9.58

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Arbeitsminister! Ich habe mir gedacht, ich beginne damit, Ihnen eine Frage zu stellen: Herr Arbeitsminister, wie geht es Ihnen in Ihrer neuen Verantwortung?

Ich glaube, der Druck ist groß. Wir haben viel zu lösen. Ich sage Ihnen: Mir persönlich geht es nicht gut. Mir geht es deshalb nicht gut, weil wir täglich immer wieder von Bei­spielen hören, wie es andere Länder besser machen als Österreich. Wir brauchen gar nicht weit über die Grenzen zu schauen. Ich stelle mir immer wieder die Frage: Was macht Deutschland besser, sodass die Arbeitslosigkeit dort halb so hoch ist wie in Ös­terreich? Was macht Slowenien besser, sodass die Impfquote dort doppelt so hoch ist wie in Österreich? – Es sind Pannen passiert, es sind Fehler passiert.

Immer dann, wenn dieser Bundesregierung das Wasser bis zum Hals steht, sollen die Oppositionsparteien einspringen, soll man Beschlüsse mittragen, die man selbst eigent­lich schon wesentlich früher eingefordert hat. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Es kommen dann von dieser Reihe aus (auf die Regierungsbank weisend) Ideen – also von oben nach unten und immer ohne Strategie, ohne Vorlaufzeit –, die dann Länder und Gemein­den umsetzen müssen.

Deswegen möchte ich diese Situation nutzen, um mich auch bei den 2 095 Gemeinden mit all ihren Bürgermeistern, Gemeinderäten und Gemeindebediensteten dafür zu be­danken, dass sie immer wieder dann einspringen, wenn es darum geht, Fehler dieser Bundesregierung auszubessern. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

Was ist Ihr Dank an diese Gemeinden? – Sie beschließen ein Kommunalinvestitionsge­setz mit 1 Milliarde Euro, wovon nur 302 Millionen Euro abgeholt werden. Sie stellen den Antrag, den Gemeinden zusätzlich 1 Milliarde Euro zur Verfügung zu stellen, die diese aber wieder zurückzahlen müssen. Wertschätzung und Dankbarkeit gegenüber den Ge­meinden in Österreich schauen anders aus – das geschieht nicht in dieser Form. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Arbeitsminister, ich glaube, alle Parteien sind sich einig, dass wir Arbeitsplätze nur dann sichern, wenn wir diese Pandemie in den Griff bekommen. Es passieren viele Pan­nen. Dass Skilifte geöffnet bleiben, aber Geschäfte, Gastronomie und Schulen geschlos­sen bleiben, versteht in diesem Land niemand (Abg. Belakowitsch: Na, ihr stimmt ja immer mit!); von den Unternehmern über die Arbeitnehmer bis hin zu Pensionistinnen und Pensionisten kennt sich niemand mehr aus. Diejenigen Arbeitnehmer, die jetzt noch einen Job haben, fragen sich, wie lange sie diesen Job noch haben. Diejenigen, die keinen Job haben, fragen sich, wie lange sie noch arbeitslos sein werden, und hoffen, dass sie nicht in die Falle der Langzeitarbeitslosigkeit kommen werden.

Von Ihnen wurde in den letzten Tagen immer wieder gesagt, dass wir betreffend Home­office weiterreden werden. – Herr Arbeitsminister, die Homeofficevereinbarung ist fertig, die Sozialpartner haben bereits Ihrer Vorgängerin ein fertiges Paket übergeben. Es liegt jetzt nur mehr an Ihnen und dem Herrn Finanzminister, das durchzuwinken und dement­sprechend auch in Kraft zu setzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Arbeitsminister, zur Aufstockung der Notstandshilfe auf die Höhe des Arbeitslosen­geldes hat die SPÖ hier im Dezember einen fertigen Gesetzesantrag eingebracht. Damit hätten all diese Betroffenen noch vor Weihnachten die Sicherheit gehabt, dass es zu einer Verlängerung kommt. Dieser Antrag wurde damals dem Sozialausschuss zugewie­sen. Herr Arbeitsminister, gestern um 20.15 Uhr waren die Sozialpartner bei Ihnen und haben neuerlich darum ersucht, diese Aufstockung umzusetzen; und heute ist in einer Tageszeitung zu lesen, dass das alles schon erledigt ist. – Faire Zusammenarbeit schaut anders aus, Herr Arbeitsminister. Ich bitte Sie wirklich, das zu ändern. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir aus dieser Arbeitsmarktkrise herauskommen wollen, dann müssen wir uns da herausfinanzieren. Es hilft nichts, wenn wir hier heruntergehen und gescheit von Inves­titionspaketen und, und, und reden, sondern wir brauchen Beiträge, wir brauchen Papie­re, wir brauchen konkrete Vorschläge. Nutzen wir auch die Chance, im Rahmen von Green Deals und Klimaschutzmaßnahmen entsprechend zu investieren und Jobs zu schaffen! Holen wir auch bitte die 3 Milliarden Euro ab, die in Brüssel im Bereich des Coronawiederaufbaufonds für Österreich bereitliegen! Diese Gelder liegen dort. Bitte, Herr Arbeitsminister, machen Sie das! Wir unterstützen Sie dabei, diese für neue Jobs in Österreich zweckgebundenen Gelder abzuholen.

Um nicht immer nur schön zu reden und Dinge zu fordern, habe ich Ihnen zwei Pro­gramme mitgebracht (genannte Broschüren in die Höhe haltend): einmal einen Mar­shallplan betreffend Jobs in der Klimakrise, einmal ein Bau-aktiv-Paket für Gemeinden, für private und öffentliche Investoren. Wir müssen uns aus dieser Krise mit konkreten Vorschlägen herausfinanzieren. Ich darf sie Ihnen überreichen und hoffe auf eine faire Zusammenarbeit in der Zukunft. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Muchitsch überreicht Bun­desminister Kocher die erwähnten Broschüren.)

10.04

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte.