10.41

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Geschätzte Abgeordnete! Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank! Lassen Sie mich auch zuerst etwas zu Rudi Anscho­ber sagen: Was er in den letzten 15 Monaten geleistet hat, ist unglaublich, im besten Sinne des Wortes. Diese Anerkennung bekommt er ja von vielen – das ist ja nicht nur das Urteil von uns hier auf der Regierungsbank, die wir ja täglich und, stimmt, oft auch nächtens mit ihm zusammengearbeitet haben. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wie kommt es zu dieser berechtigten Anerkennung? – Es zeichnet ihn eben das enorme Engagement aus, das er einbringt und eingebracht hat, genauso wie die Kompetenz und – ja, niemand ist als Minister auf die Welt gekommen – auch die dazu erworbene Kompetenz – das möchte ich ausdrücklich noch einmal hier erwähnen – und die Fähig­keit, auch Unpopuläres zu vertreten. Dass das eine Herkulesaufgabe ist, ist klar, mit immer wieder neuen Herausforderungen, die hinzugekommen sind. Es ist eben so, dass die Hauptlast und die Hauptverantwortung in der Bekämpfung dieser Pandemie auf den Schultern des Gesundheitsministers liegt. Wir waren – es wurde angesprochen, da gibt es auch gar nichts zu verbergen, und ich finde es nur richtig und wichtig, es auch an­zusprechen, ich schließe mich da dem Bundeskanzler an – nicht immer von vornherein einer Meinung, aber es war von vornherein immer der Wille da, zu einer Lösung zu kom­men, und es ist immer zu Entscheidungen gekommen. Manchmal hat es länger gedau­ert, manchmal ist es schnell gegangen, aber es waren gemeinsame Entscheidungen, und das halte ich für wichtig und auch für festhaltenswert. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Rudi Anschober selbst hat diese Entscheidungen immer argumentiert. Wir haben oft Rat eingeholt und er besonders – die Expertenstäbe in seinem Ressort wurden ja in kurzer Zeit aufgebaut, und davon profitieren wir selbstverständlich heute noch. Nicht selbstver­ständlich ist aber, dass jemand in einer solchen Funktion dann und wann, wenn es pas­siert ist, wenn es angemessen ist, auch Fehler zugibt – auch das möchte ich nicht un­erwähnt lassen –, die unvermeidlich passieren müssen – das ist doch in dieser Situation völlig klar. Da gilt dieses gute alte Sprichwort umso mehr: Wo gehobelt wird, da fallen Späne! – Bei dieser Abfolge an Entscheidungen, die wir jetzt erwähnt haben, in dieser Dichte, bei mittlerweile Hunderten Verordnungen ist es nicht so verwunderlich, wenn hin und wieder einmal etwas danebengeht. Mir ist es aber wichtig, diese Eigenschaft fest­zuhalten, auch Fehler einzugestehen; da könnten wir uns vielleicht auch einmal eine Scheibe abschneiden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Im Vordergrund stehen bei Rudi Anschober immer die Menschen – auch das hat er, glaube ich, klar erkennen lassen. Es hat ihn nicht kaltgelassen. Wenn wir über Statistiken reden, dann ist das natürlich zum Teil die Arbeitsgrundlage, aber hinter den Statistiken über Erkrankungen und Todesfälle stehen immer Menschen, auch Angehörige – es sind immer Menschen. Ich glaube, deshalb ist er auch so beliebt: weil er das durchaus zum Ausdruck bringen kann. Ich glaube, das ist auch eine wichtige Eigenschaft, und ich bin zuversichtlich, dass Kollege Mückstein das ähnlich handhaben wird und auch – ich werde natürlich gleich darauf kommen – ähnlich zum Ausdruck bringen wird.

Ein Letztes: Rudi Anschober hat in seiner Abschiedsrede dann noch etwas sehr, sehr Wichtiges gesagt, gerade als Gesundheitsminister: Für Erkrankungen braucht sich nie­mand zu schämen. Für Erkrankungen braucht sich niemand zu schämen und das gilt für alle – unter Anführungszeichen – „Hochleistungsprofessionen“ – es glauben ja vielleicht immer nur wir, dass wir darunter fallen; vielleicht auch in der Wirtschaft, im Management et cetera –, aber das gilt auch für alle anderen Menschen. Ich finde, das ist etwas ganz Wichtiges, das uns Rudi Anschober noch mitgegeben hat: Für Erkrankungen braucht sich niemand zu schämen. Das ist eine starke Aussage eines Gesundheitsministers, danke noch einmal auch dafür – danke, Rudi Anschober. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

Es ist mir aber genauso eine Freude, Wolfgang Mückstein hier als neues Regierungs­mitglied begrüßen zu dürfen. Ich freue mich genauso wie meine Kolleginnen und Kol­legen, dass wir ihn gewinnen konnten, dass er auf das Angebot rasch reagiert hat und wir ihn heute hier als Gesundheitsminister vorstellen dürfen; er wird das dann auch selbst tun. Sie werden überzeugt sein, dass es die richtige Entscheidung ist, auch wenn oder gerade weil die Herausforderungen ja nicht weniger werden – die Herausforderungen bleiben ja, auch wenn wir in den letzten Etappen dieser Pandemiebekämpfung sind.

Warum ist er so geeignet? – Ich fange einmal anders an, und zwar bei den Eigen­schaften: Er ist nahe an den Menschen, er ist tatkräftig, lösungsorientiert und sehr um­sichtig und weitsichtig. Er ist praktischer Arzt – es wurde schon erwähnt –, kommt also vom Fach, ist in diesem Sinn Experte, aber mit dieser Praxis ist er auch noch ein Experte für das, was ich gerade vorhin hinsichtlich Rudi Anschober angesprochen habe: Er kennt die Schicksale der Menschen, gerade durch die Methode, wie er arbeitet – auch dazu werde ich noch etwas sagen –, in einer Gruppenpraxis. Er kennt die Sorgen der älteren Menschen, die jetzt vielleicht coronamäßig besonders gefährdet sind oder – für viele vielleicht noch ärger – ihre Enkerl so lange nicht sehen konnten. Auch das sind Sorgen, auch das kann sich aufs Gemüt auswirken, auch das drückt auf die Gesundheit. Er kennt das. Er kennt auch die Situation der Kinder, der Enkel, er weiß, welche psychosozialen Folgen das hat, wenn die Pandemie eben aus übergeordneten Gründen des Gesund­heitsschutzes solcherart bekämpft werden muss. Er weiß, was die – zugegeben – auf­tretenden Kollateralschäden da oder dort sind.

Wie man dann auch weiterhin versuchen wird, mehrere Ziele unter einen Hut zu bringen, also nicht bloß null Covid zu sehen, sondern auch die vielen Menschen, die ja auch alle weiterleben wollen und müssen: Das ist doch die Herausforderung, vor der wir alle stehen, und deshalb ist er der richtige Mann an dieser Stelle, da bin ich sehr, sehr zuver­sichtlich. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Er kennt natürlich auch die Sorgen der Menschen, die an Covid erkrankt sind, die beim Test waren und dann ein positives Ergebnis hatten, aber er kennt auch die Erleichterung jener Menschen, die schon geimpft wurden. Ich glaube, diese Mischung, die er da ein­bringen kann, wird es ausmachen.

Ich habe schon gesagt: tatkräftig; er packt auch an, ganz sicher. Der beste Beweis ist sein bisheriger Arbeitsort, sein Wirkungsbereich als praktischer Arzt in einem Primärver­sorgungszentrum. Wir – also diejenigen unter Ihnen, die sich mit der Notwendigkeit der gesundheitspolitischen Änderungen in Österreich, egal, ob in der Stadt oder auf dem Land, und auch mit Public Health beschäftigen – wissen, wie notwendig es ist, dass man das weitertreibt, dass das richtig und wichtig ist, und was es mit dieser Methode zu ge­winnen gibt, nämlich für die ganze Bevölkerung. Er war es, der das als Erster angegan­gen ist, hier in Wien im 6. Bezirk, und die erste dieser Einrichtungen vorangetrieben hat.

Das führt mich auch dazu, festzuhalten, dass er so etwas auch weiter engagiert betrie­ben hat. Es ist, denke ich, doch ein etwas härterer Job, in der Ärztekammer dafür ein­zutreten und diese und ähnliche Belange voranzutreiben. Auch das ist, glaube ich, eine gute Lösung. Er kennt zum Teil die Systemfehler. Diese gibt es überall, obwohl Öster­reich eines der besten Gesundheitssysteme der Welt hat, aber auch da kann es Fehler beziehungsweise ein Kompetenzwirrwarr geben – et cetera. Er weiß, woran es krankt, und er versucht, Lösungen zu finden.

Diese Perspektive ist mir sehr, sehr wichtig, gerade weil in dem Haus – damit meine ich das Gesundheitsressort, aber auch die anderen Bereiche – sehr viel zu tun ist. Ich meine, es ist ja nicht ganz zufällig, dass eine Fraktion es hier konsequent vermeidet, Masken zu tragen. (Zwischenruf des Abg. Schnedlitz.) – Das hat sehr viel mit dem zu tun, was ich jetzt sagen will. Hören Sie nur einmal zu, denn dazu brauchen Sie eh keine Maske!

Es ist doch so, dass Sie hier allvormittäglich oder eben in der Zeit, wie lange die Sitzun­gen jetzt immer dauern, die Gesundheit aller anderen hier und somit auch der Mitarbeite­rinnen und Mitarbeiter im Haus nicht nur gefährden, sondern deren Gesundheit vorsätz­lich gefährden. – Das ist schlicht und ergreifend der Befund, und das muss man sich nicht einmal hier auf der Regierungsbank gefallen lassen! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Aber das passt ja ins Bild! Die gleiche Fraktion hat noch vor gar nicht langer Zeit die Gesundheitsministerin gestellt, als das Gesundheitsministerium selbst Opfer dieser vor­sätzlichen Anschläge geworden ist und einiges dort durcheinandergebracht wurde. Ich sage das jetzt einmal vorsichtig und habe mir gerade den Begriff zerstört verkniffen, denn ganz so schlimm ist es nicht, weil man das auch wieder zusammenbauen kann – und das passiert. Damit hat Rudi Anschober begonnen – noch einmal Dank dafür! – und Wolfgang Mückstein wird das mit seiner Tatkräftigkeit fortsetzen. Dieser Vergleich macht mich aber sicher: Besser Rudi Anschober und Wolfgang Mückstein in diesem Ressort als jemand von Ihnen! Ich hoffe, Sie haben diesbezüglich noch längere Rekonvaleszenz­zeiten, damit uns das nicht wieder so schnell passiert! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Das Gleiche gilt, könnte man sagen, für all die Bereiche, die es dort auch noch gibt, etwa Soziales und Pflege. Er wird es dann ja ansprechen. Das sind große Vorhaben, da haben wir uns im Regierungsprogramm gemeinsam viel vorgenommen und auch das wird an­zugehen sein.

Wolfgang Mückstein übernimmt das Ressort in einer heiklen Situation – der Kanzler hat es angesprochen –: Es ist noch nicht alles gelungen. Wir werden bei diesen Öffnungs­schritten, die wir ja gemeinsam schon planen, jedenfalls behutsam und verantwortungs­voll vorgehen und alles gleichzeitig im Auge haben müssen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir diese Konzepte von Testen und Hineintesten in Zusammenarbeit mit den Bun­desländern durchziehen. Wir müssen aber auch, was das regionale Bekämpfen betrifft, weiter vorankommen und hier in Österreich alle Möglichkeiten nutzen, um einerseits wieder so viel wie möglich zuzulassen, andererseits aber dort, wo es notwendig ist, ein­zuschränken. Mit den Instrumenten, die wir jetzt entwickelt haben, sollte das möglich sein. Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg, obwohl er immer noch steinig ist. Ich weiß nicht, wann genau dieser zu Ende sein wird, aber eines weiß ich: dass wir den richtigen Mann an der richtigen Stelle haben! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Abschließend: Die Bekämpfung der Pandemie und ihrer Auswirkungen bildet natürlich auch die Voraussetzung dafür, dass wir wirtschaftlich, sozial und betreffend die Arbeits­plätze wieder vorankommen. All diese Dinge hängen ja zusammen. In dem Comeback­plan, den wir jetzt ausarbeiten und teilweise schon vorgestellt haben, finden sich ganz klar nicht nur Ziele, sondern auch erste große Instrumente, und es macht mich froh, dass wir in diesem Zusammenhang gut vorankommen.

Es wird nämlich auch darum gehen, verantwortungsvoll zu öffnen, sich aus der Krise hinaus zu investieren und gleichzeitig zu reformieren. Wichtig ist dabei, nicht nur die alten Strukturen zu konservieren, sondern auch zu modernisieren. Sie kennen die Schwerpunkte: Ökologisierung und Digitalisierung. Die sind nicht nur irgendwie, die sind großzügig angelegt, und das ist sehr gut vergleichbar mit diesen Initiativen auf europäi­scher Ebene. Da werden wir, auch mit dem Wiederaufbaufonds, gemeinsam mit anderen Staaten sehr viel voranbringen. Österreich ist jedenfalls an dieser Stelle, was Ökologisie­rung und Digitalisierung betrifft – wir haben auch Aufholbedarf, ja, okay –, jetzt auf der Überholspur und voran. Genau das wird die Arbeitsplätze der Zukunft schaffen.

Das können Sie sich jetzt überall rausdestillieren – etwa bei der Investitionsprämie, die jetzt schon öfter genannt wurde –: Das hat einen Lenkungseffekt, das hat Vorzieheffekte, und darum geht es. Natürlich gibt es auch Mitnahmeeffekte – wir sind ja nicht blöd, wir kennen uns da schon aus! (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Nur: Es ist in dieser Situation total richtig und wichtig, dass wir entsprechend Sicherheit geben, das Investi­tionsklima verbessern, dass Dinge vorgezogen werden. Es werden in den nächsten Mo­naten Projekte angegangen und in den nächsten Jahren ausgerollt, die sonst in diesen Modernisierungsbereichen nicht gekommen wären – ganz sicher! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir sollten deshalb die Pandemiebekämpfung erfolgreich schaffen und uns schon wie­der entsprechend aus dieser Krise rausbewegen. Österreich hat dazu viele gute Voraus­setzungen, jede Chance und die Perspektive, Arbeitsplätze und Wirtschaft anzutauchen, mit Klimaschutz und Digitalisierung als Jobmotor – das nenne ich eine Perspektive. So werden wir es machen, gemeinsam mit der Bekämpfung der Gesundheitskrise. In die­sem Sinne: Herzlich willkommen, Wolfgang Mückstein! – Vielen Dank für Ihre Aufmerk­samkeit. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

10.56

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich danke dem Herr Vizekanzler für seine Erklä­rung. Den Reigen der Klubobleute eröffnet Herr Klubobmann Wöginger. – Bitte sehr.