22.34

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gerade von meiner Vorrednerin, von Kollegin Fischer, gehört, was sie sich alles wünscht, wie wichtig Bürger- und Bürgerinnenanliegen sind, dass die Er­steller der Bürgerinitiativen am besten auch ein Rederecht im Petitionsausschuss be­kommen und dass wir das an einem Plenartag früher diskutieren sollen. Glauben Sie kein einziges Wort! – Alles, was da gesagt wird, ist frei erfunden und hat keinen Realitäts­bezug.

Die Wahrheit ist vielmehr, dass wir im letzten Petitionsausschuss 60 Tagesordnungs­punkte hatten, davon wurden 16 Initiativen zur Kenntnis genommen. Das heißt, man hat sich dagegen entschieden, ein Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern in einen Fachaus­schuss weiterzuleiten. Dabei ist es vollkommen egal, ob das ein sozialpolitisches An­liegen, ein fremdenrechtliches oder ein Umweltanliegen war, es wurde einfach alles zur Kenntnis genommen. Es war nicht so, dass sich die Menschen, die diese Anliegen ein­gebracht haben, das auch gewünscht haben.

In vier von 16 Fällen war es nachvollziehbar, in zwölf Fällen war es reine Parteitaktik, und zwar ohne wirkliche Notwendigkeit. – Der Grund dafür, warum wir 60 Punkte auf der Tagesordnung hatten, ist folgender: Man hat sich einfach im ersten Jahr der gemein­samen Regierung nicht entscheiden können, was man denn mit Bürgeranliegen machen will. Diese Regierung ist eine Katastrophe für die Bürgerbeteiligung. (Beifall bei NEOS und FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Na, bitte!)

Herr Kollege von der ÖVP, Sie können ja dann gerne herauskommen. Ich kann Ihnen etwas sagen – und das spricht jetzt im Übrigen gar nicht gegen Sie –: Ich habe seit 2014 die Ehre, im Petitionsausschuss den Vorsitz führen zu dürfen. Es gab in dieser Zeit zu­erst eine rot-schwarze Regierung, dann sind Sie türkis geworden, und es gab eine türkis-blaue Regierung, und jetzt gibt es eine türkis-grüne Regierung.

Zu keinem Zeitpunkt vor einer grünen Regierungsbeteiligung war es um die Bürgerbetei­ligung so schlecht bestellt wie heute. Es gab in den letzten sieben Jahren keine einzige Sitzung, weder gemeinsam mit den Sozialdemokraten noch gemeinsam mit den Freiheit­lichen – darauf haben wir im Petitionsausschuss hingewiesen –, in der kein einziges An­liegen an einen Fachausschuss weitergeleitet worden ist. Das gibt es erst, seit die Grü­nen in der Regierung sind. Ich sage das nicht aus Parteikalkül, sondern aus ehrlicher Entrüstung, weil die einfachsten Themen keine Beachtung gefunden haben.

Ich möchte jetzt auch zu einem Beispiel kommen: Es gab wie gesagt unterschiedliche Themen. Eine der Petitionen, die zur Kenntnis genommen worden ist, war jene des Kol­legen Shetty, der eine Petition zur diskriminierungsfreien Blutspende eingebracht hat. Es gab auch eine ähnlich lautende Petition vonseiten der Sozialdemokratie, und ich weiß auch, dass es grüne Abgeordnete gibt, die sich im Hohen Haus dafür einsetzen.

Yannick Shetty hat die Petition eingebracht, und – was für ein Glück! – kurze Zeit später hat der zuständige Minister Anschober verlauten lassen, bis Ende Dezember 2020 wer­de es eine Lösung zur diskriminierungsfreien Blutspende geben. Es gab daraufhin bei den Vertagungen das Argument, der zuständige Minister habe ja gesagt, er kümmere sich bis Ende Dezember darum. So, Ende Dezember ist vorbei, wir haben jetzt Jänner. Er hat nichts gemacht, aber das Nichtmachen war ausreichend Grund dafür, dass man es dann zur Kenntnis nimmt. Genauso gestaltet sich der Umgang mit anderen Bürger­anliegen, das heißt, man vertagt sie eine Zeit lang, holt einige Stellungnahmen ein, und irgendwann versucht man, sie zu später Stunde zu begraben.

Wir machen, und das ist ein wesentlicher Punkt der NEOS, das erste Mal, seit wir in den Nationalrat eingezogen sind, bei der Annahme des Sammelberichts nicht mit. Wir wer­den das erste Mal dagegenstimmen, und die Freiheitlichen wissen, dass wir da nicht leichtfertig sind, da wir der Meinung sind, dass wir, wenn wir jetzt kein Zeichen setzen, in Zukunft bei der Übernahme der Petitionen und Bürgerinitiativen den Bürgern gleich sagen können: Leute, schmeißt es in den Mistkübel, es bringt nichts, man möchte in dieser Regierungskoalition keine Bürgeranliegen bearbeiten!

Aus diesem Grund möchte ich Ihnen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, jetzt aber auch – ich habe die Petition des Kollegen Shetty erwähnt – die Chance geben, dass wir das noch einmal reparieren, und einen entsprechenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung der diskriminierungsfreien Blutspende“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pfle­ge und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, die diskriminierungsfreie Blutspende nicht, wie ursprünglich von ihm angekündigt, bis spätestens 31. Dezember 2020, jedoch verbindlich bis zum 28. Februar 2021 umzusetzen und den standardisierten Fragebogen entsprechend anzupassen, sodass fortan auf das individuelle Risikoverhalten einer Per­son abgestellt wird und nicht pauschal auf die sexuelle Orientierung“.

*****

Wir sind konstruktiv, wir sind hilfsbereit, wir helfen Herrn Minister Anschober, geben ihm ein bisschen mehr Zeit und hoffen auf eine entsprechende Aktivität von seiner Seite. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

22.39

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Yannick Shetty, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Umsetzung der diskriminierungsfreien Blutspende

eingebracht im Zuge der Debatte in der 79. Sitzung des Nationalrats über Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 1, 3, 6, 12 und 13, 18 und 19, 33, 35 und 38 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 5, 11 und 12, 20, 28 und 30 (604 d.B.) – TOP 16

Die Situation, dass Männer, die in den letzten zwölf Monaten gleichgeschlechtlichen Sex hatten, von einer Blutspende de facto ausgeschlossen sind, hätte auch in Österreich bis Jahresende 2020 der Geschichte angehören sollen.

Nicht zuletzt hat das anhaltende, intensive Eintreten der NEOS für die Umsetzung der diskriminierungsfreien Blutspende – in Form von parlamentarischen Anträgen und vor allem auch der im Juni eingebrachten parlamentarischen Petition mit dem Namen "Blut­spende öffnen - Leben retten!" (PET/19), die im Petitionsausschuss behandelt wurde und die rasch zu einer der erfolgreichsten Petitionen der Gesetzgebungsperiode wurde - zu einem Umdenken bei der Bundesregierung geführt.

Am 6. Oktober 2020 hat Bundesminister Anschober in einer Aussendung schließlich die Anpassung des Leitfadens zur Prüfung von Blutspender_innen bis zum Jahresende an­gekündigt, um so die diskriminierungsfreie Blutspende zu ermöglichen. "Im Mittelpunkt sollte die Qualität der Blutprodukte stehen und diese wird durch das individuelle Verhal­ten der Spenderinnen und Spender beeinflusst und nicht durch deren Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe. Deshalb habe ich die Blutkommission beauftragt, die Aus­schlusskriterien zu überprüfen und Vorschläge zu erarbeiten, wie die Blutspende – unter Maßgabe der Sicherheit für die Empfängerinnen und Empfänger – in Österreich künftig vollständig diskriminierungsfrei ermöglicht werden kann", so der Gesundheitsminister im Oktober. Am 24. November fand außerdem ein erfolgreiches Expertenhearing zum The­ma "Diskriminierungsfreie Blutspende" statt, bei dem sich bis auf den Vertreter des Ro­ten Kreuzes alle medizinischen und juristischen Expert_innen deutlich für die diskriminie­rungsfreie Blutspende aussprachen.

Die bis zum Jahresende avisierte Anpassung des Leitfadens wurde bislang jedoch nicht umgesetzt. Angesichts der aktuellen Geschehnisse im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie und im Wissen, dass im Bundesministerium aktuell noch der fachliche Aus­tausch mit den Expert_innen u.a. der Blutkommission läuft, ist eine Verzögerung er­klärbar.

Angesichts der Relevanz des Themas - es handelt sich hierbei um einen wichtigen Schritt in Richtung Gleichberechtigung der LGBTIQ-Community, der längst überfällig ist, gilt es im Namen der Betroffenen jedoch, für eine zuverlässige Umsetzung der Ankündi­gung Sorge zu tragen. Nicht zuletzt werden gerade während der Gesundheitskrise ver­mehrt Blutspenden benötigt - ein pauschaler Ausschluss einer großen Bevölkerungs­gruppe ist daher auch nicht im Sinne der Blutsicherheit - im Gegenteil.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pfle­ge und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, die diskriminierungsfreie Blutspende nicht, wie ursprünglich von ihm angekündigt, bis spätestens 31. Dezember 2020, jedoch verbindlich bis zum 28. Februar 2021 umzusetzen und den standardisierten Fragebogen entsprechend anzupassen, sodass fortan auf das individuelle Risikoverhalten einer Per­son abgestellt wird und nicht pauschal auf die sexuelle Orientierung.“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unter­stützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Abgeordneter Weidinger. – Bitte.