13.18

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Ministerinnen und Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen! (Zwi­schenruf des Abg. Matznetter.) Wir haben in Österreich eine Verfassung, die regelt die formalen Rahmenbedingungen unserer Republik, und wir haben eine Realverfassung.

Die österreichische Realverfassung ist die Sammlung von guten, aber auch von vielen unguten informellen Regeln in unserer Republik. (Ruf bei der SPÖ: Postenschacher!) Das betrifft beispielsweise den Einfluss der Landeshauptleute, es betrifft aber auch Regeln wie die jahrzehntelang eingeübte Parteibuchwirtschaft.

Bei einer Institution, einem Unternehmen in Österreich hat es früher immer geheißen, es braucht zwei Chefs – Chefinnen waren es eher wenige –: einen roten und einen schwar­zen. (Ruf bei der SPÖ: Ist das ... ernst?) Das ist eine lang eingeübte Tradition, auch die BeamtInnenschaft ist davon betroffen, es gibt mittlerweile einige blaue Einsprengsel – wobei ich an dieser Stelle sagen möchte, ein Parteibuch macht keinen schlechten Beamten. Nur weil jemand ein Parteibuch besitzt, heißt es nicht, dass er oder sie schlechtere Arbeit macht. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist eben ein ganz lang eingeübtes Muster in unserer Republik, und es ist schon ein bisschen amüsant, wie die Sozialdemokratie jetzt hier tut. (Zwischenruf der Abg. Greiner.) Sie tut jetzt so, als wäre sie von parteipolitischem Postenschacher und Freunderlwirtschaft schockiert, und das erscheint mir dann doch ein bisschen scheinheilig vor dem Hintergrund von Wien (Zwischenruf des Abg. Rauch), aber auch der viele Jahrzehnte langen Regierungsbeteiligungen der Sozialdemokratie. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Rauch: ... nicht scheinheilig! – Zwischenruf der Abg. Herr.)

Was allerdings die Freiheitliche Partei hier macht, ist ausschließlich dreist, denn nie zuvor ist die Freunderlwirtschaft so plump betrieben worden wie von der Freiheitlichen Partei, wo Leute für ihre Positionen nicht einmal ansatzweise eine Qualifikation mitge­bracht haben (Abg. Rauch: Wer? Wer zum Beispiel? Nennen Sie Namen!) – Stichwort Sidlo, Stichwort Glock. (Abg. Kickl: Blödsinn!) Diese Dreistigkeit hat es zuvor nicht gegeben! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kickl: Sie meinen, der Brosz war wenigstens Tennislehrer, oder?!)

Dieses langjährige Gesetz der intransparenten Postenbesetzungen ist natürlich schwer einzufangen, denn einerseits sind es Abmachungen, die nicht in der Öffentlichkeit getroffen werden, andererseits braucht es auch eine langwierige Therapie für dieses Problem. (Abg. Belakowitsch: Was? Eine Therapie?! – Zwischenruf bei den Grünen.)

Die gute Nachricht ist: Wir Grüne sind jetzt in dieser Regierung. (Beifall bei den Grü­nen. – Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Kickl: Ah ha ha ha ha! – Zwi­schenruf bei der SPÖ.)

Saubere Umwelt, saubere Politik – das haben wir versprochen und das lösen wir auch ein. Diese Mammutaufgabe wird nicht morgen erledigt sein. Das braucht viele ver­schiedene Maßnahmen, aber wir haben bereits damit begonnen. (Ruf bei der FPÖ: Deshalb muss der Blümel bleiben und der Schmid!) Das Gift muss aus dem System. Das bedeutet einen Kampf an vielen Fronten, eine Entwöhnungskur. Es braucht vor allem Hartnäckigkeit. (Abg. Kickl: Das könnte stimmen!)

Die einzige Möglichkeit, um Freunderlwirtschaft und Korruption aus dem System zu bekommen, sind maximale Transparenz und Kontrolle. Transparenz ist zentral, denn das Handeln staatlicher Akteure muss vor den Vorhang gezogen werden (Abg. Hafenecker: Das glaubt Ihnen doch niemand mehr! Sie haben sich verkauft an die schwarze Krake, mit Haut und Haaren!), dann passiert Kontrolle automatisch, bei­spielsweise hier durch das Parlament, durch uns Abgeordnete, durch den Rech­nungshof, aber natürlich auch durch die Zivilgesellschaft, die Medien, die interessierte Öffentlichkeit. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. –Ruf bei der FPÖ: Hat die Rede der Thomas Schmid geschrieben?)

Essenziell für diese Kontrolle ist der breite Zugang zu Informationen. Genau diesen ermöglichen wir mit dem Informationsfreiheitsgesetz, mit der Abschaffung des Amts­geheimnisses. Das bedeutet, dass in Zukunft jegliches Handeln der öffentlichen Hand, egal auf welcher Ebene, angefragt und überprüft werden kann. Das wird zum einen Licht in dunkle Ecken bringen, aber vor allem wird es auch einen präventiven Effekt haben, denn wenn man weiß, dass man bei dem, was man tut, ganz genau kontrolliert werden kann, wird man auch deutlich bewusster handeln. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Wöginger.)

Das Informationsfreiheitsgesetz ist eine von vielen Maßnahmen. (Ruf bei der SPÖ: Kollegin Maurer, soll ich dir sagen, was der Titel der Aktuellen Stunde ist?! Ich glaube, die hat die falsche Rede mitgenommen!) Ebenfalls auf den Weg kommen beispielsweise die Entflechtung der Glücksspielagenden im Finanzministerium und ein Sponsoring- und Spendenverbot für Glücksspielkonzerne an die Parteien – das übrigens alles in Kombination mit einer deutlichen Verbesserung im SpielerInnenschutz. (Abg. Rauch: Haben Sie das mit der Frau Glawischnig abgesprochen? – Abg. Hafenecker: Die Trans­parenz hätten wir beim Chorherr schon gebraucht!)

Ebenfalls in der Pipeline ist das Parteienfinanzierungsgesetz, mit dem wir die Kontrolle der Parteien durch den Rechnungshof ermöglichen, für gläserne Parteikassen sorgen und viel strengere Strafen für die Überschreitung von Wahlkampfkostenobergrenzen und erweiterte Berichtspflichten festlegen.

Dort, wo Korruption schon passiert ist, muss die Justiz ermitteln, und zwar mit aller Konsequenz und – das ist zentral – völlig unabhängig und ungestört. Wir Grüne in dieser Regierung garantieren dafür, Justizministerin Alma Zadić garantiert dafür, dass die Justiz unabhängig und ungestört ermitteln kann. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kickl: Ein Glück, dass die in Karenz war! – Abg. Scherak: Die WKStA ...!)

Werner Kogler hat in Vertretung von Alma Zadić die Drei-Tages-Berichtspflicht an die Oberstaatsanwaltschaft abgeschafft. (Abg. Leichtfried: Was ist mit der ÖVP?) Auch die anderen Berichtspflichten werden reformiert werden.

Grüne MinisterInnen stellen sich schützend vor die Justiz. (Ruf bei der SPÖ: Und vor den Blümel!) Ich bin der Meinung, diese Justiz soll jetzt auch in aller Ruhe die im Raum stehenden Vorwürfe klären.

Auch in dieser Debatte wird durchsichtigerweise gerne behauptet, die Grünen in der Regierung wären ja genau gleich wie alle anderen (Abg. Hafenecker: Schlechter! Schlechter! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), aber neben den Maßnahmen, die ich jetzt gerade aufgezählt habe, die die Transparenz und die Korruptionsbekämpfung stärken werden, kann man sich auch einfach ansehen, wie Grüne das machen.

Leonore Gewessler hat 19 Unternehmensbeteiligungen in ihrem Ressort, dem Klima­ressort. (Abg. Belakowitsch: Die ist jetzt gar nicht das Thema! – Abg. Kickl: Da schaut es finster aus, wenn ihr jemand nicht zu Gesicht steht!) Ich zitiere jetzt den „Kurier“, der die Bestellungen beim größten Unternehmen des Landes, nämlich den ÖBB, folgender­maßen kommentiert hat: „ÖBB-Aufsichtsrat: Die clevere Taktik der grünen Ministerin. Comeback von Ex-SPÖ-Politikerin Brigitte Ederer, keine grünen Parteibesetzungen, FPÖ-Vertreter sind draußen“. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kickl: Ah! So geht Parteipolitik!)

Und weiter: „Der grünen Politikerin gelang jetzt mit der Neubesetzung nicht nur ein Überraschungscoup, sondern ein strategisches Bravourstück.“ (Abg. Hafenecker: Postenschacher wie bei der ÖVP!) „Keiner der neuen Aufsichtsräte gehört den Grünen an und alle sind fachlich kompetent.“ Dass das betont werden muss, ist leider Ergebnis von jahrzehntelanger Parteibuchwirtschaft. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hafenecker: Ist ja mittlerweile Teil der Korruption! – Abg. Kickl: Sie hat kein Vertrauen zu den Grünen!)

Übrigens hat es Leonore Gewessler auch in einem Jahr geschafft, die Frauenquote bei den von ihr besetzten Aufsichtsräten von 37 Prozent auf 49 Prozent, also auf die Hälfte, zu steigern. Das zeigt auch: Es gibt kein Problem mit der Quote. Man muss es nur wollen. (Beifall bei den Grünen.)

Wir sind in diese Regierung mit dem Versprechen eingetreten: saubere Umwelt, saubere Politik. – Und so machen wir das. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kickl: Sauberer Bauchfleck! – Abg. Hafenecker: Das war jetzt ein sauberer Bauchfleck!)

13.25

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Klub­obfrau Meinl-Reisinger. – Bitte.