16.36

Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir alle wissen, dass wir uns eigentlich noch inmitten der Krisenbewältigung zu Covid-19 befinden; ich begrüße es aber, dass wir gerade auch in dieser Krisenphase trotzdem so eine Behandlung hier im Nationalrat haben. Das ist wichtig, denn – das wurde immer wieder unterstrichen – die Außenpolitik bleibt nicht stehen.

Man muss auch darauf achten, dass man nicht vielleicht im Schatten sozusagen des Coronavirus Entwicklungen übersieht – Stichwort Hongkong oder anderswo – oder ihnen nicht genug Raum gibt, die dann Platz greifen, und man dann erst vielleicht im Nachhinein wieder feststellt, was eigentlich weltweit geschehen ist.

Ich kann Ihnen nur versichern, im Außenministerium sind wir auf jeden Fall – sozu­sagen als Augen und Ohren der Republik – andauernd sehr wachsam und beobachten die Entwicklungen weltweit. Ich danke auf jeden Fall dem Nationalrat für die heutige Behandlung der nicht unwesentlichen Abkommen.

In Wirklichkeit – das wurde schon gesagt – sind es drei wesentliche Punkte, wenn man die Abkommen zusammenfassen wollte: Stärkung des Amtssitzes, die Modernisierung des Amtssitzabkommens zum Opec Fund; ich würde dann als zweite große Gruppe den außenpolitisch und auch europapolitisch für uns sehr wesentlichen Einsatz für die Rechtsstaatlichkeit, den Kampf gegen die organisierte Kriminalität und den Kampf gegen den Terrorismus, das Geldwäscheübereinkommen, das Zustellungs­überein­kommen, das die grenzüberschreitenden Zustellungen beschleunigt, erleichtert und damit auch Gerichtsverfahren verkürzt, oder zum Beispiel das Überstellungs­überein­kommen des Europarats nennen, das dem sehr wichtigen Konzept Haft in der Heimat eigentlich entsprechend Umsetzung gibt; und der letzte Punkt – das ist für uns, glaube ich, als kleines 8,8-Millionen-Einwohner-Land im Herzen des europäischen Kontinen­tes, das von Export abhängig ist, sehr wesentlich – ist die stetige Intensivierung der Zusammenarbeit mit wesentlichen Partnern, das wurde ja schon erwähnt: Armenien, das Partnerschaftsabkommen, das Teil des Netzwerkes der östlichen Partnerschaft ist, und natürlich auch zum Beispiel die Einrichtung der EU-Lateinamerika-Stiftung.

Darf ich vielleicht diese Gelegenheit gleich nützen, hier einen kurzen Appell zu äußern, weil es auch Teil dieser Behandlungen ist, nämlich einen Appell für den Amtssitz, den wir hier in Österreich haben? – Wir haben 40 internationale Organisationen, die in Wien ansässig sind, und etwas, was oft vergessen wird – es wird immer wieder dem Außenministerium zugeschoben, was nicht ganz richtig ist –: Diese Organisationen bringen einen Mehrwert von 1,3 Milliarden Euro für die österreichische Volkswirtschaft und schaffen 10 000 Arbeitsplätze. (Beifall bei ÖVP und NEOS sowie bei Abgeord­neten von Grünen und SPÖ.)

Nicht nur das, die Wirkung geht natürlich noch weit darüber hinaus: Sie führen dazu, dass es internationale Schulen gibt, wie die Vienna International School, die Danube International School, das Lycée und so weiter, was wiederum Wien auch attraktiver für die Ansiedlung von internationalen Unternehmen macht.

Es gibt also eine ganze Reihe von Auswirkungen im weiteren Sinne, daher mein Appell: Das sind wirklich hochinteressante Organisationen, die tolle Arbeit leisten, die sich auch über entsprechende politische Wahrnehmung freuen, die sich über Besuche und Kontaktnahme freuen – wo immer Sie es können, hier ein parteiübergreifender Appell!

Vielleicht nur kurz zu den Fragen, die schon aufgekommen sind: Ich kann noch einmal bestätigen, was ich schon im Außenpolitischen Ausschuss gesagt habe: Der Inhalt der Aktualisierung des Amtssitzabkommens mit dem Opec Fund ist rein auf dieses Abkommen und diese Organisation beschränkt, wird also weder automatisch noch sonst in einer anderen Form auf andere Amtssitzabkommen angewandt werden.

Herr Abgeordneter, Sie haben das Kaiciid angesprochen. Das Regierungsprogramm sieht hier eine ganz klare Linie vor, sozusagen: Einsatz für die Modernisierung, und wir behalten uns vor, dass dieses Zentrum den Sitz auch verlegt. Die Arbeiten dazu, kann ich nur sagen, laufen auf Hochtouren. Wir machen das nicht publik, denn es gibt vier Vertragsstaaten – also eigentlich drei Vertragsstaaten und den Heiligen Stuhl als beobachtendes Gründungsmitglied –, mit denen wir in Kontakt sind, aber wir werden in den kommenden Monaten sicher weitere Schritte setzen können, da bin ich sehr zuversichtlich. Es geht mir aber auch darum, dass wir das so machen, dass der Ruf Österreichs als verlässlicher Amtssitz keinen Schaden nimmt. Also: Ja, der politische Auftrag ist da, ja, das Regierungsprogramm ist da, aber bitte so, dass wir als verläss­licher Amtssitz keinen Schaden an unserem Ruf nehmen.

Zuletzt noch: Zu Herrn Abgeordneten Brandstätter, der gerade nicht im Saal ist, kann ich nur sagen - - (Abg. Brandstätter: Ich bin eh da! Ich bin nur so klein! – Heiterkeit bei Abgeordneten von NEOS und Grünen. – Zwischenruf bei der ÖVP.) – Ach so, Ver­zeihung! Also ich kann Sie beruhigen, wir nehmen weder Vorschläge noch Ideen aus den USA oder aus Israel entgegen. Die Ideen, die wir haben, und die Maßnahmen, die wir setzen, die überlegen wir uns schon selber, die entwickeln wir selber im Außen­ministerium oder in der Bundesregierung.

Ich glaube, Sie haben zuletzt die Frage einer gemeinsamen Erklärung anlässlich des Amtsantritts der neuen israelischen Regierung angesprochen. Ich glaube, das wurde medial – das würde ich gerne hier richtigstellen – etwas falsch dargestellt. Ich will nur ganz klarmachen: Es geht hier nicht um eine Frage des Standpunktes, sondern des Zeitpunktes. Die österreichische Haltung zur Frage von Annexionen ist vollkommen klar: Da gibt es UNO-Resolutionen unter Kapitel 7 des Sicherheitsrates, da gibt es Judikatur des Europäischen Gerichtshofes, da gibt es Judikatur des Internationalen Gerichtshofes. Es ging uns aber um die Frage, ob das wirklich der opportune Zeitpunkt ist, nachdem es nach vielen Monaten endlich eine handlungsfähige israelische Regie­rung gibt – ob sich wirklich Europa als Erstes damit zu Wort melden muss und nicht eher, was ich damals gesagt habe, die Hand ausstrecken muss, den Außenminister einladen muss, versuchen, sich wieder in einen Dialog zu bringen, und sich nicht nur über das europäische Megafon sozusagen auszutauschen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)  Danke sehr, danke.

16.42

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Jeitler-Cincelli. – Bitte.