklich von Herzen, wenn ich daran denke, dass wir schon ab diesem Wochenende wieder in Konzerte, ins Theater, ins Kabarett oder ins Kino gehen können! Es ist für uns alle wichtig, es gehört zu unserer Lebensqualität und zu unserer Lebenskultur. Somit können auch viele in der Kunst und Kultur Tätige ihre Arbeit und Beschäftigung wieder aufnehmen. Auch diesbezüglich kann nicht genug betont werden, wie wichtig das ist.

Natürlich sind wir noch nicht beim Kunst- und Kulturbetrieb, wie wir ihn vor der Coronazeit gekannt haben, und natürlich gibt es da auch noch viele offene Fragen und Bereiche, die noch nicht aktiv öffnen und tätig sein können. Das ist jetzt aber keine Auseinandersetzung zwischen Hochkultur und Eventkultur, sondern da geht es um Sitzplatz oder Stehplatz. Ich bin mit Herrn Bundesminister Rudolf Anschober einer Meinung, dass wir im Juni die bisherigen Öffnungsmodalitäten evaluieren und den Häusern aller Art noch im Juni Orientierung dahin gehend geben, wie der Betrieb ab September weitergehen kann.

Es wird natürlich so sein, dass die globale Gesundheitskrise auch in den kommenden Monaten, wenn nicht Jahren auf den Kunst- und Kulturbetrieb nachwirkt. Wichtig ist, dass wir daher schon heute Schritte für die Zukunft setzen, den Künstlerinnen und Künstlern Hoffnung und Chancen geben und den Kunst- und Kultureinrichtungen Planungssicherheit. Wir müssen auf die Folgewirkungen der Krise mit zukunftsträch­tigen Lösungsvorschlägen reagieren und die entsprechende staatliche Finanzierung sicherstellen. Das Regierungsprogramm bietet nicht nur einen Leitfaden dazu, sondern auch Antworten.

Ich freue mich auf die Zeit, in der wir auch die wichtigen Themen des Regierungs­programms umsetzen können und nicht nur coronabedingt Akutmaßnahmen ergreifen müssen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Als ganz zentral sehe ich die Entwicklung einer gemeinsamen Strategie von Bund, Ländern und Gemeinden zum Thema faire Bezahlung und soziale Absicherung von allen, die im Bereich Kunst und Kultur tätig sind. Dazu zählt auch ein modernes Urhe­berrecht mit einer angemessenen Vergütung für Urheberinnen und Urheber.

Ich bekenne mich ausdrücklich zu einer öffentlichen Finanzierung von Kunst und Kultur. Das ist eine Investition in die Zukunftsfähigkeit und die Kreativität unserer Gesellschaft. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Die Verantwortung für Kunst und Kultur liegt aber nicht nur bei der öffentlichen Hand, sondern sollte auch aus der Mitte der Gesellschaft, also von uns allen, wahrgenommen werden. Wir werden Anreizmodelle für vermehrtes privates Engagement und finanzielle Absetzmöglichkeiten prüfen, und wir wollen in Digitalisierungsprojekte investieren.

Wir haben in Österreich eine sehr gute kulturelle Infrastruktur in den Städten, aber auch im ländlichen Bereich ist Kunst und Kultur ein wichtiger und spannender Faktor. Daher ist es wichtig, auch die Regionalkultur entsprechend zu fördern, auch im Hinblick auf die Umsetzung der baukulturellen Leitlinien des Bundes zur Stärkung des länd­lichen Raums. Die Stärkung der regionalen Kultur fördert das Miteinander der Men­schen, ist wichtig für die lokale Wirtschaft und für den Zusammenhalt unserer Gesell­schaft.

Darüber hinaus müssen wir uns der Gedenkkultur in besonderer Weise zuwenden und sie stärken. Heuer war der 75. Jahrestag der Gründung der Zweiten Republik und damit des Endes des Nationalsozialismus. Auch wenn uns coronabedingt einiges da­zwischengekommen ist, soll das Gedenkjahr 2020 als Ausgangspunkt für eine neue, auf breiter gesellschaftlicher Basis stehende Gedenkkultur dienen.

Auch eine gut aufgestellte Provenienzforschung, mündend in einer systematischen Rückgabe von Kunst- und Kulturgütern – und zwar auch über den Bereich der Zwangs­enteignungen durch den Nationalsozialismus hinausgehend –, ist mir ein sehr großes Anliegen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und NEOS.)

Und auch wenn es im Bereich Kunst und Kultur vielleicht nicht das erste Thema ist, das einem einfällt: Auch ich in meinem Aufgabenbereich habe mich, wie die gesamte Bundesregierung, der Nachhaltigkeit verschrieben. Beim Ministerrat am Mittwoch die­ser Woche hat die Bundesregierung den ersten nationalen Fortschrittsbericht zur Umsetzung der UNO-Nachhaltigkeitsziele beschlossen. Dabei wurde auch festgelegt, dass sich das Wiederhochfahren aller Bereiche des öffentlichen Lebens in Österreich nach Corona auch an den Zielen der Agenda 2030 orientieren soll.

Kultur, Kulturerbe, kulturelle Vielfalt, interkulturelles Verständnis und Teilhabe am Kul­turleben sind wesentliche Elemente für nachhaltige Entwicklung. Mir ist es daher ein wichtiges Anliegen, dass wir auch im Kunst- und Kulturbereich sowohl national als auch international starke Signale in diese Richtung setzen.

Lassen Sie mich zum Abschluss nochmals Folgendes bekräftigen: Der Bundesregie­rung ist bewusst, dass dies derzeit eine sehr, sehr schwierige Zeit für alle in der Kunst und Kultur Beschäftigten ist, und wir wissen, dass die Nachwehen der Corona­pan­demie noch länger andauern werden.

Ich möchte mich mit meinen Erfahrungen und mit aller Kraft für den österreichischen Kunst- und Kulturbereich einsetzen, damit wir gut durch diese Krise kommen. Als Staatssekretärin möchte ich dafür Sorge tragen, die Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur in Österreich aktiv mitzugestalten und spürbar zu verbessern. Ich möchte eine mutige, eine zielgerichtete Kulturpolitik betreiben, die ein wirksames Instrument, die nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft, positiv beeinflusst.

Mögen uns die notwendigen Schritte in diese Richtung gemeinsam gelingen. Dafür darf ich Sie, sehr geehrte Damen und Herren, um Ihre tatkräftige Unterstützung ersuchen. Viele von Ihnen kenne ich ja schon lange aus verschiedenen Funktionen, und auch an diejenigen, die ich noch kennenlernen werde: Meine Hand ist ausgestreckt, meine Tür steht offen, wir sind nur gemeinsam stark! – Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit dem Hohen Haus und auf den ersten Kulturausschuss, der, glaube ich, schon übernächste Woche anberaumt ist. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen, ÖVP, SPÖ und NEOS sowie des Abg. Martin Graf.)

11.15

Präsidentin Doris Bures: Danke, Frau Staatssekretärin.

Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Eva Blimlinger zu Wort gemeldet. – Bitte.