16.46

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Herren Bundes­minister! Zuerst einmal zu den Staatsverträgen, um die es hier geht: Sehr zu begrüßen ist der Vertrag über intensivere und weitere Zusammenarbeit mit Armenien. Traditionell gibt es zu diesem Land sehr, sehr gute Verbindungen, ich finde, es ist ein spannendes Land. Da auch zur Stabilisierung in einer schwierigen Region beizutragen, ist, denke ich, ganz im Sinn einer aktiven und auch neutralen österreichischen Außenpolitik.

Spannend ist auch die Fortsetzung des Ausbaus des Geldwäscheübereinkommens von 1990. Da werden konkrete Schritte gesetzt, um den internationalen Terrorismus und terroristische Vereinigungen als organisierte Kriminalität zu verstehen und die internationale Zusammenarbeit gegen illegale Finanzierung dieser terroristischen Organisationen zu konkretisieren.

Was die Standortfragen betrifft, Opec-Standort Wien: Standortfragen sind ganz we­sentlich, die Ansiedlung internationaler Organisationen ist sehr zu begrüßen. Herr Bun­desminister, Sie wissen ja, dass ich immer wieder darauf hinweise: Eigentlich sollte man Ihr Budget hinsichtlich der Bereiche Requirierung, Unterstützung der Werbearbeit, Beziehungen, Darstellung Österreichs bei den internationalen Organisationen erhöhen.

Ich möchte jetzt noch einen Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „den Schutz von intergeschlechtlichen und Trans*-Personen in Europa und insbesondere in Ungarn“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und inter­natio­nale Angelegenheiten sowie die Bundesministerin für EU und Verfassung, werden aufgefordert umgehend im Europarat, in der EU und auch auf bilateraler Ebene die negativen Entwicklungen für intergeschlechtliche und Trans*-Personen in Ungarn aufs Schärfste zu verurteilen und sich für eine menschenrechtskonforme Neuregelung ent­sprechender Beschlüsse in Ungarn einzusetzen.“

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Ich glaube, das ist sehr, sehr konkret: Gerade in Menschenrechtsfragen geht es da­rum, Menschenrechtsverletzungen konkret zu benennen. In Reaktion auf unseren Entschließungsantrag hat sich Schwarz-Grün auch entschlossen, ein kleines, sanftes Gegenprogramm zu fahren, aber dem Entschließungsantrag der Kollegin Ernst-Dziedzic und des Kollegen Marchetti sind die Zähne gezogen worden. Die bösen Buben werden wieder einmal nicht beim Namen genannt, und ich denke mir, in Menschenrechtsfragen geht das nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe das der ÖVP-Außenpolitik schon in Bezug auf Saudi-Arabien vorgeworfen: Bezüglich Badawi darf man Solidarität formulieren, aber man darf Saudi-Arabien aus Sicht der ÖVP nicht beim Namen nennen.

Das Gleiche gilt für Ungarn: Man darf irgendwie salbungsvolle Worte im Sinne Europas formulieren, aber man darf Orbán und Ungarn für ihre Menschenrechtsverletzungen nicht kritisieren. Ich denke mir, das ist ein Verwässern, es ist feige, es ist unkonkret, und damit werden wir in Bezug auf Menschenrechte beziehungsweise eine konkrete Verbesserung nicht behilflich sein.

Die bösen Buben gehören beim Namen genannt, und das sind in diesem Fall ganz klar Orbán und Ungarn. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Kollege Troch, wir haben den Antrag nicht zur Gänze gehört. Sie haben bei „Ungarn einzusetzen“ aufgehört.

Sie haben bei „Ungarn einzusetzen“ aufgehört, Sie müssten aber den ganzen Antrag vorlesen – „Weiters werden ...“ –, sonst gilt er nicht als ordnungsgemäß eingebracht.

Abgeordneter Dr. Harald Troch (fortsetzend): „Weiters werden der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten sowie die Bundesministerin für EU und Verfassung aufgefordert, sich im Europarat, in der EU und auf bilateraler Ebene für die Verbesserung der Situation von intergeschlechtlichen und Trans*-Personen in Europa einzusetzen.“

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Danke schön. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.51

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Schatz, Dr. Troch,

Genossinnen und Genossen

betreffend den Schutz von intergeschlechtlichen und Trans*-Personen in Europa und insbesondere in Ungarn

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 19 Bericht des Außenpolitischen Ausschus­ses über die Regierungsvorlage (22 d.B.): Protokoll zur Änderung des Zusatzprotokolls zum Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen (81 d.B.)

Für den Europarat, die führende Menschenrechtsorganisation Europas, stellt der Schutz von intergeschlechtlichen und Trans*-Personen ein zentrales Anliegen dar. Die öster­reichische Bundesregierung nennt in ihrem Regierungsübereinkommen als eines der Ziele, sich aktiv als internationaler Vorreiter beim Menschenrechtsschutz zu positio­nieren.

Nun gehen die Entwicklungen in unserem Nachbarland Ungarn bereits seit längerer Zeit in eine aus demokratiepolitischer, sowie menschenrechtlicher Sicht besorgniserre­gende Richtung. Nur einen Tag nachdem die umstrittenen Sondervollmachten der ungarischen Regierung beschlossen wurden – und damit genau am „International Day of Trans Visibility“ – brachte die Fidesz-Partei mit dem Omnibus-Gesetz T/9934 einen Antrag ins Parlament, der zahlreiche Gesetzesänderungen vorsah. Mit Artikel 33 dieses Antrags wurde dabei unter anderem eine Änderung vorgeschlagen, die im Personenstandsregister und in amtlichen Dokumenten das Wort „nem“ (das sowohl Geschlecht, als auch Geschlechtsidentität bedeutet) durch den Begriff „Geschlecht bei der Geburt“ ersetzt und dadurch Änderungen des Geschlechtseintrags in Ungarn un­möglich macht. Diese Gesetzesänderung wurde Mitte Mai, trotz des Protestes zahl­reicher internationaler, europäischer und ungarischer Institutionen, beschlossen. Damit ist der Zugang zu Änderungen des Geschlechtseintrages und damit die staatliche Anerkennung von intergeschlechtlichen und Trans*-Personen in unserem Nachbarland de facto beendet.

Die LGBTI Intergroup des Europäischen Parlaments, ein überparteiliches Bündnis von Abgeordneten aus den verschiedensten politischen Richtungen, forderte die ungarische Regierung schon im April 2020 auf, von Artikel 33 Abstand zu nehmen und begründete dies unter anderem wie folgt:

„Legal gender recognition procedures are the baseline for protection of transgender persons. They are equally important for intersex persons who are assigned a different sex at birth than the one with which they identify. These procedures secure recognition of transgender and intersex persons’ legal gender by national administrations and afford them protection against further discrimination. Blocking access to these pro­cedures is in clear contravention of European human rights standards and the case-law of the European Court of Human Rights following the Grand Chamber Judgement of Goodwin v. UK. Furthermore, the European Court of Human Rights confirmed in X v. the former Yugoslav Republic of Macedonia Member States’ positive obligation under Article 8 ECHR to provide clear regulatory frameworks for legal gender recognition.”

Neben dieser glasklaren rechtlichen Analyse ist es aber besonders die prekäre Situ­ation, der sich viele intergeschlechtlichen und Trans*-Personen in ganz Europa ausge­setzt sehen, die ein Schweigen zu den aktuellen Entwicklungen in Ungarn nicht zulässt. Erst Anfang Mai veröffentliche die europäische Grundrechte-Agentur FRA ihre zweite Erhebung zur Situation von LGBTIQ-Personen in ganz Europa: Darin wird nochmals deutlich, dass gerade intergeschlechtliche und Trans*-Personen in ganz Europa, aber insbesondere in Ländern wie Ungarn, nicht nur unter Diskriminierung und Ausgrenzung, sondern auch in besonderem Maße unter Gewalt zu leiden haben.

Für diese Personengruppen bedeutet das ungarische Gesetz nicht nur ein Zwangs­outing bei jeder Ausweiskontrolle in öffentlichen Verkehrsmitteln, bei Behördengängen und in der Arbeitswelt, sondern kann auch weitergehende rechtliche Folgen haben: Laut der Begutachtung der ungarischen NGO Háttér Society könnte das neue Gesetz auch Auswirkungen auf alle Personen haben, welche bereits in den letzten Jahren erfolg­reich ihre Dokumente ändern ließen. In Folge könnten dann auch Eheschließun­gen dieser Personen wieder aufgelöst werden. All das macht klar, dass die Republik Österreich nicht zu den menschenrechtlichen Problemen in unserem Nachbarland schweigen darf.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und inter­nationale Angelegenheiten sowie die Bundesministerin für EU und Verfassung, werden aufgefordert umgehend im Europarat, in der EU und auch auf bilateraler Ebene die negativen Entwicklungen für intergeschlechtliche und Trans*-Personen in Ungarn aufs Schärfste zu verurteilen und sich für eine menschenrechtskonforme Neuregelung ent­sprechender Beschlüsse in Ungarn einzusetzen. Weiters werden der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten sowie die Bundesministerin für EU und Verfassung aufgefordert, sich im Europarat, in der EU und auf bilateraler Ebene für die Verbesserung der Situation von intergeschlechtlichen und Trans*-Personen in Eu­ropa einzusetzen.

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Jetzt ist der Antrag ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Außenpolitischen Ausschusses und fahre, wie in der Präsidiale ausgemacht, in der Erledigung der Tagesordnung fort.