18.35

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit einem Jahr wissen wir, dass Frauen besonders von den Auswirkungen der Coronapandemie betroffen sind. Seit einem Jahr fordern wir hier als SPÖ konkrete Maßnahmen, die verhindern sollen, dass diese Krise auf dem Rücken der Frauen ausgetragen wird und dass die Frauen zu den großen Krisenverliererinnen werden. Seit einem Jahr schieben Sie unsere Anträge auf die lange Bank und vertagen sie, ohne konkrete Maßnahmen zu setzen – so auch beim brisanten Thema Gewalt­schutz. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Coronaausgangsbeschränkungen haben zu einem massiven Anstieg der Gewalt an Frauen geführt. Das war schon nach einem Monat sichtbar. Die Zahlen aus dem ver­gangenen Jahr sind erschreckend: Es gab 11 652 Betretungs- und Annäherungsverbote und etwa 9 700 Gefährder wurden von der Polizei weggewiesen. Die traurige Spitze des Eisbergs sind 24 Frauenmorde und 30 Mordversuche und Fälle schwerer Gewalt. Auch in der kurzen Zeit dieses Jahres haben wir bereits sieben Femizide und vier Mordversu­che zu verzeichnen. Sehr geehrte Damen und Herren, das ist ein Auftrag an uns, zu handeln. (Beifall bei der SPÖ.)

Beileidsbekundungen aus der Politik reichen da nicht mehr aus. Politik muss mehr können. Wir müssen Taten setzen. Dieser erschreckende Trend wird sich fortsetzen, wenn wir nicht endlich an der Reißleine ziehen, wenn wir nicht endlich einen Gewalt­schutzgipfel organisieren und konkrete Maßnahmen setzen, die steigende Gewalt durch die Coronapandemie einzudämmen und den nächsten Frauenmord zu verhindern.

In Ihrem Antrag finden wir diese konkreten Maßnahmen leider nicht, Frau Kollegin Di­soski – keine konkreten Maßnahmen. Der Antrag fordert die Regierung auf, Maßnahmen zu setzen. Ja, Entschuldigung, das ist doch bitte die Jobdescription eines Ministers oder einer Ministerin, Maßnahmen zu setzen, und es ist umso wichtiger, das in Krisenzeiten zu tun! (Beifall bei der SPÖ.)

Offenbar ist das der größte gemeinsame Nenner von Türkis und Grün in der Frauen- und Gleichstellungspolitik. Gleichzeitig – und das haben wir heute schon mehrfach ge­hört – werden unsere Anträge auf die lange Bank geschoben, vertagt oder abgelehnt. Gewaltschutz bedarf aber dringender Maßnahmen, denn jede Frau und jedes Kind hat das Recht auf ein gewaltfreies Leben. Deswegen bringe ich – richtig erkannt – einen Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Akut-Maßnahmen für Gewaltschutz“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt, wird aufgefordert, folgende Akut-Maßnahmen für Gewaltschutz zu setzen:

- Gewaltschutz Sofortpaket in der Höhe von 5 Mio. Euro sowie Zusage für einen konti­nuierlichen Ausbau der finanziellen Ressourcen für Prävention und Gewaltschutz;

- Fortführung des Nationalen Aktionsplans gegen Gewalt;

- verbindlichen Richtlinien-Katalog für Strafverfolgungsbehörden über die Behandlung von Fällen von Gewalt

- Stärkung der Prozessbegleitung;

- Ausbau von Antigewalttrainings;

- bundesweite regelmäßige Hochrisikofallkonferenzen und

- umgehende Einberufung eines Gewaltschutz-Gipfels.“

*****

Bitte setzen wir gemeinsam ein Zeichen gegen Gewalt! – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

18.39

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Sabine Schatz,

Genossinnen und Genossen,

betreffend Akut-Maßnahmen für Gewaltschutz

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1435/A(E) der Abgeordneten Mag. Meri Disoski, Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Kolleginnen und Kollegen betreffend "Frauenspezifische Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Krise" (797 d.B.)

Frauen sind durch die Corona-Krise mehrfach betroffen. Steigende Arbeitslosigkeit und finanzielle Notsituationen bedrohen Eigenständigkeit und ihre finanzielle Unabhängig­keit. Daher müssen niederschwellige Hilfsangebote umgehend ausgebaut werden!

In der fortdauernden Corona-Krise nimmt auch die Gewalt an Frauen weiter zu. Die aktuelle Kriminalstatistik zeigt einen dramatischen Anstieg von Gewalt an Frauen. Im Jahr 2020 wurden durch die Polizei 11.652 Betretungs- und Annäherungsverbote ausgesprochen und rund 9.700 Gefährder weggewiesen. Im Jahr 2021 wurden bereits 7 Frauen getötet. Bei den Anrufen der Frauenhelpline gab es eine Zunahme von 40 Prozent im Vergleich zum vergangenen Jahr. Damit sich die Situation von Frauen nicht weiter verschlimmert, braucht es Akut-Maßnahmen für Gewaltschutz!

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt, wird aufgefordert, folgende Akut-Maßnahmen für Gewaltschutz zu setzen:

•           Gewaltschutz-Sofortpaket in der Höhe von 5 Mio. Euro sowie Zusage für einen   kontinuierlichen Ausbau der finanziellen Ressourcen für Prävention und Gewalt­    schutz;

•           Fortführung des Nationalen Aktionsplans gegen Gewalt;

•           verbindlichen Richtlinien-Katalog für Strafverfolgungsbehörden über die Behand­ lung von Fällen von Gewalt

•           Stärkung der Prozessbegleitung;

•           Ausbau von Antigewalttrainings;

•           bundesweite regelmäßige Hochrisikofallkonferenzen und

•           umgehende Einberufung eines Gewaltschutz-Gipfels.“

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, er steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Steger. – Bitte.