Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Mich interessiert Ihre Haltung zu Frauenarbeitsstiftungen. Die Frauenarbeitsstiftung Steyr gibt es ja seit über 30 Jahren. Das ist nur ein Beispiel, es gibt ja einige Frauen­arbeitsstiftungen. Weil immer von der sehr viel gelobten, gepriesenen, angekündigten Coronaarbeitsstiftung die Rede ist, Herr Bundesminister: Wie schaut es da mit den Mitteln für Frauen aus? Welche konkreten neuen Maßnahmen speziell für Frauen und Alleinerziehende werden aus dieser Coronaarbeitsstiftung womöglich ausgeschüttet? Um welche Art von Stiftung – Implacement, Outplacement, Mischformen – geht es? Können Sie uns da ein bisschen Auskunft geben?

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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 72/M, hat folgenden Wortlaut:

„Welche konkreten neuen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen werden Sie speziell für Frauen und Alleinerziehende umsetzen?“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank für die Frage. Natür­lich ist das auch in der Coronaarbeitsstiftung ein Schwerpunktbereich. Wir haben auch da klargestellt – das ist auch wichtig zu ergänzen –, dass gerade Alleinerziehende in dieser Coronaarbeitsstiftung eine Zielgruppe sind. Die Erhöhung des Bildungsbonus von 60 auf 180 Euro unterstützt das noch einmal, weil damit auch die Lebenshaltungskosten besser abgedeckt sind.

Wir haben vor ein paar Wochen, glaube ich, die Zahlen ausgewertet: Es sind im Moment mehr Frauen als Männer in der Coronajoboffensive, in der Coronaarbeitsstiftung in Unterstützung. Mehr als 50 Prozent sind also Frauen. Wir werden das weiterverfolgen.

Es gibt darüber hinaus – das ist noch wichtig – eine Reihe von anderen Maßnahmen wie die Schwerpunktprogramme Frauen in Handwerk und Technik, den Bereich der spe­zifischen Mittel für Frauen im AMS, die aufgestockt wurden. Ich glaube, dass da viel passiert. Wie gesagt – ich habe es zur Frage davor schon gesagt –: Wir werden jetzt sehr genau beobachten, wie sich die Lage am Arbeitsmarkt entspannt, wenn der Tourismus und die Gastronomie aufsperren können, und wie sich dann insbesondere auch die Frauenarbeitslosigkeit entwickelt. Es wird sehr, sehr wichtig sein, das zu verfolgen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte sehr.

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Mich interessiert: Herr Bundesminister, Sie haben gesagt, es gibt 400 Millionen Euro AMS-Budget für heuer. Wenn man 50 Prozent für Frauen aufwendet – oder sogar mehr als 50 Prozent, die 3,5 Prozent darüber –, müssten das ja mehr als 200 Millionen Euro sein. Sie reden immer von den 60 Millionen Euro Frauenförderbudget. Damit ich korrekt argumentieren kann: Kommt das zu den 200 Millionen dazu, oder wie setzt sich das zusammen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank für die Nachfrage, das ist ganz wichtig. Die Coronajoboffensive ist bei uns unabhängig von den anderen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen budgetiert. Die 60 Millionen Euro kommen zu den Mitteln für die Coronajoboffensive dazu. Bei der Coronajoboffensive sind es dieses Jahr 428 Millionen Euro. Bisher haben das mehr Frauen als Männer in Anspruch genommen. Wir werden das weiterverfolgen, aber es werden in dem Rahmen auf jeden Fall 200 Millionen Euro oder mehr für Frauen sein. – Danke.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Pfurtscheller. – Bitte sehr, guten Morgen.

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Guten Morgen, Herr Minister! Sie haben jetzt schon sehr viele Details aus der Coronajoboffensive erläutert. Es sollen 100 000 Menschen wieder in Beschäftigung gebracht werden. Ich möchte jetzt gerne im Detail von Ihnen wissen, wie Frauen innerhalb dieser Offensive ganz be­sonders berücksichtigt werden.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Wie schon erwähnt sind es mehr Frauen als Männer, die im Moment in dieser Coronajoboffensive Qualifikations­program­me durchlaufen. Eines habe ich übrigens noch nicht gesagt, deswegen ergänze ich es jetzt noch: Es sind auch mehr Frauen als Männer, die den Bildungsbonus erhalten. Den Bildungsbonus bekommt man, wenn man mindestens vier Monate in einer geförderten Qualifikationsmaßnahme ist. Das zeigt auch, dass es nicht nur kürzere Kurse sind, die Frauen jetzt absolvieren, es sind tatsächlich substanzielle Qualifikationsprogramme.

Ein Grund dafür ist sicher auch, dass ein Schwerpunkt der Bereich Gesundheit und Pflege ist, in dem Frauen natürlich überrepräsentiert sind. Wir haben den Bereich der Mittel für Frauenprogramme, die 60 Millionen Euro – da kommt zum Beispiel Frauen in Handwerk und Technik. Klarerweise ist weiter das Ziel – auch ein wichtiges Ziel –, dass Frauen insgesamt bei allen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen um 3,5 Prozentpunkte mehr gefördert werden, als ihr Anteil an der Arbeitslosigkeit ist. Das gilt weiterhin als generelle Zielvorgabe für das AMS.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Brandstötter. – Bitte sehr.

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Österreich hat ja eine sehr hohe Teilzeitquote von 47,6 Prozent. Das ist deutlich mehr als der EU-Schnitt von 30,8 Prozent. In Österreich werden vor allem Frauen, allen voran alleinerziehende Frauen, dazu gezwungen, in Teilzeit zu arbeiten, weil es an leistbaren Kinderbetreuungsplätzen fehlt, vor allem an Ganztagesbetreuung.

Wie werden Sie dazu beitragen, dass das Arbeitsmarktpotenzial von Alleinerziehenden besser genutzt wird und somit einerseits die Produktivität und das langfristige inklusive Wachstum gestärkt werden und andererseits auch alleinerziehend zu sein nicht auto­matisch bedeutet, dann altersarm zu sein?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Ich habe immer wieder versucht, das auch zu problematisieren: Tatsächlich ist Altersarmut einer der Punkte, die da eine Rolle spielen. Wir haben natürlich auch immer – das liegt nicht im meinem Ressort – gesagt, dass Vereinbarkeit von Familie und Beruf wichtig ist und dass es ein Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen geben muss. Wir sehen aber auch, dass es einfach aufgrund der Traditionen in Österreich auch dann, wenn es diese Kinderbetreuungs­einrichtungen gibt, immer noch eine verstärkte Teilzeitquote bei Frauen gibt.

Ich glaube, es wird ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag sein, zu schauen, dass Verein­barkeit von Beruf und Familie nicht nur eine Frauenangelegenheit, sondern auch eine Männerangelegenheit ist und dass sich die Männer da angemessen beteiligen. Das Problem in Österreich ist nicht die Teilzeitquote an sich, sondern es ist die spezifische Teilzeitquote bei Frauen – also sehr stark bei Frauen und weniger stark bei Männern – und dass eben auch nach einer Zeit der Kinderbetreuung die Teilzeit meistens nicht aufgestockt wird, was dann dazu führt, dass Pensionsansprüche von Frauen zum Teil viel geringer sind als von Männern.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Disoski. – Bitte sehr.

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Covid-19 hat uns jetzt sehr eindringlich vor Augen geführt, dass Frauen besonders häufig in gesellschaftstragenden, in systemrelevanten Berufen tätig sind. Das sind vor allem solche Berufe, die sehr arbeitsintensiv und auch schlecht bezahlt sind.

Welche Maßnahmen planen Sie denn, um dieses Missverhältnis nachhaltig zu ändern?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Was natürlich das Arbeits­minis­terium über das, was gesellschaftlich notwendig ist, hinaus tun kann – es ist, glaube ich, eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe –, ist, dass wir versuchen, Frauen zu unter­stützen, in Branchen tätig zu sein, in denen das Lohnniveau eben höher ist, und es ist ja bekannt, dass insbesondere Mint-Fächer, Digitalisierung und Naturwissenschaften Be­reiche sind, in denen das Lohnniveau höher ist und Frauen massiv unterrepräsentiert sind. Wir unterstützen daher jede Maßnahme, die es gibt, um Frauen dafür zu inter­essieren. Wir unterstützen gemeinsam mit dem Frauenressort die dortige Eingliederung.

Wir haben uns jetzt bei der Entwicklung der Richtlinie für mehr Lohntransparenz auf EU-Ebene natürlich auch sehr stark eingebracht. Ich glaube, das wird auch ein wichtiger Bestandteil sein, um die Lohnschere zwischen Frauen und Männern in Österreich zu verringern.

Insgesamt, glaube ich, braucht es aber auch einen gesellschaftlichen Konsens und Anstrengungen auf allen Ebenen, vom Bildungssystem hin bis zum Arbeitsmarkt, um die Lohnschere wirklich zu schließen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die letzte Anfrage stellt Frau Abgeordnete Grünberg. – Bitte.