9.57.58

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vize­kanzler! Sie haben gesagt, Sie brauchen meine Vorschläge nicht, jetzt sind Sie trotzdem genötigt, diese anzuhören. (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Kogler.)

Die Jungen sind die großen Verlierer dieser Krise, und das kann man nicht schönreden und nicht wegreden. Und ja, Sie können einwenden, dass die an Corona Verstorbenen im Schnitt über 80 sind, aber das ist im Wesentlichen ein Ergebnis der Versäumnisse der Regierung – weil Sie diese Gruppe nicht gut genug geschützt haben, haben wir unter den besonders Hochbetagten so viele Verstorbene. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Deimek und Rauch.)

Andere haben das geschafft. Da könnte man auch zu Ihrem grünen Parteikollegen nach Tübingen schauen, dort hat man gezielt die Alters- und Pflegeheime geschützt, damit die Menschen im Leben mehr Freiheit haben können. Dort gibt es viel weniger Todes­opfer als in allen anderen vergleichbaren Städten.

Langfristig zahlen die Jungen, und Sie haben ein Stück weit recht, Herr Vizekanzler, das ist nicht zur Gänze vermeidbar, aber ein Stück weit schon. Diese Regierung hat sich entschieden, Politik so zu machen, wie man in Österreich in den letzten 75 Jahren Politik gemacht hat, nämlich Klientelpolitik. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Deimek und Rauch.) Dazu muss man sich überlegen, wer die zuverlässigen Wähler und wer diese Klientelgruppen sind, für die da Politik gemacht wird. Es sind mehr Wähler über 70 als unter 30, und so wird hier auch gearbeitet.

Es ist – Kollege Brückl hat es vorhin richtig gesagt – eigentlich einer ganzen Schüler­generation ein Schuljahr ausgefallen, denn der Betrieb war im Sommersemester 2020 de facto schon geschlossen. Auch, wenn es Kollegin Neßler zum wiederholten Mal schönredet: Die Tatsache, dass jemand in die Schule kommen darf und dort betreut wird, ist nicht gleichbedeutend mit Unterricht und Lernen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Das kann einen regulären Unterricht nicht ersetzen, dann lernt man halt so viel Mathe­matik, wie ein durchschnittlicher Grüner beherrscht, aber das reicht fürs Leben nicht.

Die Jungen zahlen aber auch danach drauf (Zwischenruf des Abg. Sieber): Wo finden sie jetzt ein Praktikum oder eine Schnupperstelle, durch die sie sich für den späteren Jobeinstieg bewähren können? – Es nimmt sie keiner auf. Wo finden sie nach Abschluss der Schule eine Stelle? – Jeder Betrieb ist jetzt im Regelfall froh, wenn einer in Pension geht oder wenn eine Frau in Karenz geht und man die Stelle nicht nachbesetzen muss, weil die wirtschaftlichen Aussichten so ungewiss sind, weil diese Regierung von einem Lockdown in den nächsten stolpert und die Konsequenzen nicht einmal bis zur nächsten oder übernächsten Woche zu Ende gedacht sind.

Unter diesen Voraussetzungen können keine neuen Jobs entstehen. Jetzt sagen Sie: Na, es sind eh nur 100 000 Arbeitslose, die anderen haben mehr! – Ja, Mama, die ande­ren haben auch einen Fünfer! Das ist der Zugang, den Sie haben. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Deimek und Rauch.)

Haben Sie sich angeschaut, wie die Langzeitarbeitslosigkeit, besonders bei den Jungen, gestiegen ist? – Bei Menschen unter 35 Jahren ist die Langzeitarbeitslosigkeit, also die Arbeitslosigkeit, die länger als sechs Monate dauert, um 140 Prozent gestiegen, und bei Menschen bis 24 Jahre um 800 Prozent. Ihre Regierung macht Politik auf Kosten der Jungen, und das haben Sie zu verantworten. Sie brauchen nicht damit zu kommen, dass es für die Arbeitslosen eh einen Bildungsbonus von 180 Euro gibt – die brauchen keinen Bildungsbonus, die brauchen einen Job! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Sie sagen: Wir haben ja 360 Euro Kinderbonus ausbezahlt! – Ja, ohne zu schauen, wer es braucht. Auch alle Eltern, die hier im Parlament sitzen, haben 360 Euro pro Kind be­kommen. Auch die Beamten, die Fixgehälter haben, haben 360 Euro pro Kind bekom­men. Den Kinderbonus haben nicht jene bekommen, die ihn brauchen, sondern Sie sind mit der Gießkanne hingegangen, um das Geld blind zu verteilen. Dazu haben Sie Schul­den aufgenommen, und das zahlen die Jungen auch. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Die Arbeitslosigkeit wäre noch viel höher, würde sie nicht versteckt werden. Junge Leute, die jetzt keine Lehrstelle finden, gehen in eine weiterführende Schule, weil ihnen nichts anderes übrig bleibt. Die schlagen in der Arbeitslosenstatistik nicht auf. Jungakademiker, die jetzt mit der Uni fertig sind und gerne einen Job antreten würden, hängen noch ein Masterstudium an, weil sie dazu gezwungen sind. Sie würden gerne arbeiten gehen, sie kriegen aber keinen Job. Das ist versteckte Arbeitslosigkeit, die Sie in Ihrer Statistik nicht sehen.

Sie sagen: Ja, wir machen Schulden, wir investieren! – Ich frage: Was ist das für eine Investition, wenn ich das Geld mit der Gießkanne verteile? 360 Euro für jedes Kind, auch für jene Eltern, die es nicht brauchen, eine Pensionserhöhung von 3,5 Prozent – das sind keine Investitionen. Das bedeutet, Geld auszugeben, ohne zu schauen, wer es braucht. Sie haben nicht nur die Ausgleichszulage für die Bedürftigen erhöht, Sie haben 3,5 Prozent mit der Gießkanne ausgeschüttet, während die Arbeitnehmer in der Metallindustrie, wenn sie überhaupt noch einen Job haben, 1,45 Prozent erhalten. Das sind diejenigen, die das finanzieren müssen.

Wer zahlt in zehn Jahren die Spitäler? Wer zahlt in zehn Jahren die Pensionen? Wer zahlt in zehn Jahren den öffentlichen Dienst, wenn die Jungen heute keine Ausbildung, keine Praktika, keine Lehrstellen und keine Jobs nach dem Studium bekommen? Das haben Sie zu verantworten. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

10.03

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka|: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Marchetti. – Bitte.